Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich habe mich gefragt: Warum gerade hier, warum gerade jetzt dieser Antrag? Kollege Mackenroth, was hätten Sie getan, wenn es nicht den Anlass mit dem Qualitätspakt Lehre gegeben hätte? Aber sprechen wir von Qualitätssicherung! Aus Zeitgründen konzentriere ich mich einmal auf die Lehre.
Es gibt seit über 15 Jahren eine Debatte in der Hochschulrektorenkonferenz, beim Stifterverband, und die zentralen Methoden sind Evaluation und – dafür danke ich meinem Vorredner – Akkreditierung, und mich würde heute schon einmal interessieren, wie weit die Akkreditierung der sächsischen Studiengänge überhaupt fortgeschritten ist. Diese Zahlen fehlen mir.
§ 9 des Hochschulgesetzes zielt aber auf Evaluation, das heißt, auf Stärken-Schwächen-Analyse mit dem Ziel der besseren Nutzung der Potenziale. Sicher ist dieser Außendruck durch den Gesetzgeber, durch das Staatsministerium, durch eine Debatte wie die heutige notwendig, aber wir sind uns gewiss einig: Qualitätssicherung ist zuerst Aufgabe der Hochschulen selbst, und sie wird nur gelingen, wenn sie nicht als Top-down-Prozess von einer Hochschulleitung, von einem Rektor aus durchgeführt wird, sondern wenn frühzeitig alle Gruppen in einer Art Gegenstromprozess eingebunden werden, auch von unten nach oben.
Wichtig ist auch die Einbeziehung der Absolventen. Die Führung dieses Prozesses muss so gelingen, dass sich alle Beteiligten nicht als Betroffene fühlen. Sie muss so gelingen, dass die Hochschulgruppen die Qualitätssicherung nicht als ein Kontrollinstrument verstehen, sondern als eine Möglichkeit zur Optimierung ihrer eigenen Leistungen.
Es gibt aber über diese beiden Schlagwörter „Akkreditierung“ und „Evaluation“ hinaus noch weitere Punkte, die zur Qualitätssicherung beitragen. Ich nenne hierzu die Betreuungskonzepte. Es beginnt bei der Orientierungsphase im ersten Studienjahr und der Erstsemesterbetreuung und geht bis zu Tutoren- und Mentorenprogrammen. Das sind genau die Programme, die durch die Kürzung der Verstärkungsmittel jetzt an den sächsischen Hochschulen unmöglich gemacht werden.
Ich nenne einen vierten Bereich, die Stärkung der Lehrkompetenz. Es ist sicherlich überhaupt keine Frage, dass hochschuldidaktische Kompetenz wichtig ist für die Qualität in der Lehre. Die Kompetenz in diesem Bereich muss ein wesentliches Kriterium für die Berufung werden. Notwendig ist auch eine kontinuierliche hochschuldidaktische Weiterbildung. Die Streichung der Mittel für das Hochschuldidaktische Zentrum an der Universität Leipzig ist ein völlig kontraproduktives Signal.
Die hochschuldidaktische Weiterbildung sollte für erfahrene Professorinnen und Professoren auch künftig kein lästiges Übel sein, sondern ein selbstverständlicher Bestandteil der Berufspraxis.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Mackenroth, ich stimme in einem Punkt mit Ihnen überein: Der Blick auf den Stand der Qualitätssicherung in Sachsen ist ernüchternd. Bisher gibt es an den Hochschulen de facto keine Umsetzung des Qualitätssicherungsauftrages des Sächsischen Hochschulgesetzes. Der Grund liegt zum einen an den fehlenden Ressourcen, zum anderen darin, dass die Rechtsverordnung Datenschutz für die Hochschulen noch nicht verabschiedet worden ist und damit alle Maßnahmen blockiert sind.
Andere Bundesländer – dieser Blick ist immer hilfreich – unterstützen die Qualitätssicherung zum Teil seit Jahren sehr zielgerichtet. Ich nenne hierzu Baden-Württemberg mit seiner Evaluationsagentur, ich nenne das ZQ, das nicht nur die Universität Mainz bedient, sondern ein Zentrum für Qualitätssicherung und Entwicklung für den gesamten Südwesten in Deutschland ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Qualität von Studium und Lehre ist wichtig, und das sowohl im Hinblick auf die Gewinnung von Studienanfängern als auch auf die Senkung der Studienabbrecherquote. Ein zentrales Mittel zur Qualitätssicherung und zur Senkung der Studienabbrecherquote wäre die Verbesserung der Betreuungsrelation. Grundlegende Voraussetzung dafür ist aber, zumindest die derzeitige Stellenausstattung beizubehalten und nicht zusammenzustreichen, wie es derzeit geschieht.
Um eine solche verbesserte Betreuungsrelation zu nutzen, sind zudem Reformen im Rahmen des Bologna-Prozesses wichtig, wie wir sie im Studienreformgesetz vorgeschlagen haben.
Neben den gesetzlichen Änderungen kann der Freistaat Sachsen Steuerungsinstrumente einrichten, um die Qualität der Lehre nicht nur zu sichern, sondern dauerhaft anzuheben. Die Hochschulen sollten deshalb Anreize in Form von Finanzmitteln und von Stellen erhalten, um die Studienplatzkapazitäten und die Studienqualität langfristig zu erhöhen. Diese Anreize sollten sich an den Absolventenzahlen orientieren, damit die Hochschulen einen Anreiz haben, ihre Studierenden zu einem Abschluss zu führen.
Liebe Damen und Herren von der Koalition! Vielleicht spüren Sie es selbst: Sie sitzen im Glashaus! Deshalb mein guter Rat zum Schluss: Solange Sie den Hochschulen Finanzen und Stellen streichen, sollten Sie über Qualitätssicherung besser schweigen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktionen der Regierungskoalition haben am 18.04.2011 diesen Berichtsantrag über den „Stand der Weiterentwicklung der Qualitätssicherung an den sächsischen Hochschulen“ eingereicht. Im Punkt I wurde bis zum 31. Juli 2011 die Unterrichtung über fünf Unterpunkte gefordert. Der Antrag wurde aber weder im Plenum noch im Ausschuss eingebracht, die Frist ist also verstrichen. Eine Stellungnahme liegt auch nicht vor – das wurde bereits gesagt.
Qualitätssicherung ist eine politische und gesellschaftliche Anforderung, der sich die Hochschulen nicht entziehen können. Ein Wesensmerkmal dieser Qualitätssicherungssysteme ist eine hohe Transparenz sowohl in Bezug auf die inneruniversitäre Vergleichbarkeit als auch auf die zwischen den einzelnen Hochschulen. Die TU Dresden hat sich als eine der sächsischen Hochschulen, die sich um Exzellenz in Forschung und Lehre bewirbt, ausführlich mit der Dauerbeobachtung der Studienbedingungen, der Studienqualität sowie mit den verschiedenen Evaluationsarten befasst.
Dabei wurde festgestellt, dass zwar eine Fülle von institutionell erzeugten Daten erhoben wird, die auch in amtliche Statistiken einfließen oder etwa in Form von Berichten erfolgen, dass aber vielen dieser Daten gemeinsam ist, dass sie nur verstreut zugänglich und wenig benutzerfreundlich aufbereitet sind.
Daher ist das Modewort „Qualitätsmanagement“ in aller Munde und zumeist verbunden mit der Forderung, dass die Hochschulen dies endlich auch betreiben sollen. Die sächsischen Hochschulen verfügen längst über umfangreiche traditionelle und akademische Verfahren der
internen Qualitätssicherung, etwa Berufungsverfahren, sämtliche Prüfungen, Stipendien usw., in denen es vor allem um die inhaltliche Qualität der Leistungen von Einzelpersonen geht.
Neu ist, dass nun nicht mehr nur einzelne Personen evaluiert werden, sondern dass die Qualität der Hochschulen als Institution und ihre Prozesse und Arbeitsweisen einer international vergleichbaren Überprüfung unterzogen werden sollen. Damit soll der Bologna-Prozess gefördert, ein auf die nationalen Grenzen überschreitender Hochschulwechsel erleichtert und somit die studentische Mobilität generell erhöht werden, da sich gerade in dieser Hinsicht die Erwartungen nicht erfüllt haben.
Ich werde unsere Kritik am Bologna-Prozess nicht wiederholen. Mein Kollege Gansel hat das oft genug getan.
Meine Damen und Herren! Man kann im Grunde gegen diese vergleichenden Evaluationskriterien und damit gegen diesen Antrag keine Einwände haben – bis vielleicht auf einen: dass nämlich die Lehrenden und Lernenden neben den vielen Evaluationen Vergleichsdatenerhebungen, dem Erstellen quantitativer Indikatoren, den strategischen Verbundinitiativen und den zahlreichen Programmakkreditierungen, ganz zu schweigen von den systemischen Qualitätsmanagements und den Qualitätsaudits irgendwann einmal zur Ruhe und damit auch noch zum Lehren und Lernen kommen müssen.
Aber, wie gesagt, an unserem Segen soll dieser Berichtsantrag nicht scheitern. Wir werden zustimmen.
Wir gehen in die zweite Runde. – Sie wird nicht mehr gewünscht von den Fraktionen. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung, Frau Ministerin Schorlemer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! § 9 des Sächsischen Hochschulgesetzes schreibt bei den Leistungen der Hochschulen in Forschung, Lehre und Weiterbildung, bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie bei der Erfüllung des Gleichstellungsauftrages die regelmäßige Qualitätssicherung vor und nimmt dabei die Hochschulen in die Pflicht.
Ich danke den einbringenden Fraktionen für den vorliegenden Antrag, kommt er doch zu einem guten Zeitpunkt. Sie alle konnten in diesen Tagen die entsprechenden Überschriften lesen. „Sachsen erfolgreich bei Qualitätspakt Lehre“, „Millionen für die sächsischen Hochschulen“. Was steckt nun hinter diesen Meldungen?
Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz, GWK, hat am Dienstag ihre Auswahlentscheidung in der zweiten Runde des Bund-Länder-Programms Qualitätspakt Lehre bekannt gegeben. Hier konnten sich noch einmal fünf sächsische Einzelanträge – drei von Fachhochschulen, zwei von Kunsthochschulen, die ich aus Zeitgründen im Einzelnen nicht nennen möchte – sowie ein durch das
Hochschuldidaktische Zentrum in Leipzig platzierter Verbundantrag sächsischer Universitäten erfolgreich
Zusammen mit den in der ersten Runde erfolgreichen Antragstellern zählt damit nun die überwiegende Zahl aller sächsischen Hochschulen zu den Gewinnern in diesem Wettbewerb. Jeder erfolgreiche Einzelantrag, besonders das zuletzt genannte Verbundprojekt „Gute Lehre“, verdient Anerkennung und Beachtung; denn es setzt an einer sehr wichtigen Stelle an, nämlich bei der Weiterbildung für Lehrende sowie der Beratung unserer Hochschulen in Bezug auf didaktische Konzepte.
Wir brauchen eine übergreifende Vernetzung der didaktischen Angebote und wir wollen auch den kollegialen Erfahrungsaustausch fördern. So befördern wir einen nachhaltigen, qualitativen Wandel der Lehr- und Lernkultur an unseren sächsischen Hochschulen.
2011 bis 2020 2 Milliarden Euro zur Verfügung. Für Sachsen bedeutet das, dass das vom SMWK unterstützte erfolgreiche Abschneiden in der ersten und der zweiten Runde doch einen erheblichen Ressourcenzufluss mit sich bringt.
Insgesamt rund 50 Millionen Euro fließen an Bundeszuschüssen aus diesem Programm in die sächsische Hochschullandschaft – ein erheblicher Beitrag für qualitätssichernde Maßnahmen in der Lehre inklusive zusätzlich finanzierten Personals, zum Beispiel für Mentoring, Tutorienprogramme, Brückenkurse, verbesserte Betreuung und vieles mehr.
Nach solchen erfreulichen Nachrichten, zu denen wir auch unseren Hochschulen ganz herzlich gratulieren, nun zum weiteren Stand in Bezug auf die Umsetzung der Qualitätssicherung an den sächsischen Hochschulen und an der Berufsakademie Sachsen sowie zur Evaluation von Lehre und Forschung. Das SMWK hat eine Abfrage an den Hochschulen gestartet, welchen Stand die Einführung von Systemen des Qualitätsmanagements hat. Wir haben gefragt, welche Systeme mit welchen inhaltlichen Schwerpunkten geplant sind und vor allem, welchen zeitlichen Rahmen die Hochschulen für die Einführung solcher Systeme planen.
Folgendes Bild zeichnet sich ab, zunächst bei den Universitäten: Die Technische Universität Dresden nutzt seit 15 Jahren Instrumente des Qualitätsmanagements. Dazu zählen statistische Jahresberichte, Studierendenbefragungen zur Evaluation, Lehrberichte, Absolventenbefragungen und vieles andere mehr. Ein neues, von einer Arbeitsgruppe aus allen Universitätsebenen entwickeltes Konzept soll den Anforderungen des Akkreditierungsrates an die Systemakkreditierung entsprechen und geeignet sein, die Programmakkreditierung abzulösen.
Der Senat hat in diesem Jahr, 2011, entsprechende Grundsätze einstimmig beschlossen, wobei diese Leitungsaufgabe dem Rektorat zugewiesen ist. Die
TU Dresden verfügt über eine Evaluationsordnung. Sie erstellt im Bereich der Forschung einen Drittmittelbericht und sammelt erste Erfahrungen mit der institutionellen Evaluierung in der Fachrichtung Mathematik.
Der Schwerpunkt des Qualitätsmanagements an der TU Dresden liegt im Bereich Studium und Lehre. Hierfür werden Instrumente eingesetzt, zum Beispiel Zielvereinbarungen oder als Anreizsystem die leistungsorientierte Mittelvergabe. Die TU Dresden verfügt weiterhin über einen Frauenförderplan. Die Studiengänge an der TU Dresden werden mindestens aller fünf Jahre universitätsintern evaluiert.
Zusammenfassend ist für die TU Dresden festzustellen: Hier wird das bestehende Qualitätsmanagementkonzept umgesetzt. Dies geschieht auch unter Berücksichtigung der Interessen der Studierenden – das scheint mir ein wichtiger Aspekt zu sein – und der Einbeziehung der Studierendenvertreter. Mit deren Unterstützung sollen im Bereich des Qualitätsmanagements erste Befragungen im Studienjahr 2011/2012 durchgeführt werden.
Auch an der Universität Leipzig widmet man sich mit zentraler Aufmerksamkeit der Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems, das sich möglichst durch Funktionalität, Nachhaltigkeit, Ressourcenökonomie und
Akzeptanz auszeichnet. Noch sind hier nicht alle einzubindenden Teilsysteme etabliert, zum Beispiel die neue Hochschulsteuerung oder das Campusmanagement.
Die Technische Universität Chemnitz betreibt seit 2003 den Aufbau eines strukturierten und inzwischen wiederholt zertifizierten Qualitätsmanagementsystems in den Bereichen Lehre, Forschung und Organisation. Sie bringt dies seit dem Wintersemester 2006/2007 insgesamt voran. Die TU Chemnitz will das bestehende Qualitätsmanagementsystem den Anforderungen für die Systemakkreditierung anpassen. Sie diskutiert aktuell in den Hochschulgremien einen Entwurf einer Evaluationsordnung, der wiederum unter Vorsitz des Rektors unter Beachtung von Stellungnahmen von Fakultäten und des Studentenrates erstellt wurde.