Kurzum: Die von Ihnen geforderte Personalplanung betreibt die Staatsregierung bereits. Ihres Antrags bedarf es nicht. Deswegen werden wir, die FDP- und die CDUFraktion, den vorliegenden Antrag ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Die beste Zeit, ein Problem anzupacken, ist die Zeit vor seiner Entstehung.“ Diesen Aphorismus hat die Staatsregierung bei ihrem überhasteten Einstellungsstopp, der per Kabinettsbeschluss am 21. Februar dieses Jahres zunächst bis Juni verhängt wurde, nicht beherzigt.
Seit Jahren ist bekannt, dass die Finanzmittel für den Aufbau Ost aus den Fördertöpfen der Europäischen Union – also sprechen wir von rückfließendem deutschen Steuergeld – und die Zuweisungen des Bundes immer geringer werden. Der Freistaat Sachsen muss zukünftig jährlich etwa 200 Millionen Euro weniger einkalkulieren.
Genauso absehbar wie diese wegfallenden Mittel aus den bekannten Fördertöpfen war der demografische Niedergang infolge von Geburtenmangel und Abwanderung, den
die etablierten Parteien nicht etwa bekämpft, sondern durch Unterlassungssünden auf dem Gebiet der Bevölkerungs-, Familien- und Wirtschaftspolitik erst noch befördert haben.
Die Sächsische Staatsregierung hätte auch den Lehrermangel durch anstehende Massenverrentung vorhersehen können – und müssen! – wie auch die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst mit spürbaren Lohnsteigerungen und damit Mehrkosten für den Staatshaushalt. Aber Blindflug gehört zur Regierungstechnik des Ministerpräsidenten, der bekanntermaßen Probleme lieber weglächelt als anpackt.
Bereits der erste Einstellungsstopp – für die Jahre 2006 bis 2010 – war so rigide, dass sich die Staatsregierung nicht zu wundern brauchte, dass nach dessen Auslaufen die Zahl der Einstellungen wieder deutlich anstieg: von circa 350 im Jahr 2010 auf über 1 600 im Jahr 2011.
Gut gemeint sind Einsparungen im öffentlichen Dienst sehr wohl, wenn es nicht gerade Polizisten und Lehrer trifft. Einsparungen im öffentlichen Dienst hat die Staatsregierung zwar gut gemeint, aber wieder einmal ist es ihr nicht gut gelungen. Man hat es hier mit einem chronischen Umsetzungsproblem durchaus richtiger Ansätze zu tun.
Mit dem neuerlichen Einstellungsstopp ohne Plan und Ziel bietet die Staatsregierung zudem den drei linken Landtagsfraktionen wieder die Möglichkeit, sich als Klientelpolitiker für den öffentlichen Dienst zu profilieren. Statt teurer Tischlampen für den Wirtschaftsminister und noch teurerer Rhetorikschulungen für den Regierungssprecher sollte sich die Staatsregierung vielleicht endlich ein Nachtsichtgerät zulegen, damit die Blindflugpolitik nicht noch größeren Schaden anrichtet.
Dann würde vielleicht – nicht vielleicht, sondern ganz sicher – der Stimmungsmache der GRÜNEN der Boden entzogen werden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass der Abg. Gerstenberg unlängst mit Einlassungen zu den Stellensperrungen den Eindruck zu erwecken versuchte, als ob durch den Erlass der Staatsregierung die Lehre an den sächsischen Hochschulen im Sommersemester regelrecht zum Erliegen kommen werde.
Peinlich für Sie war, Herr Gerstenberg, dass der Sprecher der TU Dresden und der Kanzler der Dresdner Musikhochschule dieser Aussage eindeutig widersprachen und klarstellten, dass weder aktuelle Berufungsverfahren von Professoren noch die Einstellung von Lehrern von der Einstellungssperre berührt sein werden.
Meine Damen und Herren! Sachsen benötigt einerseits in den nächsten Jahren sehr viel mehr Lehrer an Schulen und Hochschulen. Andererseits muss die Zahl der Verwaltungsstellen dem Durchschnittswert bundesdeutscher Flächenländer angenähert und damit reduziert werden,
denn alles andere ist angesichts des schon vorhandenen Streites um den Solidarpakt nicht vermittelbar und nach dessen Auslaufen erst recht nicht finanzierbar.
Der Einstellungsstopp der Staatsregierung war zwar überhastet, wenig transparent und daher kritikwürdig. Das Bürokratiemonster, das die GRÜNEN mit ihrem Antrag zur Datenerhebung von der Leine lassen wollen, ist jedoch ein Hemmschuh für jede nachhaltige Personalpolitik und wird damit den eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Die NPD-Fraktion kann sich bei diesem Antrag daher nur der Stimme enthalten.
Meine Damen und Herren! Wird eine zweite Runde gewünscht? – Mir liegt keine Wortmeldung vor. Bitte, Herr Mackenroth.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Zu Ihnen, Herr Kollege Scheel. Rhetorisch wie immer prächtig, aber inhaltlich habe ich Sie schon besser gehört. – Da hinten ist er, jawohl. – Was Sie als Gipfel der Hilflosigkeit thematisiert haben, den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, so etwas gibt es in der Tat. Ich möchte erleben, wie Sie reagieren würden, wenn Ihnen Überlegungen aus dem Bereich der Verwaltung bekannt würden, bei denen es darum geht, über den Umfang der notwendigen Daseinsvorsorge nachzudenken. Ich glaube, Sie würden so was von aufschreien, dass ich jeder Regierung nur raten kann, diese Überlegung zunächst einmal, wie es unsere Verfassung vorsieht, im stillen Kämmerlein anzustellen und damit rauszugehen, wenn die Überlegungen ein Resultat geboren haben.
Herr Brangs, zwei Punkte zu Ihnen. Ich fand das interessant, und wir sollten die Unterhaltung fortführen. Das lässt sich ja alles hören. Es geht mir um Ihren Vorwurf, das Ziel, der Stellenabbau, sei ein Teufelswerk. Im Gegenteil: Die Staatsregierung und die sie tragenden Fraktionen haben die Verpflichtung, darüber nachzudenken, dass wir Steuergelder sinnvoll, effektiv und zielgerichtet einsetzen, um nicht eine einzige Stelle zu viel zu haben.
Der Rechnungshof säße uns im Nacken und die Opposition würde ein Schlachtfest mit uns feiern. Das wollen wir eben auch nicht so gern. Wir müssen schon sehen, dass wir genau arbeiten und Ressourcen heben, Effizienzen wecken, die noch vorhanden sind, aber ein wenig im Tiefen schlummern.
Zweitens. Sie gerieren sich hier als Apologet der Debatte über den Umfang der Daseinsvorsorge. Das ist deswegen gefährlich, weil Ausgangspunkt einer solchen Debatte immer nur der Status quo sein kann. Es geht in dieser Debatte nie um Absenkungen der Daseinsvorsorge, sondern um Standarderhöhungen. Ich warne vor dieser
Debatte, weil uns die Standarderhöhungen in der gegenwärtigen finanzpolitischen Lage auf die Füße fallen. Wir werden im Länderfinanzausgleich bluten, wenn wir uns weiterhin Standarderhöhungen leisten, wie wir sie in den letzten Jahren betrieben haben. Deswegen würde ich zwar gern die Debatte führen, aber in beide Richtungen, und würde zusehen, dass sie keine Einbahnstraße ist. In der Sache bleibt es bei der Ablehnung.
Der Kollege wollte mich nicht mehr sehen. Dann mache ich es per Kurzintervention. Sehr geehrter Herr Kollege Mackenroth, Sie haben jetzt zwei Aussagen getroffen: Zum einen könnten wir als Opposition nicht erwarten, dass man schon vorfristig über das Handeln der Staatsregierung informiert wird. Dazu würde ich Ihnen gern sagen: So, wie es passiert ist, dass quasi die Hochschulen mitten im Verfahren von Einstellungen oder auch andere Institutionen informiert wurden, war es auch nicht der ideale Weg, sondern die Staatsregierung hätte gut daran getan, ihre Vorhaben mit dem abzugleichen, was in der Realität in Sachsen stattfindet.
Zum anderen haben Sie gesagt, es muss alles gut vorbereitet werden. Dazu möchte ich Ihnen ein paar Zitate aus der Kleinen Anfrage zum Personalcontrolling – drei Mal dürfen Sie raten, zu welchem Bereich – verlesen. Frage 1: Mit wie vielen Anträgen seitens der sächsischen Hochschulen rechnet die Staatsregierung? Antwort: Die genaue Anzahl der Anträge ist aufgrund der Möglichkeit, Gruppenanträge zu stellen, derzeit nicht feststellbar. Frage 2: In welchem Zeitraum, mit welcher Frist wird ein gestellter Antrag abschließend bearbeitet werden? Antwort: Eine bestimmte Frist zur abschließenden Bearbeitung der Anträge ist nicht vorgegeben. Frage 3: Welcher Mehrverwaltungsaufwand entsteht den Hochschulen sowie den Ministerien durch die getroffene Regelung? Antwort: Der Sach- und Personalaufwand für die Bearbeitung eines Antrages ist unter anderem im Hinblick auf die Möglichkeit, Gruppenanträge zu stellen, nicht ermittelbar.
Wenn Sie nicht einmal wissen, was das eigene Verfahren an Mehraufwand bedeutet, dann sagen Sie uns doch nicht, das müsse alles im Detail und ordentlich vorbereitet werden. Das widerspricht sich schon im Kern und ist keine solide Argumentation im Vergleich mit den Anträgen der Opposition.
Wer wünscht jetzt noch das Wort? – Es sieht nicht so aus, als ob es noch Gesprächsbedarf gibt. – Die Staatsregierung hat das Wort gewünscht. Herr Minister Unland, bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine nachhaltige Personalpolitik ist ein zentrales Anliegen der Sächsischen Staatsregierung. Die Gründe sind Ihnen bekannt. Bis 2020 sinken die Einnahmen des Freistaates Sachsen um real 2 bis 2,5 Milliarden Euro. Es ist eine gigantische Aufgabe, den Haushalt darauf hin auszurichten. Demgegenüber sehen wir uns seit Jahren einem ungebremsten Anstieg der Personalausgaben ausgesetzt, und dies, obwohl bereits in einem beachtlichen Umfang Personal abgebaut wurde. Die Dynamik des Anstiegs konnte lediglich gebremst werden.
Die Ursachen hierfür sind Tarifsteigerungen und hohe Steigerungsraten bei den Versorgungsausgaben. Trotz des bisher feststehenden Abbaus auf rund 77 000 Stellen steigen die Personalausgaben auch in den kommenden Jahren weiter stetig an. Hier müssen wir gegensteuern und weitere Stellen abbauen. Dies ist kein Selbstzweck. Wir müssen die durchschnittlichen Personalausstattungen der westdeutschen Flächenländer anstreben. Die Umsetzung dieses Ziels verlangt eine durchdachte Personalstrategie. Dies ist ein zentrales Element der Staatsmodernisierung.
Die Eckpunkte liegen seit der Eckwerteklausur der Staatsregierung im Februar vor. Erstens. Schlanke Strukturen. Dazu gehört das vom Landtag beschlossene Standortegesetz. Zweitens: Bürgernahe und effiziente Prozesse. Dazu gehören Bürokratie- und Vorschriftenabbau. Drittens: Die Konzentration des Staates auf seine Kernaufgaben. Das bedeutet unter anderem Aufgabenverzicht und Aufgabenbündelung. Viertens: Leistungsfähiges und motiviertes Personal. Dazu gehört unter anderem ein interner Arbeitsmarkt.
Auf der Basis dieser Eckpunkte erarbeitet derzeit eine Projektgruppe eine Personalstrategie. In Zusammenarbeit mit den Ressorts soll diese Strategie die Leistungsfähigkeit und Attraktivität der sächsischen Landesverwaltung trotz des Personalabbauziels sichern. Durch die Umsetzung der Strategie soll in allen Verwaltungsbereichen – und das ist eine sehr ambitionierte Aufgabe – das richtige Personal für die richtigen Stellen zur richtigen Zeit in der richtigen Anzahl vorhanden sein, um die Aufgaben ordnungsgemäß und effizient erfüllen zu können.
Der angestrebte Personalabbau ist sehr ambitioniert und ohne Aufgabenkritik nicht zu meistern. Bis die vorgesehene verbesserte Steuerung der Personalressourcen eingerichtet ist, gilt vorübergehend das Zustimmungserfordernis seitens des Ministerpräsidenten und dessen Stellvertreters für Neueinstellungen von Bewerbern außerhalb unserer Verwaltungen. Dieses Personalcontrolling bezeichnen die Antragsteller fälschlicherweise als Einstellungsstopp.
Die Sächsische Staatsregierung ist bereits auf dem Weg zu einer umfassenden und nachhaltigen Personalstrategie. Deshalb bitte ich um Ablehnung des Antrages.
Möchten Sie noch reden, Herr Brangs? – Ich schaue, ob Sie noch Redezeit haben. Sie haben noch 8 Minuten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist wirklich noch einmal wichtig, nachdem der Finanzminister gesprochen hat,
die Punkte zu benennen, die er eben gerade nicht erwähnt hat, weil das in den letzten Jahren zur Politik der mehrheitlich von der CDU-geführten Staatsregierung gehört.
Ich möchte an Folgendes erinnern: Das Thema Aufgabenkritik, das man hier immer wie eine Monstranz vor sich her trägt, haben wir bereits, als wir selbst mit regiert haben, im Zusammenhang mit der Verwaltungs- und Funktionalreform als Bedingung genannt, um über eine sinnvolle Verwaltungs- und Funktionalreform zu sprechen.