Protokoll der Sitzung vom 14.06.2012

Jetzt kommen wir ganz konkret zu dem Ihnen vorliegenden Antrag. Wir müssen und wir wollen mit diesem Antrag prüfen, wie sinnvoll dieser Baustein für die Ehrenamtsförderung ist, also die Frage stellen: Sind Familienpaten sinnvoll, ist es das richtige Konzept? – Wir wollen jetzt auch prüfen: Wie stehen Angebot und Nachfrage im Verhältnis, welche Netzwerke bestehen schon in Sachsen, welche Qualifikation sollte ein Pate idealerweise haben und welche Informationsangebote bestehen über das hinaus, was ich jetzt schon sagte, kurzum, wie kann der Freistaat Sachsen Familienpaten in Zukunft unterstützen?

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Für die FDP Frau Abg. Schütz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um an die Ausführungen meines Vorredners anzuknüpfen, vorab: Selbstverständlich halten wir die Familienpaten für sinnvoll. Wir wollen mit dem Antrag prüfen, wie wir sie weiter unterstützen und wie wir das Modell weiter ausbauen können. Das Modell als solches steht hier nicht zur Debatte, nein.

Um in die Debatte einzusteigen: Ja, Kinder prägen den Tagesablauf einer Familie immer wieder aufs Neue. Das weiß jeder von Ihnen, der gerade kleinere Kinder hat oder dessen ältere Kinder jetzt schon erwachsen sind. Man muss sich immer wieder neu einstellen und anfangs gestaltet sich das mitunter recht unkompliziert. Doch kaum sind die ersten Wochen um, tauchen immer wieder neue Fragen und letztlich Unsicherheiten auf. Plötzlich fehlt dann ein wissender, zuverlässiger Ansprechpartner, gerade auch in der Situation bei uns in Sachsen, wo viele aus Arbeits- und Berufsgründen weg- bzw. umgezogen sind, sodass auch Großeltern, die – zum Beispiel als Mütter oder Schwiegermütter – noch unmittelbar ansprechbar sind, einfach nicht mehr sofort zur Verfügung stehen. Wir wollen mit diesem Antrag prüfen, wie wir die Situation, die wir in Sachsen haben, weiter verbessern können.

Wir wollen einen Ansprechpartner schaffen, der mit einem Blick von außen neue Impulse geben kann und letzten Ende auch Ängste nimmt; einen Ansprechpartner, der dazu beiträgt, dass Belastungssituationen nicht überhand nehmen oder schlimmstenfalls in Familien zu einem Dauerzustand werden; einen Ansprechpartner auch, der jungen Eltern Sicherheit gibt und damit die Entwicklung der Kinder fördert und letztlich auch zu einer guten Eltern-Kind-Beziehung beiträgt. Solch ein Ansprechpartner kann und soll ein Familienpate sein.

„Ein Netzwerk von Familienpaten wird aufgebaut“, so haben wir es im Koalitionsvertrag im Jahr 2009 vereinbart. Dabei geht es uns um engagierte, speziell geschulte ehrenamtliche Mitarbeiter, die Spaß und Freude daran haben, Wissen und Erfahrungen an junge Eltern weiterzugeben. Ein Schwerpunkt aus unserer Sicht ist dabei nach wie vor das gesunde Aufwachsen der Kinder. Das soll im Vordergrund stehen. Daher ist es wahrscheinlich auch sinnvoll, den Begriff „Familienpaten“ – er ist nicht geschützt – hin zu „Familiengesundheitspaten“ in Sachsen zu erweitern. Das Angebot – es ist schon gesagt worden – wird in Kliniken offeriert, sodass auch die gesundheitliche Beratung mit im Vordergrund stehen kann. Das Angebot gilt für alle Eltern, ist freiwillig und nicht mit Kosten verbunden. Es ist wichtig, darauf hinzuwirken, dass es nicht defizitär orientiert ist, sondern dass es tatsächlich, an, wie man es mitunter nennt, „verkopfte“ neue Eltern geknüpft ist, um Hilfe in praktischen Lebenslagen zu geben.

Gemeinsam mit dem Sozialministerium wurde am 1. September vergangenen Jahres das Modellprojekt Familienpaten ins Leben gerufen. Es hat eine Laufzeit bis

2015. In Sachsen – auch das wurde bereits angesprochen – wird das Projekt vom Land mit 190 000 Euro unterstützt, vom Carus Consilium in Dresden professionell koordiniert. Die Mittel stehen bereit für die Gewinnung der Ehrenamtler, für deren Fortbildung, aber auch für die sachsenweite Ausdehnung des Projekts, denn derzeit findet es, wie gesagt, nur in Dresden als konzentriertes Modellprojekt statt. Seit März dieses Jahres stehen nun die ersten Familien- und Gesundheitspaten zur Verfügung, 14 Ehrenamtler, die frühe Hilfe und frühe Unterstützung anbieten.

Familienpaten sind also eine wichtige niederschwellige Hilfe, sie sind ein Angebot an die Familien, und ich halte es für richtig, dass wir hier und heute einen Blick auf diese ehrenamtlich Tätigen richten.

Wir wollen uns von der Staatsregierung noch einmal einen komprimierten Überblick über die Unterstützung geben lassen, die die Familien über die Informationsangebote, die für interessierte Ehrenamtler zur Verfügung stehen, bis letzten Endes auch zu den Qualifikationsanforderungen erhalten.

Die Arbeit der Familienpaten soll sozusagen auch ein Türöffner für professionelle Unterstützungsangebote – wenn nötig – sein. Es soll ein Baustein des sächsischen Handlungskonzeptes für den präventiven Kinderschutz sein. Durch den freiwilligen Einsatz und das Engagement der Familienpaten wird ein weiterer Schritt im Sinne des Kinderschutzes für Sachsen getan werden. Das hat hohe Priorität für uns.

Den Dank vorab an diejenigen, die sich bisher engagieren, verbunden mit dem Aufruf, mit der Hoffnung, dass sich noch mehr auf diesem Gebiet engagieren wollen, dass wir auch weitere Partner finden und dass sich neben der Uniklinik weitere Kliniken für diese Angebote öffnen.

Alltagsorientierte, praktische niederschwellige Hilfe – das ist das, was wir hier brauchen, was sich junge Eltern wünschen. Dem wollen wir mit dem Angebot von Familiengesundheitspaten gern nachkommen. Ich hoffe und glaube an Ihre Unterstützung zu unserem Antrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE Frau Werner, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde bereits ausführlich dargestellt, was Familiengesundheitspaten sind. Ich denke aber, offen ist, welche Chancen, aber auch welche Risiken in diesen Gesundheitspatenschaften liegen, welche Zielgruppen tatsächlich erreicht werden, welche nicht und ob das tatsächlich das erste Mittel der wichtigsten Wahl für das Land Sachsen ist.

Es wurde schon angedeutet, wie Familien heute leben. Die Rahmenbedingungen haben sich im Vergleich zu früher stark verändert. Wir leben multilokal. Es gibt

verschiedene Lebensformen. Es gibt verschiedene Werte, Normen und Erziehungsvorstellungen. Es gibt zum Teil sehr ungünstige Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche. Wir haben Ausgrenzungen. Wir haben regionale Ungleichheiten usw.

Das Ergebnis der Situation ist, dass sich Alltagslebensverläufe immer wieder verändern, dass das an die Beteiligten wachsende Anforderungen stellt und zum Teil auch Überforderungen. Hier sollen nun die Familienpaten anknüpfen. Zunächst kann ich sagen, dass wir grundsätzlich Sympathie für ehrenamtliches Engagement haben, aber die Frage ist, ob die dringendsten Probleme, die wir haben, damit tatsächlich zielgenau, nachhaltig und flächendeckend bearbeitet werden können.

Ich muss Herrn Wehner recht geben: Wir müssen die Evaluierung abwarten, um dann zu sehen, wie man mit den Familienpatenschaften weiter umgehen kann. Was sind nun solche Probleme? – Eltern sind heute oft überfordert. Das wurde schon gesagt. Manchmal sehen sie kein Land mehr. Ein Problem sind unter anderem die fehlenden Beziehungsnetzwerke. Ich gebe Ihnen recht: Ehrenamtliche Familienpaten können helfen, solche Beziehungsnetzwerke wieder zu initiieren. Sie können helfen, dass diese auch wachsen. Aber es braucht Angebote darüber hinaus, die verankert und kontinuierlich sind, die eine Planungssicherheit haben und die auch über die ersten Lebensjahre hinausgehen, damit mit dem Ende der Familienpatenschaft nicht auch die Unterstützung der Familien endet.

Ein weiteres wichtiges Problem ist die Bindungssicherheit. Das können eben auch die netten Frauen oder Männer in der Familie nicht leisten, dass diese tatsächlich gesichert wird. Auch hier braucht es professionelle Angebote. Diese finden wir zum Beispiel in Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen. Ein Drittel der Schwangeren geht tatsächlich zu diesen Beratungsstellen. Dort werden auch entsprechende Kurse angeboten, also Kurse zur Unterstützung der Bindungssicherheit. Ich denke, das Gute an solchen gemeinsamen Kursen ist auch, dass sich Eltern dort vielleicht zu Gruppen zusammentun können, dass sie gemeinsam solche Beziehungsnetzwerke initiieren und diese dann auch gestärkt werden.

Das heißt aber wieder, dass es eine langfristige präventive und fachlich fundierte Beratungsarbeit braucht. In diese müssen wir investieren. Ich muss sagen, die Kürzungen in den letzten Jahren haben genau das Gegenteil erreicht.

(Staatsministerin Christine Clauß: Wir haben dort nicht gekürzt!)

In den Ehepaar- und Familienberatungsstellen wurde aber gekürzt.

Als Drittes: Die Frage ist, welche Eltern und Kinder damit tatsächlich erreicht werden können. Es wurde bereits gesagt, dass das ein freiwilliges Angebot ist. Wir wissen, dass wir die Familien aus den sogenannten Risikogruppen damit kaum erreichen werden. Wir hatten eine Anhörung zu Familienhebammen, die geschildert haben, wie

schwierig das in diesen Familien ist und wie schwierig es für diese ist, die Hilfe von Fremden anzunehmen. Die Familienhebammen haben die Möglichkeit, dort in den ersten Tagen auch hineinzugehen. Diese Möglichkeit haben Fremde so nicht. Es heißt aber, dass gerade diese Risikofamilien die professionelle Hilfe brauchen, dass wir hier die Familienhebammen weiter unterstützen müssen. Ich denke, dass die Stärkung dieser Familienhebammen besonders wichtig für uns ist und auch an erster Stelle stehen sollte.

Hier braucht es aber weiterhin auch die Stärkung des gesamten Netzwerkes einschließlich der Kinder- und Jugendhilfe, damit die Unterstützungssysteme nicht abbrechen. Hier müssen wir feststellen, dass die nötige Infrastruktur seit Jahren lückenhaft ist und zum Teil chronisch unterfinanziert.

Was passiert in Regionen, in denen es das Ehrenamt vergleichsweise schwer hat, wo es solche Projekte nicht gibt oder wo es schwierig ist, Ehrenamtliche zu gewinnen? – Ein weiteres Problem liegt darin, dass Familienpaten Institutionen brauchen, die sie professionell begleiten, die sie beraten, die Fortbildung, Versicherungsschutz, Aufwandsentschädigung und Ähnliches organisieren. Hier braucht es zur qualifizierten ehrenamtlichen Arbeit eine entsprechend fundierte hauptamtliche Basis.

Insofern finde ich es sehr wichtig, dass Sie einen Bericht einfordern. Ich glaube aber, dass die Kriterien, die Sie in dem Bericht genannt haben, dazu unzureichend sind. Deswegen können wir uns an dem Punkt nur enthalten. Aber die Staatsregierung hat in der Antwort angekündigt, dass es eine Evaluierung zu diesen Familiengesundheitspatenschaften geben wird. Ich denke, die Evaluierung ist sehr wichtig, weil man dann mehr Informationen hat und auch darüber nachdenken kann, wo weitere solche Projekte sinnvoll sind.

Skeptisch sind wir deshalb auch bei Punkt 2 des Antrages, weil die Kostenfrage aus unserer Sicht noch nicht geklärt ist. Es sind bestimmte Rahmenbedingungen notwendig, beispielsweise die Hauptamtlichkeit. Wir haben in verschiedenen Antworten der Staatsregierung inzwischen gehört, dass Kinderschutz unter dem Haushaltsvorbehalt steht. Das heißt, wenn man aus dem einen Bereich Gelder herausnimmt, um zum Beispiel Familienpatenschaften zu unterstützen, was sein muss, weil man dazu auch eine hauptamtliche Struktur braucht, hätten wir Ängste, dass an anderer Stelle Kürzungen entstehen könnten.

Ich muss noch einmal sagen: Es gibt auch Experten, die sagen, dass diese Familienpatenschaften nicht unbedingt das Gelbe vom Ei sein müssen. Es gibt zum Beispiel Herrn Prof. Clemm von der Hochschule Merseburg, der sagt, dass Ehrenamtliche tatsächlich überfordert sein können, dass Laien zum Beispiel nicht erkennen können, wenn Kinder in Gefahr sind, wie sie reagieren, wie sie praktische weitere Hilfe beschaffen können, dass es auch Familien gibt, in denen beispielsweise Drogen oder Gewalt eine Rolle spielen und damit die Ehrenamtlichen unter Umständen überfordert sein können.

Wilfried Nodes vom Deutschen Berufsverband für soziale Arbeit sagt, es ist eine Gratwanderung. Es kann Gefahren geben, zum Beispiel wenn Ehrenamtliche eine Gefährdung nicht erkennen und überfordert sind, dass ihnen das Wissen der Profihelfer fehlt und dass er auch die Ängste hat, dass es dazu kommen kann, dass Familien nicht ins Lot gebracht werden, sondern dass Familienpaten Familien mit ihrem Kümmern überschütten und sie sich mit der Zeit selbst unersetzlich machen. Deswegen sind wir sehr gespannt auf die Evaluierung und erhoffen uns davon neue Antworten.

Ansonsten, muss ich sagen, gibt es genügend Hausaufgaben, die wir im Bereich der institutionellen, für alle Familien zugänglichen Infrastruktur zu erledigen haben. Wir brauchen gute Bedingungen für das Aufwachsen von Kindern in allen Regionen und für alle Altersklassen.

Ich habe es schon gesagt: Wir sehen natürlich, dass die Finanzierung nicht geklärt ist. Als wir die Anhörung zum Kinderschutz hatten, wurde in einer Antwort gesagt, dass die Gelder für die Finanzierung aus der Bundesinitiative für den Aufbau von Netzwerken „Frühe Hilfe“ und „Familienhebammen“ genommen werden sollen. Das sehen wir als problematisch an.

In einer anderen Anhörung wurde gesagt, dass das Ganze unter dem Haushaltsvorbehalt steht. Es darf also nicht passieren, dass das Ehrenamt zulasten der institutionellen und hauptamtlichen Infrastruktur ausgebaut wird. Das würde dem Anliegen und den Aufgaben nicht gerecht werden. Die Billiglösungen halten wir für sehr gefährlich. Das heißt also, Kinderschutz muss mehrdimensional umgesetzt werden.

Noch einmal zur Staatsregierung, die darauf hinweist, dass sie nicht von Familienpaten redet, sondern von Familiengesundheitspaten. Hier möchte ich gern zum Schluss noch darauf hinweisen, dass es zwischen Kindergesundheit und sozialer Ungleichheit einen großen Zusammenhang gibt. Das heißt, wir müssen uns auch mit Kinderarmut beschäftigen. Wir müssen uns damit beschäftigen, dass sich Kinderarmut langfristig und im Lebensverlauf negativ auf die Gesundheit auswirkt, dass gerade Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen, mit niedrigem Bildungsgrad und Kinder mit Migrationshintergrund höhere gesundheitliche Risiken aufweisen, die sich wahrscheinlich nicht bei den Familienpaten wiederfinden werden. Man muss sagen, ein großer Teil der sozial bedingten gesundheitlichen Ungleichheit erklärt sich allein aus dieser sozialen Position. Deshalb sind wir der Meinung, es ist eine gesundheitsförderliche Gesamtpolitik zu entwickeln, um die sozial bedingte Ungleichheit der Gesundheitschancen verringern zu können. Aus meiner Sicht scheinen die Familienpaten dafür nicht der große Wurf zu sein. Wir warten aber gern die Evaluierung ab und würden uns dann mit diesem Thema noch einmal beschäftigen.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Nun für die SPD Frau Abg. Neukirch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Koalition zum Thema Familienpaten greift aus meiner Sicht ein sehr wichtiges Thema auf: das der Unterstützungsnetzwerke für Familien in schwierigen Lebenslagen.

Bereits im Januar haben wir mit der Beschlussempfehlung vom Ausschuss für Soziales einen Antrag der CDU zu einem ähnlichen Thema „Kinderschutznetzwerke stärken“ verabschiedet, in dem ebenfalls in einem Punkt ein Bericht zum Projekt der Familienpaten angefordert worden ist. Da das Projekt aber erst seit September 2011 läuft und derzeit wahrscheinlich noch nicht so viele konkrete Ergebnisse für so einen Bericht liefern kann, werden wir wohl noch einen weiteren Antrag der CDUFraktion zu diesem Thema erleben. Aber das muss ja nicht schlecht sein, weil das Thema ein wirklich wichtiges ist.

(Beifall der Staatsministerin Christine Clauß)

Die Idee der Familienpaten ist äußerst simpel und überzeugend. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben dazu schon vieles ausgeführt. Wichtig ist, dass gezielt Familien unterstützt und durch Ehrenamtliche bei der Bewältigung ihres Alltags begleitet werden. Familienpaten werden dabei bestenfalls zu verlässlichen und im Laufe der Zeit vertrauten Ansprechpartnern für eine oder mehrere Familien.

Über die Freude und das Lob für das Modellprojekt vergessen Sie bitte nicht den großen Zusammenhang des Ganzen. Sie werden mit einem solchen Projekt das bestehende Netzwerk erst einmal punktuell ergänzen. Die große Herausforderung wird sein, es nachhaltig zu integrieren. Mit der Übernahme von Ergebnissen aus Modellprojekten sieht es ja in Sachsen leider nicht besonders gut aus. Meist folgt einem Modellprojekt das nächste, ohne dass die Ergebnisse nachhaltig in die Strukturen übernommen werden. Nach dem Projekt „Pro Kind“ kommt nun das Projekt der Familienpaten. Was davon bleibt und was tatsächlich für die Stärkung der Strukturen in der Praxis verwendet wird, ist aus meiner Sicht offen.

Wenn wir ehrlich sind, hätten wir auch kein Modellprojekt für die Familienpaten benötigt. In England gibt es diese Art der Familienhilfe seit 1773. Auch in anderen Bundesländern wie Bayern, Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt laufen ähnliche Projekte seit mehr als zehn Jahren.

Ich denke, man muss sich einfach einmal für eine Sache entscheiden und diese dann flächendeckend in Sachsen integrieren und umsetzen.

Das Bundeskinderschutzgesetz gibt einen fachlichen Rahmen vor, insbesondere zur sorgfältigen Auswahl von Ehrenamtlichen in diesem Bereich und auch zur fachlichen Unterstützung zum Beispiel von Familienpaten. Diese sind ausdrücklich – das wurde auch schon gesagt –

keine Fachkräfte und dienen tatsächlich nur der Ergänzung der hauptamtlichen Hilfestrukturen. Deshalb möchte ich ein bisschen die Erwartungen dämpfen, mit dem Einsatz solcher Helfer Einsparmöglichkeiten im Bereich Hilfen zur Erziehung zu erzielen.

Die Herausforderungen eines umfassenden Kinder- und Jugendschutznetzwerkes bestehen in der Integration von hauptamtlichen und ehrenamtlichen Strukturen. Wir schauen uns heute nur einen kleinen Bestandteil der ehrenamtlichen Strukturen an. Aus meiner Sicht ist es nötig, das ganze Netz in den Blick zu nehmen. Die Basis in dem Bereich ist immer noch die institutionelle Kinder- und Jugendhilfe und sind die entsprechenden Ressourcen in den Jugend- und Gesundheitsämtern vor Ort. Das dürfen wir, wenn wir uns so ein einzelnes Projekt betrachten, nicht vergessen.