Dann müssten wir Herrn Tischendorf noch einmal nach vorn bitten. Dann können Sie auf seinen Redebeitrag erwidern, aber nicht auf die Kurzintervention.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war schon ein beeindruckendes Schauspiel mit glänzenden Augen, das ich hier erleben durfte. Es hätte nur noch die schwarz-rot-goldene Fahne im Hintergrund wehen müssen. Ich habe hier die Rede des FDP-Politikers Herbst zur Freiheit der Waschstraßen gehört. Das erinnert einen schon fast an 1848! Es ist eine Bewegung in diesem Saal, die für die Freiheitsrechte der Sachsen endlich einmal klarmacht: Wir können die Waschstraßen öffnen!
Wenn das alles ist, was bei Ihnen an Freiheit und Liberalität übrig geblieben ist, muss ich sagen: Es ist nicht gut um Ihre Partei bestellt. Aber so, wie Sie sich hier für dieses Thema einsetzen und engagieren, kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass Sie bei der einen oder anderen Veranstaltung im Wahlkampf den einen oder anderen Unterstützer vielleicht des Tankstellenverbandes Sachsen sehen, der Sie vielleicht bei der einen oder anderen Wahlkampfveranstaltung unterstützt, wie es bei Mövenpick der Fall war.
Ich erinnere an Ihren Bundesparteitag. Den haben Sie sich wunderbar sponsern lassen, als Sie danach die „Mövenpick-Steuer“ eingeführt haben.
Worum geht es eigentlich bei diesem Gesetz? – Es geht bei diesem Gesetzentwurf darum, dass es hier im Wesentlichen nur Verlierer gibt. Vor allem gibt es hier nur Verlierer. Wenn man sich die Anhörung aus dem Monat September anschaut, haben zum einen die Landeskirchen gesagt – beide Vertreter haben das gesagt –, dass sie mit dem vorgelegten Gesetzentwurf nicht leben können und dass sie die Staatsregierung auffordern, ihn nicht umzusetzen.
Beide kommunalen Spitzenvertreter – es reicht vielleicht der CDU noch nicht, wenn sie schon die Kirchen gegen sich haben, jetzt haben sie auch noch die beiden Spitzenvertreter der kommunalen Seite gegen sich – haben ebenfalls erklärt, dass dieser Entwurf nach ihrer Auffassung nicht der richtige Weg ist.
Die Einzigen, die erklärt haben, dass er richtig sei, waren die Tankstellenpächter in Sachsen. Jetzt bitte ich die Kolleginnen und Kollegen der CDU, einmal genau zuzuhören. In der Anhörung hat der Vertreter des Sächsischen Tankstellenverbandes gesagt: Aber wenn, dann muss eine Öffnung zwischen 10 und 12 Uhr möglich sein, weil das der entscheidende wirtschaftliche Faktor ist. In dieser Zeit haben wir den meisten Umsatz. – Das zum Thema, Kollege Herbst, wo denn dort der Umsatz generiert wird.
Was Sie uns von einer wirtschaftlichen Notwendigkeit erzählen wollen, führen Sie selbst mit dem vorgelegten
Gesetzentwurf ad absurdum. Sie möchten genau in den Bereich hineingehen, bei dem Ihnen der Tankstellenpächterverband Folgendes sagte: bitte nicht zwischen 10 und 12 Uhr, weil wir in dieser Zeit den größten Betrieb haben. Es ist ein Kompromiss gefunden worden. Man hat wahrscheinlich versucht, etwas zusammenzuhalten, was vielleicht gar nicht mehr zusammenpasst. Man hat in der Koalition vielleicht Folgendes gesagt: Augen zu und durch. Wir verteilen Geschenke an die FDP, damit wir so einen Teil des Koalitionsvertrages umsetzen können.
Es gibt noch ein weiteres Problem. Ich spreche damit die Kolleginnen und Kollegen der CDU an. Als wir die Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes 2008 vorgenommen haben, ist Folgendes erklärt worden – auch das ist in den Protokollen nachzulesen –: Nachdem wir die Öffnung für Bäcker und Blumenläden durchgeführt haben, warnten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass es für weitere Branchen keine Öffnung geben dürfe. Es dürfe nicht sein, dass es für Autohäuser, Waschanlagen, Videotheken oder andere Branchen zu einer weiteren Liberalisierung der Sonntagsöffnung käme. Tatsächlich ist es so, dass es doch dazu kommt. Genau das ist der Kern der Kritik meiner Fraktion. Es geht um die Aushöhlung des Sonntags.
Es geht dabei um folgenden Punkt: Arbeit trotz des Sonntags oder Arbeit für den Sonntag? Das ist der entscheidende Punkt. Es geht darum, dass wir nach wie vor der Auffassung sind, dass wir nach unserer Verfassung, dem Kulturkreis, in dem wir leben, und der ausgeprägten Rolle des Sonntags eine besondere Schutzfunktion für diesen Tag haben. Es geht um die Bedeutung der Familie. Es geht bei der Bedeutung darum, wie wir Familie und Beruf zusammenbringen können.
Natürlich kann man Folgendes sagen: Es gibt eine Reihe von Betrieben und Berufen, die an Sonntagen arbeiten müssen. Genau diese befinden sich in folgendem Bereich: Arbeit trotz des Sonntags. Wir brauchen ein vernünftiges Gesundheitswesen, die Polizei und Feuerwehr. Diese Dinge brauchen wir. Die Frage lautet aber wie folgt: Benötigen wir eine Aushöhlung des Sonntags, um private Dinge zu befriedigen? Darunter fällt natürlich auch das Autowaschen.
Vielen Dank. Wenn ich höre, dass die Öffnung von Autowaschanlagen quasi kurz vor dem Untergang des Abendlandes steht, frage ich mich, lieber Herr Brangs, Folgendes: Warum haben Ihre Kollegen in den Landesparlamenten von Brandenburg und Thüringen kein Verbot für das Öffnen von Autowaschanlagen ver
Lieber Kollege Herbst. Ich halte es wie mit dem von mir geschätzten Kollegen Pötzsch, falls er Ihnen etwas sagt. Er sagt Folgendes: Man kann den benachbarten Ländern durchaus das Recht eingestehen, Fehler zu machen.
Deshalb glaube ich, dass es keinen Sinn macht, darauf hinzuweisen, was in anderen Bundesländern passiert. Es geht darum, wie wir uns in Sachsen verhalten.
Schauen wir uns einmal das Urteil des Verfassungsgerichts an. Ich zitiere einmal von Seite 31 Folgendes: „Schon seit jeher werden an Sonn- und Feiertagen Arbeiten gestattet, die entweder aus gesellschaftlichen bzw. technischen Gründen notwendig sind oder den Freizeitbedürfnissen der Bevölkerung zugutekommen.“ Es geht wieder um die Frage: Arbeit trotz oder Arbeit für den Sonntag. Die beiden Kirchenvertreter haben genau an diesem Punkt angesetzt. Sie sagten, dass es aus ihrer Sicht nicht zu erkennen sei, dass die vom Gericht aufgeworfenen Kriterien dazu führen dürfen, dass wir bei dem Thema im Hinblick auf die Öffnung der Waschstraßen eine solche Anwendung brauchen. Deshalb geht es in der Tat im Wesentlichen nur darum, ob wir eine Arbeit am Sonntag brauchen, die keine typische sonntägliche Tätigkeit ist.
Ich nehme zur Kenntnis, dass es eine Reihe von Abgeordneten – auch in diesem Hause – gibt, die sagen, dass das vertretbar sei, weil eine Regelung gefunden wurde, die außerhalb der Hauptgottesdienste liegt. Es ist aber so, dass wir uns darüber Gedanken machen müssen, warum andere Länder andere Regelungen haben.
Wir müssen also darüber nachdenken, ob es Sinn macht, dass wir in unserem Kulturkreis, in dem wir leben, in dem der Sonntag eine besondere Rolle hat, wirtschaftlichen Interessen nachgeben. So lautet die Aussage des Kollegen Herbst.
Ich möchte Folgendes zum Abschluss sagen: Tatsächlich ist es so, dass es sich bei den Tankstellen im Wesentlichen um Familienbetriebe handelt. Es geht also nicht darum, neue Arbeitsplätze zu generieren. Es geht vielmehr um eine Verlagerung der Arbeit und des Umsatzes. Genau bei dem Punkt, bei dem Ihnen der Tankstellenverband sagte, dass der größte Anteil des Umsatzes zwischen 10 und 12 Uhr zu erzielen sei, gehen Sie nicht heran, weil Sie einen faulen Kompromiss in der Koalition erzielt haben. Genau diesen Vorwurf müssen Sie sich gefallen lassen. Ob mit diesem Kompromiss die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes tatsächlich gegeben ist, muss man noch bewerten.
In der Gänze und der Entstehungsgeschichte des gesamten Verfahrens mit Blick darauf, wie wir uns zum Sonntag
Vielen Dank, Herr Brangs. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun Herr Weichert. Sie haben das Wort, Herr Weichert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Rede steht das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Sonn- und Feiertage im Freistaat Sachsen. Eigentlich müssten wir eine solche Marginalie ohne Aussprache durchwinken, denn was soll sich an den Argumenten der Fraktionen gegenüber dem Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Sonn- und Feiertage im Freistaat Sachsen geändert haben?
Peinlich genug ist, dass die Koalition wider besseres Wissen und trotz der Warnung der Experten während der Anhörung und verschiedener vorgelagerter Fachgespräche diesen Entwurf im Dezember 2010 durchgedrückt hat. Nun kam, was kommen musste: Das Sächsische Verfassungsgericht kassierte im Juni 2012 einige Teile des Gesetzes und stellte keine hinreichenden Sachgründe fest. Autowaschen als Form der Freizeitgestaltung war keine stichhaltige Begründung. Meine Damen und Herren! Wieder einmal sagen uns die Verfassungsrichter, wie unser Job eigentlich funktioniert. Na ja, jeder tut, was er kann. Jeder blamiert sich auf seine Weise.
Meine Damen und Herren! Nun wissen wir Folgendes: In Sachsen geht es am Sonntag erst zum Gottesdienst und danach zum Autowaschen. Na bitte. Nur bleibt folgende Frage offen: Was machen 80 % der sächsischen Bevölkerung, die nicht Mitglied einer Kirche sind? Vielleicht fahren sie zur Raststätte an der A 72 und trinken einen Kaffee und essen eine Eierschecke.
Wenn wir also schon über das Autowaschen am Sonntag in Sachsen nachdenken bzw. vor zwei Stunden über Nachhaltigkeitsindikatoren beim Thema Wirtschaftswachstum und Innovation debattieren, stellt sich die Frage nach der Vermeidung oder Verringerung von Ressourcenverbrauch und damit Autoverkehr. Wäre es nicht besser, den ÖPNV intensiv zu fördern und besser zu vertakten? Warum? Das liegt auf der Hand. Wenn ich mein Auto nicht brauche, dann brauche ich es auch am Sonntag nicht zu waschen, oder? Jedoch würde der Ausfall des Sonntagsautowaschanlagenumsatzes des Freistaates unser stabiles Wirtschaftswachstum gefährden. Meine Damen und Herren! Ich vermute einmal, das könnten wir uns sogar leisten. Deshalb gibt es keinen Grund, sich beim Zweiten Gesetz anders als beim Ersten Gesetz zu verhalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich relativ kurz fassen. Als wir Ende 2010 an dieser Stelle über das neue Laden- und Sonntagsöffnungsgesetz der Staatsregierung debattierten, habe ich für meine Fraktion bereits deutlich gemacht, dass wir den Teil des Gesetzes ablehnen, der eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen beinhaltet.
Maßgeblich für uns als NPD ist nämlich der über Artikel 109 Abs. 4 der Verfassung des Freistaates Sachsen und Artikel 140 des Grundgesetzes geltende Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung, der wie folgt lautet: Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Wir haben uns damit strikt gegen eine weitere Kommerzialisierung von Sonn- und Feiertagen ausgesprochen, die nicht zuletzt auch der Erholung und natürlich auch dem Familienleben dienen sollen. Gerade Letztgenanntes bleibt in dieser leider so schnelllebigen Zeit immer mehr auf der Strecke und verdient deshalb unseren besonderen Schutz.
Dem zweiten Teil des Gesetzes konnten wir nach reiflicher Überlegung zustimmen, da die Videothekenöffnung mit der Kinoöffnung am Sonntag vergleichbar ist und wir es durchaus nachvollziehen konnten und auch immer noch nachvollziehen können, wenn der Tankstellenbetreiber es als unziemlich empfindet, dass er an Sonntagen zwar seine Tankstelle öffnen kann, die Waschanlage jedoch geschlossen bleiben muss.
Ich habe allerdings schon damals in meiner Rede darauf hingewiesen, dass eine zeitliche Begrenzung aus Sicht der NPD-Fraktion wünschenswert wäre. Dem ist die Koalition nun mit dem Gesetzentwurf nachgekommen, nachdem auch der Leipziger Verfassungsgerichtshof der Forderung noch einmal Nachdruck verliehen hat. Insofern bleiben wir unserer damaligen Haltung treu und werden dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf aus den Fraktionen für eine zweite Runde? – Das kann ich nicht feststellen. Herr Tischendorf, Herr Herbst, wollten Sie noch einmal eine Kurzintervention haben? – Es bleibt dabei, dass Sie nicht noch einmal das Wort ergreifen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Morlok, bitte.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf das Urteil des Verfassungsgerichtes eingehen, das von einigen Vorrednern bereits zitiert worden ist. Kollege Michael Weichert hat
Ja, sehr geehrte Damen und Herren, sie haben uns gesagt, wie es geht. Sie haben uns nämlich gesagt, dass ein zusätzlicher ortsteilbezogener sogenannter Stadtfestsonntag, den wir im Rahmen des Ladenöffnungsgesetzes eingeführt haben, um mehr Flexibilität für die Kommunen zu erreichen, verfassungskonform ist, so wie wir ihn Ihnen hier vorgeschlagen haben. Die Verfassungsrichter haben ferner festgestellt, dass die erweiterte Sonntagsöffnung für Bäckereien und Blumenläden, wie sie die Staatsregierung hier in das Hohe Haus eingebracht hat und wie sie von Ihnen verabschiedet wurde, verfassungskonform ist. Die Verfassungsrichter haben darüber hinaus festgestellt, dass auch die Adventsöffnung, wie wir sie als Staatsregierung Ihnen, von CDU und FDP getragen, vorgeschlagen und wie Sie sie hier beschlossen haben, verfassungskonform ist. Genau das, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben uns die Verfassungsrichter gesagt.
Das Ladenöffnungsgesetz, von der Staatsregierung vorgeschlagen und von Ihnen beschlossen, ist in vollem Umfang verfassungskonform. Das ist ein gutes Zeugnis für unsere Arbeit.