Protokoll der Sitzung vom 12.07.2012

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Der Satz war herzlos, Herr Kollege!)

Aber man muss die Dinge sauber trennen, um zu ausgewogenen Lösungen zu kommen.

Deutschland hat nicht nur in der Finanzkrise eine Verantwortung übernommen, die global ist, sondern wir haben mit der Energiewende eine große Verantwortung auch in diesem Bereich an uns gezogen. Der Begriff „Risikotragfähigkeit“, den wir zurzeit nur in der Finanzpolitik verwenden, trifft eigentlich auch auf die Debatte über die Energiepolitik zu.

Die Energiewende muss bezahlbar sein. Nur dann wird sie von der Bevölkerung akzeptiert, und nur dann können wir sie mittragen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich frage die FDPFraktion: Wird noch einmal das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Die Fraktion DIE LINKE? – Frau Dr. Runge, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in meinem Redebeitrag in der ersten Runde mit der Feststellung geendet, dass das angebliche soziale Mitgefühl bei den Koalitionsfraktionen kein echtes ist.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU: Das ist eine Unterstellung!)

Der zuletzt gehörte Diskussionsbeitrag – Herr von Breitenbuch, es tut mir leid – hat genau diesen Eindruck offensichtlich bestätig. Sie haben in Ihren Redebeiträgen zwar immer abstrakt von Bezahlbarkeit geredet und dies wie eine Monstranz vor sich hergetragen, aber nicht einen einzigen konkreten Vorschlag gemacht, wie man denn zu Preisbegrenzungen und Kostendämpfungen innerhalb dieses Energieversorgungssystems kommen kann. Das mache ich Ihnen zum Vorwurf.

(Beifall bei den LINKEN)

Frau Dr. Runge, Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Bitte schön.

Herr von Breitenbuch.

Das ist eigentlich keine Frage; ich will eine Feststellung treffen.

Nein, Sie können nur Fragen stellen. Treffen Sie eine fragende Feststellung?

Sind Sie der Meinung, sehr verehrte Frau Kollegin, dass die Herzlosigkeit auch bei uns begrenzt ist und dass auch wir selbstverständlich darauf achten, wie im Lande – und zwar für

alle – bezahlbare Energiepreise – das ist das Thema der Debatte – durchgesetzt und auf Dauer gewahrt werden können? – Danke.

Sind Sie der Meinung, Frau Dr. Runge?

Genau das bezweifle ich. Ich werde das auch weiter ausführen.

Interessanterweise haben auch die großen Konzerne wie Vattenfall und E.ON plötzlich ihr soziales Mitgefühl entdeckt; denn sie lassen für viel Geld Gutachten erarbeiten, um Prognosen für Strompreissteigerungen in die Welt zu setzen. Eine Medienschlacht droht! Vattenfall hat erst jüngst eine Studie vorgelegt, in der nachgewiesen wird, dass die Preise bei Strom bis 2020 um 30 % steigen werden.

Interessant ist, dass in der Zeitschrift „Neue Energien“, die Ihnen als Abgeordneten vielleicht auch zugeht, der letzte Titel das Problem genau im Kern trifft: „Angriff auf die Energiewende – das Imperium schlägt zurück“. Besser kann man es nicht beschreiben; denn es geht um sehr viel in der Energiewende: Es geht um eine Verschiebung der Wertschöpfung von zentralen Großstrukturen hin zu den breiten Schichten der Bevölkerung und den Kommunen.

Selbst Ihr FDP-Kollege Herr Homann, der Chef der Bundesnetzagentur, warnt vor dieser Panikmache und sagt, dass solche Prognosen, wie sie Vattenfall und E.ON mit ihren Studien in die Welt gesetzt haben, jeglicher Grundlage entbehren und reine Spekulation sind.

Kurz und gut, wir brauchen für einen Übergangszeitraum zur Gestaltung dieser Energiewende auch Übergangsregelungen. Wir müssen bestimmte Dinge und Instrumente wieder einführen, die es schon einmal gab, nämlich zum Beispiel die staatliche Preisgenehmigungspflicht.

(Ach-Rufe bei der FDP – Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Sie war ein Instrument, wodurch die Unternehmen bei der Landeskartellbehörde im Landeswirtschaftsministerium ihre Kalkulationen offenlegen und ihre Preiserhöhungen sozusagen bestätigen lassen mussten. Aber wie ich sehe, wollen Sie das nicht wirklich.

Es kann doch wohl nicht sein, dass die Energieversorgung, die eindeutig zum gesetzlichen Auftrag zur Daseinsvorsorge gehört, hinsichtlich der Energiewende behindert wird, indem die Zustimmung durch die breite Bevölkerung nicht mehr mitgetragen wird. Genau das beabsichtigen Sie, indem Sie unentwegt diese Horrormeldungen über unermessliche Preissteigerungen sozusagen mittragen.

Wer aber die soziale Schieflage benutzt, um eine Energiepolitik mit Augenmaß und mit Vernunft zu fordern, wie das Ihr Ministerpräsident, Herr Tillich, und jetzt auch Sie von den Koalitionsfraktionen tun, will in Wahrheit diese Energiewende überhaupt nicht und will auch keine Veränderung. Daher ist immer wieder die einseitige Schuldzu

weisung, dass die steigende EEG-Umlage die Hauptursache dieser Preissteigerungen sei, einfach falsch. Sie ist falsch und sie wird auch durch Wiederholungen nicht richtiger.

Wir fordern endlich die Markttransparenzstelle an der Energiebörse in Leipzig, die seit Langem versprochen worden ist.

(Torsten Herbst, FDP, steht am Mikrofon)

Frau Dr. Runge, Sie gestatten noch eine Zwischenfrage?

Wir wollen selbstverständlich auch eine sozialpolitische Debatte, Herr von Breitenbuch, –

Bitte zum Schluss kommen!

– die Teile der Gesellschaft nicht von der Energieversorgung ausschließt.

Bitte schön.

Frau Dr. Runge, Ihre Redezeit ist vorbei, und Sie haben mich hier einfach warten lassen.

Sie möchten das Instrument der Kurzintervention gebrauchen, Herr Herbst?

Vielen Dank. – Frau Dr. Runge, Sie sprachen davon, dass die immensen Kosten für die erneuerbaren Energien erfunden seien. Ich will nur eines feststellen – und das sagen alle Experten –: Die Belastungen aus der EEG-Umlage, die jetzt festgeschrieben sind, liegen bei weit über 100 Milliarden Euro. Das werden Sie vermutlich bezweifeln, aber alle Experten sagen das so.

Was denken Sie, wer diese Belastungen tragen muss? Sind es nicht die Verbraucher, die das tragen müssen, die Bürger, die Unternehmen, die genau diese Umlage bezahlen, und zwar über 20 Jahre? Und wer verdient daran? Bestimmt nicht die Ärmeren in unserer Gesellschaft, sondern diejenigen, die beispielsweise Solaranlagen auf den Dächern haben, diejenigen, die Windkraftanlagen besitzen, die sehr schöne Renditen von 10 % und mehr erwirtschaften. Glauben Sie, dass das alles vom Himmel fällt, dass das alles nichts kostet?

Frau Dr. Runge, Sie möchten erwidern?

Ja, ebenfalls durch eine Intervention.

Nein, nein, Sie erwidern einfach auf die Intervention. Das ist völlig ausreichend.

(Heiterkeit)

2 Minuten!

Ich habe nicht behauptet, dass das erfundene Kosten sind. Also wenn, dann sollten Sie schon auf die Sprache genau achten. Ich habe gesagt, dass die Kostentreiber komplexer Natur sind. Was Sie machen, ist die einseitige Schuldzuweisung auf die EEG-Umlage, und dagegen habe ich mich verwahrt.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren! Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen und frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Morlok, bitte; Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In dieser Debatte wurde nicht nur über das Thema Strompreise gesprochen. Ich möchte gerne zu Beginn einige Punkte aus der Aktuellen Debatte aufgreifen und auf sie eingehen.

Der erste Punkt ist die Bundesratsentscheidung im Zusammenhang mit der EEG-Änderung. Wir haben über dieses Thema in diesem Hohen Haus bereits diskutiert. Ich habe in der damaligen Debatte deutlich gemacht, von welchen Kriterien wir als Freistaat Sachsen unsere Zustimmung abhängig machen werden.

Für uns war der entscheidende Punkt, der offen geblieben ist, weswegen wir auch den Vermittlungsausschuss mit angerufen haben, die fehlende Zusage der Bundesregierung für ein Marktanreizprogramm für dezentrale Speicher; denn als Staatsregierung sind wir der Auffassung, dass wir, wenn wir den regenerativen Energien zum Durchbruch verhelfen wollen, dezentrale Lösungen und deshalb auch eine dezentrale Speicherung brauchen.