Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

Bitte stellen Sie nur Ihre Frage.

Ist Ihnen das bewusst?

Ich habe nichts anderes behauptet.

Deswegen frage ich doch nach.

Die Kassen wurden mit 20 Milliarden Euro belohnt.

(Christian Piwarz, CDU: Zusätzlich!)

Die Fälligkeit wurde geändert. Diese soll nun zurückgedreht werden. Somit würde den Kassen, wie Herr Heidan es ausgeführt hat, 14 Tage lang eine Differenz entstehen. Zeit ist Geld. Das können Sie einmal nachlesen. Das wissen Sie als Handwerker sicherlich selbst. Nur das ist gemeint.

Jetzt habe ich noch folgenden Gedanken: Die Koalition steht für niedrige Rentenbeiträge. Sie wollen die Beiträge gleichzeitig weiter senken. Das macht mich natürlich im Zusammenhang mit diesem Antrag, den wir hier vorliegen haben, stutzig. Generell stehen Sie für geringe Sozialabgaben. Das ist für den Einzelnen gut. Er glaubt das manchmal auch. Ich weiß aber, dass das die Privatversicherer bevorteilt. Es höhlt sukzessiv das Sozialstaatsprinzip und die Sozialpflichtigkeit des Eigentums aus. Das ist mit dem Antrag nicht gemeint. Das sind aber Ihre Positionen. Minijobs, Leih- und Subunternehmensarbeit für geringe Löhne haben in Sachsen viele versicherungspflichtige Jobs verdrängt, von denen wir in der Hauptsache reden.

Der vorliegende Antrag verändert für die Beschäftigten und die kleinen Unternehmen nichts. Er verfestigt die Situation nur, auch ihre Liquidität. Nun habe ich die nächste Frage: Ihre Überschrift sagt schon eine lebensbedrohende Änderung voraus. Sie lautet wie folgt: Ideen für das Handwerk sichern. Herr Hauschild, sichert das die Liquidität der Handwerker? Es hilft ihnen kurz. Wir können darüber reden. Es hilft ihnen aber nur kurzzeitig und nicht wirklich.

Ich habe seit dem Jahr 2005 nur gehört, dass unsere Wirtschaft floriert. Unsere Konjunktur ist gut. Die letzte Konjunkturerklärung des Handwerks sagt – so sagt es das Konjunkturbarometer –, dass eine gute Auftragslage besteht.

(Christian Piwarz, CDU: Reden Sie einmal mit den Handwerkern!)

Das sind wichtigere Aussagen als zu sagen, dass die Liquidität des Handwerks so gerettet werde.

Im Antrag wird die Entbürokratisierung angeführt. Ja, 24 statt zwölf Lohnabrechnungen wäre ein Effekt. Wir teilen dieses Argument für die kleinen Betriebe. Die großen Betriebe machen natürlich eine andere Rechnung auf, Herr Heidan. Das können Sie mit dem Bundestag und dem Ministerpräsidenten einmal besprechen. Die großen Unternehmen verdienen 14 Tage lang mehr Zinsen. Diese Widersprüchlichkeit kann eigentlich nur die Koalition klären. Sie sind Klientel des Handwerks und der Großkonzerne. Dort geht es natürlich um Millionen. An den Beschäftigen, das sagte ich schon, geht dieses Thema natürlich vorbei.

Ich zitiere einmal Ihre Koalitionsvereinbarung. Ich glaube, das ist der Grund Ihres Antrages. In dieser Koalitionsvereinbarung sagen Sie Folgendes aus: „Wir werden im Interesse von Handwerk und Mittelstand die Förderangebote übersichtlicher gestalten und uns auf die Handlungsfelder konzentrieren, die für die Entwicklung Sachsens und die Lebenslagen der Menschen nachhaltige Effekte erzielen.“ Ob das nachhaltig ist, weiß ich nicht. „Wir wollen alle Bereiche der Förderpolitik hinsichtlich Mittelstandsfreundlichkeit, Entbürokratisierungspotenzial und verantwortlichem Umgang mit Steuermitteln prüfen.“ Nun sagen Sie mir einmal, was auf diesem Gebiet in den letzten drei Jahren geschehen ist. Ich behaupte, ich kann kein Beispiel benennen, dass eigentlich nichts passiert ist. Ich habe ein ganz anderes Problem: Die Bürokratisierung beschäftigt ganze Kommunen und keiner hilft.

Dieser Antrag – das unterstelle ich Ihnen – ist gemacht, um dieser Koalitionsaussage nachzukommen und irgendein Argument für Ihre Klientel zu finden. Ich werde den Handwerkern sagen, dass das ein Alibiantrag ist.

(Beifall der Abg. Petra Köpping, SPD)

Ansonsten wäre das Gesetz seit dem Jahre 2005 schon lange zurückgenommen worden.

Nun gibt es eine klare Konsequenz, die wie folgt lautet: Der linken Fraktion empfehle ich, im Interesse des Handwerks zu diesem Antrag Ja zu sagen. Zu einem solchen Lobbyantrag, der im Bundesrat und in der Bundesregierung versackt, sagen wir klar Nein. Somit kommt heraus, dass wir uns enthalten.

Wir werden weiter den Finger darauf halten. Regieren Sie richtig. Sie haben die Macht dazu. Wenn Sie nichts damit anfangen können, dann geben Sie sie ab.

(Beifall bei den LINKEN)

Frau Köpping von der SPD-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bürokratieabbau – ja, der Antrag zeigt, dass Bürokratie abgebaut ist. Er ist kurz und knackig. Er sagt, was man möchte. Soweit möchte ich Lob aussprechen.

(Christian Piwarz, CDU: Das war wieder ein Lob!)

Ich kann Ihnen sagen, dass die SPD diesem Antrag zustimmen wird. Wir werden das tun, weil wir im Juli auch den Brief von den Handwerkskammern mit der Bitte erhalten haben, dass wir uns um dieses Problem kümmern. Wir haben gehandelt. Wir haben auf unserem Landesparteitag einen entsprechenden Beschluss gefasst. Wir haben in unserer Bundestagsfraktion die entsprechenden Ansprachen geführt.

Nun folgt das Problem. Herr Piwarz sagte, das würde nichts helfen. Wir kommen noch darauf zu sprechen. Wir fragen uns natürlich Folgendes: Warum kommt dieser Antrag gerade jetzt? Gestern habe ich hier gestanden. Wir

haben über die Städtebausanierung gesprochen. Dazu gab es auch ein großes Statement des Innenministers, das wie folgt lautete: Wir kümmern uns darum, dass der Bund für die Städtebausanierung mehr Geld ausgibt. Herausgekommen ist nichts. Herausgekommen ist nur, dass selbst das Land die Mittel für die Städtebausanierung, die ursprünglich dafür vorgesehen waren, ebenfalls im Landeshaushalt auf Bundesniveau gekürzt hat.

Wir glauben auch – ich bin Ihrer Meinun, Herr Zais –, dass es sich um einen Alibiantrag handelt. Er wird gestellt, um den Handwerkern zu sagen, dass man gehandelt habe. Warum sagen wir das? Wir wissen, dass Sie in der Bundestagsfraktion bereits über diesen Antrag – man höre – diskutiert haben. Es ist diskutiert worden. Es gibt dazu eine Antwort von Frau von der Leyen, die sich dieses Themas angenommen hat. Ich muss es vorlesen, weil es sich um ein Zitat handelt: „Mir scheint, eine Rückkehr zu der alten Regelung der Beitragsfälligkeit, auf die der unterbreitete Vorschlag letztlich hinausläuft, lässt sich mit dem Argument einer unterstellten geringeren Bürokratie nicht begründen.“

Dann geht es weiter: „Eine Rückkehr zur früheren Beitragsfälligkeit entspreche einem Einnahmeverlust allein in der Rentenversicherung von rund 0,9 Beitragspunkten, in der Krankenversicherung von 0,7 Beitragspunkten, in der Arbeitslosenversicherung von 0,2 und in der Pflegeversicherung von 0,1 Beitragspunkten. Abschließend bleibt festzustellen, dass sich das Verfahren in den letzten fünf Jahren des Vollzugs eingespielt hat.“

Das heißt, es wird keine Umsetzungschance geben. Dennoch sagen wir, wir werden dem Antrag zustimmen, weil ich glaube, dass es in der Tat eine Ungerechtigkeit für die Handwerker ist und dass es eine Abrechnungsbürokratie – also statt 24 zwölf – gibt. Ich frage mich natürlich auch, lieber Herr Wirtschaftsminister – beim letzten Neujahrsempfang war der Bundeswirtschaftsminister in Leipzig, und es wurde herzlichst gegrüßt vom Philipp an den Sven –: Warum führen Sie denn das Gespräch nicht miteinander?

(Staatsminister Sven Morlok: Das sage ich Ihnen nachher! – Beifall bei der FDP)

Warum klären Sie das Problem nicht? – Ich kann meinem Kollegen nur zustimmen. Seit Jahren sind Sie in der Regierung. Da kann man es nicht nur immer auf den Vorgänger schieben. Wir haben begründet, warum das damals gemacht wurde und wo die Notwendigkeit war. Wir verstehen nicht, warum man jetzt über Rentenversicherungsbeitragssenkung für die Arbeitnehmer und Arbeitgeber spricht und gleichzeitig hier keine Regelung findet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Herr

Abg. Weichert, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir werden dem Antrag zustimmen, weil die Vorziehung des Fälligkeitstages der Sozialversicherungsbeiträge damals insbesondere der Liquiditätsverbesserung der deutschen Rentenversicherung diente. Sie sollte im Jahr 2006 dazu beitragen, dass der Beitrag zur Rentenversicherung nicht weiter angehoben werden muss, indem nämlich bei den Einzugsstellen 13 Monatsbeiträge eingingen.

Auch die anderen Sozialversicherungsträger erzielten durch diesen einmaligen Vorziehungseffekt einen Liquiditätsvorteil. Die Alternative – und das hat hier noch keiner beleuchtet – zum Ausgleich der konjunkturbedingten Mindereinnahmen der Sozialversicherung, insbesondere in der gesetzlichen Rentenversicherung, wäre eine Erhöhung des Beitragssatzes um mindestens 0,5 Prozentpunkte gewesen. Wir wissen heute, was das bedeutet hätte:

Erstens einen Anstieg der Arbeitskosten und einen gewissen Kaufkraftentzug und zweitens negative fiskalische Effekte in Höhe von mehr als 2 Milliarden Euro, weil jede Steigerung des Beitragssatzes in der Sozialversicherung einen zusätzlichen Effekt ergibt, indem die Unternehmen die Sozialversicherungsausgaben als Betriebsausgaben absetzen können. Dadurch sinken die Steuereinnahmen, und im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung muss der Bundeszuschuss dann automatisch ansteigen, weil das entsprechend festgelegt ist. Daher kommen die 2 Milliarden Euro.

Die damals alternativlose Entscheidung zum Ausgleich der Mindereinnahmen in der Sozialversicherung hat jedoch eine Kehrseite. Je nachdem, wie gut sich das Geschäft bis zum Monatsende entwickelt hat, sind Nachzahlungen fällig oder werden Überschüsse verrechnet. Viel schmerzhafter als das Hin und Her trifft viele kleine Betriebe aber die frühe Vorauszahlung an sich. Sie müssen für Arbeiten zahlen, die sie noch gar nicht beendet haben und für die sie vom Kunden auch noch kein Geld bekommen haben. Das nagt am Eigenkapital oder – andere Variante – muss teuer mit dem Kontokorrentkredit zwischenfinanziert werden.

Außerdem, meine Damen und Herren, ist der bürokratische Aufwand für die Unternehmen enorm. Für viele Betriebe ist seither eine Doppelabrechnung erforderlich, um die zunächst zu schätzenden Sozialversicherungsbeiträge nach dem Fälligkeitstag zu korrigieren. Besonders betroffen sind hiervon Betriebe mit Schichtzuschlägen, Überstunden und anderen monatlich variablen Entgeltanteilen.

Später wurde die Möglichkeit geschaffen, dass die Arbeitgeber mit schwankenden Arbeitsentgelten die vorläufige Beitragsschuld pauschal anhand des Vormonats entrichten konnten. Dank des pauschalierten Verfahrens kann daher die Entgeltabrechnung insgesamt auf einen Termin im Folgemonat konzentriert werden. Es bleibt aber die Frage, warum man weiter an dieser Regelung insgesamt festhält.

Meine Damen und Herren! Die gute Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat der Sozialversicherung im vergangenen Jahr einen kräftigen Überschuss von 13,8 Milliarden Euro beschert. Das waren 10,9 Milliarden Euro mehr als 2010, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Es ist also der richtige Zeitpunkt gekommen, um die Betriebe von dem entstandenen bürokratischen Mehraufwand und dem dauerhaften Liquiditätsentzug durch eine Rückkehr zu der früheren gesetzlichen Regelung zu entlasten.

Danach war der Gesamtsozialversicherungsbeitrag bis zum 15. des Folgemonats zu entrichten. Die Sozialversicherungsträger verlieren dadurch keine Beitragseinnahmen, sondern erhalten diese – wie bis zum Jahr 2005 üblich – erst dann, wenn auch der Arbeitnehmer seinen Lohn erhalten hat.

Meine Damen und Herren! BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben bereits vor der letzten Bundestagswahl eine Rücknahme der Regelung gefordert. Doch die schwarz-gelbe Bundesregierung will offensichtlich nichts ändern. Da wird es wenig helfen, hier einen Schaufensterantrag zu stellen. Der ist wohl eher als Weihnachtsgeschenk an das sächsische Handwerk gedacht. Aber ob man sich dort darüber freut?

Das ist doch ungefähr so, als würden Sie Ihren Kindern oder Enkeln ein leeres Überraschungsei schenken und ihnen erklären, darin sei eine extra Portion Spannung, Spiel und Schokolade. Inhaltlich allerdings ist die Forderung richtig. Deshalb stimmen wir dem Antrag zu. Wenn Sie damit in Berlin vorstellig werden, können Sie damit werben, dass Sie die Unterstützung der sächsischen GRÜNEN im Gepäck haben.

(Holger Zastrow, FDP: Im Bundesrat werben Sie bei Ihren Leuten! – Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Herr Abg. Delle, bitte, für die NPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag will die Unionsfraktion einem Beschluss des letzten CDU-Landesparteitages in Bautzen nachkommen. Die FDP schließt sich dem an, und auch die NPD-Fraktion hat keinerlei Einwände dagegen, die 2005 beschlossene Vorverlagerung der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge wieder rückgängig zu machen.

Fakt ist, dass unter der Ägide von Ulla Schmidt – es werden sich vielleicht manche daran erinnern, das ist die frühere Rotlichtbardame mit dem KommunistischenBund-Westdeutschland-Parteibuch, die es unter Schröder zur Gesundheitsministerin brachte – ein bürokratisches Monstrum in die Welt gesetzt wurde, das nun mehr als verzichtbar ist.

Seither mussten also die Unternehmen die Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr nur zur Monatsmitte, sondern zwei Wochen früher an die Krankenkassen überweisen. Der Witz an der ganzen Sache ist: Mit den Zinsausfällen

durch die frühere Zahlung subventionieren die Betriebe eine Maßnahme, die eigentlich zu ihrer eigenen Entlastung gedacht war, vom Mehraufwand an Bürokratie ganz zu schweigen.