Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht als Anregung für die kommenden Jahre: Wir müssen eine Konzentration der Lehrerstellen auf die Absicherung des Unterrichts vornehmen. Wir haben aufgrund des Auslaufens des Bezirkstarifvertrages die überschüssigen Stellen – 300 Stellen – in die Ganztagsangebote gegeben.
Ich glaube, wenn wir die Aussage ernst meinen, dass Lehrerstellen dafür da sind, den Unterricht abzusichern, müssen wir zukünftig darüber nachdenken, Ganztagsangebote wieder ausschließlich über Honorarmittel abzusichern und die Lehrerstellen vollständig der Unterrichtsversorgung zukommen zu lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage es ganz offen und auch ein Stück weit selbstkritisch: Das Kultusministerium war auf die jetzige Situation nicht so vorbereitet, wie es hätte sein müssen. Ich sage aber auch ganz klar: Nach den ersten Aussagen und nach den ersten Gesprächen, die ich mit Frau Staatsministerin Kurth geführt habe, bin ich davon überzeugt, dass die Möglichkeit besteht, zu pragmatischen Lösungen, zu zielgenauen Lösungen zu kommen. Und ich sage ganz klar: Die neue Staatsministerin hat die volle Unterstützung der FDPFraktion im Sächsischen Landtag.
Ich kann meinem Kollegen Lars Rohwer nur zustimmen, wenn er sagt, wir bzw. eher Sie hätten der neuen Staatsministerin etwas Zeit geben sollen bei der Einarbeitung. Sie können selbstverständlich immer sagen: Die Pflicht liegt beim Ministerpräsidenten, liegt beim Finanzminister. Aber die Anträge geben auch ganz klare inhaltliche Vorgaben vor. Ich glaube, es wäre schon fair gewesen, diese ganz konkreten Dinge zu besprechen und ein Stück weit und mehr als eine Woche Einarbeitungszeit zuzubilligen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die neue Kultusverwaltung ist gerade dabei, das neue Schuljahr vorzubereiten. Das muss auch im Mittelpunkt der Maßnahmen stehen. Deswegen glaube ich, dass die Diskussion über die Art und Weise, wie Ausfall erhoben wird, sicherlich geführt werden muss, aber vielleicht nicht unbedingt jetzt. Das ist das Problem.
Herr Bläsner, ist Ihnen denn bekannt, dass der Finanzminister vergangene Woche – letzten Mittwoch – auf der Demo der Schülerinnen und Schüler und Eltern vor dem Kultusministerium gesagt hat, dass der Landeshaushalt bereits jetzt ein Drittel seines Haushalts, nämlich 5 Milliarden Euro, für Bildung, Forschung und Wissenschaft ausgebe und dass man sozusagen schon sehr viel leiste und offenbar nicht so sehr bereit sei, da mehr zu tun? Wie deuten Sie dieses Signal für die Bildungslandschaft?
Der Finanzminister hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Bildung und Forschung im Freistaat schon jetzt eine große Priorität genießen. Nichts weiter hat er gemacht.
Um auf die Diskussion um die Erfassung des Unterrichtsausfalls zurückzukommen: Wir stehen dem grundsätzlich offen gegenüber, und auch in der Antwort des Ministeriums steht, dass man schauen sollte, was, wie und wo veröffentlicht und erfasst werden sollte. Ich will nur einmal in Erinnerung rufen, dass immerhin seit 2006/2007 eine ganzjährige Erfassung des Unterrichtsausfalls erfolgt, damals auf Antrag der FDP. Das ist auch durchgekommen und wird umgesetzt, ist im Internet für jede Schule abrufbar. Wir können und sollten auch darüber diskutieren, was da alles erfasst wird. Aber ich glaube, wir sollten erst einmal den Unterricht absichern und danach über die Art und Weise diskutieren, wie wir die Internetstatistik machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei allen notwendigen Verbesserungen und bei aller notwendigen Kritik dürfen wir eines nicht tun: Wir dürfen das sächsische Bildungssystem nicht schlechtreden.
Die neue Staatsministerin hat zu Recht davor gewarnt, jetzt Horrorszenarien an die Wand zu malen. Ich kann diese Aussage nur unterstützen.
Wir müssen dort, wo es Probleme gibt, handeln. Aber Horrorszenarien und Untergangsszenarien oder -darstellungen, die Sachsen von heute auf morgen vom PISASiegerland zum Bremen der Bildungspolitik machen, sind nicht hilfreich und werden auch der Situation an unseren Schulen nicht gerecht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen und auch die Staatsregierung kennen die Probleme. Wir verschließen auch nicht die Augen davor, dass gehandelt werden muss. Wir wissen: Gute Schule braucht Lehrer, gute Schule kostet Geld.
Wir werden die Grundlagen, die das erste Bildungspaket gesetzt hat, nutzen, um eine Art Bildungspaket 2.0 zu entwickeln. Dieses Bildungspaket muss für alle eine ganz klare Perspektive bis 2020 bieten und natürlich auch die Frage der kurzfristigen Absicherung des Unterrichts beantworten.
Das war der Abg. Herr Bläsner für die FDP-Fraktion. – Jetzt sehe ich am Mikrofon 3 eine Kurzintervention. Frau Giegengack, ist das Ihre Absicht?
Ich möchte hier zu Protokoll geben und klarstellen, dass ich das sächsische Bildungssystem nicht schlechtgeredet habe, sondern einfach die Reform von Regelungen zum Unterrichtsausfall angemahnt habe. Ich bitte, das explizit im Protokoll festzuhalten.
Aber wenn man die Berichte im „Heute-Journal“ oder in der „Tagesschau“ gesehen hat, bei denen im Hintergrund eine verfallene Schule sichtbar war, dann wird das dem Bildungssystem in Sachsen nicht gerecht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Unterrichtsausfall begleitet uns nun schon eine ganze Weile. Auch der Antrag der LINKEN ist nicht ganz neu. Im November 2011 eingebracht, gab Exminister Wöller im Dezember seine Antwort darauf. Seither hat sich die Situation zugespitzt. Wachsender Realitätssinn beim Minister, einhergehend mit mangelndem Rückhalt in den Reihen der Koalition und Demontage seiner Person durch den Ministerpräsidenten führten dazu, dass Minister Wöller seinen Hut nehmen musste.
Auch die neue Kultusministerin hat es nicht leicht. Ihr bleibt nur wenig Zeit, sich in das Zahlenmaterial einzuarbeiten und hieraus die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Vorhanden ist es. Neben den Antworten auf zahlreiche Kleine Anfragen sind es die Erkenntnisse, die von Experten in Anhörungen zu Protokoll gegeben wurden oder sich in Stellungnahmen wiederfinden, die über die Tagespresse den Weg in die Öffentlichkeit fanden.
Es fehlt mir leider die Redezeit, über die heute bereits genannten Fakten hinaus weitere Beispiele dafür anzuführen. Zusammenfassend möchte ich deshalb meinen Eindruck von heute so beschreiben: Die dramatischen Ausmaße in Sachen Unterrichtsausfall, die DIE LINKE in ihrem Antrag anprangert und die im Antrag der GRÜNEN etwas genauer beleuchtet werden, bestehen zurzeit noch nicht. Aber ich sehe die Spitzen eines Eisberges, die zunehmend wahrnehmbar werden. Um bei diesem Bild zu bleiben: Ohne Kurswechsel geht der Dampfer Schulsystem einer Kollision entgegen, in deren Folge künftigen Schülern der Weg zu einer Bildung verbaut wird, wie sie als Voraussetzung für eine optimale Lebensplanung unabdingbar ist. Damit meine ich nicht – wie eben erst diskutiert – das Abitur für Gesundheits- und Pflegeberufler. Von derartig verstiegenen Ideen wird man sich verabschieden müssen.
Dies gilt ebenso für eine radikale Umsetzung der inklusiven Beschulung. Woher sollen denn die zusätzlichen 1 600 Lehrer kommen, die dafür laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung allein im Freistaat Sachsen benötigt werden, und woher die 114 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr? Oder werden bereits trickreiche Maßnahmen geplant, um trotzdem alles unter einen Hut zu bekommen?
Was ich mit trickreichen Maßnahmen meine, ist still und heimlich längst angelaufen. So werden Schulsozialarbeiter für die Absicherung von Stundenvertretungen eingesetzt. Gleiches könnte für sonstiges pädagogisches Personal gelten, das eigentlich zur Unterstützung pädagogischer Prozesse im Rahmen der inklusiven Beschulung oder für die Ganztagsbetreuung gedacht ist. Undenkbar?
Den Lehrer, der zwischen den Räumen hin- und herläuft, um zwei oder gar drei Klassen gleichzeitig zu betreuen, gibt es längst. Die Parole „Guckstunden statt Unterricht“ machte erst letzte Woche die Runde in der Presse.
Auch Frau Falken findet Sparpotenzial, wenn sie meint, die Ressourcen der Förderschulen an die allgemeinbildenden Schulen übertragen zu wollen. Prof. Unland wird solche Sparideen gern aufgreifen und kreativ weiterentwickeln. Der linken Bildungspolitikerin Birke Bull in Sachsen-Anhalt wird es dafür vermutlich Kopfschmerzen bereiten, denn sie befürchtete unlängst unter der Überschrift „Gemeinsames Lernen nicht kaputtsparen“, dass einfach Ressourcen von Förderschulen auf die Regelschulen mit Inklusion verlagert werden sollen. Absprachen sollten da manchmal helfen.