Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Eine Kurzintervention, natürlich.

Genau. Danke, Frau Präsidentin. – Ja, ich wollte dem Staatsminister nur entgegnen, dass es doch Sie und Ihresgleichen sind, die das Europa eines Monet und Schumann eigentlich jetzt gerade zerstören.

Das Europa eines Monet und Schumann war im Grunde ein nationalstaatlich regulierter Raum, in dem die Nationalstaaten noch gegenseitig wirtschaftlichen Austausch betrieben haben. Aber es gab nicht die heutige Zentralisierung, es gab vor allen Dingen nicht die Währung Euro, die sich zum Nachteil aller auswirkt.

Ich rate Ihnen, Herr Staatsminister, lesen Sie doch einfach mal die Kolumne von Wolfgang Münchau, die heute auf „Spiegel-online“ erschienen ist: „Willkommen in Weimar“, in der einer der renommiertesten deutschen Wirtschaftswissenschaftler sagt, dass Griechenland heute dasteht wie Deutschland im Jahr 1930 und dass der Grund dafür das starre Festhalten am Euro ist, weil Griechenland eben mit einer immer viel zu starken Währung für seine Volkswirtschaft leben muss, weil es keine Möglichkeit der Abwertung gibt, um wieder wettbewerbsfähig zu werden, und dass das der Weg in die Katastrophe ist, weil es nämlich gar keine Perspektiven für die Menschen in Griechenland gibt; weil man ganz genau weiß, dass dann, wenn man am Euro festhält, immer dieses Problem der viel zu stark bewerteten Währung, die die Exportindustrie stranguliert, bestehen bleibt.

Deswegen zerstören Sie Europa. Ich finde es einen Witz, wenn Sie sich hier auf Monet und Schumann berufen. Und wenn Sie hier schon großartig den 8. Mai 1945 beschwören, kann ich Ihnen nur entgegnen, dass gerade diejenigen, die jetzt an der antidemokratischen EUDiktatur festhalten, ihre bedingungslose Kapitulation noch vor sich haben.

Besten Dank.

(Beifall bei der NPD – Staatsminister Dr. Jürgen Martens: Was war das denn jetzt?)

Das Schlusswort, bitte; Frau Abg. Kallenbach.

Danke, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich muss sagen, ich bin zutiefst beeindruckt, dass Sie alle zu dieser späten Stunde gewillt waren, hier tatsächlich noch zu diskutieren und nicht Ihre Rede zu Protokoll zu geben. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken, weil das eigentlich ein Ausdruck der Achtung vor der Europäischen Union und dem heutigen Tag ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es sind viele Dinge genannt worden; ich will jetzt nicht auf Einzelnes eingehen. Sie haben aber deutlich gemacht,

dass wir in diesem Haus einen großen Bedarf haben, europäische Themen intensiv zu diskutieren, auch über die inhaltliche Ausrichtung der operationellen Programme, auch über die inhaltliche Ausrichtung von damit verbundenen Aufgaben.

(Beifall des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Ich möchte nur kurz auf einiges eingehen. Herr Schiemann, Sie sprachen von der angemessenen Mittelausstattung und auch Herr Herbst und Herr Staatsminister, Sie sind jetzt darauf eingegangen. Wenn Europa Geld geben soll – das erwarten wir als Zeichen der Solidarität –, dann braucht Europa auch Geld. Wie Berlin jetzt sagt, 1 %, ist eine Reduzierung der bisherigen Mittel. Bisher liegen die Mittel, die in den EU-Haushalt fließen, bei 1,1 % oder etwas darüber – auf jeden Fall über 1,0 %; die genaue Zahl liefere ich Ihnen gern nach.

Ich möchte noch sagen: Ja, wir brauchen auch Strukturen und Verfahren, wie wir die Diskussion führen – vielleicht in einem Unterausschuss –, sodass wir vorbereitet in eine Plenumsdiskussion gehen können. Frau Pinka, man kann durchaus unterschiedliche inhaltliche Auffassung haben – das macht ja die Debatte erst interessant.

Ein Wort aber doch noch zu Herrn Herbst, und auch Herr Staatsminister, Sie sagen, wir möchten 20 % für den Klimaschutz. Wenn Sie bitte den ganzen Absatz gelesen hätten, dann hätten Sie gesehen, es ging auch um Wirtschaft, es ging um soziale Integration. Offensichtlich ist das Bärenfell FDP-immanent. Beide sprechen Sie davon, dass wir das Fell des Bären verteilen wollen, bevor das Geld da ist. Wir haben Prozentangaben gemacht, und bei der Prozentrechnung ist es egal, wie die Ausgangsmenge ist – Prozent bleibt Prozent.

Schönen Abend!

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Thomas Jurk, SPD, und Thomas Kind, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/8979 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und einer ganzen Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, dieser Tagesordnungspunkt ist beendet und wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 12

Ja zu Wahlfreiheit und Betreuungsgeld!

Drucksache 5/8969, Antrag der Fraktion der NPD

Es beginnt die NPD-Fraktion, danach folgen CDU und DIE LINKE, die sich mit Rednern angemeldet haben. Ich bitte jetzt Frau Abg. Schüßler, das Wort zu ergreifen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte nicht gedacht, dass es jemals so weit kommen würde, aber ich möchte meine Ausführungen mit einem Zitat der Ministerpräsidentin des Landes Thüringen beginnen. Die ausgewiesene Gegnerin der NPD-Politik sagte im Zuge der Diskussion um das Betreuungsgeld, sie habe zu DDR-Zeiten die Vermachtung durch Ideologie erlebt. Ich zitiere wörtlich: „Ich bin nicht bereit, jetzt eine zunehmende Vermachtung durch Wirtschaft in fast sämtliche Lebensbereiche hinein zu akzeptieren.“ Es seien, so Lieberknecht, immer mehr die sogenannten wirtschaftlichen Notwendigkeiten, die unser Leben in vielen Phasen viel mehr bestimmen als die autarke Selbstbestimmung des Menschen, weil wir meinen, wir müssen wirtschaftlichen Zwängen Genüge tun.

Meine Damen und Herren, das ist eigentlich original NPD-Argumentation, die wir schon zu vielen unterschiedlichen Anlässen in der Vergangenheit vorgebracht haben. Sie erinnern sich sicher: Wir haben stets eine echte Wahlfreiheit der Eltern bei den Betreuungsformen gefordert, also eine faktische Gleichberechtigung bzw., besonders wichtig, finanzielle Gleichstellung zwischen Eigen- und Fremdbetreuung – und dies im Gegensatz sowohl zu den ideologisch geprägten gesellschaftsverändernden Vorstellungen der vereinigten Linken als auch der an rein wirtschaftlichen Interessen orientierten Politik der Landesregierung aus CDU und FDP. Sie können das unter anderem im Plenarprotokoll der 34. Sitzung des Sächsischen Landtages vom 19. April 2011 nachlesen. Unser seinerzeit diskutierter Antrag trug bereits im Titel den Anspruch „Familien stärken – Wahlfreiheit der Eltern endlich herstellen – verfassungsrechtliche Vorgaben umsetzen“. Das war die Drucksache Nr. 5/5553.

Damals wie heute und wie schon vorhin mein Kollege Müller machen wir Sie auf das sogenannte Kinderbetreuungsurteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichtes vom 10. November 1998 aufmerksam, das den Gesetzgeber verpflichtet, dafür zu sorgen, dass „es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden“.

Seitens der sächsischen Regierungsparteien erfolgte damals die übliche Reaktion – vorgetragen von Frau Schütz, FDP –, da ihnen zu den von der NPD in die Diskussion eingebrachten Themen Wahlfreiheit und Familienförderung nur einfiel – ich muss es jetzt wieder

zitieren –: „Wir sehen die Probleme der Menschen, nehmen sie an und finden dafür Lösungen. Sie“ – also wir – „präsentieren vermeintliche Lösungen und haben gar kein Problem dafür.“

Meine Damen und Herren, kein Problem? Man könnte auch sagen, wir Nationaldemokraten haben das Problem wesentlich früher erkannt; denn während heute Vertreter der Sächsischen Staatsregierung – einschließlich Frau Sozialministerin Clauß, einschließlich des Herrn Ministerpräsidenten Tillich – mittlerweile für das Betreuungsgeld eintreten, während die Ministerpräsidentin Thüringens, also Frau Lieberknecht, und bundesweit führende Vertreter von CDU und CSU dies gerade unter Bezugnahme auf die Wahlfreiheit tun, hat die sächsische Regierungskoalition in Gestalt von Frau Schütz diese Sichtweise noch vor Jahresfrist rundheraus abgelehnt. Damals stellten die von uns angesprochenen wirtschaftlichen Zwänge, mit denen Eltern der Krippenplatz praktisch aufgenötigt wird, angeblich kein Problem dar.

Der Verlauf der jetzigen Debatte wird zeigen, wie weit heute Ihr Problembewusstsein geht. Aber wenn ich Herrn Krauß vorhin richtig verstanden habe, sind wir uns darüber einig – bis hin zu der Aussage, dass das Betreuungsgeld nur ein erster Schritt in Richtung Müttergehalt ist.

Mit dem vorgelegten Antrag jedenfalls möchte die NPDFraktion Folgendes erreichen: erstens der Staatsregierung in ihrem Eintreten für das Betreuungsgeld den Rücken zu stärken und zweitens eine deutliche Willensbekundung des Sächsischen Landtages mit einem klaren Ja zum Betreuungsgeld und Ja zur Wahlfreiheit. Gerade das dürfte, nachdem der Antrag der LINKEN vorhin so wunderbar abgelehnt worden ist, nicht so schwierig sein – also praktisch ein Selbstläufer.

Drittens geht es uns darum, im Sinne der Stellungnahme, die Frau Staatsministerin Clauß abgegeben hat, eine Anrechenbarkeit des Betreuungsgeldes auf Hartz IV zu verhindern und damit den faktischen Ausschluss aller Eltern, die Leistungen nach SGB II erhalten. Die Staatsministerin hatte laut einer dpa-Meldung schon vom 25.04. die Verrechnung des Betreuungsgeldes mit Hartz-IVBezügen als „falschen Weg“ bezeichnet, da das Betreuungsgeld eine „Anerkennung der Erziehungsleistung“ darstellt. Genau das hat sie vorhin noch einmal bekräftigt.

Wenn alle Seiten zu ihrem Wort stehen, so auch der sächsische CDU-Fraktionsvorsitzende Steffen Flath, der sich gegen eine Verunglimpfung des Betreuungsgeldes als sogenannte Herdprämie wendet, dann dürfte einem deutlichen Votum heute nichts mehr im Wege stehen. Zum Verhältnis Landeserziehungsgeld zum Betreuungs

geld wird dann noch mein Kollege Dr. Müller mit der Einbringung des Änderungsantrages Stellung nehmen.

Meine Damen und Herren! Bei der Frage der Familienförderung sollten wir immer die Interessen der Bevölkerung im Auge behalten. In einer groß angelegten europaweiten Untersuchung PPAS – das ist Englisch und bedeutet übersetzt etwa "Studie zur Akzeptanz der Bevölkerungspolitik" –, die die Robert-Bosch-Stiftung herausgegeben hat, sind sehr viele Antworten auf Fragen, die sich um Welten von jenen Suggestivfragen unterscheiden, die im Moment zu einer eher breiten Ablehnung der sogenannten Herdprämie geführt haben. Die Analyse der Prioritäten zeigte nämlich, dass sehr wohl finanzielle Unterstützungsleistungen im Vergleich zu Verbesserungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bevorzugt werden. Sowohl in West- als auch in Ostdeutschland legte eine Mehrheit von rund 60 % ihre erste Priorität auf finanzielle Verbesserungen, niedrigere Lohn- und Einkommenssteuern, Kindergeld, Betreuungsgeld usw.

Dagegen waren nur rund 10 % der Meinung, die Bundesregierung solle ausschließlich vereinbarkeitsorientierte Maßnahmen umsetzen. Diese aber sind letzten Endes immer Fremdbetreuung, also „Maßnahmen von Erwachsenen für Erwachsene“, wie Kerstin Götze in ihrem Buch „Kinder brauchen Mütter“ richtig formuliert hat. Erst in den letzten Jahren unter dem Druck der veröffentlichten Meinungen, die mit den sattsam bekannten Schlagworten von der sogenannten Herdprämie oder dem Abkassieren operierten, und unter der Einwirkung der Realitäten am Arbeitsmarkt entstand für viele Menschen der Eindruck, als stünde die institutionalisierte Fremdbetreuung

schlechthin alternativlos da.

Meine Damen und Herren! Sie haben jetzt zu später Stunde die Gelegenheit und ich schließe mit einem Wort der schon eingangs zitierten Ministerpräsidentin Frau Lieberknecht, einen „Kontrapunkt“ zu setzen. Ich bitte also um Zustimmung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Herr Abg. Krauß, bitte, für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben vor zwei Stunden über das Thema gesprochen. Unsere Meinung zum Betreuungsgeld hat sich in der Zeit nicht geändert. Insofern werde ich unsere Argumente nicht noch einmal vortragen. Wir sind für das Betreuungsgeld. Wir haben in diesem Hause aber auch die Tradition verfolgt, dass wir Anträge der nationalsozialistischen Fraktion

(Widerspruch bei der NPD)

nicht unterstützen. Davon werden wir auch nicht abweichen. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Jürgen Gansel, NPD: Mein Gott, ist das billig!)

Frau Abg. Werner, bitte.

Wir werden diesem Antrag nicht zustimmen, nicht nur deswegen, weil wir gegen das Betreuungsgeld sind, sondern weil sich die NPD-Fraktion damit nur ein Saubermann-Image zulegen will. Eigentlich sind Sie für das Müttergehalt. Das haben Sie in der Begründung zu Ihrem Antrag aufgelistet. Ein Kollege von Ihnen aus einem anderen Landtag hat es mit diesen Worten umschrieben: Jedes Geschlecht habe seine Aufgabe im Dasein des Volkes. Dieser Rolle gilt es gerecht zu werden, wenn Sie der Überalterung unserer Art entgegenwirken wollen, dann fördern Sie endlich die deutsche Frau als Mutter und Hüterin der Familie.

Das ist eigentlich Ihre Ideologie. Dem können wir natürlich nicht zustimmen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.