Protokoll der Sitzung vom 07.03.2012

Wir haben mit gezielten Programmen dem Wanderfalken, dem Lachs, der Flussperlmuschel und auch den Serpentinitfarnen wieder auf die Schwingen, die Flossen oder die Wurzeln geholfen. Staatliche und kommunale Stellen haben dazu ebenso beigetragen wie die vielen ehrenamtlichen Naturschützer, die hier im Lande aktiv sind. Dafür ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir stellen heute, meine Damen und Herren, auf eine Weiße Liste ab, die ausgewählte gefährdete Arten beinhaltet. Sie haben den Antrag von 2008 heute viel zitiert, und dabei bin auch ich richtig zitiert worden. Ich stehe auch noch zu dieser Aussage, dass eine umfassende Betrachtung von 36 000 Arten in der Tat die personellen Kapazitäten in meinem Hause und in den nachgeordneten Behörden übersteigt. Deshalb wird sich diese Weiße Liste mit ausgewählten gefährdeten Arten beschäftigen, die wieder einen positiven Trend im Bestand aufweisen können.

Wir wollen und können mit dieser Weißen Liste nicht die Roten Listen überflüssig machen, sondern wir wollen veranschaulichen, dass es durchaus bei diesen RoteListen-Arten auch Arten gibt, bei denen wir Erfolge vorweisen können. Es gibt Erfolge, das ist unbestritten. Aber – das sage ich auch ganz deutlich – eine Weiße Liste ist kein Freifahrtschein, jetzt in den Aktivitäten nachzulassen, denn unumstritten dürfen wir angesichts noch immer anhaltender Biotop- und damit einhergehender Artenverluste in unseren Schutzbemühungen nicht nachlassen. Die Vereinten Nationen haben zu Recht eine Dekade der biologischen Vielfalt ausgerufen, um eben zusätzliche Kräfte gegen den globalen Artenrückgang zu mobilisieren.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Sehr gern.

Frau Herrmann.

Danke schön. Ich habe eine Frage zu der gezielten Auswahl der Arten, die auf die Weiße Liste kommen sollen. Welche Kriterien wollen Sie denn anlegen, um das mit einem vertretbaren Aufwand durchzuführen? Denn dieser Aufwand, den Sie aufbringen müssen, fehlt ja dann. Das ist an anderer Stelle ausgeführt worden. Woran denken Sie dabei?

Die Art der Auswahl überlasse ich gern meinen Fachleuten, die im Detail mehr Ahnung als ich davon haben. Fakt ist, dass wir den Arbeitsaufwand so gering wie möglich halten werden, und Fakt ist auch, dass wir einen Gesamtüberblick über die einzelnen Arten haben wollen. Ich konzentriere mich nicht nur auf die Großtiere, sondern auch auf die Vögel, auf die Pflanzen, auf bestimmte Arten.

Meine Damen und Herren, Sachsen ist für die Aufgaben der Daseinsvorsorge gut aufgestellt. Wir haben ein eigenes Biodiversitätsprogramm, das mit einem Maßnahmenplan konkret untersetzt ist. Wir haben für dieses Biodiversitätsprogramm von den großen deutschen Natur- und Umweltverbänden gute Noten bekommen. In diesem 12Punkte-Programm werden für die Handlungsfelder Naturschutz, Land-, Fischerei- und Forstwirtschaft sowie Jagd konkrete Maßnahmen benannt. Das Programm dient sowohl dem Schutz als auch der nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt. An seiner Fortsetzung werde ich arbeiten, und ich hoffe, dass der Sächsische Landtag in den Haushaltsverhandlungen und im Haushaltsbeschluss die nötigen Mittel dafür zur Verfügung stellt.

Wir setzen dabei, meine Damen und Herren, nicht nur auf so prominente Arten wie den Wolf, sondern auch beispielsweise auf die Bodenbrüter. Bei Kiebitz, Rebhuhn und Feldlerche haben wir einiges erreicht. Aber das ist – sage ich auch ganz deutlich – noch lange nicht genug. Wir fördern Maßnahmen zur Erhaltung unserer Bergwiesen. Erste Erfolge zeigen sich an Orchideen, wie dem Stattlichen Knabenkraut, dessen Bestände sich dank zielgerichteter Biotoppflege wieder stabilisiert haben. Artenhilfsprogramme und die verbesserte Luftqualität helfen auch weniger bekannten Pflanzenfamilien wie den Bärlappen, die seit 300 Millionen Jahren existent sind, aber zum Ende der 1980er-Jahre am Rande des Aussterbens standen.

Des Weiteren verbessern wir die Durchgängigkeit unserer Gewässer für die Ausbreitung der Fischfauna. Davon profitieren Lachs, Bachforelle und andere Arten.

All diese Maßnahmen, meine Damen und Herren, wären ohne Förderinstrumente, mit denen wir schon seit vielen Jahren freiwillige Maßnahmen der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sowie im ehrenamtlichen und privaten Naturschutz unterstützen, nicht möglich.

Meine Damen und Herren, konkrete Schutzprogramme sind das eine. Wir müssen aber auch einen anderen öffentlichen Umgang mit dem Artenschutz finden. Es ist für den Artenschutz eher schädlich, wenn geschützte Arten missbraucht werden, um große Infrastrukturprojekte zu verhindern.

(Beifall des Abg. Andreas Heinz, CDU)

Vielmehr sind Investoren und Genehmigungsbehörden gefordert, Infrastruktur und Artenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Dabei sind Spielräume zwischen den berechtigten Interessen der Menschen vor Ort und dem Schutzbedürfnis von Fauna und Flora auszuloten.

Dazu muss man miteinander kommunizieren – miteinander und nicht übereinander, wie zum Beispiel in Verhandlungen vor Gericht. Ich bin deshalb sehr froh, dass wir hier im Freistaat Sachsen Instrumente gefunden haben, miteinander zu reden. Ich erinnere an die Landschaftspflegetage. Das ist ein ganz spezielles Kommunikationsforum, bei dem Landnutzer und Naturschützer miteinander ins Gespräch kommen und sich das Verständnis für die andere Seite entwickelt und auch Kompromisse finden.

Mir sind solche Termine sehr wichtig – genauso wichtig wie die Gespräche mit den Naturschützern, die vor Ort arbeiten. Ich rede nicht nur mit den Verbandsspitzen, mit denen ich natürlich in Kontakt bin, sondern auch mit den Akteuren vor Ort. Das, was sie mir erzählen, bei dem sie Probleme mit der Bürokratie haben, hilft mir, um ihnen letztendlich die Arbeit zu erleichtern.

Meine Damen und Herren, diese Weiße Liste kann ebenfalls so ein Kommunikationsmedium sein. Wir haben heute – auch kontrovers – darüber gesprochen und ich wünsche mir, dass diese Weiße Liste Anlass dafür ist, dass Naturschützer und Naturnutzer weiterhin ins Gespräch kommen. Sie soll auch zeigen, dass sich Handeln lohnt, und sie soll gleichzeitig Ansporn sein, um weiterzumachen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Frau Dr. Pinka, Sie möchten vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen – dazu haben Sie jetzt Gelegenheit; bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe gerade mit Verwunderung von Herrn Kupfer gehört, dass er nur ausgewählte, gefährdete Tier- und Pflanzenarten in eine sogenannte Weiße Liste aufnehmen will und damit dem unter Punkt 1 und 2 der

durch die Mehrheitsfraktionen der Legislative eingebrachten Antrag nicht zustimmt.

(Lachen der Abg. Gitta Schüßler, NPD)

Herr Staatsminister, möchten Sie auf die Kurzintervention antworten?

(Staatsminister Frank Kupfer hält kurze Rücksprache mit Mitarbeitern seines Ministeriums.)

Wir geben Ihnen gern die Überlegungspause. – Sie haben Gelegenheit, darauf zu antworten. Bitte, Herr Staatsminister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete, wir prüfen in der Tat, wie umfangreich diese Liste sein kann; aber ich gehe davon aus, es wird so, wie ich es gesagt habe, eine Auswahl sein.

Meine Damen und Herren, wenn es keine weiteren Kurzinterventionen gibt, kommen wir zum Schlusswort. – Für die Antragsteller CDU und FDP Herr Günther, FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatsminister Kupfer! Ich möchte mich als Allererstes für das vertrauensvolle Zusammenarbeiten zur Erstellung des Antrages bedanken.

(Oh-Rufe von der SPD und den GRÜNEN – Beifall der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Ja, Frau Pinka, weil Sie gerade so laut herumtöbsen,

(Heiterkeit)

was mir bei allen Rednern der Opposition aufgefallen ist: Hier wird nur noch genölt. Wenn ich Ihnen zuhöre, stelle ich mir vor, draußen gibt es keine Natur, es ist alles weg. Anstatt einmal zu sehen, dass es aufwärts geht, zu sehen, dass etwas passiert – nein, alles ist mies, alles ist schlecht.

(Starke Unruhe und Heiterkeit)

Frau Pinka, ich bin nicht entsetzt, aber beim letzten Mal hat sich die Linkefraktion wenigstens müde enthalten, wie Frau Kagelmann damals gesagt hat. Dass Sie den Antrag jetzt ablehnen, ist sehr eigenartig. Von Frau Deicke natürlich auch das Genöle. Aber Sie sehen, seit Sie nicht mehr mitregieren, wie effektiv das SMUL arbeiten kann.

(Heiterkeit bei der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Herr Lichdi, diesmal sind Sie wenigstens nach vorn gekommen und hatten das Kreuz, hier vorn zu reden. 2008 hatten Sie es nicht einmal für nötig gehalten, vorn ans Mikrofon zu kommen – etwas besser wird es schon.

(Heiterkeit)

Der nächste Dank geht an diejenigen, die es im Ministerium umsetzen müssen, die die Arbeit tun müssen. Frau Pinka, natürlich habe ich die Wette in der letzten Legislatur verloren und deswegen habe ich auch heute für Minister Kupfer eine Flasche Rotwein mit. Wettschulden sind Ehrenschulden – selbstverständlich werden die eingelöst.

(Heiterkeit bei der SPD – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

In diesem Sinne bitte ich nochmals um Zustimmung.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/8197 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Die Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und zahlreichen Gegenstimmen ist die Drucksache 5/8197 beschlossen.

Meine Damen und Herren, dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 8

Personalpolitik der Sächsischen Staatskanzlei bei Spitzenbeamten