Der Klimaschutz braucht neben dem marktwirtschaftlichen Instrument des Emissionshandels zugleich einen klaren, berechenbaren ordnungspolitischen Rahmen, um die Transformation des Energiesystems bis Mitte des Jahrhunderts erfolgreich gestalten zu können.
Klimaschutzpolitik muss integrativer Bestandteil der Energiepolitik sein und darf nicht nur, wie im vorgelegten Programmentwurf, ein plakatives Beiwerk darstellen.
Die sächsische Regierung ruht sich noch immer auf jener CO2-Reduktion in Sachsen durch Deindustrialisierung und Schließung alter Kraftwerke nach der deutschen Wiedervereinigung aus, die im Jahr 1999 gegenüber dem Basisjahr 1990 65 % ausmachte. Seit dem Jahr 1999 sind die CO2-Emissionen allerdings wieder um 12 % gestiegen. Sie werden mit der Inbetriebnahme des neuen Blocks in Boxberg um weitere 4,5 Millionen Tonnen jährlich zunehmen. Es reicht eben nicht aus, wenn lediglich Reduktionsziele im Bereich Verkehr – um 22 % im Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 2009 – und im fossilen Heizungsbereich – um 25 % – vorgegeben werden.
Für die Reduktionsstrategie wird plötzlich ohne Begründung das Basisjahr 2009 eingeführt. Es ist doch zu vermuten, dass auf dem Höhepunkt der wirtschaftlichen Rezession ein relativ niedriger Ausgangswert als Berechnungsgrundlage herangezogen werden soll, um die erbrachten prozentualen Reduktionsleistungen später besonders
Solche Tricksereien, Herr Morlok, sind nicht seriös. Wir müssen uns schon ehrlich machen. Beim jährlichen ProKopf-Ausstoß von CO2 liegen wir in Sachsen heute schon deutlich über dem Bundesdurchschnitt.
Stattdessen will DIE LINKE für Sachsen, dass der schon einmal erreichte Reduktionsstand aus dem Jahr 1999 bis zum Jahr 2020 wieder erreicht wird. Das ist doch nicht zu viel verlangt!
lediglich im Hinblick auf schon eingetretene Klimaveränderungen und wird der Forderung nach einer Dekarbonisierung der Energieerzeugung in keiner Weise gerecht.
Das Fazit: Der Programmentwurf ist dringend zu überarbeiten und der Klimaschutzteil ist in das Energieprogramm zu integrieren. Von einem ganzheitlichen Ansatz, Herr Morlok, kann überhaupt nicht die Rede sein.
Für den Umbau des Energiesystems sind Netze und Speicherkapazitäten weiter auszubauen. Darin sind wir uns einig. Für den Netzausbau sollen unserer Vorstellung nach vorrangig vorhandene linienhafte Infrastrukturen genutzt werden. Auch das Stromnetz der Deutschen Bahn soll einbezogen werden. Im weiten Außenbereich sollen Freileitungen verwendet und in Wohngebieten bzw. in Wohnortnähe Erdkabel verlegt werden.
Um zusätzliche Stromspeicherkapazitäten in Sachsen zu erschließen, fordern wir die Staatsregierung auf, für das Land Sachsen ebenfalls ein Kataster für unterirdische Stromspeicher zu erarbeiten. Wir haben hierzu einen gesonderten Antrag in die parlamentarische Beratung eingebracht.
Im zweiten Hauptteil des Antrages haben wir Maßnahmen formuliert, wie unsere programmatischen Zielstellungen im Landesentwicklungsplan umgesetzt werden können. Der Landesentwicklungsplan ist bei der Fortschreibung um den Sachverhalt des Klimaschutzes zu erweitern bzw. in die jeweiligen Kapitel des Landesentwicklungsplans ist der Klimaschutz zu integrieren und durch messbare Ziele zu untersetzen, zum Beispiel hinsichtlich der Ausbauziele für erneuerbare Energien, hinsichtlich energieeffizienter Siedlungsstrukturen, hinsichtlich der CO2-Reduktion und hinsichtlich der Veränderung des Modal Split.
Das programmatische Vorhaben der Regierung, insgesamt 0,5 % der Landesfläche als Konzentrationszonen für Windkraftanlagen raumordnerisch auszuweisen, begrüßen wir. Dennoch muss mit dem neuen Landesentwicklungsplan eine qualifizierte Regionalisierung von Flächenanteilen für die regionalen Planungsverbände vorgegeben werden.
Diese konkreten Zielvorgaben fehlen für die Planungsverbände bisher völlig. Der Mangel könnte behoben werden, indem von der Feststellung der aktuellen Leistung erneuerbarer Energien im Gebiet des jeweiligen Planungsverbandes ausgegangen wird und die Zielleistungen daraus regional fixiert werden.
Die regionalen Planungsverbände sollen mit dem Landesentwicklungsplan zugleich verpflichtet werden, ihre
Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Gestaltung energieautarker Modellregionen auch raumordnerisch umzusetzen.
Für den Bau von Windkraft- und Fotovoltaikanlagen sollen grundsätzlich Brach- und Konversionsflächen sowie Flächen entlang linienhafter Infrastrukturen ausgewiesen werden. Der Verweis auf eine dynamische Zielsetzung für die Ausweisung von Windenergiestandorten im Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans verkennt einerseits die aktuelle Planungspraxis und andererseits die räumlichen Ausstattungsmerkmale.
„Mit der Ausweisung der im Verfahren befindlichen Braunkohleabbaugebiete speziell in der Oberlausitz und in Niederschlesien wäre eine Versorgung der Braunkohlekraftwerke Boxberg und Schwarze Pumpe bis zum Jahr 2045 gesichert,“ heißt es in der Stellungnahme des zuständigen Planungsverbandes.
Während die betroffenen Planungsverbände munter immer neue Pläne für den Braunkohleabbau aufstellen, ohne dafür Bedarfsprognosen heranziehen zu müssen, tun sie sich bei der Sicherung von Flächen für erneuerbare Energien offenkundig schwer und fordern dafür verbindliche Vorgaben.
Es ist daher nicht davon auszugehen, dass ein gewisser zeitlicher und inhaltlicher Gleichklang der über- und untergeordneten Planwerke vorherrscht, geschweige denn eine kurzfristige Anpassung an dynamische Ziele durchgeführt werden kann. Erschwerend kommt hinzu, dass keinerlei Monitoring der Pläne mit kurzfristiger Anpassungssteuerung stattfindet, sondern ein zeitlich langandauerndes Prozedere mit Abstimmung, Vorlage zur Genehmigung bzw. Zurückweisung des Planentwurfs und Überarbeitung.
Hier könnten Sie sich, verehrte FDP und Herr Morlok, zum Bürokratieabbau profilieren, wenn Sie einen Vorschlag der LINKEN bereits bei der Verabschiedung des Landesplanungsgesetzes aufgreifen würden. DIE LINKE hatte damals ein Monitoring mit einer konkreten Regelung vorgeschlagen, und zwar einer Regelung, die von Bovet und Hanusch 2006 im „Deutschen Verwaltungsblatt“ veröffentlicht und erläutert worden ist. Mit diesem Verfahren übernimmt jede Planungsebene die Überwachung der Auswirkungen, die in der ihr nachgelagerten Planungsebene nicht beachtet werden können.
Um eine effektive Überwachung sicherzustellen, bietet sich der Ansatz der Umweltzielkontrolle an, zumal ein solches Monitoring auch von einer EG-Richtlinie aus dem Jahr 2001 im Zusammenhang mit der strategischen Umweltprüfung verpflichtend vorgeschrieben wird. Ohne ein Monitoring können die Planungsverbände bei vorzeitiger Zielerreichung in einem anderen Planungsverband nur mit erheblicher Zeitverzögerung reagieren. Die vorgesehene Abweichungsmöglichkeit kann so meiner Meinung nach nur schwer erreicht werden.
Im dritten Teil unseres Antrages konzentrieren wir uns auf Forderungen, was getan werden muss, um den Umbau des
Energiesystems für alle Beteiligten bezahlbar zu gestalten. Diesbezüglich fallen die vorgesehenen Maßnahmen, die die Staatsregierung im Energieprogramm fixiert hat, dünn und mager aus. Eine einzige Initiative wird im Programm vorgeschlagen. Sie sieht vor, die im Osten Deutschlands anfallenden Netzentgelte nicht mehr wie bisher regional auf die Energiepreise, sondern im Bundesdurchschnitt umzulegen.
Hierfür haben Sie ganz gewiss die Unterstützung der LINKEN. Aber nach unserer Auffassung darf man sich nicht allein darauf beschränken.
Die Strompreise sind im Osten durchschnittlich um rund 20 % höher als im Westen Deutschlands. Deshalb fordern wir Sie auf, die erst im vergangenen Sommer geänderte Bundestarifentgeltverordnung mit einer Sonderkundenumlage, nach der die energieintensive Industrie von Netzentgelten befreit wird, rückgängig zu machen.
Auch die teilweise Befreiung von der Umlage nach Erneuerbare-Energien-Gesetz dieser energieintensiven
Industrie muss nach unserer Vorstellung rückgängig gemacht werden. Es kann doch nicht sein, dass die Entlastung energieintensiver Industrie zur Mehrbelastung für kleine und mittelständische Unternehmen sowie für die Verbraucherinnen und Verbraucher insgesamt wird. Deshalb hat der Bundesverband der Energieverbraucher Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt mit der Begründung, dass damit eine verbotene indirekte staatliche Subvention gewährt würde.
Wir wollen auf keinen Fall, dass Energie wegen zu hoher Energiekosten pleitegeht oder etwa abwandert. Deshalb schlagen wir vor, über Bundesratsinitiativen die Möglichkeit zu prüfen, ob es nicht einen besseren Weg gibt, die energieintensive Industrie über die Besteuerung von Energiekosten zu entlasten. Jetzt machen auch die Industrie- und Handelskammern mobil, nachdem sie dies bemerkt haben.
Wir fordern ein ganzes Bündel von Maßnahmen zur bezahlbaren Gestaltung der Energiewende, zum Beispiel immer wieder eine Transparenzstelle an der Energiebörse Leipzig, die Manipulationsstrategien im Energie- und Insiderhandel unterbindet. Wir wollen für einen Übergangszeitraum, solange die Investitionskosten für die Infrastruktur und den Ausbau erneuerbarer Energien tatsächlich sehr hoch ausfallen, die Wiedereinführung der staatlichen Preisgenehmigungspflicht für Verbraucherinnen und Verbraucher;
denn schon heute können immer mehr Menschen ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen. Daher fordern wir zugleich die Einführung eines Sozialtarifes mit Bonusregelung für einkommensschwache Bürgerinnen und Bürger, der aus einem Fonds gespeist werden kann, in den die an der Börse anfallenden Windfall Profits als Zufallsgewinne beim CO2-Emissionshandel fließen können.
Das grundgesetzlich verankerte Recht auf Zugang zur Energieversorgung im Sinne der Daseinsfürsorge muss für alle Beteiligten garantiert werden.
Noch ein Wort zu der von uns geforderten Drittellösung bei der Kostenbeteiligung im Fall der energetischen Wohnraumsanierung. Das FDP-geführte Bundesministerium der Justiz hat einen Gesetzentwurf zur Mietrechtsänderung vorgelegt, der nach Auffassung des Deutschen Mieterbundes das Ziel verfolgt, Vermieterinteressen auf Kosten der Mieter zu bedienen, was sozial unausgewogen ist und zu extremen Härten für Mieterinnen und Mieter führen würde. So wäre im Gesetzentwurf der Klimaschutz ein Vehikel, um Vermieterinteressen Vorschub zu leisten, ohne dass mit diesem Instrument irgendein Anreiz für die energetische Gebäudesanierung gesetzt werden würde. Einen Rettungsschirm für die FDP, Herr Morlok, brauchen wir aber nicht.
(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Der nützt auch nichts! – Klaus Tischendorf, DIE LINKE: Solche großen Schirme gibt es gar nicht!)
Für uns steht fest: Die Belastung für Mieterinnen und Mieter im Zuge der Investitionen in die energetische Gebäudesanierung, die durch Energieeinsparung zukünftig eintretenden Entlastungen sowie eine soziale Abfederung der Kosten müssen in einem angemessenen Verhältnis ausgeglichen werden.
Das bedeutet auch, dass Instrumente für eine gezielte Subjektförderung entwickelt werden müssen. Zum Beispiel wird über ein Klimawohngeld debattiert, das in einem zu ändernden Wohngeldgesetz fixiert werden müsste. Wohngeldempfänger, aber auch Haushalte mit unterdurchschnittlichem Einkommen dürfen nicht alleingelassen werden. Bezieher von Kosten der Unterkunft nach den Sozialgesetzbüchern II und VII dürfen nach Mieterhöhungen wegen energetischer Sanierung nicht aus ihren Wohnungen verdrängt werden. Statt einer möglichen elfprozentigen Mieterhöhung nach Sanierungskosten sollen Mieterhöhungen nach einer energetischen Sanierung immer nur im System der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich sein.
Nur unter diesen Voraussetzungen plädieren wir als LINKE für eine Drittelung der Gesamtkosten, die bei der energetischen Sanierung anfallen. Ein Drittel tragen die Eigentümer und Vermieter, weil deren Immobilie im Wert steigt, ein Drittel tragen die Mieter, weil deren Energiekosten sinken und der Wohnkomfort steigt, und ein Drittel trägt die Gemeinschaft der Steuerzahler, weil durch die energetische Sanierung klimapolitische Ziele erreicht werden können und zusätzliche Steuereinnahmen eintreten werden.
Für einkommensschwache Mieterinnen und Mieter müssen diese Kosten sozial abgefedert werden. Weil diese Förderungen insgesamt auf bundespolitischer Ebene nur erreichbar und zu entscheiden sind, fordern wir Sie auf, ein ganzes Bündel von Bundesratsinitiativen zu unternehmen, um endlich Nägel mit Köpfen zu machen und
nicht nur von der Bezahlbarkeit der Energieversorgung zu schwadronieren, sondern tatsächlich zu handeln.
Der von Wirtschaftsminister Morlok vorgelegte Entwurf eines Energie- und Klimaprogramms muss dringend überarbeitet werden, um tatsächlich einen ganzheitlichen konzeptionellen Ansatz zur Energiestrategie für Sachsen zu entwickeln, in dem der aktive Klimaschutz integriert wird und der Umbau des Energiesystems klimafreundlich und sozial verträglich gesteuert werden kann. Der nun vorgelegte Entwurf zur Fortschreibung des Landesentwicklungsplanes muss dann die programmatischen Ziele angemessen in der Raumordnung umsetzen.