Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

Wir sind durch alle Wahlen in offener Abstimmung hindurchgekommen. Der Tagesordnungspunkt 1 ist damit beendet.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 2

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Nach Organspendediskussion und Abschaffung der

Praxisgebühr – Vertrauen ins sächsische Gesundheitssystem stärken

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

2. Aktuelle Debatte: Staatsfunk eindampfen, GEZ abschaffen –

Wann löst die FDP ihr Versprechen ein, Herr Herbst?

Antrag der Fraktion der NPD

Das Präsidium hat die Verteilung der Gesamtredezeit wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 12 Minuten, FDP 14 Minuten, GRÜNE 10 Minuten, NPD 15 Minuten; Staatsregierung zweimal je 10 Minuten, wenn gewünscht.

Ich weise Sie auch heute darauf hin, dass in der Aktuellen Debatte die Vorträge in freier Rede zu bringen sind, wobei einzelne Zitate und Zahlen durchaus der Vorlage entnommen werden können. Das ist ganz unbestritten.

Wir kommen nun zu

1. Aktuelle Debatte

Nach Organspendediskussion und Abschaffung der Praxisgebühr –

Vertrauen ins sächsische Gesundheitssystem stärken

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Als Antragsteller haben die Fraktionen der CDU und der FDP das Wort. Es beginnt die CDU-Fraktion mit Frau Strempel. Frau Strempel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einer Aussage beginnen: „Zum Wertvollsten im Leben eines Menschen gehört die Gesundheit. Wer sie verliert, ist körperlich und seelisch nachhaltig beeinträchtigt.“ Diese Aussage kommt von einem, der überlebt hat dank der Bereitschaft eines Fremden zur Spende eines Organs.

Deutschland gehört weltweit zu den führendsten und anerkanntesten Gesundheitssystemen der Welt, das nicht nur in seiner Fachlichkeit, sondern auch in seinem Solidarsystem gerne, gerne kopiert werden würde. Das aber geht in den meisten Ländern nicht, weil sie einfach nicht die historische Voraussetzung aufweisen und auch dieses solidarische Prinzip nicht kennengelernt haben.

Ich, meine Damen und Herren, bin glücklich, dass ich in diesem Land geboren und groß geworden bin und dass ich in der jetzigen Zeit hier in Sachsen lebe, wo wir ein so gutes Gesundheitssystem haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Lassen Sie mich fortsetzen mit einem Zitat von Herrn Prof. Beske, der eine Untersuchung zwischen 14 hoch industrialisierten Ländern vorgenommen hat: „Es besteht der Eindruck, dass in keinem anderen hoch industrialisierten Land der Welt so kritisch über das eigene Gesund

heitssystem diskutiert wird wie in Deutschland.“ Ja, es wurde festgestellt, wir haben in Deutschland das höchste Versorgungsniveau im Vergleich dieser 14 hoch industrialisierten Ländern. Wir haben die höchste Hausarzt-, Zahnarzt- und Facharztdichte. Wir haben die höchste Krankenhauskapazität. Die Wartezeiten sind weltweit am geringsten. Und, ich muss sagen, wir haben ein Solidarsystem, das betroffenen Menschen hilft, nicht nur in der Not, sondern sie von Geburt an begleitet, wenn sie zum Beispiel mit festgestellten lebensbedrohlichen Erkrankungen geboren werden.

Anlässlich des 100. Jahrestages des Verbandes der Ersatzkassen danke ich, dass der Verband eine Fotoausstellung mit dem Titel „Wieder gesund“ initiiert hat. Diese Fotoausstellung wurde von Fotografen begleitet, die hinterher sagten, sie haben jetzt einen anderen Blick auf ihre eigene Gesundheit und Verantwortung. Sie zeigt die Ängste und Verzweiflung von Menschen, Momente der Lebensfreude, auch von Menschen, die durch ein Spenderorgan die zweite Geburt erlebt haben.

Meine Damen und Herren! Alle acht Stunden stirbt ein Mensch auf der Warteliste von Eurotransplant. 12 000 Menschen warten auf ein Spenderorgan. Bis letztes Jahr gab es 1 200 Spender mit 4 000 möglichen Spenderorganen. Die Spendenbereitschaft ist dramatisch zurückgegangen, sodass man derzeit noch auf ungefähr 1 040 bereitwillige Spender zählen kann.

Meine Damen und Herren! Es gibt viele Institutionen, die sich mit diesen Themen beschäftigen, und es gibt Klini

ken und Tausende von Menschen, die die Patienten jeden Tag umsorgen. Ich danke an dieser Stelle allen Ärztinnen und Ärzten, dem gesamten Pflegepersonal und allen, die damit beschäftigt sind, am Patienten und für den Patienten Hilfe zu leisten. Ich danke dem Vorstand der Universitätsklinik Leipzig für die sofortige transparente und – ich sage das einmal so – ganz straffe Organisation der Aufklärungsarbeit, dafür, dass sie die Aufklärung zur Vorstandssache gemacht haben und sich jeden Tag dafür einsetzen, dass der Ruf der Universitätsklinik nicht nur in Leipzig, sondern aller Ärztinnen und Ärzte, des Pflegepersonals wieder so aufgerichtet wird, wie sie es verdienen. Das Vertrauen muss wiederhergestellt werden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und der FDP)

Dazu sind Maßnahmen ergriffen worden. Öffentliche Prüfberichte werden künftig an der Tagesordnung sein. Es werden verschärfte Kontrollen vorgenommen. Es ist notwendig, die Vergaberichtlinien, vor allem bei der Lebertransplantation, zu ändern, und wir müssen Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung betreiben.

Lassen Sie mich die erste Runde mit den Worten von Bischof Wolfgang Huber, früherer Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschlands, beschließen. Er spricht von einer ethischen Entscheidungspflicht jedes einzelnen Menschen, darüber nachzudenken, was passiert, wenn er selbst mal krank wird, wie er auf Hilfe angewiesen ist, wenn irgendein Organ versagt. Jeder hat die ethische Entscheidungspflicht, darüber nachzudenken, wird er Spender oder nicht.

Sie müssen zum Ende kommen, Frau Kollegin. Ihre Redezeit ist überschritten.

Viele Menschen brauchen Hilfe.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Vielen Dank. Das war für die einbringende Fraktion der CDU Frau Kollegin Strempel. Für die miteinbringende FDP-Fraktion ergreift jetzt Frau Kollegin Jonas das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kollegen Abgeordneten! Gesundheitspolitisch begann das Jahr sehr stürmisch: Abschaffung der Praxisgebühr – lang erhofft, dann Probleme bei der Organtransplantation. Das waren die Themen des Jahreswechsels. Es waren Themen, die die schwarz-gelbe Koalition auch in der zweiten Jahreshälfte des vergangenen Jahres aktiv begleitet hat.

Blicken wir einmal zurück. Sie ist weg, sie wird weg sein – das waren die Kommentare, die die Entscheidung über die Abschaffung der Praxisgebühr begleitet haben. Im Jahr 2004 wurde die Praxisgebühr eingeführt, um unnötige Arztbesuche – sogenannte Bagatellarztbesuche – zu verhindern. Rot-Grün hatte sich damals dafür entschieden, weil die Kosten für das Gesundheitssystem exorbitant anstiegen.

Heute – neun Jahre später – stellen wir Folgendes fest: Die Idee war aus damaliger Sicht gut, das Ziel wurde verfehlt. Kein gesundheits- und kostenbewussteres Verhalten war messbar. Mit Blick auf die ersten Quartale wurde festgestellt, dass die Facharztbesuche zurückgingen. In den letzten Jahren hat sich dies in das Gegenteil gedreht. Wesentlich häufiger wurden Fachärzte durch Selbstüberweisungen und massenhafte Überweisungswünsche der Patienten durch die Hausärzte aufgesucht. Man sprach quasi von einer „Facharztflat“: Wenn man sich in einem Quartal entschieden hatte, dass dies das Arztquartal sein wird, wurden genau in diesem Zeitraum alle Facharztbesuche wahrgenommen.

Es ist völlig unbestritten, dass das Gesundheitssystem, welches Kosten verursacht und ein kostenintensives System ist, auch die Frage nach Eigenbeteiligungen stellen muss. Ja, dazu haben wir uns immer bekannt. Es muss eine Steuerungswirkung geben. Diese Praxisgebühr hatte keine Steuerungswirkung. Sie hat dieses Ziel nicht erreicht.

(Beifall bei der FDP)

Hinzu kommt, dass die Situation der Kassen im letzten Jahr sehr erfreulich war. Man sprach von Sparkassen, Krankenkassen und Sparschweinkassen. Dies signalisierte Folgendes: Es ist viel Geld vorhanden. Die Kassen haben verantwortungsbewusst immer wieder darauf hingewiesen, dass man Rücklagen für Zeiten, in denen höhere Kosten zu erwarten sind, bilden muss. Es war jedoch niemandem mehr zu erklären, warum auf der einen Seite erhebliche Überschüsse und auf der anderen Seite die wirkungsferne Praxisgebühr standen.

Blicken wir noch einmal auf den bürokratischen Aufwand zurück, der damit verbunden war. Man rechnet jährlich mit 120 Stunden, in denen eine Arztpraxis damit beschäftigt war, Quittungen zu drucken, Patienten zu mahnen und Abrechnungen zu tätigen. Deutschlandweit entspricht dies einem Gesamtvolumen von 360 Millionen Euro, die diese Tätigkeiten das Kassensystem bzw. das gesamte Praxisvolumen zusätzlich gekostet haben. Deshalb war die Abschaffung der Praxisgebühr eine Forderung von vielen Beteiligten. Der Deutsche Ärztetag 2012 hat dies gefordert. Ebenso hat sich die Bundesärztekammer immer wieder mahnend an die politischen Entscheider gewandt.

Schauen wir noch einmal ganz zum Schluss auf folgenden Punkt: Was wünscht sich ein Arzt für seinen Patienten? Er wünscht sich Zeit. Was wünscht sich der Patient von seinem Arzt? Er wünscht sich Zeit. Mit der Abschaffung der Praxisgebühr haben wir genau diesem Wunsch entsprochen. Die Ärzte sind hoffentlich mehr mit ihren Patienten beschäftigt, als an ihren Schreibtischen zu sitzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Kollegin Jonas sprach für die miteinbringende FDP-Fraktion. Nun folgt

in der ersten Rednerrunde die Fraktion DIE LINKE. Dann folgen die SPD, die GRÜNEN, die NPD und die Staatsregierung, wenn sie dies wünscht. Das Wort ergreift für die Fraktion DIE LINKE nun Herr Kollege Wehner.

Vielen Dank. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass ich etwas nicht richtig verstanden habe. Sie haben folgendes Thema für die Debatte gewählt: „Nach Organspendediskussion und Abschaffung der Praxisgebühr – Vertrauen ins sächsische Gesundheitssystem stärken“. Worüber haben Sie gerade gesprochen?

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Sie meinen offenbar etwas anderes. Frau Strempel, ich kenne folgendes Zitat: Das Wertvollste, was der Mensch besitzt, ist das Leben.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)