Meine Damen und Herren! Damit isoliert sich die sächsische Regierungskoalition deutschland- und europaweit. Im Gegensatz dazu wird in Nordrhein-Westfalen, in Bremen, in Mecklenburg-Vorpommern, in Brandenburg, in Berlin, in Hamburg, in Niedersachsen, in Thüringen, in Sachsen-Anhalt, in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Baden-Württemberg durch europakonforme, moderne Vergaberegelungen eine hohe Qualität von Leistungen und Produkten gewährleistet, Nachhaltigkeit der Investitionen angestrebt und Lohndumping verhindert. Das sächsische Gesetz ist also nicht nur in die Jahre gekommen, lieber Kollege Pohle, sondern auch geblieben. Alle anderen Länder haben ihre Gesetze schon modernisiert.
Und wie reagiert der Sächsische Landtag? Heute Morgen haben wir über 300 Jahre Nachhaltigkeit – ein Begriff aus Sachsen – geredet. Aber schon vier Stunden später müssen wir zusehen, wie die Mehrheit des Hauses genau das Gegenteil beschließt. Immerhin geht es um rund 13 bis 15 % des Bruttoinlandsproduktes, die jährlich durch die öffentlichen Hände in Sachsen vergeben werden. Das sind deutlich mehr als 10 Milliarden Euro Steuergeld – also Geld der Bürger!
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen egal ist, wie ihr Geld ausgegeben wird.
Sie haben demnächst Gelegenheit, sich hier im Hohen Haus mit unseren Vorschlägen für ein neues Sächsisches Vergabegesetz auseinanderzusetzen, eben weil es uns dabei nicht um das Dekretieren geht, lieber Kollege Pohle, sondern weil wir Möglichkeiten eröffnen.
Damit sind wir bei dem Thema: „Ökologische, ökonomische und soziale Verantwortung“. Den heute zur Abstimmung stehenden Entwurf, der leider alle Chancen vergibt, die hätten genutzt werden können, kann ich Ihnen nur zur Ablehnung empfehlen.
Danke, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gleich drei Entwürfe für ein neues Vergabegesetz wurden in den Landtag eingebracht: von den GRÜNEN, von SPD und LINKEN sowie von den Regierungskoalitionsfraktionen. Während die Gesetzentwürfe der linken Oppositionsfraktionen geprägt sind von
Überreglementierung und teilweise nur schwer erfüllbaren bzw. nachprüfbaren Anforderungen, liegt heute ein Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen auf, der zwar weitaus weniger bürokratisch strukturiert ist, aber eben auch mehr Spielraum für Missbräuche lässt.
Das derzeit gültige Vergabegesetz besteht aus acht Paragrafen und einer Durchführungsverordnung mit 15 Paragrafen. Der Entwurf der GRÜNEN umfasst 30, der Entwurf von SPD und Linksfraktion 26 Paragrafen. Beide Entwürfe beinhalten Regelungen, die nach menschlichem Ermessen nahezu unerfüllbar wären. Die Gesetzentwürfe gehen so weit ins Detail, dass die Firmen bei der Bewerbung um einen Auftrag sicherzustellen hätten, dass die Arbeitskleidung ihrer Angestellten menschenrechts- und umweltkonform hergestellt wurde.
Es ist zwar gut gemeint, jedoch – wie so vieles, was gut gemeint ist – scheitert es an der Realität und hat oft andere, nicht beabsichtigte negative Auswirkungen. Das Vergabegesetz der CDU- und FDP-Fraktion kommt mit zehn Paragrafen aus und streicht die Durchführungsverordnung vollständig. Nur ist es fraglich, ob dieser Entwurf tatsächlich eine Verbesserung zum Ist-Zustand darstellt. Die Grenze für freihändige Vergaben wird mit
Durch die zentrale Prüfung von Widersprüchen durch die Landesdirektion Sachsen sollen die Rechtsanwendung vereinheitlicht und die Landratsämter entlastet werden. Die Eignungsnachweise der Anbieter müssen weniger umfangreich sein, da nur noch Angaben gefordert werden, die, wie es heißt, durch den Auftrag gerechtfertigt sind. Neu ist zudem der Verzicht auf Gewährleistungsbürgschaften bis zu einem Auftragswert von 250 000 Euro, was insbesondere kleine Unternehmen von hohem Aufwand und Kosten entlasten soll.
Damit soll den in Sachsen ansässigen Firmen die Bewerbung um öffentliche Aufträge wieder schmackhafter gemacht werden. Es fehlt jedoch, wie übrigens auch bei GRÜNEN, SPD und LINKEN, jeglicher Passus, der es garantiert, dass einheimische Unternehmen generell bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt werden. Dies ist jedoch aus Sicht der NPD-Fraktion zwingend erforderlich, um zu gewährleisten, dass primär sächsische Unternehmen und damit auch sächsische Arbeitnehmer zum Zuge kommen, wenn es um die Vergabe von Aufträgen in Sachsen geht.
Für uns Nationaldemokraten gilt es, die überwiegend mittelständische Struktur unserer Wirtschaft zu stärken. Dazu ist es eben nicht nur notwendig, ausufernde Bürokratie abzubauen, was durch den vorliegenden Gesetzentwurf durchaus geschieht, sondern auch das Kredit- und öffentliche Auftragswesen mittelstandsfreundlicher zu gestalten. Dem wird der vorliegende Gesetzentwurf der schwarz-gelben Koalition nicht gerecht. Deshalb werden wir als NPD-Fraktion dem Gesetzentwurf unsere Zustimmung nicht geben können und ihn ablehnen.
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde aus den Reihen der Fraktionen? Das kann ich sehen, somit setzen wir die Aussprache in einer zweiten Runde fort. Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abg. Heidan. Herr Heidan, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe sehr aufmerksam zugehört, was der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion hier als Fragestellung in den Raum geworfen hat. Wo soll es denn nun hingehen, wo soll es hingehen, in welche Richtung soll es denn gehen, was das Thema Mindestlohn betrifft? Es ist auch genannt worden, dass bereits zehn Bundesländer Mindestlöhne in ihren Vergabegesetzen festgeschrieben haben. Es sind sogar 13, wie heute eine große Dresdner Zeitung festgestellt hat. Nur Bayern, Hessen und Sachsen sperren sich gegen solche Standards, meine Damen und Herren.
Nun reden wir mal Tacheles und über richtige Zahlen. In den 13 Ländern sind Mindestlöhne zwischen 8 Euro und 8,88 Euro festgeschrieben. Die GRÜNEN fordern in ihrem Gesetzentwurf einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Was haben wir aber für Mindestlöhne, gerade im Baugewerbe? Im Bauhauptgewerbe haben wir Mindestlöhne von 10,25 Euro, bei den Malern von 9,75 Euro.
Im Elektrohandwerk liegen wir bei 8,85 Euro, Herr Brangs. Das sollten Sie auch wissen. Wovon reden wir denn nun? Nehmen wir hier das Placebo der GRÜNEN bei 8,50 Euro, jubeln letztendlich die Tiefbaufirmen. Wir haben sogar einen namhaften Tiefbauer, der schon den Gesetzentwurf der GRÜNEN parodiert und gesagt hat, wenn ich 8,50 Euro bezahlen muss, dann spare ich durchaus ein, weil ich bei über 11 Euro liege.
Danke schön, Herr Präsident! Lieber Kollege Heidan, können Sie noch einmal überlegen, ob Sie richtig gelesen haben, dass der Mindestlohn nur dann gefordert wird, wenn es keinen tariflichen Lohn gibt?
Natürlich. Ich weiß nicht, ob Sie die Friseure meinen, aber dazu komme ich später noch einmal. Im Bauhauptgewerbe und den von mir genannten anderen Gewerken entspricht die Regelung nicht den Tatsachen. Das müssen Sie sich klar und deutlich vor Augen führen.
(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Das Tarifgeschäft ist schwierig, nicht wahr! – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)
Ja, aber wenn Sie hier Mindestlöhne von 8,50 Euro fordern, dann ist das schon längst überholt, weil die Mindestlohnansprüche doch wesentlich höher sind.
(Stefan Brangs, SPD: Nur dort! – Karl-Friedrich Zais, DIE LINKE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)
Danke. – Herr Heidan, ich will nur helfen. Also vielleicht in die Richtung: Natürlich haben Sie recht, beim Bauhauptgewerbe oder bei den Dachdeckern ist der vereinbarte Branchentarif-Mindestlohn 11,20 Euro. Wissen Sie von Löhnen in Branchen, die unter 8,50 Euro liegen? Kennen Sie welche?
Kennen Sie Tarife über dem Mindestlohn von 8,50 Euro? Ich habe einmal nach dem Mindestlohn gefragt und einmal nach Tarif.
Natürlich gibt es die. Aber Sie wissen auch, dass die Tarifautonomie seit 60 Jahren in dieser Bundesrepublik Deutschland ein hohes Gut ist und die Politik am wenigsten dort zu suchen hat. Das ist Sache der Tarifparteien, auf der einen Seite die Arbeitgeber, auf der anderen Seite die Arbeitnehmer. Das ist überhaupt nicht zu kritisieren.
Danke, Herr Präsident. Herr Heidan, Sie sind Chef der Vergabestelle in Plauen gewesen. Haben Sie als Stadtrat bei der Vergabe von Aufträgen in Plauen nach Tarif gefragt?