Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

Sehr geehrte Damen und Herren! Wieder einmal beschäftigen wir uns heute mit Anträgen zum Thema Gemeinschaftsschule. Dieses Thema zieht sich seit der Wiedergründung des Freistaates Sachsen wie ein rot-rot-grüner Faden durch die sächsische Bildungspolitik. Sachsen hat sich nach seiner Neukonstituierung im Jahr 1990 bewusst für das gegliederte Schulsystem entschieden. Die Erfolge dieses Systems lassen sich eindeutig durch den innerdeutschen Ländervergleich der PISA-Studien sowie durch den Bildungsmonitor der vergangenen Jahre nachweisen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich empfehle Ihnen im Übrigen zu dieser Thematik dieses von der Initiative „Neue soziale Marktwirtschaft“ herausgegebene – –

(Patrick Schreiber, CDU, zeigt eine Broschüre.)

Herr Schreiber, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Sie den Abgeordneten keine Unterlagen zeigen dürfen. Ich bitte Sie, das in Zukunft zu unterlassen.

Dann bitte ich Sie, das zu entschuldigen, und möchte wegen Nichtwissens um Entschuldigung bitten.

(Heiterkeit im Saal)

Nun besteht die Möglichkeit, dass Sie eine Zwischenfrage des Abg. Hahn beantworten.

Herr Hahn, vielleicht sollten Sie erst einmal eine Weile zuhören, dann erübrigt sich eventuell die eine oder andere Frage.

(Zurufe von der Linksfraktion)

Der Freistaat Sachsen hat – das wurde mehrfach angesprochen – in der vergangenen Legislaturperiode an insgesamt neun Standorten im Rahmen von Schulversuchen sogenannte Gemeinschaftsschulen befristet zugelassen. Bei diesen Schulen handelt es sich um Schulen mit besonderem pädagogischem Profil, die wissenschaftlich begleitet und schlussendlich evaluiert werden. So sieht es im Übrigen auch der aktuelle Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP vor.

Wie die Bezeichnung „Schulversuch“ allerdings schon besagt – die Betonung liegt dabei auf dem Wort „Versuch“ –, ging es nie darum, in Sachsen flächendeckend sogenannte Gemeinschaftsschulen einzuführen. Das wissen Sie, liebe Kollegen von der SPD, genauso gut wie wir. Vielmehr ging es darum zu untersuchen, welche pädagogischen und wissenschaftlichen Ableitungen aus diesen Schulversuchen gezogen und wie diese künftig in unser sächsisches Schulsystem integriert werden könnten.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)

Demzufolge ist es nur logisch, dass diese Schulversuche nach einer festgelegten Zeit enden werden. Allerdings steht außer Frage – und dazu gibt es keinerlei andere Aussagen –, dass Schüler, die bereits heute in diesen Schulen eingeschult sind, weiterhin im Rahmen dieses Schulversuches unterrichtet werden und unter diesen Bedingungen auch ihren Abschluss machen können. Diesen Schülern entstehen keinerlei Nachteile. Insofern sind die Proteste der Eltern und vor allem die leeren Worthülsen der Opposition hier im Hause gegen die Beendigung des Schulversuches überhaupt nicht nachvollziehbar.

Herr Schreiber, wir haben jetzt noch zwei weitere Begehren nach Zwischenfragen. Lassen Sie eine Zwischenfrage von Frau Dr. Stange zu?

(Beifall bei der Linksfraktion und der SPD)

Ich schicke vorweg, es ist keine Fachfrage, Herr Schreiber.

Das ist nett.

Ich möchte nur wissen, ob Sie schon einmal eine Gemeinschaftsschule von innen gesehen haben. Die zweite Frage hängt damit zusammen: Haben Sie mit den protestierenden Eltern gesprochen?

Frau Dr. Stange, selbstverständlich habe ich schon eine Gemeinschaftsschule von innen gesehen. Ich habe mich wie Sie auch im Landtagswahlkampf – und nicht erst dort – mit dieser Thematik auseinandergesetzt.

Leute hier so öffentlich vorführen zu wollen, Frau Staatsministerin a. D., sollte nicht Ihr Niveau sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Schreiber, gestatten Sie noch eine Nachfrage von Frau Dr. Stange?

Ich würde gern einmal etwas herüberbringen. Frau Dr. Stange, ich denke, der Tagesordnungspunkt ist so mit Stoff beladen, dass wir sicherlich noch einmal in die Diskussion kommen.

Es gibt einen weiteren Begehr nach einer Zwischenfrage seitens der Abg. Frau Giegengack. Würden Sie diese zulassen?

Damit ich bei Frau Giegengack nicht auch in Misskredit falle, würde ich sagen: Ja.

Das ist nett von Ihnen.

Ich beziehe mich auf das, was Sie gerade formuliert haben. Sie sagten: Es ist logisch, dass diese Gemeinschaftsschulen beendet werden.

Ist Ihnen die Leitlinie zu den Gemeinschaftsschulen bekannt? Wenn ja, wie würden Sie den Satz interpretieren, dass die Gemeinschaftsschulen bei Erfolg regulär weitergeführt werden sollen?

Frau Giegengack, selbstverständlich ist mir die Verordnung bekannt. Ich habe aber eben davon gesprochen, dass wir einen Versuch beenden, ihn evaluieren und vorher wissenschaftlich begleiten. Ich kann doch dieser Evaluation, dieser Schlussauswertung nicht vorgreifen, indem ich ohne die Ergebnisse der Evaluation jetzt schon sage, dass diese Gemeinschaftsschulen weitergeführt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir machen erst einmal das, was vereinbart worden ist, zu Ende, evaluieren das in Ruhe. Es geht überhaupt nicht darum, irgendwelche pädagogischen Ansätze totzumachen, sondern es geht darum, die Erkenntnisse aus dem pädagogischen Schulversuch, die sich eventuell positiv in unser Schulsystem integrieren lassen, auszuwerten. Darum geht es, um nichts anderes.

(Martin Dulig, SPD, tritt ans Saalmikrofon.)

Jetzt gestatte ich erst einmal keine weiteren Zwischenfragen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Beispiel Hamburg zeigt, dass Eltern eben nicht, wie von der Opposition wiederholt behauptet, das längere gemeinsame Lernen favorisieren. Das Ziel der Koalitionsfraktionen besteht in erster Linie darin, jedem Schüler einen optimalen Schulerfolg zu ermöglichen.

Wir sind der Meinung, dass eine dauerhafte Senkung der Schulabbrecherquote unter Beachtung der individuellen

Förderung und gezielten Betreuung von Schülern nur im gegliederten Schulsystem möglich ist. Die aktuellen Zahlen bestätigen unsere Auffassungen nachdrücklich. Eine dauerhafte Einführung von Gemeinschaftsschulen steht für uns folglich nicht zur Debatte. Sie ist darüber hinaus mit dem derzeit gültigen § 4 des Sächsischen Schulgesetzes nicht vereinbar. Eine diesbezügliche Gesetzesänderung lehnen wir weiterhin ab.

Zunächst vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Wir hören uns dann noch einmal.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Dr. Hahn, was ist Ihr Begehr? Auch eine Kurzintervention?

Da ich nicht vermute, Herr Präsident, dass es beim zweiten Redebeitrag vom Kollegen Schreiber besser wird, will ich die Kurzintervention nutzen, um noch einmal auf einen Punkt einzugehen.

Herr Schreiber hat eben gesagt, dass sich die Sachsen Anfang der Neunzigerjahre ganz bewusst für das gegliederte Schulsystem entschieden hätten. Da lege ich doch Wert auf die Feststellung, dass es damals Tausende Zuschriften zum Schulgesetz gab. Die überwiegende Meinung war, dass die gemeinsame Schulzeit bis zur Klasse 8 gehen sollte und eben nicht dieses System einzuführen ist. Sämtliche Umfragen von damals bis heute unter den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen haben zwischen 70 und 80 % Zustimmung ergeben, dass es nicht dieses gegliederte Schulsystem, das Sie wollen, gibt, sondern längeres gemeinsames Lernen bis Klasse 8. Selbst die Untersuchungen, die die Staatsregierung in Auftrag gegeben hat, sind zu diesem Ergebnis gekommen. Das zu sagen war mir wichtig.

Es gibt eine politische Kraft, die in Sachsen gegen gemeinsames längeres Lernen ist. Das ist lediglich die CDU. Das muss an dieser Stelle vielleicht auch einmal richtiggestellt werden. Es sind nicht die Bürger dieses Landes.

(Beifall bei der Linksfraktion und der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Die CDU hat die Möglichkeit, auf die Kurzintervention zu entgegnen. Herr Abg. Piwarz.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich werde diese Gelegenheit wahrnehmen.

Es ist natürlich schön, wenn man gewisse Umfragen vorweisen kann, wobei man immer nachfragen muss, wie denn die Umfrage zustande gekommen ist. Es gibt zwei klare Ergebnisse, die wir vorweisen können. Das eine sind die Erfolge, die das sächsische Schulsystem vorzuweisen hat, und das andere sind die Vorgänge in Hamburg. Dort sind die Bürger befragt worden.

(Zurufe von der SPD)