Protokoll der Sitzung vom 14.12.2012

Ich denke, dass wir als Sächsischer Landtag durchaus etwas gegen den Klimawandel tun können, beispielsweise, indem wir auf so unsinnige Plenardebatten verzichten würden. Mir fällt aber auch ein, dass wir so manche Lichdi-Untersuchungsausschusssitzungen vermeiden

könnten, für die Experten bundesweit durch die Gegend fliegen und CO2 emittiert wird, weil Herr Lichdi sie vorlädt. Beispielsweise sind im Müll-Untersuchungsausschuss noch keine Erkenntnisse zutage getreten.

(Beifall bei der CDU und der NPD)

Es würde mir persönlich – und das geht sicher vielen so – viel Energie sparen, wenn Herr Lichdi ein anderes Betätigungsfeld hätte.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Was mich aber schon sehr irritiert, ist der Titel der Debatte, der an ein Zitat von Erich Honecker erinnert. Dass das auch die Bürgerbewegten bei den Bündnisgrünen, die ich sehr schätze, mit unterschrieben haben, lässt schon sehr weit blicken. Es wundert mich tatsächlich, dass gerade von den GRÜNEN solch ein rückwärtsgewandtes Zitat herbeigezogen wird.

Zum Thema. Herr Lichdi hat es angesprochen: Vergangenes Wochenende ist die Weltklimakonferenz in Doha zu Ende gegangen. Ich denke, das ist ein Ergebnis, das so nicht erwartet wurde. Es ist zumindest vereinbart worden, dass wir bis 2015 ein Folgeabkommen für das KyotoProtokoll brauchen. Es ist auch vereinbart worden, dass die Staaten, die bisher nicht beigetreten sind – und das ist leider der größte Teil –, zumindest über ihre Fortschritte berichten müssen. Das ist schon ein Erfolg, den Doha gebracht hat.

Wir als sächsische Koalition unterstützen grundsätzlich die Verhandlungsergebnisse und Zielstellungen. Ich möchte jedoch immer wieder betonen: Es geht darum, dass wir ein weltweites Abkommen brauchen, dem die Mehrheit der Staaten beitritt, und dass nicht einzelne Staaten Vorreiter sind und im Zweifelsfall sich selbst Wettbewerbsnachteile auferlegen.

Wir haben Handlungsbedarf; das ist unstrittig. Der Klimawandel ist natürlich ganz eng mit der Energiewende und dem Energiebedarf verbunden. Es ist auch ein Thema, das eine langfristige Betrachtung braucht, aber keinen kurzfristigen Aktionismus benötigt oder das Auseinanderdriften verschiedener Energieträger. Wir brauchen hierbei Augenmaß. Dafür sind wir als sächsische Union immer wieder eingetreten, und wir wissen uns dabei mit unserem Koalitionspartner, der FDP, auf einer Linie.

Bereits im Jahr 2005 gab es eine Klimastudie „Klimawandel in Sachsen – Sachstand und Ausblick“. Dort ist ganz explizit auf die Auswirkungen des Klimawandels auf Sachsen eingegangen worden, insbesondere auf die Vegetationsentwicklung, den Acker- und Pflanzenbau, die Forstwirtschaft, die Bewirtschaftung von Talsperren, den Wasserhaushalt und generell auf Ökosysteme im Allgemeinen.

Dass seitdem nichts passiert sei, ist einfach unzutreffend, Herr Lichdi. – Herrn Lichdi interessiert das wahrscheinlich gar nicht, denn er geht gerade hinaus. – Wir haben insbesondere im Bereich der Forstwirtschaft mit unserem Staatsbetrieb Sachsenforst viel erreicht. Ich denke nur daran, dass wir allein in diesem Jahr 50 Hektar Wald umgebaut haben, der sich jetzt mit standortgerechten Bäumen an die Veränderungen des Klimas anpasst. Allein seit 1996 haben wir circa 900 Hektar neue Waldfläche in Sachsen geschaffen. Das zeigt, dass wir nicht untätig sind und dass Sachsen auch in diesem Bereich etwas tut.

Ich möchte aber auch immer dafür werben, dass Klimawandel ein sehr natürliches Phänomen ist und dass der anthropogene Einfluss zwar vorhanden ist, aber zum natürlichen Klimawandel in einem viel geringeren Verhältnis zutage tritt. Das hält uns nicht davon ab, etwas zu tun. Im Gegenteil: Gerade sächsische Unternehmen haben auf dem Weltmarkt durchaus Chancen, mit ihren Umwelttechnologien Fuß zu fassen und letztlich dazu beizutragen, dass dieses globale Problem angegangen wird. Wir werden das in Sachsen nicht allein lösen, aber die sächsischen Unternehmen sind auf jeden Fall in vielen Bereichen Vorreiter.

In der zweiten Runde werde ich auf einige weitere Aspekte, einige Chancen eingehen. Ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass Herr Lichdi hier ein Thema auf den Plan gerufen hat, das von Sachsen allein nicht gelöst werden kann. Wir tun unseren Teil. Insbesondere das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft, zuständig für den ländlichen Raum, mit Staatsminister Kupfer an der Spitze ist dabei sehr aktiv. Ich möchte mich bei denen bedanken, die in diesem Feld bislang schon immer aktiv gewesen sind: SAENA, das LfULG, das Ministerium und vor allem viele ehrenamtlich Engagagierte.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Mike Hauschild, FDP)

Das war Kollege Meyer für die CDU-Fraktion. Jetzt möchte Herr Lichdi am Mikrofon 2 eine Kurzintervention vortragen.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob Sie es bemerkt haben. Das war gerade der Redebeitrag des umweltpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Ich denke, allein dieser Umstand, den ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen wollte, rechtfertigt die Titelwahl, die wir durchaus etwas provokant für diese Aktuelle Debatte gewählt haben.

Herr Meyer, Sie haben offenbar von Doha nur mitbekommen – wahrscheinlich durch Lesen von Überschriften –, dass dort tatsächlich auch das Stichwort „heiße Luft“ öfter gefallen ist.

(Christian Piwarz, CDU: Da bist du ja Experte!)

Dann haben Sie versucht, daraus einen Angriff auf mich zu schmieden. Herr Meyer, wissen Sie, das ist es, was wir seit Jahren kritisieren: dass Sie sagen, wir machen eine Klimaschutzpolitik, und tatsächlich versuchen Sie, sich mit Klimaanpassung zu beschäftigen. Das ist ein kategorialer Unterschied. Sie haben es aufgegeben. Sie hatten es tatsächlich nie im Sinn, die CO2-Emission Sachsens zurückzuführen, sondern Sie versuchen nur die Auswirkungen, die diese schädliche Politik hat, möglichst erträglich zu machen.

Wenn ich mir dann Ihre Beispiele ansehe, zum Beispiel Wald. Sie verweisen darauf, dass wir 900 Hektar neue Waldfläche haben. Schön, da freue ich mich darauf. Wir wissen doch alle, dass die Waldmehrungsziele des Freistaates Sachsen seit über 20 Jahren eben nicht erreicht werden. Schon 1992 wurde festgelegt, dass wir 30 % wollen, wir sind aber immer noch bei 28 %.

Und wenn wir gerade über Klimaanpassung reden, dann ist dort der entscheidende Punkt der Waldumbau, der zum Glück in Sachsen durchaus einige Erfolge vorzuweisen hat, der aber zu langsam geht. Wenn Sie sich schon allein nur auf die Klimaanpassung statt auf den Klimaschutz beziehen, dann seien Sie doch bitte als umweltpolitischer Sprecher in der Lage, dort wenigsten die relevanten Punkte hervorzuheben.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Auf die Kurzintervention von Herrn Lichdi reagiert jetzt Herr Meyer.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Lichdi, mir liegt es fern, etwas gegen Sie zu schmieden, denn das würde auch wieder sinnlos Energie verschwenden.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich unterscheiden sich Klimaschutz und Klimaanpassung. Ich persönlich sehe eine CO2-ärmere Energieart, die wir jetzt in Deutschland leider erst einmal aufgeben, die Kernenergie, gegen die Sie schon seit Jahren immer vorgegangen sind, die aber durchaus eine Option war. Es ist jetzt so, aber wir werden das im Bereich der erneuerbaren Ausbauziele realistisch festlegen. Doch eine Energieart, die dazu beigetragen hätte, auch Klima zu schützen, haben wir jetzt aufgegeben.

Ich habe vorhin schon gesagt, dass ich mich in der zweiten Runde noch einmal zu Wort melden werde, um noch weitere relevante Punkte anzusprechen, die Sie vielleicht gerade vermisst haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir fahren jetzt fort in unserer Rednerreihe. Das Wort ergreift nun Frau Dr. Pinka.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Lichdi! Tatsächlich wandelt die FDP gerade auf Pfaden zwischen alternativen Klimakonferenzen mit sogenannten Hobbyklimawissenschaftlern und den Themen „Sind wir noch zu retten?“ oder „Klimakatastrophe und ÖkoHysterie“. Allerdings erkenne ich an, dass die CDU nicht den Klimawandel leugnet, denn unter Leitung des Umweltministers gibt es da schon Bewegungen. Er hat vor einem Jahr ein sogenanntes regionales Informationssystem „REKIS“ aufgebaut, auch wenn dem noch die Daten fehlen.

Es gibt aber tatsächlich auch Schriftenreihen beim Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie zum Thema Klimaanpassung, Auswirkungen auf die Landwirtschaft, auf die Biodiversität in Sachsen, und es gibt tatsächlich unter seiner Leitung Veranstaltungsreihen zum Thema „Sachsen im Klimawandel“, und es gibt auch die jährlichen „Annaberger Klimatage“, natürlich alle unter dem Motto „Klimaanpassung“. Da gebe ich Ihnen recht. Zumindest leugnen aber Herr Staatsminister Kupfer und sein Ministerium den Klimawandel in Sachsen nicht, wie dies die FDP tut.

Doch nun zurück in die Zukunft. Wir haben ja gerade die Haushaltsdebatte abgeschlossen und dabei leider auch mithilfe der CDU eine der wichtigsten CO2-einsparenden Energieformen zusätzlich belastet, nämlich die Wasserkraftanlagen. Das tut mir einfach nur leid, denn sie tragen mit etwa 500 000 Tonnen pro Jahr zu einer Verminderung des Kohlendioxid-Ausstoßes in Sachsen bei.

(Beifall bei den LINKEN)

Das haben Sie ohne Not und unter falschen Voraussetzungen aufs Spiel gesetzt.

Zeitgleich, also im Oktober, haben Sie das Kraftwerk Boxberg erweitert. Dadurch haben wir jetzt leider mehr CO2-Beiträge zu verzeichnen: etwa 5 Millionen Tonnen mehr pro Jahr. Damit avanciert dieses Kraftwerk zum viertgrößten CO2-Emmitenten in Sachsen. Das ist ein toller Tausch! Doch wer den Anteil des CO2-Ausstoßes für den Klimaschutz ignoriert, der geht getrost seinen Weg, und das auf Teufel komm raus.

Vattenfall feiert sich übrigens mit diesen Klimagasemissionen und sagt auf der Barbara-Feier am 4. Dezember 2012, dass so viel Braunkohle in der Lausitz abgebaut und verstromt worden ist wie seit 1993 nicht mehr. Es sollen wohl bis Ende des Jahres 62 Millionen Tonnen sein. Hier

erinnere ich nur einmal daran, dass eine Megawattstunde Braunkohle ungefähr eine Tonne CO2 produziert. Zeitgleich sagt der Mutterkonzern in Schweden – das war für mich die schlimmste Botschaft im letzten Quartal –, dass Vattenfall eine neue Investitionsstrategie für Schweden verabschiedet hat, nämlich eine Investitionsstrategie, nur noch in erneuerbare Energien in seinem Land zu investieren,

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Hört, hört!)

und das mit Einnahmen aus der klimaschädlichen Stromproduktion auch aus der sächsischen Braunkohle. Wie schön und wie verlogen!

Sie machen das alles auch noch mit und feiern sich dafür, und der Vorstandschef von Vattenfall darf sagen: „Wir bekennen uns nach wie vor zum deutschen Markt und zur Braunkohle. Mit den Erträgen aus der Braunkohle wollen wir unseren Ausbau der erneuerbaren Energie vorantreiben.“

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte.

Bitte, Herr Lichdi.

Vielen Dank, Frau Kollegin Pinka. – Wie würden Sie diese Konzernstrategie von Vattenfall beurteilen, sich einerseits in Schweden als moderner Konzern für die erneuerbaren Energien zu präsentieren, aber hier in Ostdeutschland die klimaschädlichste Stromerzeugung weiter betreiben zu wollen?

Zunächst sage ich einmal: In Sachsen pfui und in Schweden hui. Diese Botschaft ist rübergekommen. Eigentlich ist das Greenwashing in Schweden auf Kosten von Brandenburg und Sachsen. Ich halte das für vermessen. Allerdings muss ich hier zur Ehrenrettung von Vattenfall sagen: Wenn man sich die Politik in Sachsen anschaut und Vattenfall keinen Weg aufzeigt, wie man vielleicht Zug um Zug aus der Braunkohleverstromung aussteigen kann und als Beitrag in die erneuerbaren Energien ihnen ein wichtiger Stromversorger bleiben könnte, dann ist das eine logische Schlussfolgerung, die Vattenfall gezogen hat: Ihr wollt ja Braunkohleverstromung, könnte Vattenfall sagen, und dann machen wir eben unsere Philosophie hier in Schweden, und mit eurer Unterstützung machen wir unsere Philosophie in Sachsen. – So ist es halt.

Ich fahre fort. Ich halte es für vermessen, was Vattenfall hier tut. Sie wissen, dass ich eigentlich ein Bergbaufreund bin, aber jetzt muss ich sagen, es ist langsam Schluss. Deshalb hoffe ich, dass der Erörterungstermin zur Erweiterung des Tagebaus Nochten erfolgreich ist, und ich hoffe auch, dass die Erweiterung des Tagebaus Welzow nicht mehr kommt.