Protokoll der Sitzung vom 13.06.2012

Die Verteilung der Gesamtredezeit hat das Präsidium wie folgt festgelegt: CDU 30 Minuten, DIE LINKE

25 Minuten, SPD 17 Minuten, FDP 12 Minuten, GRÜNE

10 Minuten, NPD 10 Minuten und die Staatsregierung zweimal je 10 Minuten, wenn gewünscht.

Wir treten jetzt ein in die

1. Aktuelle Debatte

Mehr Schein als Sein: Imagekampagne statt Korrektur der Schadensbilanz?

Antrag der Fraktion der SPD

Als Antragsteller hat zunächst die Fraktion der SPD das Wort. Das Wort ergreift Kollege Dulig.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Für so einen Schrott ham’ se Geld.“ Das war die Auskunft einer Mutter, die bei mir war und sich über die Situation an einer Dresdner Kita beschwert hat, wo Erzieherinnen und Erzieher gefehlt haben, und die am gleichen Tag gelesen hat, dass Sachsen 32 Millionen Euro in eine Imagekampagne steckt.

Das sind sehr drastische Worte und nicht unbedingt mein Vokabular.

(Zurufe von der CDU: Na?)

Das war das Gefühl derjenigen, die sich gesagt hat, hier stimmt etwas nicht. Jetzt können wir gern darüber reden, ob man eine Imagekampagne braucht. Ich habe eigentlich nichts gegen eine Imagekampagne. Wir hätten diese schon etwas eher haben können, denn die erfolgreiche Kampagne von Baden-Württemberg „Wir können alles außer Hochdeutsch“ wurde zuerst von der Agentur Sachsen angeboten, wir haben es nur abgelehnt. Wir hätten also heute schon die erfolgreichste Kampagne eines Landes und garantiert preiswerter. Wir haben es damals aus Hochmut abgelehnt. Ich weiß, das Hochdeutsche kommt aus dem Sächsischen, denn Martin Luther hat die Bibel mit dem Meißner Kanzleideutsch übersetzt. Darauf kann man ruhig hinweisen. Nur, alle Studien zeigen, dass uns die Leute das nicht ganz glauben. Auch die Studie, die das Wissenschaftsministerium damals gemacht hat, zeigt, dass wir da ein kleines Imageproblem haben.

Es geht gar nicht darum, ob wir eine Imagekampagne brauchen und wie teuer diese ist, sondern es geht um die Frage der Verhältnismäßigkeit. Es ist genau das, was die Mutter gesagt hat: dass man anscheinend 32 Millionen Euro hat, um eine Imagekampagne zu machen, aber eben kein Geld, um die Erzieherinnen und Erzieher zu finanzieren. Genau das ist das Problem.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Sie müssen den Leuten erklären, warum Sie auf der einen Seite für solche Prestigeprojekte Geld ausgeben und für anderes nichts übrig haben. Sie haben das Programm „Regionales Wachstum“ abgewürgt, aber 32 Millionen Euro für eine Imagekampagne ham‘ se. Sie haben 43 % der Polizeireviere geschlossen, aber 32 Millionen Euro für eine Imagekampagne ham‘ se. Sie haben das beitragsfreie Vorschuljahr gestrichen, aber 32 Millionen Euro für eine Imagekampagne ham‘ se. Sie haben den Familien 50 Euro pro Monat beim Landeserziehungsgeld weggenommen, aber 32 Millionen Euro für eine Image

kampagne ham‘ se. Sie haben die Jugendpauschale von 14,30 Euro auf 10,90 Euro zusammengestrichen, aber 32 Millionen Euro für eine Imagekampagne ham‘ se. Insgesamt wurde der Sozialhaushalt um

25 Millionen Euro gekürzt, aber 32 Millionen Euro für eine Imagekampagne ham‘ se. Das erklären Sie mal den Leuten. Da sieht man wieder, Sie können nicht mit Geld umgehen.

(Gelächter bei der Staatsregierung)

Das ist Ihr eigentliches Problem. Ihnen fehlt das Fingerspitzengefühl dafür, was mit dem Geld zu machen ist. Diese Diskrepanz können Sie niemandem erklären. Sie können nicht erklären, warum Sie für eine Imagekampagne Geld übrig haben, aber was den sozialen Kitt einer Gesellschaft ausmacht, zum Beispiel das Ehrenamt, Kinder, Familie, Bildung, sind bei Ihnen konsumtive Ausgaben und zum Kürzen freigegeben. Das ist der Vorwurf, den ich Ihnen von der Staatsregierung und vor allem Ihnen von der CDU-Fraktion mache. Ich wiederhole: Sie haben das Gespür für die Menschen in Sachsen und für das Land verloren.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Sie haben dieses Gespür verloren. Das wird Ihnen auf die Füße fallen, denn Sie werden diese Frage praktisch beantworten müssen, Sie werden diese Frage vor Ort beantworten müssen, wenn es darum geht, wie Sie den Lehrermangel in den Griff bekommen wollen, oder wenn es um die Schulsanierung geht. Sie werden sie vor Ort beantworten müssen, wenn es um die Veränderung des Kita-Schlüssels geht. Sie werden das in Ihren Wahlkreisen vertreten müssen. Sie werden diese Fragen auch in Ihrer Koalition beantworten müssen.

(Widerspruch bei der CDU)

Dann müssen Sie erklären, warum Sie 32 Millionen Euro für eine Imagekampagne haben, aber für anderes nichts. Selbst „Die Zeit“ hat es in einem Artikel erwähnt: „In einer Zeit, da politisches Handeln häufig mit dem Ziel verbunden ist, Geld einzusparen, ist das eine interessante Entscheidung.“ Sie wollen eigentlich keine Imagekampagne für Sachsen, sondern ablenken von den falschen politischen Entscheidungen dieser Staatsregierung.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE – Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Sie brauchen 32 Millionen Euro, um abzulenken, um zu verkleistern, um Probleme wegzureden, wegzuplakatieren. Nur, das wird nicht funktionieren, weil die Herausforderungen in Sachsen inzwischen augenfälliger, sichtba

rer sind, als dass sie durch eine Imagekampagne weggeräumt werden können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und den LINKEN – Jürgen Gansel, NPD, steht am Mikrofon.)

Das war für die einbringende SPD-Fraktion Herr Kollege Dulig. Als Nächstes spricht für die CDU-Fraktion – – Moment, Frau Kollegin! Ich sehe am Mikro 7 eine Kurzintervention. Ist das so? – Bitte, Herr Gansel.

Ja. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz und wirklich spontan Bezug nehmen auf meinen Vorredner, der hier sehr wortreich richtigerweise beklagt hat, dass die Staatsregierung zwar 32 Millionen Euro für eine sinnlose Imagekampagne ausgibt, gleichzeitig aber rabiaten Sozial- und Bildungsabbau betreibt. Das verleitet mich aus NPD-Sicht zu der Bemerkung, dass genau dieses Prinzip auf Bundesebene im Bundestag in viel schamloserer Art und Weise geschieht, indem wir, die staunende deutsche Öffentlichkeit, seit Monaten mitbekommen, wie im Rahmen einer idiotischen Banken- und vor allem Euro-Rettung die deutschen Steuermilliarden südeuropäischen Pleitestaaten in den Rachen geworfen werden und hier gerade die SPD im Bundestag mit ihrer penetranten Forderung nach EuroBonds, also nach der Vergemeinschaftung aller Schulden, dem deutschen Steuerzahler das größte aller denkbaren Eier ins Nest legen will.

Herr Dulig, Sie haben ja recht, dass das eine krasse Fehlausgabe ist, das Geld für eine Imagekampagne zu verschleudern, aber was Sie im Bundestag fordern, ist noch viel schamloser. In Deutschland wird mittlerweile von der OECD ein Renteneintrittsalter jenseits der 67 gefordert. Wir haben Millionen Niedriglöhner in diesem Land. In Deutschland gibt es 2,5 Millionen Kinder, die laut UNICEF arm sind. Da kommt Ihre Fraktion im Bundestag auf die närrische Idee, weiterhin ohne Gegenleistung die deutschen Steuermilliarden auf dem Altar Europa zu verbrennen. Insofern verkneifen Sie sich Ihre heuchlerischen Bemerkungen, wenn Sie im Deutschen Bundestag mit dem deutschen Steuergeld derartigen Raubbau betreiben.

(Beifall bei der NPD)

Gibt es Bedarf nach einer Reaktion auf diese Kurzintervention? – Das kann ich nicht erkennen. Bitte, Frau Kollegin Windisch, Sie haben für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich nach dem Debattenbeitrag von Herrn Dulig zwei Punkte festhalten. Der SPD sind tatsächlich die Themen ausgegangen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Was ist an dieser Debatte aktuell? Ich kann keinen Bezug erkennen.

(Mario Pecher, SPD: Dann müssen Sie mal rausgehen!)

Die Mittel für die Imagekampagne hat der Sächsische Landtag bereits im Dezember 2010 im Rahmen der Haushaltsberatungen beschlossen.

(Andreas Storr, NPD: Mit der Mehrheit von CDU und FDP!)

Deshalb haben wir ja die Gestaltungsmehrheit, dass wir unser Land nach vorn bringen. Herr Dulig, es geht Ihnen doch gar nicht um eine fachliche Debatte. Sie haben es selber deutlich gemacht. Die Frage ist: Warum brauchen wir eine Imagekampagne? Wie soll sie ausgeführt werden? Wen binden wir ein? Welche Ziele hat sie? Um die Fakten dazu geht es Ihnen doch gar nicht. Auch die Ausgaben, die über fünf Jahre verteilt werden, die Sie gegen die 32 Millionen Euro aufgerechnet haben, müssen Sie der Ehrlichkeit halber hinzufügen, würden reichen, um 100 Jahre Imagekampagnen zu finanzieren.

(Zurufe von der SPD)

Schauen Sie doch einmal nach Berlin zu Ihrem Parteigenossen Wowereit. Der gibt 34 Millionen Euro für eine Imagekampagne aus,

(Zurufe von der CDU: Hört, hört!)

obwohl sich die Stadt viele Sachen, die wir uns in Sachsen aufgrund der Haushaltslage noch leisten können, nicht mehr leisten kann, weil dort eben andere Prioritäten im Haushalt gesetzt werden und eine hohe Verschuldung vorhanden ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Dulig, Sie haben gesagt, die CDU bzw. die Koalition habe das Gespür für Sachsen verloren. Nein, das haben Sie verloren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

80 % der Sachsen sind mit diesem Land und der Politik, die hier gemacht wird, zufrieden.

(Zuruf von der SPD)

Gehen Sie doch einmal hinaus zu den Menschen, zum Beispiel zum Sächsischen Familientag, der am Wochenende in Augustusburg stattgefunden hat.