Exzellente Bildung ist ohne Frage für den Einzelnen für seinen Wohlstand wichtig. Sie ist für den Fortschritt in einem Land wichtig. Bildung ist nicht nur Erstausbildung – das wissen wir –, sondern Weiterbildung. Je mehr der technische Fortschritt voranschreitet, desto mehr Bedarf besteht natürlich auch am lebenslangen Lernen. Das wissen die Mitarbeiter der Unternehmen, das wissen aber auch die Unternehmer, und dafür brauchen wir eben nicht die Zwangsmaßnahmen von SPD und GRÜNEN.
Ich will Ihnen nur einige Fakten nennen: Sie tun so, als würde Weiterbildung derzeit in der betrieblichen Praxis überhaupt nicht stattfinden. 90 % aller Unternehmen in Deutschland investieren in Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Bei 80 % findet die Weiterbildung in der bezahlten Arbeitszeit statt. Die deutschen Unternehmen investieren pro Jahr ungefähr 27 Milliarden Euro in Aus- und Weiterbildung. Das ist die Situation, und dadurch entsteht eine Win-win-Situation für Arbeitnehmer und Unternehmer. Das funktioniert. Wir brauchen da keine gesetzlichen Zwänge.
Die Mitarbeiter, Herr Kind, profitieren davon, weil: Sie haben bessere Karrierechancen und Verdienstmöglichkeiten. Auf der anderen Seite ist es für Unternehmen auch wichtig, um Arbeitskräfte zu bekommen, um ihnen gute Arbeitsbedingungen zu geben und nicht zuletzt, um durch gut ausgebildete und qualifizierte Mitarbeiter im Wettbewerb zu bestehen. Die Frage, die wir stellen, die Sie anders beantworten, ist: Muss man Unternehmen per Gesetz zwingen, Mitarbeiter für Bildungsurlaub freizustellen? Dazu sagen wir ganz klar: Nein.
Ich frage Sie auch: Wo liegt denn beispielsweise das Interesse eines Maschinenbauunternehmers, wenn sich seine Mitarbeiter in völlig fachfremden Gebieten weiterbilden wollen? Herr Heidan hatte vorhin einige Beispiele genannt. Ich habe auch einige schöne Beispiele für Bildungsangebote gefunden, die ausdrücklich im Zusammenhang mit Bildungsurlaub angeboten werden, und zwar von anerkannten Trägern der Weiterbildung. Da gibt es so tolle Dinge wie: „Der Mann, der Müll und das Essen“ (für Männer). – Bevor Sie lachen: Das gibt es auch für Frauen, und am Ende der jeweiligen Seminare kann man die Erfahrung gemeinsam austauschen.
Es gibt: „Costa Rica: Natur – Ökologie – Politik“. Es gibt: „Trauminsel Mallorca – die Insel der Deutschen im Konflikt zwischen Naturschutz und Tourismus“. Die Seminare zu Mallorca und Costa Rica finden natürlich vor Ort statt. Nicht, dass jemand auf die Idee kommt, sie finden im kalten Deutschland statt.
Herr Herbst, Sie stellen immer darauf ab, dass jegliche Weiterbildung, die ich in meinem beruflichen Leben wahrnehme, dem Arbeitgeber nützen muss. Nach meinem Kenntnisstand sind Arbeitnehmer nicht mehr die Sklaven von Arbeitgebern,
sondern sie sind nach wie vor freie Bürger. Gehen Sie davon aus, dass der Erholungsurlaub, den ein Arbeitnehmer nimmt, auch dem Unternehmer nützen muss? Legt der Unternehmer demnächst fest, in welches Betriebsferienheim, wie wir es früher hatten, gefahren wird? Ist das im Sinne des Unternehmers, oder darf das der Arbeitnehmer vielleicht noch selber entscheiden? Also darf er doch auch selber entscheiden, wo und wie er sich weiterbilden will, unabhängig von den beruflichen Weiterbildungen, die von der Firma ohnehin angeboten werden.
Diese Frage ist ziemlich abwegig, Herr Kind. Das wissen Sie auch. Ein gesetzlicher Mindestanspruch auf Urlaub ist ein Schutzrecht für Arbeitnehmer, aber selbstverständlich profitiert vom Urlaub nicht nur der Arbeitnehmer, sondern auch der Arbeitgeber. Wer übers Jahr keinen Urlaub nimmt, wird auch keine Leistungen im Unternehmen bringen. Deshalb legen Unternehmer Wert darauf, dass Arbeitnehmer in der Lage sind, sich zu erholen.
Ich habe vorhin gesagt, dass Weiterbildung im Idealfall beiden nützen sollte. Ich kann anhand dieses einen Beispiels einmal vorlesen, was Inhalt dieses Bildungsangebotes ist, und dann frage ich Sie, weshalb der Unternehmer dies bezahlen soll. Er bezahlt es über eine Freistellung, weil entweder Arbeit liegen bleibt oder eine andere Arbeitskraft diese Arbeit übernehmen muss.
„Der Mann, der Müll und das Essen – für Männer. Männer leben ungesund, essen das Falsche und machen Dreck.“
„Wenn sie halbwegs überleben, dann nur, weil ihre Frauen für sie einkaufen, kochen und den Müll wegräumen. So ein gängiges Vorurteil. Ist das noch so, oder hat sich etwas geändert? Das könnte interessant werden, in einer Woche zu erforschen. Hat auch die bei vielen Männern etablierte Umweltverantwortung im Nahbereich der Gesellschaft, nämlich im Haushalt, ihre Spuren hinterlassen?
Sind die Männer auf dem Weg, für die Ver- und Entsorgung Verantwortung zu übernehmen? Unter welchen Voraussetzungen können Männer die gesellschaftspolitisch gewollte gleichberechtigte Verantwortung im Haushalt mittragen? Diesen Fragen wollen wir im Rahmen des Bildungsurlaubes nachspüren. Da sich das parallel stattfindende Frauen- und Jugendseminar mit ähnlichen Themen beschäftigt, besteht in der Woche Gelegenheit, sich darüber auszutauschen.“
Wir sind nicht der Meinung, dass Unternehmen so etwas bezahlen sollen, um es klipp und klar zu sagen.
Herr Herbst, ich gehe davon aus, dass dieses Beispiel nicht aus Sachsen gekommen ist, sondern von anderswo. Sind Sie der Meinung, dass Ihr Wirtschaftsminister so einem Bildungsangebot seine Zustimmung, seine Anerkennung im Sinne unseres Gesetzentwurfs geben würde, und sind Sie der Meinung, dass derartige Entgleisungen, wie wir sie gerade gehört haben, angemessen sind für einen ernsthaften Gesetzentwurf?
Frau Stange, sehr wohl. Es handelt sich hier um einen zertifizierten Anbieter, nämlich Arbeit und Leben e. V. Dieser Verein ist Ihnen bekannt. Er war zur Anhörung hier im Landtag durch einen Sachverständigen zugelassen. Ausdrücklich wird auf Bildungsurlaub verwiesen.
Sind Sie der Meinung, dass ein Wirtschaftsministerium jedes Angebot zensieren sollte, oder sollte man im Zweifelsfall fragwürdige Anbieter zulassen? Beides, meine Damen und Herren, halte ich nicht für förderlich für Sachsen. Deshalb glaube ich, dass diese Art von Bildungsangeboten im Zusammenhang mit Bildungsurlaub nichts zu suchen hat.
Herr Nolle, wenn Sie sich zu Wort melden, kommen Sie bitte ans Rednerpult oder gehen Sie zum Mikro und reden Sie nicht immer dazwischen. Das zeigt leider, dass Ihre Erziehung in der Kinderstube etwas gelitten hat.
Stichwort Weiterbildungsmotivation. Der eine oder andere war bei der Sachverständigenanhörung zu Ihren Bildungsurlaubsgesetzen dabei. Der Sachverständige des IW Köln hat anhand eines Ländervergleiches nachgewiesen,
dass die Weiterbildungsbereitschaft in den Bundesländern, in denen es ein solches Bildungsurlaubsgesetz gibt, überhaupt nicht höher ist als in den Ländern, in denen es das nicht gibt.
Wenn Sie sich die Zahlen anschauen – im Übrigen sind das Zahlen aus der Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Fraktion GRÜNE –, stellen Sie fest, dass in Sachsen 30 % der Beschäftigten im Bereich Weiterbildung aktiv sind. Das liegt über dem ostdeutschen Durchschnitt und über dem westdeutschen Durchschnitt von 25 %. Das heißt, Weiterbildung findet bereits in der betrieblichen Praxis hier statt. Mitarbeiter und Arbeitgeber profitieren davon.
Im Übrigen – das sei hinzugefügt, und das kam auch in der Anhörung heraus –, wenn man darauf abstellt, dass sich gewisse Gruppen tendenziell mehr weiterbilden als andere, so hat sich auch gezeigt, dass die Bildungsurlaubsgesetze nicht dazu führen, dass sich die Gruppen, von denen man es eigentlich will, verstärkt weiterbilden, sondern es bilden sich die weiter, die das ohnehin tun würden. Es wäre also ein reiner Mitnahmeeffekt, es würde keine Veränderung der Situation bringen.
Meine Damen und Herren, statt auf gesetzliche Zwänge setzen wir auf eine praxisnahe Weiterbildung, die im Interesse von Mitarbeitern und Unternehmen ist. Wir wollen nicht, dass staatlich geregelter Bildungsurlaub die betriebliche Weiterbildung verdrängt, und wir setzen auf Anreize statt auf Zwang zur Weiterbildung, wie sich am Beispiel der einzelbetrieblichen Förderung zeigt oder auch am sehr erfolgreich angenommenen Weiterbildungsscheck, von dem die sächsischen Arbeitnehmer profitieren, im Übrigen auch diejenigen, die Sie vorhin erwähnt haben. Frauen bilden sich ja angeblich nicht so intensiv weiter. Der Weiterbildungsscheck zeigt genau das Gegenteil. Er zeigt, dass hier ein großes Interesse vorhanden ist, dass Weiterbildung in der Praxis funktioniert.
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der 1. Lesung zu dem Entwurf der GRÜNEN für ein Sächsisches Bildungsfreistellungsgesetz führte Herr Jennerjahn am Ende seiner Rede aus – Zitat –: „Es gibt also viele Gründe, die für ein solches Gesetz sprechen, und wenige Gründe, die gegen ein Bildungsfreistellungsgesetz sprechen.“
Dem, meine Damen und Herren, kann sich die NPDFraktion zunächst einmal vorbehaltlos anschließen. Auch wir halten es für einen höchst problematischen Umstand, dass es sich Sachsen als eines von wenigen Bundesländern leistet, über keine landesgesetzliche Regelung zur Bildungsfreistellung von Arbeitnehmern zu verfügen. Wir sind auch nicht der Meinung von Herrn Staatsminister
Morlok, der keine gesetzlich geregelte Bildungsfreistellung in Erwägung ziehen will, weil er denkt, dass dies – Zitat – nicht der heutigen Lebenswirklichkeit entspreche.
Da fragt man sich, ob wir in Sachsen tatsächlich in einer so andersartigen Lebenswirklichkeit leben als unsere Mitbürger in den meisten anderen Bundesländern einschließlich Hessen und Niedersachsen, wo die FDP an der Landesregierung beteiligt ist. Außerdem muss man sich fragen, in welcher Lebenswirklichkeit ein Wirtschaftsminister lebt, der in Autobahnraststätten Eierschecken verteilt und meint, er könne damit Pendler zurück nach Sachsen locken. – Aber dies nur am Rande.
Auch wir Nationaldemokraten schließen uns also der Forderung von SPD und GRÜNEN nach gesetzlich fixierter Bildungsfreistellung in Sachsen gerne an.
Doch, meine Damen und Herren, wie so oft bei den Anträgen der linken Seite diese Hauses, die vordergründig ein soziales Anliegen vertreten, liegt auch hier der Teufel im Detail. Denn laut Gesetzentwurf der GRÜNEN sollen Arbeitnehmer – wir haben es jetzt schon gehört – nicht nur zur beruflichen, sondern auch zur – ich zitiere – „politischen und allgemeinen Weiterbildung“ freigestellt werden. Auch der Entwurf der SPD spricht von Bildungsfreistellung – ich zitiere erneut – „für die Wahrnehmung eines Ehrenamtes sowie der politischen Bildung“.
Genau hier, meine Damen und Herren, haben wir Nationaldemokraten doch erhebliche Vorbehalte. Denn erstens ist es weder im Interesse der sächsischen Unternehmen noch dient es der beruflichen Weiterbildung der sächsischen Arbeitnehmer, wenn Bildungsurlaube für den Besuch irgendwelcher politischen Agitationskurse oder etwa für Reisen nach Kreta oder Korfu draufgehen, weil man sich bei Sonne, Sirtaki und griechischem Wein vor Ort einmal intensiv über den Zustand der griechischen Arbeiterbewegung auseinandersetzen möchte.
Zweitens erkennen wir in dieser Erweiterung des Bildungszwecks einen gezielten Versuch, bestimmten sogenannten Bildungsträgern, die bei den parteinahen Stiftungen der einbringenden Fraktionen angesiedelt sind, also im Falle der SPD der Friedrich-Ebert-Stiftung und im Falle der GRÜNEN dem Weiterdenken-Bildungswerk der Heinrich-Böll-Stiftung, neue Aufgaben und somit wieder einmal neue Gelder zuzuschanzen – Gelder für linke Politpropaganda, die von den Unternehmen oder bei Zuschüssen vom Freistaat vom Steuerzahler aufgebracht werden müssen.