Protokoll der Sitzung vom 13.06.2012

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. André Hahn, DIE LINKE: Und eine schlechte Regierung!)

Das soll unser aller Ziel sein, und daran mitzuwirken kann doch auch für die Opposition nicht so schwierig sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war für die Fraktion der CDU Frau Kollegin Windisch. Gibt es jetzt noch Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die 1. Aktuelle Debatte beendet.

Wir kommen zu

2. Aktuelle Debatte

Kahlschlag der Staatsregierung an den Berufsschulen stoppen –

Zukunftschancen junger Menschen erhalten!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Als Antragstellerin hat die Fraktion DIE LINKE das Wort. Frau Kollegin Falken, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wieder haben wir ein Thema zur Bildungspolitik auf der Tagesordnung, das klar und eindeutig zeigt, dass diese Staatsregierung, wie sie hier sitzt – auch wenn nicht alle da sind –, unfähig ist, dieses Land zu regieren.

Auch die eilig einberufene Kabinettssitzung von gestern kann nicht verschleiern, dass die Staatsregierung Beschlüsse fasst,

(Staatsminister Sven Morlok: Das war eine ganz normale Kabinettssitzung!)

die überhaupt nicht umsetzbar sind.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich möchte den Satz von Martin Dulig wiederholen: Werte Kollegen der CDU und der FDP, Sie haben das Gefühl für das Land vollständig verloren.

Was ist passiert? Worum geht es? Im April hat das Kabinett einen Beschluss gefasst. Der Beschluss 05/0559 sieht vor, dass die Deckung des Lehrermangels für die Berufsschulen und Mittelschulen durch die Streichung von Ausbildungsbereichen in den Berufsfachschulen und Fachschulen realisiert werden soll.

(Heike Werner, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Frau Kollegin Falken, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie unterbreche. Der Kabinettsbeschluss wurde doch von SMK und SMF eingebracht. Wundert es Sie auch, dass der Finanzminister jetzt schon wieder nicht da ist, obwohl es um eine Vorlage geht, die ihn ganz explizit angeht?

Es wundert mich sehr, dass der Finanzminister nicht da ist, obwohl es wieder um seine Beschlüsse geht. Er unterliegt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einem Sparwahn, der nicht mehr zu vertreten ist.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Aber wenn Sie mich schon so direkt ansprechen, möchte ich es selbstverständlich noch einmal benennen: Mir ist überhaupt nicht klar, Herr Morlok, wie ein solcher Beschluss in Ihrem Beisein gefasst werden konnte.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Er hat ihn nicht gelesen!)

Waren Sie gar nicht da oder haben Sie es einfach verpennt; denn die Wirtschaft macht mobil gegen diesen Beschluss?

(Holger Zastrow, FDP: Das ist Quatsch, Frau Falken!)

Sie als zuständiger Minister müssten doch ganz klar diesen Beschluss verhindern.

(Beifall bei den LINKEN)

Was ist passiert? Um den Lehrerbedarf zu decken, sollen Streichungen im Ausbildungsbereich der Berufsfachschulen und Fachschulen durchgeführt werden. Inzwischen haben wir alle die Zahlen erhalten, in welchen Größenordnungen sich das bewegt. Das sind für die Berufsfachschulen 12 143 Schülerinnen und Schüler und für die Fachschulen 2 502 Schülerinnen und Schüler. Das ist eine Riesendimension, über die wir hier reden.

Der Beschluss sieht vor, diesen Prozess schon ab dem kommenden Schuljahr 2012/2013 klammheimlich zu beginnen und bereits 2013/2014 abzuschließen. Damit Sie mich und meine Fraktion nicht falsch verstehen, sei gesagt: Wir sind auch ganz klar für die Stärkung des dualen Systems. Das haben wir hier mehrfach in Redebeiträgen in den letzten Jahren dokumentiert. Natürlich ist das notwendig; aber Ausbildungsbereiche zu streichen, für die es keine duale Ausbildung, sondern nur eine Vollzeitausbildung gibt und in denen der Bedarf extrem hoch ist, ist für uns nicht hinnehmbar und mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD – Holger Zastrow, FDP: Wenn wir keinen Bedarf haben!)

In der Berufsfachschule für Sozialwesen werden Sozialassistenten ausgebildet. Diese haben einen direkten Zugang zur Erzieherausbildung. Nun will doch in diesem Hohen Haus niemand sagen, dass wir dafür keinen Bedarf haben, Herr Zastrow?! Oder die Berufsfachschule für Pflegehilfe: Niemand in diesem Hohen Haus wird doch wohl annehmen, dass wir jetzt und auch zukünftig keinen Bedarf an Pflegehilfe haben. Absolut gravierend und nicht nachvollziehbar ist für mich die Streichung des BVJ, des Berufsvorbereitungsjahres. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Schule im Freistaat Sachsen ohne Abschluss verlassen, ist extrem hoch. Wir wissen, dass für diese Schüler genau dieses BVJ sehr wichtig ist.

(Beifall bei den LINKEN)

In diesem Beschluss steht doch tatsächlich: Das BVJ ist erheblich zu reduzieren. Dieser Beschluss wurde im April gefasst, und diese Bereiche haben Sie korrigiert, Frau Ministerin. Hochachtung, dass es Ihnen gelungen ist, das zu tun! Dass Sie allerdings im April dabei waren, als dieser Beschluss gefasst wurde, ist für uns nicht nachvollziehbar und inakzeptabel.

(Beifall bei den LINKEN)

Der Sparwahn des Finanzministers – ich hoffe, er hört das hier im Hohen Haus – darf und kann nicht dazu führen, dass Ausbildungen von jungen Menschen, von Schülerinnen und Schülern, die Schwierigkeiten im Lernen haben, einfach gestrichen oder zurückgehalten werden. Wir brauchen im Bildungswesen endlich Vertrauen, eine gute, sichere Ausstattung und ein hohes Bildungsniveau. Das ist mit dieser Staatsregierung, wie sie hier sitzt, nicht zu machen.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die einbringende Fraktion sprach die Abg. Falken. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Colditz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu einigen inhaltlichen Anmerkungen komme, möchte ich zunächst eine Vorbemerkung anbringen: Ich denke, wir können gemeinsam davon ausgehen – das ist sicher auch bei der Opposition unstrittig –, dass sich in den letzten Jahren in Sachsen eine vielfältige Angebotsstruktur für die berufliche Erstausbildung und für die berufliche Fort- und Weiterbildung entwickelt hat. Diese Angebotsstruktur reicht von freien Trägern über staatliche Träger, von vollzeitschulischen Maßnahmen über die duale Ausbildung bis hin zum Engagement der Wirtschaft.

Dieses breite Engagement hat uns in den zurückliegenden Jahren sehr geholfen, die angespannte Ausbildungssituation hier im Land in den Griff zu bekommen. Auch angesichts der jetzt eingetretenen Entwicklung darf man das nicht leugnen und das wollen wir auch nicht leugnen.

Meine Damen und Herren, dieses breite Engagement wird auch weiterhin notwendig sein. Sicherlich – und das möchte ich an dieser Stelle auch selbstkritisch für die Koalition anmerken – hat die jetzt eingetretene öffentliche Diskussion diesen Eindruck getrübt, und die Kabinettsentscheidung, die im Raum stand und steht, hat möglicherweise zu Verunsicherungen und Irritationen geführt.

Aber, meine Damen und Herren, das sage ich auch an dieser Stelle: Ich bin der Kultusministerin dankbar, dass sie in kürzester Zeit das Ruder herumgerissen hat, nicht nur aufgrund von Protesten, die von außen kamen. Auch wir von der Koalition haben uns konstruktiv und kritisch mit diesem Thema auseinandergesetzt. Ich bin ihr persönlich sehr dankbar, dass sie dieses Thema in den Griff bekommen und versucht hat, das Problem zu lösen und die Weichen richtig zu stellen.

Sicher ist festzustellen – und darüber können wir noch stundenlang diskutieren –, dass das, was öffentlich kommuniziert wurde, falsch war. Das ist alles richtig und das habe ich soeben eingestanden. Aber jetzt lassen Sie uns bitte nach vorn blicken und gemeinsam darüber nachdenken, welche Handlungsbedarfe vorhanden sind.

Meine Damen und Herren! Der Maßstab, den wir zurzeit im Blick behalten müssen, ist, dass sich die bislang angespannte Ausbildungssituation verändert hat. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wir haben – Gott sei Dank! – wieder die Chance – das war bisher auch ein Markenzeichen von Sachsen –, zu einer verstärkten dualen Ausbildung zurückzukehren. Das ist ein Markenzeichen nicht in dem Sinne, dass wir uns damit selbst beweihräuchern, sondern im Sinne der betroffenen Schülerinnen und Schüler, die durch eine betriebsnahe Ausbildung nicht nur eine gute Ausbildung erhalten, sondern auch die Möglichkeit haben, danach in eine gute Beschäftigung zu kommen. Es nützt doch keinem etwas, ausge

bildet zu werden und danach in der Wirtschaft keinen Platz zu finden.

(Beifall der Abg. Prof. Dr. Günther Schneider, CDU, und Holger Zastrow, FDP)

Meine Damen und Herren, bestmögliche Ausbildung für die Betroffenen ist für mich persönlich und für uns alle der alleinige Maßstab der Entscheidungen, die jetzt zu treffen sind.

(Holger Zastrow, FDP: Richtig!)

Bestmögliche Ausbildung für die Betroffenen ist der Maßstab und weder Möglichkeiten der Einsparung beim Personal, noch, dass wir sagen, es müsse alles beim Alten bleiben.

Beides ist falsch. Da ist es mir auch egal, was als Überschrift über irgendwelchen Kabinettsbeschlüssen steht. Der Maßstab ist die Steigerung der dualen Ausbildung im Sinne der Betroffenen, im Sinne einer bestmöglichen Ausbildung für die Jugendlichen unseres Landes.