Wer geglaubt hat, dass damit die Negativentwicklung ein Ende finden würde, sieht sich aber getäuscht. Mit der Elektrifizierung der Sachsen-Franken-Magistrale im
Vogtland soll bis Ende 2013 die Oberleitung bis Hof installiert sein – so weit, so gut. Wie der Personenverkehr dann aussehen wird, steht allerdings in den Sternen. Bahnexperten gehen davon aus, dass die stündlich durchgehenden Verbindungen zwischen Dresden und Nürnberg entfallen. Vermutlich werden Reisende in Hof zwischen Elektro- und Dieselzug umsteigen müssen.
Aktuell fahren die Interregioexpresse im stündlichen Wechsel mit den von den Verbünden bestellten und bezahlten Regionalexpressen zwischen Dresden und Nürnberg. Eine Bestellung weiterer Züge lehnten die Verbünde mit Verweis auf die von der schwarz-gelben Koalition gekürzten Landesmittel für den Regionalverkehr bereits ab.
Ich komme nun zum oft angekündigten Ausbau der Strecke Chemnitz – Leipzig, der – genau betrachtet – nur ein gut getarntes, aber für den Freistaat typisches Trauerspiel darstellt. Unter der Überschrift „Die Bahn kommt in die Gänge“ wurde in der „SZ“ vom 16. März 2012 die Elektrifizierung von Chemnitz nach Leipzig scheinbar auf
die Tagesordnung gesetzt. Laut Roland Werner, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, wollte der Freistaat Planungen vorfinanzieren. Dann wurde es zynisch. Das SMWA konnte sich sogar Fernverkehr vorstellen – man höre und staune! „Wir prüfen bis Ende 2013, ob wir ab Geithain über Borna oder Bad Lausick nach Leipzig fahren“, sagte Werner, der auf Einladung der FDP nach Chemnitz gekommen war.
Wie weit ist man heute? Vor gut drei Wochen wurde ein Vertrag unterschrieben, mit dem die Vorplanungen für den Ausbau der Bahnverbindung nach Leipzig beginnen sollen. Immer noch sucht man nach einer verkehrstechnisch und wirtschaftlich sinnvollen Lösung für die Strecke. Wie lange eigentlich noch, frage ich mich?
Ein weiteres Trauerspiel stellt die Entwicklung der Fahrzeit auf der Strecke Dresden-Berlin dar. Der sogenannte Henschel-Wegman-Zug fuhr von 1936 bis 1939 und brauchte im kürzesten Fall 100 Minuten. Davon träumt man heute, 80 Jahre später – bzw. 70 Jahre später. Während der Streckenzustand nach einem provisorischen Streckenausbau in der ersten Hälfte der 1990er Jahre Fahrzeiten unter zwei Stunden ermöglichte, dauert eine Fahrt von Dresden nach Berlin heute wieder länger. Es bestehen zahlreiche Langsamfahrstellen. So konnte etwa ein Viertel des brandenburgischen Teilstücks zwischen Blankenfelde und Elsterwerda Ende 2011 nicht einmal mit der für den Regionalverkehr vorgesehenen Geschwindigkeit von 120 Stundenkilometern befahren werden. Nach zahlreichen Verzögerungen des Ausbaus dieser Strecke soll die Fahrzeit von ICE-, EC- und IC-Zügen zwischen Berlin und Dresden ab Dezember 2015 rund 95 Minuten betragen. Mit der Komplettierung des Ausbaus der noch verbleibenden Streckenabschnitte – so der Lückenschluss zwischen Südkreuz und Blankenfelde – soll eine Fahrtzeit von etwa 70 Minuten zwischen Berlin und Dresden erreicht werden, wenn – ja, wenn – mal wieder nichts dazwischenkommt.
Die Bahn versteckt sich derweil hinter wirtschaftlichen Aspekten. Der „Report Mainz“ legte die Statistik zur Entwicklung des Fernverkehrs der DB zur Bewertung vor. Einer der Bahnsprecher teilte daraufhin mit: Generell ist festzuhalten, dass es keine Ausdünnung des DBFernverkehrsangebots gibt. Vielmehr hat die DB ihre Verkehrsleistung ausgebaut. Die Verkehrsleistung, also beförderte Personen mal gefahrene Kilometer, sei im vergangenen Jahr um 4,1 % gestiegen, der Umsatz im gleichen Zeitraum um 5,5 %. – Kein Wort, meine Damen und Herren, zu den zahlreichen vom Fernverkehr abgehängten Groß- und Mittelstädten.
Nicht anders sieht es im Güterverkehr aus. Der Landesverkehrsplan lässt nicht erkennen, wie endlich eine weitere Verlagerung des Güterverkehrs weg von der Straße auf die Schiene erreicht werden könnte. Das sah auch der Geschäftsführer des Güterverkehrszentrum Entwicklungsgesellschaft Südwestsachsen mbH, Alfons Wagener, so anlässlich der Anhörung hier im Landtag am 26. Juni 2012. Zum Entwurf des Landesverkehrsplans gab
er zu Protokoll: „Hinsichtlich des kombinierten Verkehrs sind wir auf einem guten Weg. Aber hinsichtlich des Einzelwagenladungsverkehrs muss sich die Deutsche Bahn AG auch extrem aus dem sächsischen Raum zurückgezogen haben. Sie bedient eigentlich nur noch die Hotspots, sind die üblichen Verkehre eigentlich privaten Initiativen überlassen. Das hat seine Vorteile. Es hat aber auch gewisse Nachteile. Ich sehe einfach die Abstimmung. Die Deutsche Bahn AG als Profit Center bedient nur noch lukrative Strecken und Güterverkehrsstellen. Die Privaten müssen sich mit den nachgeordneten Möglichkeiten zufriedengeben.“
Er schlug deshalb hinsichtlich des Güterverkehrs vor, weitere sogenannte Railports in Sachsen zu etablieren und zu realisieren, was auch im Landesverkehrsplan bis 2025 berücksichtigt werden sollte.
Kritisches, meine Damen und Herren, gibt es auch zum öffentlichen Personennahverkehr anzumerken. Der ÖPNV kann nicht losgelöst von den finanziellen Rahmenbedingungen betrachtet werden. So steht durch Änderung der Verordnung zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs den ÖPNV-Zweckverbänden im Freistaat Sachsen leider immer weniger Geld zur Verfügung. Im Jahr 2011 gab es eine Absenkung um 24 Millionen Euro, 2012 um rund 35 Millionen Euro und in diesem und im kommenden Jahr um jeweils 36 Millionen Euro. Das sind also insgesamt rund 131 Millionen Euro weniger.
Mit der Revision der Regionalisierungsmittel wurde ein falsches Signal in Richtung des Bundes gesandt. Es erweckt den Eindruck, dass für den ÖPNV im Freistaat Sachsen weniger Geld ausreichend sei.
Hinzu kommt, dass durch die Änderung des Gesetzes zur Finanzierung des Ausbildungsverkehrs im öffentlichen Personennahverkehr den kreisfreien Städten in diesem Jahr rund 1,7 Millionen Euro weniger und im nächsten Jahr rund 2,5 Millionen Euro weniger, also insgesamt rund 4,2 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen. Die Kreise prüfen deshalb – nicht unberechtigt meiner Meinung nach – nun eine Klage vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof in Leipzig.
Es ist zwingend erforderlich, dass der Freistaat die Kürzung der Regionalisierungsmittel endlich wieder zurücknimmt. Darüber hinaus muss sich der Freistaat bei der Revision der Regionalisierungsmittel für eine solide Mittelzuweisung auf Basis des tatsächlichen Finanzbedarfs der Aufgabenträger einsetzen und diese Mittel in vollem Umfang dem SPNV und damit den Aufgabenträgern zur Verfügung stellen.
Zum Thema Straßenverkehr möchte ich zum Schluss noch drei Sätze sagen. Kritisch anzumerken ist aus meiner Sicht, dass von bisher 139 geplanten Staatsstraßenprojekten nur 67 bestehen bleiben, ohne dass dafür wirklich stichhaltige Begründungen erbracht werden. Außerdem muss sich der Freistaat seiner finanziellen Verantwortung für das kommunale Straßennetz wieder bewusst werden, was auch im Landesverkehrsplan zum Ausdruck kommen sollte.
Der Abg. Delle hatte für die NPD-Fraktion das Wort. Wir sind am Ende der ersten Rednerrunde angekommen. Gibt es jetzt aus den Fraktionen heraus noch Redebedarf? Redezeit wäre vorhanden. – Das kann ich jetzt nicht feststellen. Damit hätte die Staatsregierung das Wort, und sie ergreift dieses. Bitte, Herr Staatsminister Ulbig.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Sie haben schon mehrfach wahrgenommen, dass Kollege Morlok auf dem Weg nach Berlin ist. Deswegen hat er mich gebeten, seine Rede zu Protokoll zu geben. Das werde ich hiermit tun.
Meine Damen und Herren! Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 5/10594 ab. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Vielen Dank. Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Drucksache 5/10594 – –
Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Drucksache 5/10594, zugestimmt.
Wir haben uns der Stimme enthalten, weil wir der Auffassung sind, dass durchaus richtige Aspekte in der Stellungnahme, die mit der Mehrheit des Ausschusses beschlossen wurde, vorhanden sind. Das haben wir auch so im Ausschuss besprochen. Wir sind allerdings der Meinung, dass, auch wenn der Ausschuss beschließt, die Staatsregierung möge doch die Hinweise bei der Umsetzung des Landesverkehrsplanes berücksichtigen, dies nach dem Umgang mit diesem Haus in Fragen des Landesverkehrsplanes im Reich der Wünsche verbleiben wird. Wir wollen allerdings Politik für die Realität machen und haben uns deshalb der Stimme enthalten.
Vielleicht noch zur Erläuterung: Ich hatte vorhin auf Ihre Funktion als Berichterstatter abgehoben. Das wäre natürlich etwas anderes gewesen. Entschuldigen Sie bitte.
Nach 20 Jahren Aufbau Ost und dem damit einhergehenden Ausbau sowie der Erneuerung der sächsischen Verkehrswege ist deren zukunftsfähige, effektive und bedarfsgerechte Weiterentwicklung ein Schwerpunkt der aktuellen Regierungsarbeit. Mobilität mittels einer modernen und leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur zu gewährleisten ist ein entscheidender Faktor für die Lebensqualität und die Attraktivität Sachsens als Wirtschafts- und Lebensraum.
Mit dem Landesverkehrsplan Sachsen stellt die Staatsregierung ihre künftigen verkehrspolitischen Grundsätze
und Ziele sowie die dazu notwendigen Maßnahmen dar. Das sich ändernde Mobilitätsbedürfnis der Bürger, unter anderem bedingt durch den demografischen Wandel, die wirtschaftliche Entwicklung und die finanziellen Rahmenbedingungen, stellen die Verkehrspolitik und die Verkehrswirtschaft vor neue Herausforderungen.
Gefragt sind innovative Ideen und integrierte Konzepte. Es gilt die Verkehrsinfrastruktur differenziert und bedarfsgerecht zu entwickeln und die vorhandenen Ressourcen effizient einzusetzen. Die zentrale Lage des Freistaates in Europa spielt im weltweiten Wettbewerb um Investitionen und Ansiedlungen eine wichtige Rolle. Um
Sachsens Funktion als Verkehrsdrehscheibe und Transitland zu sichern und zu stärken, muss die Einbindung in die transeuropäischen Schienen- und Straßennetze und damit in die europäischen Verkehrs- und Handelsströme weiter vorangetrieben werden.
Ziel der sächsischen Verkehrspolitik ist die Sicherstellung eines leistungsfähigen, verkehrsträgerübergreifenden und umweltfreundlichen Verkehrssystems als Voraussetzung für Mobilität, Lebensqualität, Wohlstand und Wirtschaft. Hierfür zeigt der Landesverkehrsplan eine Strategie auf.
Der Landesverkehrsplan ist ein Fachplan sowohl für die einzelnen Verkehrsträger als auch für die Entwicklung des Gesamtverkehrssystems. Er stellt den Bedarf neuer Verkehrsinfrastrukturvorhaben dar, die im Landesentwicklungsplan raumordnerisch gesichert werden. Der Landesverkehrsplan ist kein Haushalts- oder Investitionsplan. Die Bereitstellung der Finanzmittel wird durch die jeweiligen Haushaltspläne vorgenommen. Die zeitliche Einordnung von Baumaßnahmen erfolgt dabei im Rahmen der Bauprogramme unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel.
Der Landesverkehrsplan bindet die Staatsregierung und ihre nachgeordneten Behörden intern. Er entfaltet im Gegensatz zum Landesentwicklungsplan keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen. Die maßnahmenkonkrete Ausfüllung dieses Plans erfolgt im Zuge der vertiefenden Fachplanung durch die zuständigen Aufgabenträger. Beim Landesverkehrsplan Sachsen handelt es sich um einen Beschluss der Staatsregierung, für den keine formelle Beteiligung des Landtages vorgeschrieben ist.
Aufgrund der hohen Bedeutung des Planes – auch im Zusammenhang mit dem Landesentwicklungsplan – habe ich mit Schreiben vom 21. Mai 2012 den Landtag über
den ersten Entwurf des Landesverkehrsplans unterrichtet. Der Landtag hat am 26. Juni 2012 eine Anhörung zum Landesverkehrsplan durchgeführt. Die Öffentlichkeit wurde gemäß dem Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung in der Zeit vom 25. Mai bis 6. Juli 2012 beteiligt. Beide Anhörungen wurden ausgewertet. Der erste Entwurf wurde überarbeitet und abschnittsweise ergänzt. Der überarbeitete Entwurf des Landesverkehrsplans Sachsen 2025 wurde am 25. September 2012 vom Kabinett bestätigt. Maßgeblich für den Zeitplan der Fortschreibung des Landesverkehrsplans im Kabinett war dabei der Zeitplan des Landesentwicklungsplans.