Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

Zweitens haben Sie ausgeführt, er sei eine belastbare Grundlage. Liebe Frau Springer, Kollegin Jähnigen hat im Vorgriff auf ihre zehn Minuten Redezeit bereits kundgetan, dass die Grundlage für eine Belastbarkeit tatsächlich fehlt. Nun, da kann ich ihr nur recht geben. Die Landesverkehrsprognose lag keinem Gutachter vor. Selbst dem Gutachter, der die ÖPNV-FinVo geschrieben hat, lag diese Prognose nicht vor. Das hat er eindeutig gesagt.

Ich weiß nicht, welcher Minister heute antworten wird; ich vermute, Sie dürfen, Herr Ulbig. Sie haben aber keine Schuld daran.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ausnahmsweise aber nur!)

Ausnahmsweise. – „Belastbare Grundlage“ hieße, man hätte den Landesverkehrsplan beschlossen, bevor der Landesentwicklungsplan aufgeschrieben worden ist. Das hat man alles anders gemacht. Meister Morlok macht es immer anders; das wissen wir. Von „belastbarer Grundlage“ kann weiß Gott nicht gesprochen werden.

Und dann sind Sie mit „verkehrstechnischen Visionen“ gekommen, Frau Springer. Offen gesprochen: Das müssen Sie mir erklären.

(Ines Springer, CDU: Nein, muss ich nicht!)

Der Landesverkehrsplan ist ein landesverkehrspolitisches Dokument. Darin steht nichts zu „verkehrstechnischen Visionen“. Ich hätte mir gewünscht, dass er landesverkehrspolitische Visionen entwickelt hätte; aber selbst insoweit bleibt er weit hinter den Möglichkeiten eines Landesverkehrsplans zurück.

(Beifall bei den LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 26. Juni hatten wir im Ausschuss beschlossen – weil der Verkehrsminister es dem Landtag überließ; das Anschreiben las sich wie: „Überlegt mal, was ihr damit macht!“ –, eine Anhörung zu einem entsprechenden Antrag durchzuführen, um das ganze Stück miteinander bewerten zu können.

Bei dieser Anhörung ist das gute Stück Papier durchgefallen, schlicht und ergreifend durchgefallen. Das Verfahren um die Landesverkehrsprognose ist nach Auffassung der Gutachter, zum Beispiel Prof. Becker – Sie erinnern sich – intransparent, sie liegt nicht vor, und dann sprechen Sie in Ihrer Stellungnahme davon, dass sie auf breite Akzeptanz stößt. Da müssen diejenigen, die das akzeptieren sollen, doch erst einmal wissen, was sie akzeptieren sollen. Liebe Frau Springer, Sie bleiben auch in Ihrer Stellungnahme, die Sie mit Ihrer Mehrheit beschlossen haben, weit hinter den Möglichkeiten einer Stellungnahme zurück.

Am 25. September folgte dann die Kabinettssitzung und die Pressekonferenz dazu, bevor Sie überhaupt als Koali

tion in die Lage versetzt waren. Das ist ja eigentlich eine Blamage. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Da weiß der Minister, dass die Koalitionsfraktionen sich mit einer Stellungnahme auseinandersetzen. In den letzten Beratungen sind an der einen oder anderen Stelle unterschiedliche Auffassungen genannt worden, die noch einmal Beratungsbedarf brauchen. Das interessiert den gar nicht, der jagt das Ding durchs Kabinett. Jetzt kommt der Clou. Jetzt sind aber alle Minister dran, die Abgeordnete sind. Die Abgeordneten wissen genau, wann die Stellungnahme des Landtages beschlossen ist. Wenn die Beschlussempfehlung zum Bericht durch das Plenum gegangen ist, dann hat sich der Landtag abschließend damit befasst. Was machen aber die Damen und Herren Abgeordneten, die zugleich Minister sind? Es interessiert sie nicht. Der Morlok sagt: Heute beschließen wir mal den Landesverkehrsplan. Und was machen die? Die machen mit. Die machen mit! Unvorstellbar, unvorstellbar, mit welcher Arroganz in Sachsen die Regierung mit dem Parlament umgeht.

Ein Stück Papier wird uns gegeben. Befasst euch mal oder auch nicht. Das hat der Morlok ja auch noch im Ausschuss gesagt: Ihr könnt euch damit befassen oder auch nicht. Und dann wird es so vom Kabinett beschlossen, ohne dass der Landtag zuvor mit der Mehrheit der regierungstragenden Fraktionen aus CDU und FDP sich abschließend damit hätte befassen können. Das schlägt dem Fass der Demokratie in Sachsen den Boden aus. Entschuldigung, ich kann es nicht anders formulieren. In dem Sinne, sehr geehrte Frau Kollegin Springer, liegt uns weder mit dem Landesverkehrsplan noch mit Ihrer sehr bemühten Stellungnahme eine belastbare Grundlage vor.

Wir werden uns entsprechend unserem Abstimmungsverhalten im Ausschuss enthalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war unser – – Das war Herr Stange von der Fraktion DIE LINKE.

(Heiterkeit bei der CDU)

Als Nächstes spricht für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Köpping. Auf dem Papier steht zwar noch Herr Pecher, aber er ist leider krank. Bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Springer, ich habe auch gedacht, als ich Ihren Vortrag gehört habe, wir waren in der falschen Veranstaltung. Wir hatten am 26. Juni 2012 die Sachverständigenanhörung. Ich habe in den letzten Jahren wenige Anhörungen von Sachverständigen erlebt, wo so ein vernichtendes Urteil wie zum Landesverkehrsplan ausgestellt worden ist. Deswegen ist es für mich ganz schwierig, da eine positive Bilanz zu ziehen und zu sagen, jetzt haben wir eine Perspektive für Sachsen gelegt.

Die Verkehrsprognose – das ist mehrfach von meinen Kollegen angesprochen worden – ist einfach nicht nachvollziehbar. Noch schlimmer finde ich, wenn es um einen Landesverkehrsplan geht, dass in der Verkehrsprognose gesagt wird, dass sie keinen wissenschaftlichen Standards entspricht. Wo leben wir denn?! Darf hier jeder machen, was er will? Kann jeder irgendetwas erzählen und das ist dann Standard für Sachsen?

Dieser LVP beschreibt ein Weiter-so-wie-bisher, das heißt, dass wir den Straßenbau weiter favorisieren und andere Bereiche bleiben vage irgendwo in der Luft hängen. Es fehlen konkrete Aussagen zu künftigen Investitionsmaßnahmen im ÖPNV. Was das für eine solide Basis sein soll, kann ich mir einfach nicht erklären. Zukünftige Ziele des ÖPNV, die etwas mit Daseinsfürsorge zu tun haben, was wir bei Ihnen in vielen anderen Bereichen hören, fehlen einfach.

Das Gleiche gilt für gleichwertige Lebensverhältnisse im ländlichen Raum. Wir hören oft, dass in Sachsen Zuzug zu verzeichnen ist. Das ist erfreulich. Aber fragen Sie einmal, wo die Zuwanderung herkommt? Aus dem ländlichen Raum. Warum ziehen denn die Menschen dort weg? Weil sie nicht mehr wegkommen, außer mit dem Auto. Das muss man doch ganz klar sagen.

ÖPNV-Planung kann nicht ohne Finanzierungssicherheit gemacht werden. Deswegen fordern wir nach wie vor die Rücknahme der ÖPNV-Kürzungen. Betriebskonzepte für den Schienenpersonennah- und -fernverkehr müssen doch Eingang in den Landesverkehrsplan finden. Auch dazu finden wir keine Aussagen.

Das heißt, es bleiben viele Fragen offen. Auf welcher Grundlage wurden denn nun diese Prognosen gestellt? Das SMWA gibt dazu keine konkreten Aussagen ab. Es gibt dazu Kleine Anfragen von uns, den GRÜNEN, auch den LINKEN. Es gibt einfach keine konkreten Aussagen dazu.

Wo bleibt der strategische Bahnplan für Nah- und Fernverkehrsanbindungen in Sachsen? Auch der fehlt. Diskriminierungsfreier Wettbewerb – so heißt es zwischen den einzelnen Verkehrsangeboten. Das ist das Leitbild im Landesverkehrsplan auf Seite 6, aber der ÖPNV spricht im Doppelhaushalt 2013/14 eine ganz andere Sprache. Der wird weiter an der kurzen Leine gehalten, dafür gibt es wieder mehr Geld für den Straßenbau. Schwerpunkt des Handelns wird auf der Erhaltung und Verbesserung des bestehenden Straßennetzes liegen. Das kann von unserer Seite aus der Landesverkehrsplan der Zukunft nicht sein.

Fazit: Der Landesverkehrsplan ist schon heute nicht mehr zeitgemäß. Und Sie selber, Frau Springer, haben auch gesagt, dass ein bisschen das Visionäre fehlt. Man kann auch sagen, er gibt keine Antworten auf die zukünftigen Herausforderungen. Es wird weiter zeitnah am Vorrang für Straßenbau festgehalten. Es gibt keine Ziele für einen leistungsstarken ÖPNV/SPNV sowie für den Schienenfernverkehr. Bewohner des ländlichen Raumes – und das möchte ich noch einmal ausdrücklich sagen, weil wir uns

hier oft mit der Demografie befasst haben – werden abgehängt, wenn sie kein Auto haben. Im ländlichen Raum betrifft das überwiegend ältere Leute. Es gibt keine Strategie für Fuß- und Radverkehr. Wenn man die Statistik ansieht, dann ist es immer noch so, dass die meisten Menschen ihre Wege zu Fuß zurücklegen, wenn man die Wege vom Auto zur Wohnung bzw. zur Haltestelle und Ähnliches mitzählt, was man oft nicht macht.

Der Landesverkehrsplan wurde durchgedrückt; auch das hat mein Vorredner bereits gesagt. Das zeigt eine absolute Beratungsresistenz. Ich frage mich, wozu wir Sachverständigenanhörungen machen, wenn diese komplett, aber wirklich komplett ignoriert werden. Die Folge ist, dass der ÖPNV weiter kaputtgespart wird, Beratungsresistenz hat System, Gleiches sehen wir bei der Diskussion um die neue ÖPNV-Finanzierungsverordnung. Alle Sachverständigen stellen ein vernichtendes Urteil aus. Trotzdem wird sie ohne Änderung vom Kabinett verabschiedet.

Sehr geehrter Herr Morlok! Sie sind heute nicht da. Aber seine Fraktion nimmt das sicher für ihn entgegen: Ändern Sie das!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN, und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Auf Frau Köpping, die für die SPD-Fraktion sprach, folgt jetzt Herr Kollege Hauschild für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Staatsminister Morlok ist schon auf dem Weg nach Berlin. Wir hatten es gerade angesprochen, dass wir dort unseren Teil zur Energiewende beitragen wollen.

Eine gut ausgebaute und intakte Verkehrsinfrastruktur ist die Voraussetzung für wettbewerbsfähige Unternehmen und hohe Lebensqualität der Bürger. Über gut ausgebaute Straßen und ein leistungsfähiges Schienennetz werden Güter transportiert. Sächsische Binnenhäfen, Flughäfen und Güterverkehrszentren dienen als Umschlagsplätze. Sie sind eine Voraussetzung für florierenden Handel. Über gut ausgebaute Straßen und durch einen leistungsfähigen ÖPNV gelangen die sächsischen Arbeitnehmer zur Arbeit und wieder zurück nach Hause. Sie ermöglichen die Fahrt ins Grüne, in den Urlaub und zur Familie. Über gut ausgebaute Straßen, mit der Bahn oder dem Flugzeug kommen Touristen nach Sachsen, um die Schönheit des Freistaates zu genießen. Ganz nebenbei sorgen sie in vielen Regionen für Arbeit und steigenden Wohlstand.

Ziel des Landesverkehrsplanes ist eine zukunfts- und leistungsfähige Infrastruktur. Dazu zählt zunehmend auch die Vernetzung der Verkehrsträger. Im Mittelpunkt der Überlegungen müssen die Bedürfnisse der Bürger und Unternehmen stehen.

Jeder Bürger soll selbst entscheiden können, wie er sich von A nach B bewegen möchte – ob per Fahrrad oder Bus. Wir verteufeln niemanden, der Auto fährt. Wir behaupten

auch nicht, dass Flugreisen den Weltuntergang beschleunigen. Bei uns gibt es keine Unterteilung in „guten“ und „bösen“ Verkehr. Deshalb kümmern wir uns auch um alle Verkehrsträger. Der vorliegende Landesverkehrsplan entspricht diesen Anforderungen.

Es wird richtig festgestellt, dass Sachsen bereits heute ein sehr gut ausgebautes Verkehrsstraßennetz hat. Der Schwerpunkt wird künftig auf der Erhaltung der Substanz liegen. Zudem werden klare Prioritäten bei den noch ausstehenden, wichtigen Straßenaus- und -neubauvorhaben gesetzt. Von den damals bestehenden 129 Projekten sind 69 übrig geblieben, die im Landesverkehrsplan verankert sind, die Kräfte auf wenige Vorhaben gebündelt, damit diese sicher und schnell realisiert werden. Dazu zählt beispielsweise die A72 zwischen Leipzig und Chemnitz, aber auch die B178 als Verbindungsachse von der A4 Richtung Zittau.

(Beifall des Abg. Dr. Stephan Meyer , CDU – Heiterkeit bei den LINKEN)

Der Beifall ist berechtigt, Herr Meyer. – Im Bereich des Schienenverkehrs ist die bessere Anbindung Sachsens an den Schienenverkehr das vorrangige Ziel. Dazu werden die Strecken Dresden – Berlin, Leipzig – Chemnitz und die Sachsen–Franken–Magistrale ausgebaut bzw. elektrifiziert. Langfristig wird eine neue Strecke zwischen Dresden und Prag durch das Erzgebirge geplant. Klar ist, dass auch der öffentliche Personennahverkehr im Freistaat attraktiv bleiben soll.

Als Grundlage für die Planung beinhaltet der Landesverkehrsplan eine fundierte Prognose der Entwicklung der Verkehrsnachfrage. Durch weitere Investitionen des Freistaates bleibt der ÖPNV attraktiv, beispielsweise durch Investitionen in das Chemnitzer Modell, den Ausbau von Übergangsstellen und den geplanten Ausbau der Straßenbahn- und Stadtbahnnetze.

Zentraler Bestandteil der sächsischen Güterverkehrsinfrastruktur sind die Güterverkehrszentren und -häfen. Der Flughafen Leipzig/Halle hat sich im Bereich Luftfracht zu einem bedeutenden europäischen Standort entwickelt. Durch Investitionen in die Vernetzung mit der Schiene soll der Flughafen mit anderen Flughäfen näher zusammenwachsen. Ziel ist es, ein europäisches Frachtdrehkreuz zu entwickeln. Das wirtschaftliche Potenzial ist enorm.

Eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur ist eine entscheidende Voraussetzung für die Lebensqualität und den Wohlstand in Sachsen. Mit dem neuen Landesverkehrsplan sind die Weichen für eine rationale Verkehrspolitik der kommenden Jahre richtig gestellt. Im Mittelpunkt stehen die Mobilität der Menschen entsprechend ihren Bedürfnissen und die Attraktivität des Standorts Sachsen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Kollege Hauschild sprach für die FDP-Fraktion. Für die Fraktion der GRÜNEN spricht jetzt – niemand? Es besteht kein Redebedarf.

Damit käme jetzt die NPD-Fraktion zum Zuge. Es spricht der Abg. Delle.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn auf die Statistik verweisen, die der Verkehrsexperte Felix Berschin vor einem Jahr im Auftrag des ARDPolitmagazins „Report Mainz“ erstellt hatte. Demnach hat die Deutsche Bahn seit 1999 110 wichtige Personenbahnhöfe von ihrem Fernverkehrsnetz abgetrennt. Von dieser Entwicklung ist auch Dresden betroffen, das 124 Fernverkehrshalte pro Woche verloren hat. Abseits der großen Hauptverkehrsachsen der DB fällt die Bilanz sehr negativ aus. Die Zahl aller Fernverkehrsabfahrten fiel von den 368 untersuchten Bahnhöfen, die nicht an den Hauptstrecken liegen, in den vergangenen 13 Jahren von rund 38 000 auf 20 500 – immerhin ein Minus von knapp 46 %.

Auch wichtige internationale Fernverkehrsverbindungen haben die DB-Strategen stark ausgedünnt. In der Vergangenheit hat es ein unfähiges Bahnmanagement geschafft, mit den Interregiozügen ein Verkehrsangebot, das in Reisendenkategorien, insbesondere Geschäftsreisenden, höchst beliebt war, praktisch stillzulegen. Das gesamte Netz wurde aufgegeben, nur in Teilen durch IC-Züge ersetzt, die keinerlei Plus beim Komfort, der Geschwindigkeit oder der Pünktlichkeit bieten.

Zu den Negativbeispielen zählt die mittlerweile berühmtberüchtigte Sachsen-Franken-Magistrale von Nürnberg über Hof und Chemnitz nach Dresden. Dort wurden ICE und die Interregioverkehre abgeschafft und durch komfortarme Dieseltriebzüge ersetzt, die Dank technischer Unzulänglichkeiten immer wieder ausfallen und die vor allem für Firmenkunden absolut inakzeptabel sind.

Wer geglaubt hat, dass damit die Negativentwicklung ein Ende finden würde, sieht sich aber getäuscht. Mit der Elektrifizierung der Sachsen-Franken-Magistrale im