Die Volksgesetzgebung ist ein wichtiger zweiter Teil der Säule in unserem Verfassungsstaat Freistaat Sachsen.
Stuttgart 21 hat gezeigt, dass es keine Alternative zur repräsentativen Demokratie gibt. Deshalb muss die repräsentative Demokratie deutlich gestärkt werden. Eine repräsentative Demokratie stärken heißt: die Extremen an den Rändern zu schwächen, dem Volk mehr Gewicht bei den Entscheidungen zu geben. Antiparlamentarismus wird weder dem Freistaat Sachsen –
Herr Präsident! Ich würde mit einem Zitat schließen. Antiparlamentarismus ist das Schlimmste, was es in der politischen Auseinandersetzung gibt.
Herr Schiemann, ich bitte Sie, jetzt das Zitat zu bringen, oder Ihre Redezeit ist beendet. Nur noch das Zitat!
„Wer uns aber eine bessere Demokratie vorbei an den Grundrechten und Gewaltenteilung verspricht, dem müssen wir die bittere Erfahrung entgegenhalten: Antiparlamentarismus im Namen des Volkes hat in Deutschland schon zweimal in die Diktatur geführt.“
„Beide Diktaturen liebten das Wort ‚Volk‘ ganz besonders. Ich glaube, Demokratie ist zu stärken. Das trifft für das Parlament zu und auch für die Volksgesetzgebung.“
Herr Schiemann, Sie haben uns zwei wunderschöne Zitate präsentiert. Ich darf das nicht kommentieren, aber achten
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der eine oder andere hat sich im Vorfeld dieser Debatte sicher gefragt: Was hat eigentlich Stuttgart 21 mit Sachsen zu tun? – Eine Menge, weil wir bei Stuttgart 21 ein Zeitgeistphänomen erlebt haben.
Wir haben das Phänomen erlebt, dass es kleine, laute Gruppen gibt, die Infrastrukturprojekte blockieren. Gerade wir Sachsen, insbesondere wir Dresdner, kennen das von der Waldschlößchenbrücke und der Autobahn nach Prag. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Der 27. November – der Tag der Entscheidung in BadenWürttemberg – war ein guter Tag, nicht nur für Stuttgart und Baden-Württemberg, sondern für das gesamte Land!
Der 27. November war ein Sieg der Demokratie. Er war ein Sieg des Fortschritts über Blockierer und vor allem ein Sieg der schweigenden Mehrheit über eine sehr laute Minderheit, meine Damen und Herren.
Das Signal, das davon ausging – und viele hätten das im Vorfeld nicht gedacht –, ist, dass wir eine Bevölkerung haben, die für Veränderungen, Fortschritt und neue Verkehrsinfrastruktur offen ist.
Ich habe die GRÜNEN im Vorfeld gehört: Sie sind sonst immer sehr für direkte Demokratie. Sie haben dabei nur ein Problem: Direkte Demokratie gefällt Ihnen nur, wenn Ihr Ergebnis hinterher herauskommt. Das ist Ihr Problem, meine Damen und Herren.
Auch Herr Putin findet Wahlen theoretisch gut, meine Damen und Herren. Ich bin froh, dass bei Volksabstimmungen – wir haben sie bei der Waldschlößchenbrücke, beim Autobahnbau oder bei Stuttgart 21 erlebt – die Vernunft der Bürger siegt, und zwar über grüne Ideologien und über Blockadeversuche. Angesichts dieser Umfragen bin ich durchaus der Meinung, dass wir die Bevölkerung häufiger fragen sollten.
Kennen Sie von den GRÜNEN ein Lebewesen namens Rana Viridis Obsidens? Ich habe nachgeschaut; es gibt eine sehr interessante Beschreibung: „Es lebt im ganzen Land, bevorzugt aber Großstadtbiotope. Das Tier ist sozial gut aufgestellt und kennt keine Futtersorge. Es mag überhaupt keine Veränderungen im Biotop. Alles soll so bleiben, wie es ist. Wenn sich doch einmal etwas verän
dert, dann wird es plötzlich aktiv. Es setzt sich wahlweise auf einen Baum oder versucht, seine Mitbewohner niederzubrüllen.“ Rana Viridis Obsidens heißt frei übersetzt: „Blockierender Grüner Frosch“. Ich bin froh, dass sein Biotop durch die Volksabstimmung trockengelegt wurde.
Ich will hinzufügen, dass jedes große Infrastrukturprojekt, das heute zur Diskussion steht, selbstverständlich kritisch beleuchtet wird mit allen Vor- und Nachteilen.
Wenn man über Landschaftseingriffe und Lärmbelastungen nachdenkt, so glaube ich, dass es sich die Bevölkerung nicht leichtmacht. Dennoch, meine Damen und Herren: Ein Industrieland wie unseres, ein Land des Aufbruchs wie Sachsen kann sich keinen Stillstand leisten.
Ich sage es ganz klar: Nicht jeder will in Öko-Sandalen auf dem Fahrrad in den Biomarkt fahren. Es gibt auch Leute, die mit dem Auto oder dem Zug ihren Job erreichen müssen. Für diese Leute sind wir da, meine Damen und Herren. Wir lassen uns nicht gefallen, dass grüne Krakeeler versuchen, genau diese Leute auszubremsen. Mehr dazu folgt im zweiten Teil.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD – Gegenruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann meine Freude nicht verhehlen: Endlich wertschätzen die CDU und die FDP des Volkes Stimme. Sie begrüßen den Volksentscheid. Sie begrüßen den Volkswillen, den Willen der Mehrheit der Baden-Württemberger, die sich an der Volksabstimmung beteiligt haben.
Herr Schiemann, dass Sie aus Stuttgart 21 allerdings jetzt die Lehre ziehen, dass es keine Alternative zur repräsentativen Demokratie gibt, ist für mich vollkommen unverständlich. Direkte Demokratie ist übrigens auch keine Alternative zur repräsentativen Demokratie, sondern – –
Sie sind gleichwertig; Sie sagen das richtig. Da verstehe ich Ihre Worte nicht, die Sie vorhin gesprochen haben.
Trotz der Abstimmungsniederlage der Gegnerinnen und Gegner von Stuttgart 21 werten auch wir den Volksentscheid als einen Sieg der Demokratie. Es ist ein Erfolg der Protestbewegung, dass diese Volksabstimmung überhaupt stattgefunden hat. Das ist seit 40 Jahren das erste Mal, und darauf möchte ich hinweisen.
Selbstverständlich erkennen wir das Abstimmungsergebnis an. Wenn Sie, Herr Herbst, auf die Waldschlößchenbrücke und die Autobahn verweisen, dann kann ich Ihnen nur zurufen: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
Ich erinnere an die zahlreichen Bürgerentscheide gegen Schulschließungen oder gegen den Bau der Müllverbrennungsanlage in Lauta. Zum Schicksal des ersten und einzigen Volksentscheides in Sachsen zu kommunalen Sparkassen will ich später sprechen. Eines möchte ich schon jetzt sagen: Wer so viel Ignoranz gegenüber Bürgerwillen und Bürgerforderungen zeigte, sollte jetzt schweigen und nicht mit dem Finger auf andere zeigen.
Zurück zu Stuttgart 21. Der Volksentscheid zeigte aus unserer Sicht, dass es zwischen den Befürwortern und Gegnern keine Chancengleichheit gegeben hat. Ich möchte nicht nur die hohen Hürden des Volksentscheides nennen. Auch durch Verschweigen von Herrschaftswissen und durch finanzkräftige Lobbyisten in der Wirtschaft wurde das Großprojekt durchgesetzt – koste es, was es wolle. Meine Damen und Herren, Demokratie lebt davon, dass die Chancen gleich verteilt sind und dass nur die Kraft und die Überlegenheit der Argumente zählen.
Schauen wir uns die gesetzlichen Quoren zur Volksabstimmung in Baden-Württemberg an. Mindestens ein Drittel – mehr als 33 % – der stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürger hätten gegen das Großprojekt votieren müssen, um diesen Bau zu verhindern. Das sind mehr Prozente, als die jetzige Koalitionsregierung bei den letzten Landtagswahlen erhalten hat. Das passt doch nicht zusammen!