Protokoll der Sitzung vom 12.07.2012

Herr von Breitenbuch, Sie haben ja gesagt, es gibt noch keine fertigen Konzepte, dieses Thema müsse weiter diskutiert werden. Eine der entscheidenden Fragen ist sicher: Wer hat eigentlich die Kosten zu tragen? Das wurde auch schon deutlich in der Debatte und ist auch richtig in der Analyse: Es kann nicht sein, dass die Kosten für die Energiewende, für die gesamten Investitionen einseitig auf die kleinen Verbraucher, die normalen Kunden, ausgerichtet werden, sodass sie die gesamten Investitionskosten tragen müssen. Wenn man sich anschaut, wie in den letzten zehn Jahren die Gewinne der Energiekonzerne gestiegen sind – dass sich die Gewinne etwa vervierfacht haben –, dann frage ich mich, warum

diese Energiekonzerne nicht viel stärker an den Investitionen beteiligt werden sollen und müssen.

Gewinne sind nicht nur da, um hohe Vorstandsgehälter zu zahlen oder hohe Dividenden auszuschütten, sondern aus Gewinnen werden auch Investitionen getätigt. Es ist eine Aufgabe der Energiekonzerne, zum Beispiel den Strom nicht nur zu erzeugen, sondern dort hinzubringen, wo er benötigt wird. Hier ist einiges zu überdenken. Ein Konzept der dezentralen Energieversorgung könnte hier ein vielversprechender Ansatz sein. Es ist leider bisher nicht so entwickelt worden, dass es umsetzungsfähig ist. Auf diese vor uns liegenden Aufgaben sollten wir uns konzentrieren.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Wir kommen zur zweiten Runde. Bitte, Herr von Breitenbuch, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal die Interessen und die Besonderheiten Sachsens herausarbeiten. Folgende Besonderheiten führe ich an:

Wir haben bis 2040 eine installierte Braunkohleindustrie, die uns sicher und grundlastfähig versorgt, und zwar auch bezahlbar. Das stelle ich voran.

Wir sind – das hat Kollege Jurk richtig angesprochen – im 50-Hertz-Gebiet, das heißt, für alles, was an erneuerbaren Energien bei uns wie auch in anderen östlichen Bundesländern zugebaut wird, zahlen wir die Netzkosten, und zwar schon gewaltig, wenn man diese Summen zusammenzählt.

Wir sind dadurch Überschussregion, müssen aber dabei sehen, wie wir bei uns mit den Schwankungen zurechtkommen.

Das sind Fakten aus sächsischer Sicht. Was leiten wir dadurch für unsere sächsische Politik ab und wo werden wir tätig? Dazu folgende Punkte:

Ich halte es für ganz wichtig, dass wir aus unserer sächsischen Situation heraus uns in Deutschland mit in die Debatten einmischen, aber auch in Europa, wo es uns möglich ist. Der Ministerpräsident hat ja schon mit dem Thema Stromsteuer in der Debatte einen richtigen Punkt angesprochen. Wir müssen uns weiterhin einmischen, denn wir haben eigene Interessen in diesem Geflecht.

Wir sollten weiterhin den vorhandenen Energiemix betonen, ihn aber auch weiterentwickeln, keine Frage, und auch technologieoffen, wie das Kollege Herbst angesprochen hat. Wir sind dafür offen. Was in 30 Jahren richtig und wichtig sein könnte, wissen wir aber nicht.

(Beifall bei der FDP)

Wir müssen dazu kommen, dass das 50-Hertz-Gebiet in Deutschland ein einheitliches Netzgebiet wird und damit auch die Standorte eine Rolle spielen – zum Beispiel: Wo

weht der Wind? Wo ist die Sonne? –, denn das spielt zurzeit bei der derzeitigen Förderkulisse überhaupt keine Rolle. Das bekommt man hin, wenn man sich mit der Trennung der Netzgebiete und der Isolierung der Kosten beschäftigt.

Wir müssen weiterhin beim Ausbau der Netze vernünftig vorgehen. Herr Lichdi, selbstverständlich waren wir im letzten Winter in gewissen Gebieten kurz vor dem Blackout. Das sagen auch alle, die sich dafür verantwortlich fühlen, und das kann auch nicht kleingeredet werden. Unsere ganze heutige Gesellschaft lebt davon, dass Energie auch verfügbar ist. Auch da müssen wir aktiv bleiben. Forschung und Entwicklung sollen weitergehen, und zwar technologieoffen. Dazu können wir in Sachsen einen wichtigen Beitrag leisten.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen in diesem Bereich in unseren Forschungsinstituten weiterkommen und unser Wissen damit rechtzeitig platzieren. Ich denke, der Doppelhaushalt mit dem Vorschlag der Staatsregierung, viele Mittel in die Wissenschaft zu geben, ist ein gutes Zeichen. In Leipzig wurde jetzt das Biomasseforschungszentrum weiterentwickelt. Frau Aigner war dort. 50 Millionen Euro fließen dorthin. Das sind die richtigen Zeichen, um dort weiterzukommen.

Auch eine Zusammenarbeit mit den Herstellern und Handwerkern ist wichtig – die Handwerkskammern haben letztens ein sehr gutes Papier herausgebracht, in dem ihre Schwerpunkte stehen. Auch in diesem Bereich kann mit sächsischem Sachverstand, gerade was Energieeffizienz betrifft, ein Beitrag geleistet werden. Das heißt, der Punkt, welche Technologie in Zukunft sein wird, ist ein ganz wichtiger Beitrag, der von uns geleistet werden muss.

Wichtig ist auch die Finanzierung des Um- und Ausbaues. Wir hatten durch das erneuerbare Energiegesetz eine Basis, in der das alles möglich war. Dieses Energiegesetz ist aus dem Ruder gelaufen, das wissen wir alle. Deshalb fragen wir, wie es weitergehen soll. Ich habe hier als energiepolitischer Sprecher provokant gesagt, dass das EEG abgeschafft gehört. Andere sagen, es muss ein EEG2.0 geben. Das Problem ist erkannt. Verschiedene Politiker auf Bundesebene – wie Herr Seehofer, die FDP, der Wirtschaftsminister, der Parteichef, auch in der CDU kommt das langsam an – arbeiten an dem Thema. Wir müssen aus sächsischer Erfahrung mit dem EEG uns mit davorspannen, dass dort etwas Neues kreiert wird. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr von Breitenbuch. – Für die FDP-Fraktion Herr Hauschild. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Dr. Runge, Herr Lichdi, selbstverständlich sind die Mitarbeiter der energieintensiven Betriebe unsere Freunde und unsere Klien

tel. Selbstverständlich stehen wir dazu, dass ihre Arbeitsplätze nicht gefährdet werden. Da brauche ich nur an die Landesgrenze zu sehen, zur BASF in Schwarzheide, denn die Chemieindustrie ist so ein Bereich, in dem, wenn wir die Stromumlage dort auch noch mit draufhauen und damit internationale Konkurrenzfähigkeit einschränken würden, dann auch die Arbeitsplätze gefährdet wären. Deshalb verstehe ich überhaupt nicht, wie Sie zu dieser Frechheit kommen und uns dafür beschimpfen wollen, dass wir für die Arbeitsplätze hier in Deutschland stehen und wir uns dazu bekennen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Hauschild, Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.

Danke schön, Herr Präsident. – Ich habe folgende Frage. Wie erklären Sie sich dann, dass die Großhandelspreise für die Großabnehmer wie chemische Industrie, energieintensive Industrie an der Börse um 12 % im vergangenen Jahr gefallen sind, während sie für die privaten Verbraucher und die kleinen mittelständischen Unternehmen und das verarbeitende Gewerbe im Gegensatz dazu um 5 % gestiegen sind? Wie erklären Sie sich das?

Das kann ich erklären. Frau Runge, das ist so. Dadurch, dass alle Energien, die eingespeist werden, über die Börse vertrieben werden, zum Beispiel auch die Windkraft, wenn sie anliegt, und die Fotovoltaik-Energie, die dort gewonnen wird, wenn mittags einmal nicht typisch deutscher Sommer ist, sondern mit Sonne, fallen dort die Preise, wenn Überangebot an Strom ist. Das heißt aber nicht, dass die Vergütung für die Besitzer dieser Anlagen gesenkt wird, sondern das heißt nur, dass dadurch, weil so viel Strom im Angebot ist, der Preis nach unten geht.

Die großen Abnehmer haben selbstverständlich die Möglichkeit, dort an der Börse einzukaufen. Aber weil nun nicht jeder einzelne Bürger an der Börse seinen Strom einkaufen kann – so kleine Verpackungen haben die dort nicht – , müssen wir als Bürger, die die Energiewende wollen, immer den Preis bezahlen, der an die Anlagenbetreiber als Vergütung überwiesen wird. Je größer der Unterschied zwischen dem, was an der Börse erzielt werden kann, weil zu viel Energie da ist, und dem, was die Anlagenbetreiber tatsächlich bekommen, ist, desto mehr müssen wir als normale Verbraucher, die kleinen Handwerker dafür bezahlen. Warum ist das so? Nur deshalb, weil die Anlagen zur Energiegewinnung zum Beispiel in Brandenburg und in Mecklenburg-Vorpommern stehen, wo leider keine Industrie ist.

Wir haben schon gehört, Baden-Württemberg, RheinlandPfalz und Bayern wollen bei sich selbst auch diese Anlagen aufbauen. Das heißt für uns im Umkehrschluss, dass es noch teurer wird, denn diese brauchen unsere erneuerbaren Energien nicht. Dann müsste man eigentlich einmal

nachfragen, wo dort die Konsequenz in dieser ganzen Richtung zu suchen wäre. Ich glaube, das wäre dann vielleicht die nächste Zwischenfrage.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Diese Frage ist aber erst einmal beantwortet.

Worauf ich noch eingehen wollte – das passt eigentlich sehr gut dorthin, Herr Jurk hat es schon angesprochen –: dass wir im Energiegebiet des Netzbetreibers 50 Hertz liegen. Ich war vor nicht allzu langer Zeit bei 50 Hertz und habe mich über die aktuelle Lage informiert. Gerade weil wir in dem Gebiet 41 % der gesamtdeutschen Windkraft stehen haben, haben wir im Ergebnis in diesem Gebiet jetzt schon 40 % erneuerbare Energien am Gesamtenergieaufkommen.

Leider haben wir eben nicht die Leitungen in die Altbundesländer, die unseren Strom abnehmen könnten, und leider sind auch die Trassen von den Offshore-Anlagen nicht da, die dort immer hingebaut werden, ohne dass wirklich der Bedarf in deren Nähe ist.

Das heißt eigentlich auch für uns – und ich nehme einmal die Zwischenfrage vorweg –, wir müssten uns überlegen, ob wir in Sachsen, wo wir jetzt schon mehr Energie installiert haben, als wir selbst verbrauchen können, tatsächlich für ein einziges Windrad, für ein einziges Solarpaneel weiterhin Flächen ausweisen sollten, solange wir nicht die Möglichkeit haben, den Strom an den Endverbraucher zu bringen, der ihn wirklich braucht und mit dem Netzentgelt und allen Kosten, die dazu entstehen, auch bezahlt; oder dass wir wenigstens die Speichermöglichkeiten in unserem Bundesland haben, damit wir die erneuerbaren Energien oder den erneuerbaren Strom, den wir haben, komplett verbrauchen können.

Es ist nicht sinnvoll – wie bei der Fotovoltaik –, dass wir zur Mittagszeit die Höchstlast haben und am Abend, wenn wir immer noch Strom haben wollen, dann wieder auf Kohlekraft zurückgehen müssen. Deswegen haben wir ja die Kohlekraft, weil wir jeden Tag, jede Stunde Strom haben wollen.

Deswegen ist für mich die Frage: Wäre es vielleicht sinnvoller, solange nicht ein einheitliches Netzgebiet, wie es mein Kollege von Breitenbruch gesagt hat, oder eben die Speichermöglichkeiten da sind, lieber so ehrlich zu sein und zu sagen: So lange sollte der Ausbau behindert bzw. gestoppt werden, bis es eine vernünftige Sache ist, damit nicht die kleinen Bürger weiterhin mehr und mehr bezahlen müssen; denn die Großen – die Zahnärzte, wie es immer so schön heißt, die die Fotovoltaik auf ihre Dächer setzen – werden von den Kassenpatienten bezahlt, und das ist nicht der richtige Weg.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung – Frank Heidan, CDU: So ist es!)

Das war Herr Hauschild für die FDP-Fraktion. – Für die Fraktion

DIE LINKE Herr Abg. Dr. Pellmann; bitte, Sie haben das Wort.

Danke schön, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es mag Ihnen vielleicht jetzt etwas kurios vorkommen, wenn sich jemand, der nicht als Energiepolitiker bekannt ist, in die Debatte einmischt. Aber ich habe zumindest dem Debattenthema entnehmen können, dass es eigentlich auch um Menschen gehen sollte

(Oh-Rufe von der CDU)

und wir nicht nur eine fachspezifische Energiedebatte führen können. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich einige wenige Punkte bringen, die sich für mich aus sozialpolitischer Sicht ergeben.

Dass die Energiewende unumkehrbar ist – das hat sich inzwischen selbst bei der CDU herumgesprochen; bei der FDP, hatte ich allerdings den Eindruck, sind noch ein paar Klemmeffekte –, ist völlig klar. Aber aus unserer Sicht müssen wir sie sozial gerecht gestalten.

(Zuruf von der CDU: Jawohl!)

Genau das ist der Ansatz, den ich hier vertiefen möchte.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Stellen Sie sich an das Mikrofon und fragen Sie etwas!

(Christian Piwarz, CDU: Wir haben es ja gehört!)