Unsere Antwort ist eine andere. Unser Weg heißt Bildungskooperation und Wettbewerb. Unsere Antwort heißt Bildungsstaatsvertrag.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen eine verbindliche Grundlage und viele Bildungskooperationen in Deutschland schaffen. Wir wollen verbindliche gemeinsame Standards. Wir wollen gemeinsame Ziele festschreiben und sichern somit die Mobilität im Bereich
der Bildung. Mit gemeinsamen Abituraufgaben der sechs Länder wollen wir vor allem auch die Vergleichbarkeit der Abschlüsse weiter ausbauen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine gute Nachricht für die Eltern und Schüler in Deutschland.
Mit dem Bildungsstaatsvertrag stärken wir auch den Bildungsföderalismus. Gerade wir als Sachsen bekennen uns dazu; denn der Freistaat hat davon besonders profitiert. Die sächsische Mittelschule, das zwölfjährige Abitur wären ohne diese Freiheiten nicht möglich gewesen.
Der Bildungsföderalismus gewährleistet, dass andere Länder davon lernen können. Das sächsische System ist zum Exportschlager geworden, und hier zeigt sich auch die innovative Kraft des Wettbewerbs um die beste Qualität im Bildungswesen. Ohne diesen Wettbewerb, ohne diese Qualitätsanreize, ohne ein VoneinanderAbschauen zwischen den Ländern wäre die Bildungspolitik in Deutschland ein ganzes Stück ärmer. Deswegen ist es richtig, den Bildungsföderalismus zu bewahren.
Wir müssen aber auch die berechtigte Kritik aufnehmen. Die Fragen, die zu Recht auch von den Bürgerinnen und Bürgern gestellt werden – ich hatte sie vorhin genannt –, müssen wir beantworten. Deswegen wollen wir eine verbindliche Bildungskooperation zwischen den Ländern. Das liegt im gesamtstaatlichen Interesse. Das liegt im Interesse Sachsens, aber auch im Interesse aller anderen Bundesländer.
Ich hoffe, dass zu diesen drei Bundesländern alle anderen dazukommen. Ich denke, der Bildungsstandort Deutschland ist es wert.
Herr Kollege Bläsner sprach für die miteinbringende Fraktion der FDP. – Als Nächste ergreift Kollegin Falken für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kollegen der CDU und der FDP! Als ich dieses Thema von Ihren Fraktionen für die heutige Aktuelle Debatte gelesen habe, haben meine Fraktion und ich überlegt: Was soll denn das? Sind der CDU und der FDP die Themen zur Bildungspolitik ausgegangen, oder wieso nehmen Sie ein Thema auf die Tagesordnung, das eigentlich schon komplett gescheitert ist?
Zu dieser Initiative für diesen Bildungsstaatsvertrag gibt es bundesweit nur Kritik. Ich kenne nur kritische Aussagen zu diesem Bildungsstaatsvertrag. Eine Aktuelle
Debatte im Sächsischen Landtag wird nicht dazu führen, dass Sie dieses Thema bundesweit noch einmal besonders hervorheben können.
Es gibt nicht einmal in den Bundesländern mit einer schwarz-gelben Regierung eine zustimmende Äußerung.
Und: Der Wahlkampf in Niedersachsen ist vorbei; das möchte ich Ihnen nur noch einmal sagen. Vielleicht haben Sie es noch nicht gemerkt, oder sie trauern dem noch sehr hinterher. Ich gehe davon aus, dass die SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die jetzt in Niedersachsen regieren werden, einem solchen Staatsvertrag nicht beitreten können. Jedenfalls gibt es aus meiner Sicht diesbezüglich dazu keinerlei Informationen. Vielleicht kann uns nachher Frau Stange dazu noch aufhellen.
Der Bildungsstaatsvertrag verhindert eine Einigung zwischen Bund und Ländern. Das halten wir für sehr problematisch. Der Bildungsstaatsvertrag verhindert, das Kooperationsverbot im Grundgesetz zu kippen. Das ist für die Bildung ein sehr negatives Zeichen.
Wir haben in Sachsen, aber auch in ganz Deutschland drängende bildungspolitische Probleme. Die 10 % der Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss haben wir gerade in dieser Woche wieder einmal schriftlich mitgeteilt bekommen. Hier muss dringend etwas passieren. Sie wissen, dass in den großen Städten, insbesondere in Leipzig, diese Zahl bei 15 % liegt. 1,5 Millionen junge Menschen ohne Berufsabschluss, Analphabeten in
Deutschland und nicht zuletzt das Thema Inklusion, das wir zu 100 % auf die Tagesordnung setzen müssen, sind Probleme. Es ist zwingend notwendig, dass Bund und Länder gemeinsam agieren.
Wir brauchen einen verfassungsrechtlichen Rahmen, um die Probleme im Bildungsbereich wirklich umsetzen zu können. Die bildungspolitischen Herausforderungen sind ein gesamtstaatliches Problem. Sie fordern ein gemeinsames Verständnis, ein gemeinsames Handeln zwischen Bund und Ländern. Das Signal aus dem heutigen Plenum sollte sein: Das Kooperationsverbot muss fallen. Das ist unsere Forderung.
Für die Fraktion DIE LINKE sprach Frau Falken. – Für die SPD-Fraktion ergreift Frau Kollegin Dr. Stange das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich etwas gewundert, dass es nach den verlorenen Niedersachsenwahlen und nachdem eine Bildungsministerin von Bord gegangen ist, die diesen Bildungsstaatsver
trag mit auf den Weg gebracht hat, dennoch dazu gekommen ist, dass das Thema heute auf der Tagesordnung steht. Das Kind ist tot, bevor es geboren wurde.
Wie kann man so tölpelhaft vorgehen, einen Staatsvertrag, den man mit 16 Bundesländern, mit 16 Parlamenten unterschiedlicher Farben abschließen will, allein aus einem politischen Lager heraus auf den Weg zu bringen? Das war nichts anderes als blanker Wahlkampf, und es sollte schnell wieder in die Versenkung verschwinden.
Sie mogeln sich um die eigentliche Frage herum, die auch im Bundestagswahlkampf mit Sicherheit eine Rolle spielen wird; denn mittlerweile liegen sechs Initiativen im Bundestag vor, um das Kooperationsverbot im Grundgesetz endlich aufzuheben.
Herr Bläsner, wir haben seit 2006 einen Wettbewerbsföderalismus, der das Schulsystem, das Bildungssystem im Prinzip zu Tode fördert, und wir haben keinen kooperativen Föderalismus mehr, wie wir ihn vor 2006 hatten. Deswegen ist es dringend geboten, dass das Kooperationsverbot wieder aufgehoben wird, so wie es auch im Bundestag auf der Tagesordnung steht. Ich hoffe, dass die Mehrheitsverhältnisse das bald schaffen werden.
Im Dezember 2012 hatte das Kultusministerium noch geantwortet: Es gibt keine Notwendigkeit, weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Mobilität zwischen den Ländern zu erhöhen. Am 9. Januar 2013 setzten sich drei Kultusminister – wohlgemerkt: einer politischen Richtung – zusammen und waren der Meinung, es muss ein Bildungsstaatsvertrag abgeschlossen werden.
Herr Bläsner, nicht ein einziges Wort, was in diesem Text des Eckpunktepapiers steht, ist neu. Alles, was darin steht, ist bereits langjährige Beschlusslage der Kultusministerkonferenz. Ich möchte auf zwei Punkt hinweisen, die Sie herausgehoben haben:
Die Umsetzung der Bildungsstandards ist 2003 im Ergebnis der PISA-Diskussion in der Kultusministerkonferenz beschlossen worden, einschließlich der damit verbundenen Fortbildung der Lehrkräfte im kompetenzorientierten Unterricht. Damals hatten wir nämlich die Bedingung gestellt, dass, wenn man zur Kompetenzorientierung in den neuen Bildungsstandards übergeht, die Lehrkräfte darauf vorbereitet werden müssen – weg von den Lehrplänen.
Alle Länder haben sich verpflichtet – und es meines Erachtens auch schrittweise umgesetzt –, diese Bildungsstandards in die Lehrpläne zu überführen.
Sachsen hat das genauso getan. Es gibt keinen Grund, das in einem Staatsvertrag noch einmal zu verankern.
Ein zweiter Punkt, der immer wieder wie eine Monstranz vorangetragen wird: Es gibt eine Gesamtstrategie der Kultusministerkonferenz zum Bildungsmonitoring.
1997 gab es einen Konstanzer Beschluss, der dazu geführt hat, dass sich die KMK und damit alle Länder an den PISA-Vergleichstests beteiligen. Es geht nämlich nicht so ohne Weiteres, dass ein Land sagt, ich mache das jetzt, sondern dazu musste die Kultusministerkonferenz einen gemeinsamen Beschluss fassen, und das war 1997.
Im Jahr 2006 hat man, da ein leichter Wildwuchs entstanden war, weil alle Länder – unter anderem auch Sachsen – begonnen hatten, ihre eigenen Tests durchzuführen, eine Gesamtstrategie der KMK zum Bildungsmonitoring beschlossen. Darin ist unter anderem enthalten, dass es einen gemeinsamen Bildungsbericht geben soll: "Bildung in Deutschland". Den gibt es jetzt aller zwei Jahre. Nun frage ich Sie, Herr Bienst, ob Ihnen irgendwie bekannt ist, dass sich unser Kultusministerium, Ihre Fraktion mal mit den Ergebnissen dieses Bildungsberichtes befasst hat, der ja auf einer Gesamtstrategie der KMK beruht und jetzt wieder den Bildungsstaatsvertrag enthalten soll, ob das diskutiert worden ist und irgendwelche Empfehlungen daraus entwickelt worden sind.
Es ist nicht das Papier wert, auf dem dieser Entwurf steht. Stecken Sie das Ding ein und setzen Sie um, was die KMK beschlossen hat. Das wäre der richtige Weg. Finden Sie endlich einen Ausweg aus dem Kooperationsverbot, damit wir das Grundgesetz ändern. Das ist der richtige Weg, damit die Länder und der Bund wieder zusammenarbeiten können.
Frau Dr. Stange sprach für die Fraktion der SPD. – Für die Fraktion GRÜNE spricht nun Frau Kollegin Giegengack.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss in das gleiche Horn stoßen wie meine Vorrednerinnen. Ich habe mich auch gefragt – nicht nur bei der Debatte, sondern schon vorher, als die Berichterstattung wegen des Staatsvertrages kam –, was das jetzt eigentlich soll. Denn es ist in der Tat so, dass das, was im Staatsvertrag steht, Aufgaben der Kultusministerkonferenz sind. Ich darf kurz zitieren: „Eine wesentliche Aufgabe der Kultusministerkonferenz besteht darin, durch Konsens und Kooperation in ganz Deutschland für die Lernenden, Studierenden, Lehrenden und wissenschaftlich Tätigen das erreichbare Höchstmaß an Mobilität zu sichern und Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sicherzustellen.“
Daraus ergeben sich als abgeleitete Aufgaben – das ist genau das, Herr Bienst, was Sie vorhin vorgelesen haben: – „... die Übereinstimmung und Vergleichbarkeit von Zeugnissen und Abschlüssen zu vereinbaren, auf die Sicherung von Qualitätsstandards in der Schule hinzuwirken, die Kooperation von Einrichtungen der Bildung zu fördern“. Ich habe mich wirklich gefragt, warum hier nun
drei Länder einen Alleingang machen. Es lag mit der Niedersachsen-Wahl ja nahe. Die ist nun vorbei, knapp verloren. Jetzt steht noch die bayerische Wahl an.
Es ist in der Tat so: Man kann mit Bildungspolitik Wahlen gewinnen oder auch verlieren. Sie haben sich ein Thema gesucht, bei dem es eine große Zustimmung in der Bevölkerung gibt. Zwischen 75 und 96 % – je nach Bundesland – der Eltern sagen: Wir brauchen einheitliche Abschlüsse. Es wird sich zeigen, ob Sie das als Wahlkampfthema benutzen können. In Niedersachsen hat es nicht so ganz hingehauen.
Es wurde bereits angesprochen: Warum sind Eltern so hinterher, was die einheitlichen Abschlüsse betrifft? Natürlich – die Mobilität. Diese ist im Zusammenhang mit dem Staatsvertrag, der wahrscheinlich nur noch zwischen zwei Ländern abgeschlossen wird, auch nicht so der Brüller, also wenn man beispielsweise von Plauen nach Hof zieht. Außerdem sind unsere Bildungssysteme doch recht ähnlich.