Protokoll der Sitzung vom 07.03.2012

Mit der Eignung habe ich bei Ihrer Fraktion häufiger so meine Bedenken. Das gebe ich zu. Ich glaube, bei uns haben die Delegierten unserer Landesvertreterversammlung eine weise Entscheidung getroffen.

(Zurufe der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das habe ich ja auch nicht zu kommentieren, weil die FDP im Gegensatz zu den GRÜNEN eine basisdemokratische Partei ist, und ich akzeptiere deren Ergebnisse.

(Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Im Übrigen müssen sich bei uns Frauen im Wettbewerb durchsetzen und werden nicht per Quote auf Posten geschoben wie bei Ihnen. Das ist vielleicht auch ein wichtiger Unterschied.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Statt den Menschen Vorschriften zu machen, wollen wir lieber Angebote schaffen. Das Thema Kita-Betreuung wurde zu Recht angesprochen. Das ist ein Punkt, der extrem wichtig ist, um Frauen ein berufliches Fortkommen möglich zu machen. Auch flexible Kita-Öffnungszeiten gehören dazu. Die Angebote Sachsens bei der Kinderbetreuung sind im bundesweiten Vergleich spitze.

Sachsen ist im Übrigen auch das Flächenland mit der höchsten Frauenquote in Führungsetagen von Unternehmen. Jeder vierte Chef im Osten ist Frau. Das liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt, meine Damen und Herren, und zeigt, dass Sachsen und vielleicht auch der Osten in manchen Bereichen dem Westen voraus ist.

Wir brauchen deshalb keine neuen Zwänge, Quoten und Verbote, sondern Angebote, die es Frauen und Männern ermöglichen, im Beruf erfolgreich zu sein. Wir wollen keine Diskriminierung einer einzelnen Geschlechtergruppe – weder in die eine noch in die andere Richtung. Wir lehnen Eingriffe in Tarifautonomie und Vertragsfreiheit ab.

Deshalb werden wir gegen Ihren Antrag stimmen.

(Beifall bei der FDP)

Das war für die FDPFraktion Herr Kollege Herbst. – Jetzt sehe ich am Mikrofon 3 eine Kurzintervention; bitte.

Eine ganz kurze, Herr Präsident! – Herr Kollege Herbst hat ein paar Ausführungen dazu gemacht, dass er Quotenregelungen an sich für schlecht hält. Vielleicht hilft es etwas beim Nachdenken, und es ist für andere auch interessant zu erfahren, dass der

Bundesvorstand der FDP prinzipiell nach Quote besetzt wird, und zwar nach Regionalquote. Aus jedem Landesverband der FDP muss ein Wichtigtuer dabei sein, sonst ist der Vorstand nicht gültig gewählt. Den Herren ist ihre Quote nicht peinlich. Deswegen bitte ich die Frauen, diese Ausführungen nicht weiter ernst zu nehmen. Wenn den Männern ihre Quote nicht peinlich ist, muss uns unsere überhaupt nicht peinlich sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt kommt die Reaktion des Herrn Kollegen Herbst.

Geschätzte Frau Kollegin Hermenau, Sie kennen sich offensichtlich in der Bundessatzung der FDP nicht so richtig aus. Ich empfehle einmal das Nachlesen. Das ist nur ein kleiner Teil. Wenn Sie im Übrigen so selbstbewusst sind und glauben, die Leistung zu bringen, dann bräuchten Sie die Quoten doch nicht, dann würden Sie sich doch im Wettbewerb durchsetzen. Aber das scheint bei den GRÜNEN ja nicht der Fall zu sein.

(Beifall bei der FDP)

Wir fahren in der Rednerreihe fort. Für die Fraktion GRÜNE spricht Frau Kollegin Herrmann.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dieser Rede von Herrn Herbst wünsche ich mir, dass das sehr viele Frauen gehört haben oder nachlesen,

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

denn dann dürfte die Zahl der Frauen, die bei der nächsten Wahl FDP wählen, noch weiter in den Keller gehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eigentlich eine Schande, dass wir jedes Jahr wieder hier stehen und uns über den Lohnunterschied von Männern und Frauen unterhalten müssen, und dass wir in den Jahren, in denen wir darüber geredet haben, eigentlich keinen Schritt vorangekommen sind. Die Zahlen sind genannt worden. Nötig wäre an dieser Stelle, sich zum einen über die Ursachen zu unterhalten, die dazu führen, dass es diese Einkommensunterschiede gibt. Zum Zweiten müsste man aus dieser Ursachenanalyse Maßnahmen ableiten. Beides ist in diesem Antrag der SPD-Fraktion enthalten. Drittens müsste man auch noch den politischen Willen haben, daran auch wirklich etwas zu ändern. Das kann ich bei der Koalition gerade nicht feststellen.

Herr Herbst hat auch nicht zur Kenntnis genommen, dass das Equal Pay nicht eine grüne Theorie ist oder auch eine linke, wie auch immer. Sie reicht weit in die CDUFraktion hinein. Ich glaube, es haben sich auch schon führende Politikerinnen der FDP dazu geäußert, dass das ein Thema ist, dem man sich stellen sollte, und sie haben Maßnahmen dazu vorgeschlagen.

Renommierte Wirtschaftswissenschaftlerinnen verweisen in diesem Zusammenhang auf den Unterschied zwischen Einkommensdiskriminierung – das ist das, worüber Herr Herbst zum großen Teil hier gesprochen hat – und den strukturellen Faktoren, die zu einer Diskriminierung von Frauen führen.

In Ostdeutschland ist es so, dass sich fast drei Viertel dieser Einkommensunterschiede mit strukturell diskriminierenden Faktoren erklären. Frauen verdienen weniger als Männer, weil sie häufiger ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen. Männer sind auch Väter, auch sie können zu Hause bleiben; es ist nicht ein Privileg der Frauen. Weil Frauen öfter zu Hause bleiben, haben sie natürlich kürzere Betriebszugehörigkeiten. Das wirkt sich auf die Löhne aus. Frauen sind, wie wir alle wissen, seltener in hochdotierten Leitungspositionen.

Andere Punkte, die ebenfalls zu diesen Einkommensunterschieden beitragen, haben die Kolleginnen schon genannt.

Es ist tatsächlich so, dass rund die Hälfte aller weiblichen Auszubildenden sich unter den 360 Ausbildungsberufen oder Lehrberufen zehn aussuchen. Das führt ja dann auch weiter. Die Hälfte aller erwerbstätigen Frauen arbeitet in fünf von insgesamt 87 Berufsgruppen, und das sind zum großen Teil die Berufsgruppen und die Branchen mit den niedrigsten Löhnen. So bekommt eine Frisörin in Sachsen im ersten Berufsjahr 3,82 Euro! Auch Sekretärinnen, Arzthelferinnen, Erzieherinnen – man könnte diese Aufzählung fortsetzen – zählen zu den typischen schlecht bezahlten Frauenberufen.

Es ist nicht so, dass diese Entgeltungleichheit nur ein Problem der weniger qualifizierten Frauen ist, sondern im Gegenteil. Bezogen auf die zehn am höchsten dotierten Berufe hören die Einkommen gut verdienender Frauen dort auf, wo die Einkommen gut verdienender Männer erst anfangen. Diese ungleiche Bewertung in den Entgeltstrukturen, vor allem in der Privatwirtschaft, aber auch im öffentlichen Dienst, verändert sich kaum. Es lassen sich überhaupt keine objektiven Gründe dafür finden, dass Grundschullehrerinnen hier im Land wesentlich weniger verdienen als Gymnasiallehrer – außer, dass das eine ein typischer Frauenberuf und das andere ein traditioneller Männerberuf ist. Gleiches gilt für Erzieherinnen. In den skandinavischen Ländern ist das anders.

Die Kollegin Klepsch hat vorhin schon davon gesprochen. Vergleichbare Berufsgruppen sind Ingenieure/Bibliothekarinnen, Putzfrauen/Pförtner, Leiterinnen von Diätküchen/Betriebshofleiter, Küchenhilfen/Kanalarbeiter,

und trotzdem ist die Lohnungleichheit sehr erheblich. Obwohl diese Frauenjobs, was die Anforderung und die Belastung angeht, denen der Männer nämlich mindestens gleichwertig sind, werden sie nach TVöD niedriger eingestuft und damit schlechter bezahlt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesverwaltung mit ihren Staatsbetrieben ist durchaus eine große Arbeitgeberin. Als Arbeitgeberin ist sie auch Tarifpartei und damit an den Aushandlungsprozessen beteiligt, und sie

kann sich für diskriminierungsfreie Arbeitsplatzbewertungssysteme, zum Beispiel Logib, starkmachen. Wenn hier ausgeführt wurde, dass in Sachsen diese Entgeltungleichheit wesentlich geringer ist als in westdeutschen Bundesländern, dann verschweigen Sie dabei aber den direkten Vergleich mit den ostdeutschen Ländern. Hier liegt Sachsen nämlich an letzter Stelle.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Länder wie Ontario und Kanada zeigen, dass es erst durch eine gesetzliche Verpflichtung zu einer Entgeltangleichung – und zwar ganz bewusst keiner Gleichmacherei, sondern zu einer Entgeltangleichung – gekommen ist. Die Unternehmen sind dort zu Lohntransparenz verpflichtet. Zum anderen müssen sie ernsthafte Pläne zur Lohnangleichung vorlegen, und wenn diese nicht innerhalb einer bestimmten Frist umgesetzt sind, drohen Sanktionen. Auch in Deutschland stände die Tarifautonomie solchen gesetzlichen Regelungen durchaus nicht entgegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt etwas zu den Ursachen und etwas zu Konzepten gesagt. Allerdings, wo kein Wille ist, ist auch kein Weg.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und vereinzelt bei den LINKEN)

Frau Herrmann sprach für die Fraktion GRÜNE. – Für die NPD-Fraktion spricht jetzt Frau Schüßler.

Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Equal Pay Day soll in dem Antrag der SPD als „Mahnung“ verstanden werden. Es wäre zunächst vielleicht angebracht gewesen, hierfür einen verständlicheren Namen zu wählen, wie zum Beispiel „Tag der Lohngerechtigkeit“. Ich kann irgendwie nicht nachvollziehen, warum man meint, dieses und auch andere berechtigte und sinnvolle Anliegen mit einem englischen Ausdruck aufwerten zu müssen.

Niemand wird natürlich etwas dagegen einzuwenden haben, dass der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ auch bei der Entlohnung von Frauen durchzusetzen ist, wenn tatsächlich ungerechtfertigte Lohnunterschiede bestehen. Doch schon aus der Stellungnahme der Staatsregierung wird deutlich, dass sie zumindest in Bezug auf den Freistaat ein Problem beklagen, das mit durchschnittlich 9 % Lohnunterschied weitaus geringer ausfällt, als von Ihnen herbeigeredet.

Der weitere Antragstext verrät ja auch, dass es Ihnen nicht um Gerechtigkeit, sondern nur um feministische Planwirtschaft durch Quotierung geht, wie sie von der linken Seite in diesem Hause immer wieder gefordert wird und die wir nach wie vor ablehnen.

(Beifall bei der NPD)

Der beklagte Lohnunterschied relativiert sich weiter, wenn Sie betrachten, dass viele Frauen – wen wundert es, es ist halt so – in typischen Frauenberufen arbeiten, also

als Krankenschwestern, Altenpflegerinnen oder Erzieherinnen.

Genau hier scheint uns das eigentliche Problem zu liegen: Unsere Gesellschaft achtet ganz allgemein diese wichtigen gemeinschaftsdienlichen Berufe viel zu wenig, und das drückt sich in der Entlohnung aus – wovon Frauen überproportional betroffen sind. Statt künstlich einen Geschlechterkampf herbeizureden, sollten wir eine ganz andere Debatte führen, nämlich die Debatte über die Geringschätzung bestimmter Berufe, die dem Allgemeinwohl dienen.

Wenn wir noch einmal auf das Motto des diesjährigen Equal Pay Day eingehen wollen, das da heißt: „Rollenstereotype-gelebtes Rollenverhalten und Ansatzpunkte, diese aufzubrechen“, dann muss ich wirklich einmal die Gegenfrage stellen: Was wäre denn so schlimm an Rollen – männlichen und weiblichen, mütterlichen und väterlichen –, sofern sie gerecht, also gleichermaßen anerkannt und bezahlt werden? Das ist doch der Punkt, und nicht, die von der Natur nun einmal vorgegebenen Rollen aufzubrechen – was bei Ihnen oftmals nur auf einen Rollentausch hinausläuft. Aber Ihnen schweben – siehe Begründung, ich zitiere – „Maßnahmen für eine zwangsläufig langfristig angelegte Veränderung geschlechtlicher Rollenbilder“ vor. Also Zwang, Quote, Aufbrechen. Schon diese Sprachwahl verrät uns doch, dass Sie hier die Zerstörung einer von weiten Teilen der Bevölkerung nach wie vor als natürlich empfundenen Ordnung planen.

Meine Damen und Herren, es gibt natürlich die realen Lohnunterschiede, die berechtigtermaßen als Ungerechtigkeit empfunden werden. Wenn eine Frau Kinder bekommt und durch die Elternzeit an mehreren Lohn- und Gehaltsrunden nicht teilnehmen kann; wenn eine Frau gerade erst aus der Familienzeit zurückkehrt und dann natürlich nicht sofort eine Gehaltserhöhung fordern kann, oder wenn sie – weil sie ja die Vereinbarkeit von Familie und Beruf organisieren muss – auf eine Teilzeitstelle angewiesen ist, dann sind das ganz praktische Gründe, die zu einer realen Schlechterstellung der Frau führen, einer Schlechterstellung, die aber in den allermeisten Fällen nicht absichtlich geschieht und eben zwingend betriebswirtschaftlicher Logik entspringt.

Worüber wir wirklich reden sollten, sind vielmehr staatliche Maßnahmen, um bestehende Unterschiede – ob beim Gehalt oder der Altersvorsorge – auszugleichen.

Wir, die NPD-Fraktion, haben dafür bereits vielfältige Vorschläge unterbreitet: beispielsweise die Einrichtung von Betriebskooperativen, um Betriebskindergärten zu ermöglichen, die Zahlung eines sozialversicherungspflichtigen Müttergehaltes zum Ausgleich von Einkommensverlusten und als Anerkennung für geleistete Erziehungsarbeit, die stärkere Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bei der Rentenversicherung usw. usf. Aber davon wollen Sie – die linke Seite in diesem Hause – ja leider nichts wissen, denn das würde die traditionelle Familie stärken. Sie setzen lieber auf Quoten, aufgebrochenes Rollenverhalten und Kampagnen mit merkwürdi

gen englischen Bezeichnungen. Den Antrag lehnen wir ab.