Protokoll der Sitzung vom 04.04.2012

Sie haben die Möglichkeit, noch einmal eine Frage zu formu

lieren, Frau Giegengack. Sie können zwei Zusatzfragen stellen. Vielleicht stellen Sie noch einmal eine Frage, damit hier keine Unklarheiten auftreten. Versuchen Sie es noch einmal in eine Frage zu kleiden.

Warum haben Sie in Ihrer Pressemitteilung gesagt, dass der Freistaat die Investitionen in Kitas und Horte zu 75 % bzw. zu 50 % unterstützt, obwohl die Mittel zu vier Fünfteln Bundesmittel sind?

Ich würde Ihnen die Antwort im Abgleich mit der Pressemitteilung schriftlich zukommen lassen.

Weitere Fragen liegen mir nicht vor. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Schriftliche Beantwortung weiterer Fragen

EU-Datenschutzreform – Subsidiaritätsrüge (Frage Nr. 7)

Fragen an die Staatsregierung:

1. Wie hat sich die Staatsregierung im Bundesrat (einschließlich der Sitzung am 30.03.2012) jeweils zu den Vorschlägen der EU-Kommission für a) eine DatenschutzGrundverordnung (KOM (2012) 11-BR-Drs 52/12) und b) eine Richtlinie zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten (KOM (2012) 10 – BR-Drs. 51/12) positioniert? (Bitte Gründe einer eventuellen Subsidiaritätsrüge normen- konkret angeben!)

2. Inwiefern hält sich die Staatsregierung Initiativen auf EU-Ebene zur Schaffung eines einheitlichen Datenschutzstandards angesicht allgegenwärtiger Datenverarbeitung und zunehmender europäischer und internationaler Vernetzung a) für entbehrlich, b) für erforderlich und c) unterstützt die Staatsregierung diese Initiativen? (Antwort bitte begründen!)

Die Frage 1 beantworte ich wie folgt:

Die Staatsregierung hat im Bundesrat die genannten EUEntwürfe grundsätzlich begrüßt, weil ein modernisiertes Datenschutzrecht insbesondere im Hinblick auf die rasante Entwicklung der Datenverarbeitung im Internet dringend erforderlich ist.

Allerdings ist die Staatsregierung der Auffassung, dass die Entwürfe der Kommission dem Grundsatz der Subsidiarität nicht gerecht werden. Entsprechend hat sich die Staatsregierung im Bundesratsverfahren dafür ausgespro

chen, Subsidiaritätsrügen im Hinblick auf beide Regelungsvorschläge zu erheben.

Im Hinblick auf den vorgelegten Entwurf einer Richtlinie beruht dies vor allem auf folgenden Erwägungen:

Erstens: Der Vorschlag betrifft auch den rein innerstaatlichen Informationsverkehr der Polizei- und Justizbehörden. Von der angegebenen Rechtsgrundlage ist dies nicht gedeckt. Artikel 16 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erfasst nur die Zusammenarbeit zwischen mitgliedsstaatlichen

Polizei- und Strafverfolgungsbehörden, also grenzüberschreitende Sachverhalte.

Zweitens: Die eingeschränkten Kompetenzen der EU zum Erlass von Richtlinien für das Strafverfahren – Artikel 82 Abs. 2 AEUV – begrenzen auch die datenschutzrechtliche Kompetenz der EU für diesen Sachbereich.

Drittens: Der Vorschlag verstößt gegen das in Artikel 5 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) verankerte Subsidiaritätsprinzip im engeren Sinn, soweit er die rein innerstaatliche Datenverarbeitung öffentlicher Stellen regelt. Die Mitgliedsstaaten können den Datenschutz in diesem Bereich ausreichend auf innerstaatlicher Ebene verwirklichen.

Zur Datenschutz-Grundverordnung sind für eine Subsidiaritätsrüge im Wesentlichen folgende Gründe ausschlaggebend:

Erstens: Eine Richtlinie anstelle einer Verordnung hätte vollkommen ausgereicht. Ein wesentlicher Vorteil einer Verordnungsregelung – das gleichzeitige Inkrafttreten der Bestimmungen in allen Mitgliedsstaaten – wird konterkariert durch die zahlreichen Befugnisse der Kommission

zum Erlass delegierter Rechtsakte. Bis diese verabschiedet sind und für den Rechtsanwender Klarheit besteht, wird voraussichtlich geraume Zeit ins Land gehen.

Zweitens: Nach den Vorgaben des Entwurfs würde der Datenschutz nivelliert. Denn es greifen die Nachteile einer Verordnung: Ihr Anwendungsvorrang verdrängt ganz weitgehend das ausdifferenzierte nationale Datenschutzrecht einschließlich höherer Datenschutzstandards. Statt Maßanzug würde es also im Datenschutz nur noch Konfektionsware geben.

Drittens: Für die Datenverarbeitung innerstaatlicher öffentlicher Stellen ist eine EU-weite Regelung unter keinem Gesichtspunkt erforderlich. Grenzübergreifende Aspekte treten hier weitgehend zurück. Unterschiedliche Bestimmungen in diesem Bereich wirken sich auch nicht auf die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt aus.

Den Wortlaut der Subsidiaritätsrügen und die inhaltliche Stellungnahme des Bundesrates zu den EU-Vorschlägen können Sie den veröffentlichten Beschlüssen des Bundesrates vom 30. März 2012 entnehmen. Die Staatsregierung hat diesen Beschlüssen in allen Punkten zugestimmt.

Ich komme zu Frage 2: Die – technisch gesehen – immer leichter werdende grenzüberschreitende Verarbeitung von Daten macht aus Sicht der Staatsregierung EUeinheitliche Mindeststandards im Datenschutz dringend erforderlich.

Mit Blick auf die globalen Datenströme ist es ein wichtiges Anliegen, einen wirksamen Schutz von personenbezogenen Daten, der mit der technischen Entwicklung Schritt hält, auch grenzüberschreitend sicherzustellen.

Dieses Anliegen erfordert es allerdings nicht, höhere Schutzstandards weitgehend zu verbieten und innerhalb der EU die Regelungskompetenzen der Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet des Datenschutzes praktisch auszuhöhlen.

Den Mitgliedsstaaten muss es möglich bleiben, höhere Standards vorzuschreiben, jedenfalls dann, wenn es sich um Bereiche handelt, in denen kein grenzüberschreitender Bezug vorliegt und der europäische Binnenmarkt durch

solche höheren Standards nicht behindert werden kann. Dies gilt – wie bereits ausgeführt – etwa für weite Teile der Datenverarbeitung in der öffentlichen Verwaltung. Selbstverständlich dürfen bei einer EU-weiten Standardsetzung auch nicht die Regelungskompetenzen der EU überschritten werden. Innerhalb des so abgesteckten Rahmens finden Initiativen zur Schaffung von EUeinheitlichen Datenschutz-Standards die volle Unterstützung der Staatsregierung.

Eine andere Frage ist es, wie solche Standards konkret ausgestaltet werden sollen. Es ist keine leichte Aufgabe, einen bestmöglichen Datenschutz auf der einen Seite mit möglichst geringen Beschränkungen für den Binnenmarkt auf der anderen Seite zu kombinieren.

Mit dem Ziel, an einer optimalen Lösung dieser Aufgabe mitzuwirken, hat sich die Staatsregierung an den Diskussionen um die Vorschläge der EU-Kommission im Rahmen des Bundesratsverfahrens intensiv beteiligt und dabei auch Anregungen aus dem Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss des Landtages aufgenommen.

Auch die weitere Diskussion der Vorschläge und das weitere Normsetzungsverfahren wird die Staatsregierung aufmerksam verfolgen und – im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten – auf die genannten Ziele hinwirken.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, die Tagesordnung der 54. Sitzung des 5. Sächsischen Landtags ist abgearbeitet.

Das Präsidium hat den Termin für die 55. Sitzung auf Mittwoch, den 9. Mai 2012, 10 Uhr, festgelegt. Die Einladung und die Tagesordnung gehen Ihnen zu.

Ich darf Ihnen und Ihren Familien und den Mitarbeitern der Landtagsverwaltung erholsame Osterfeiertage wünschen.

Damit ist die 54. Sitzung des 5. Sächsischen Landtages geschlossen.