Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Ich würde gern wissen, ob die aktive Arbeitsmarktpolitik in Sachsen dazu beiträgt, dass es hier höhere Löhne gibt.

(Staatsminister Sven Morlok: Ja!)

Ja, natürlich.

Und welche sind das?

Entschuldigung, wir haben darüber diskutiert, und ich habe die damalige Aussage des Ministers mitgeschrieben. Dort hat er gesagt – ich kann es jetzt nur sinngemäß wiedergeben –: Wir machen keinen Wettbewerb um den niedrigsten Lohn, das ist nicht unsere Strategie. Das hat der Wirtschaftsminister deutlich gesagt. Da habe ich sehr genau hingehört und war ein bisschen positiv überrascht. Das kann man ja auch einmal sein.

(Zuruf des Abg. Klaus Tischendorf, DIE LINKE)

Schön wäre es, wenn die Internetpräsentation der Wirtschaftsförderung einmal aktualisiert werden könnte. Darüber wären wir nicht traurig.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE)

Gehen wir zurück zum Thema Rente. Ich glaube, dass die Bundesarbeitsministerin etwas vorgelegt hat, was sehr wohl diskussionswürdig ist, was eine gute Diskussionsgrundlage ist, um sicherzustellen, dass derjenige, der arbeitet, wirklich etwas davon hat. Sie hat mit der Zuschussrente aus meiner Sicht richtige Ansätze gefunden. Das ist ja letztlich die Rente nach Mindesteinkommen, wie wir sie in anderer Form schon einmal hatten, aber mit einer stärkeren Betonung der Erziehungsleistungen, die von Frauen erbracht werden.

Insofern kann ich Ihnen nur raten, sich auch als SPD lebhaft an der Diskussion zu beteiligen, sich mit konkreten Vorschlägen einzubringen. Sie nennen es dann Solidarrente und kommen genauso auf 850 Euro. Ein bisschen haben Sie da abgeschrieben, aber das ist ja nicht verkehrt. Das nehme ich Ihnen nicht übel, das ist gut; denn was gut ist, das kann auch die SPD gern übernehmen.

Also, unterstützen Sie uns dabei, dass wir beim Thema Rente vorankommen, dass wir dort ein gutes Konzept hinbekommen und dass dieses nicht nur von den die Regierung tragenden Fraktionen unterstützt wird, sondern auch von allen anderen Fraktionen, gerade auch von der SPD. In der Rentenfrage hatten wir sehr häufig wirklich gemeinsame Grundüberzeugungen in der Bundesrepublik Deutschland. Das sollte man auch diesmal anstreben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Tino Günther, FDP)

Für die CDU-Fraktion sprach Herr Kollege Krauß. – Jetzt spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Kollege Gebhardt.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für die Möglichkeit, über das Thema „Faire Arbeit fördern – Altersarmut in Sachsen verhindern“ zu sprechen. Auch wenn es nicht wirklich aktuell ist, ist diese Debatte immer wieder notwendig. Die Heucheleien, die wir gerade von Herrn Krauß gehört haben, zeigen auch, wie dringend es ist, diese Debatte zu führen.

Zwei Drittel aller sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten in Sachsen verdienen maximal 2 500 Euro brutto im Monat. Herr Krauß, das ist genau die Summe, die Ihre Ministerin Frau von der Leyen als Altersarmutsgrenze kundgetan hat.

(Alexander Krauß, CDU: Berechnet war ein Beispiel von 35 Arbeitsjahren!)

Zwei Drittel aller Sächsinnen und Sachsen fallen unter diese Kategorie. Da stellen Sie sich hin und sagen, dass wir eine gute Situation in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik haben. Das ist eine Heuchelei, die kann nur – –

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Das ist mir egal. – Sachsen belegt damit den drittletzten Platz, auf den Sie wahrscheinlich wieder sehr stolz sind.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Die Koalition der CDU mit der FDP – wobei die CDU in diesem Land jetzt 22 Jahre regiert – hat zwei Standortvorteile für sich erkannt, mit denen sie hausieren geht.

(Alexander Krauß, CDU: Schlechte Opposition, die keine konkrete Vorstellung hat!)

Der eine Punkt ist die Schuldenfreiheit und der andere Punkt ist der Niedriglohnsektor. Alles beides – das kann ich Ihnen jetzt schon sagen – führt in ein soziales Desaster. Sie erklären uns hier mit einer stoischen Ruhe, dass Sie die Schuldenfreiheit wollen, um den zukünftigen Generationen keine Schulden zu hinterlassen.

(Alexander Krauß, CDU: Richtig!)

Aber Sie machen eine Sozialpolitik und eine Arbeitsmarktpolitik, die in der jetzigen Situation dazu beitragen,

(Alexander Krauß, CDU: Wir geben bald mehr für Soziales aus, weil wir keine Zinsen zahlen und das Geld gleich in Soziales investieren!)

dass Sie zukünftig jede Menge Sozialausgaben in die nächste Generation verlagern. Das halte ich für eine Sozialpolitik, die niemals etwas mit seriöser Politik gemein haben kann.

(Beifall bei den LINKEN)

Wenn ich mir dann die Hardcore-Kapitalisten der FDP dazu anschaue, die permanent erklären, dass im öffentlichen Dienst eigentlich viel zu hoher Lohn gezahlt wird... Dann wird mal den Beamtinnen und Beamten das Weihnachtsgeld gestrichen. Dann erklärt uns Herr Flath, dass es von Lehrerinnen und Lehrern unanständig ist, für höhere Löhne zu streiken. Dann erklärt uns Herr Michel in dieser Woche, dass es ungeheuerlich ist, den Leuten im öffentlichen Dienst so viel Geld zu bezahlen. Dann, sage ich Ihnen einfach, ist in Ihrem Kopf noch immer nicht klar, dass es nicht um den Ausbau des Niedriglohnsektors geht. Dann können Sie den Ministerpräsidenten oder den Minister noch dreimal loben, Herr Krauß, Sie machen genau das Gegenteil davon.

Deswegen bin ich sehr zufrieden damit, dass sich die LINKEN gemeinsam mit der SPD darauf verständigt haben, ein Vergabegesetz in den Sächsischen Landtag einzubringen,

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

das es nicht nur zukünftig ermöglicht, sozialökologische Standards zu setzen. Vielmehr ist darin auch ein Mindestlohn gewährleistet. Dieser Mindestlohn, der im Moment bei 8,50 Euro liegt – wobei meine Fraktion seit Längerem darum kämpft, ihn auf 10 Euro anzuheben –, ist zumindest der erste Ansatz und der richtige Weg dazu, dass wir in Sachsen von diesem Niedriglohnsektor wegkommen. Herr Krauß, das ist die Voraussetzung dafür und nicht irgendwelche Schönwetterreden, wie Sie sie uns gehalten haben.

Über die FDP würde ich gar nicht mehr weiter reden, denn sie hat beim nächsten Mal sowieso nichts mehr im Sächsischen Landtag zu sagen.

(Beifall bei den LINKEN – Lachen bei der FDP)

Bevor mein Kollege Pellmann heute Nachmittag zum Thema Altersarmut spricht, will ich noch einmal kurz auf den Kollegen Dulig eingehen. Ich habe mich gefreut, dass er sich mit seinem Parteivorsitzenden Gabriel angelegt hat. Ich weiß, wie schwierig es ist, sich mit Parteivorsitzenden in Berlin anzulegen. Ich bin nur ein bisschen von der Begründung dafür überrascht gewesen. Die Begründung von Herrn Kollegen Dulig lautete nämlich – Zitat, und jetzt hören Sie zu –, er wolle „die Linkspartei nicht durch unser Rentenkonzept mit Viagra füttern“. – Das war das Zitat von Herrn Dulig. Sorry, lieber Martin, die Standhaftigkeit unserer linken Politik bedarf keiner Hilfsmittel.

(Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN – Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Aber ihr habt heute Nachmittag die Möglichkeit, unserem Antrag zum Thema „Sachseninitiative für ein Sofortprogramm gegen drohende massenhafte Altersarmut“ zuzustimmen. Da wir gestern Bismarck zitiert haben, will ich jetzt Kohl zitieren: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt“, lieber Martin.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Sollte es tatsächlich im Sächsischen Landtag Abgeordnete geben, die fehlende Standhaftigkeit vielleicht mit Viagra kurieren wollen, dann kannst du, lieber Martin, das ja an Herrn Krauß weitergeben. Dann kann er endlich dafür sorgen, dass auch mit der sächsischen CDU ein Mindestlohn eingeführt wird,

(Alexander Krauß, CDU: Die CDU will mehr als den Mindestlohn!)

wie es die Thüringer und die sachsen-anhaltische CDU jetzt machen will.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war der Abg. Gebhardt für die Fraktion DIE LINKE. – Für die FDP ergreift jetzt Frau Kollegin Schütz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist wichtig, dass wir diese Diskussion führen. Es ist auch jeder Versuch grundsätzlicher Art unterstützenswert, künftiger Altersarmut vorzubeugen. Aber seien wir ehrlich, diese Diskussion führen wir, seit Blüm gesagt hat: „Die Renten sind sicher.“ Diese Situation, vor der wir heute stehen, ist nicht neu. Alle Statistiker haben sie uns bereits seit Längerem dargestellt. Das, was jetzt von der SPD inklusive Solidarrente und Mindestlohn vorgeschlagen wird, führt doch nur dazu, dass wir den Wohlfahrtsstaat weiter aufblähen und die Kosten auf zukünftige Generationen verlagern.

(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei den LINKEN)

Nein, die Rente muss ein Spiegelbild des Arbeitslebens sein und bleibt es auch.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE)

Es wäre ungerecht, die Situation dahin gehend umzukehren, dass derjenige, der ein Leben lang in die Rentenkassen eingezahlt hat, letzten Endes weniger oder gleich viel bekommt wie derjenige, der überhaupt nicht oder wenig eingezahlt hat.

(Zuruf von der SPD: Reden Sie von den Leuten, die in Teilzeit gearbeitet haben! Die sind selber daran schuld!)

Die Solidarrente, wie Sie sie jetzt darstellen, ist letzten Endes teuer, und es ist noch nicht einmal austariert, ob sie über Steuern oder Beiträge finanziert werden soll. Das ist unseriös und es ist unfair.