Zu den Zahlenverhältnissen im offenen Vollzug habe ich mich bereits geäußert. Gegenwärtig sind es in Sachsen 8,5 %, die insgesamt im offenen Vollzug zur Verfügung stehen. In der neuen JVA werden es 10,8 % sein, also eine leichte Steigerung. Gleichwohl kann ich das Ansinnen verstehen, dort insgesamt mehr Plätze zur Verfügung zu stellen. Die Realitäten lassen dies allerdings nicht zu.
Zur Frage der Größe der JVA lassen Sie mich darauf hinweisen, dass bei einer Vielzahl von Neubauvorhaben in den letzten Jahren in anderen Bundesländern in der Regel eine Neubaugröße zwischen 500 und
850 Haftplätzen als optimal angesehen wurde. Das heißt, hier ist es möglich, mit einer entsprechenden Binnendifferenzierung verschiedenen Behandlungserfordernissen
Die Frage der Stellungnahme des Landesverbandes Sachsen der Strafvollzugsbediensteten im Gegensatz zu der des Bundesverbandes ist bereits klargestellt worden. Der Landesverband der Strafvollzugsbediensteten steht hinter der Entscheidung der Staatsregierung für den Neubau der neuen Justizvollzugsanstalt.
Zum weiteren Vorgehen: Die Staatsregierung hat versucht, umfassend und nach bestem Wissen und Gewissen soweit wie möglich den Antragstellern Auskunft zu erteilen. Das ist hier auch angesprochen worden. Ich weiß nicht, wie die Antragsteller mit dem Antrag verfahren wollen, ob sie ihn für erledigt erklären oder in den Ausschuss zurückverweisen oder hier zur Abstimmung stellen wollen. Das ist Sache der Antragsteller. Für den Fall der Zurückverweisung in einen Ausschuss kann ich für die Staatsregierung jedenfalls hier vorab zusichern, dass wir den Ausschuss über die laufende Entwicklung auch weiterhin unterrichten werden.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Dr. Martens. – Das Schlusswort hat die Fraktion DIE LINKE. Der Abg. Bartl, jetzt sind wir sehr gespannt.
dankbar für die Konstruktivität der Debatte, eingeschlossen ausdrücklich die Ausführungen des Herrn Staatsministers, die uns weiteren Aufschluss ergänzend zu der schriftlichen Stellungnahme gegeben haben.
Ich habe nur eine Bemerkung an Kollegen Biesok. Ich glaube nicht, dass wir den Antrag zur Unzeit zur Behandlung im Plenum eingebracht haben. Wir hatten ihn am 1. Februar in den Geschäftsgang gebracht. Er ist dann meines Wissens am 27. Februar von der Staatsregierung beantwortet worden. Wir hatten dann erst, nachdem wir den Antrag in den Geschäftsgang gebracht haben, die Entscheidung im Ausschuss, dass wir diese Expertenanhörung zur Beratenden Äußerung des Rechnungshofes vornehmen. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass es ein vitales Interesse der Öffentlichkeit daran gibt, dass sich mit einem solch bedeutsamen Projekt auf dem Gebiet des Strafvollzuges das Parlament befasst, und zwar gewissermaßen als Stätte der res publica, der Öffentlichkeit und der Öffentlichkeitsvermittlung, der politischen Willens- und Meinungsbildung. Insofern glaube ich, dass die Debatte in jeder Hinsicht berechtigt und hilfreich war.
Ich greife ausdrücklich die Anregungen des Herrn Staatsministers auf. Ich glaube, es gibt einen durchaus sinngebenden Weg. Wir würden anregen und das auch förmlich beantragen, den Antrag an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zurückzuverweisen, und zwar mit der Maßgabe, dass er dort von uns nach der Expertenanhörung über die Beratende Äußerung des Rechnungshofes noch einmal aufgerufen wird, vielleicht mit sich daraus ergebenden ergänzenden Fragestellungen zu diesem oder jenem Punkt, wobei der Herr Staatsminis
ter bereits signalisiert hat, dann zu Auskünften zur Verfügung zu stehen. Es ist aber bereits absehbar, dass wir mit diesen ergänzenden Äußerungen im Ausschuss den Antrag dann für erledigt betrachten könnten.
Ich bitte also, über den Antrag so abzustimmen, dass wir beantragen, ihn an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zur Behandlung zurückzuüberweisen.
Sie haben den Antrag gehört. Nach § 89 Abs. 2e ist das ein Geschäftsordnungsantrag, über den ich jetzt abstimmen lasse. Wer dafür ist, dass der hier vorliegende Antrag Drucksache 5/11205 in den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zur weiteren Behandlung zurücküberwiesen wird, den bitte ich, das jetzt anzuzeigen. – Vielen Dank. Ist jemand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Damit ist das einstimmig so beschlossen und der Tagesordnungspunkt 7 ist beendet.
Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: SPD, GRÜNE, CDU, DIE LINKE, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.
Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit der Aussprache. Ich denke, wir haben die Aufmerksamkeit für die SPD. Herr Abg. Mann, Sie haben das Wort. Noch kommt der meiste Lärm aus Ihren eigenen Reihen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Heute Abend wird die Leipziger Buchmesse eröffnet. Parallel finden dazu seit Montag schon der 5. Kongress Bibliothek und Information Deutschland und auch der Deutsche Bibliothekarstag in Leipzig statt. Erwartet werden dort insgesamt 3 000 Teilnehmer aus 25 Ländern, die sich unter dem Motto „Wissenswelt neu gestalten“ vier Tage lang zu Problemen und Lösungsansätzen im Bibliothekswesen austauschen.
„Wissenswelt neu gestalten“ – vor dieser Aufgabe steht auch das sächsische Bibliothekswesen. Das reicht von den Fragen der Digitalisierung und den damit veränderten Nutzungsformen bis hin zu den Fragen der Bibliotheksstrukturen durch den demografischen Wandel.
Diese Fragen betreffen nicht nur die wissenschaftlichen Bibliotheken, sondern das gesamte öffentliche Bibliothekswesen. Dafür – so unsere Meinung – hat der Freistaat auch eine fachliche Verantwortung. Es mag sein, dass öffentliche Bibliotheken unter dem kulturellen Aspekt in den kommunalen Verantwortungsbereich fallen. Richtig ist auch, dass wir mit dem Kulturraumgesetz dafür eine gute Infrastruktur schaffen konnten. Aber Bibliotheken sind auch Bildungseinrichtungen. Unter dem bildungspolitischen Aspekt ist der Freistaat gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um die Qualität der Bildungsangebote der Bibliotheken und eine bibliothekarische Infrastruktur und deren Nutzung zu sichern, und das eben
Wenn die Staatsregierung das nun endlich in ihr politisches Handeln einbezieht, dann müssen wir über Fragen des Zugangs, der Qualität, der Standards und über die Struktur reden.
Im letzten Plenum hatten wir bereits eine Debatte zum Rechtsformwechsel der SLUB. Die inhaltlichen und damit eigentlich wichtigen Fragen wurden in dieser Debatte jedoch komplett ausgeblendet. Was heißt es denn, dass die SLUB auch in Zukunft die Service- und Koordinierungsaufgaben für Bibliotheken und Informationseinrichtungen in Sachsen übernehmen soll? Was heißt das denn konkret? Es ist durchaus denkbar, dass mit der Weiterentwicklung der SLUB die Gesamtkoordination in Sachsen, also einschließlich der öffentlichen Bibliotheken, auf bessere Füße gestellt wird. Aus diesem Grund haben wir in dem Ihnen vorliegenden Antrag auch auf die SLUB als eine der möglichen Varianten verwiesen.
Es ist natürlich eine Frage der Ausgestaltung. Wir haben deshalb in unserem Antrag die aus unserer Sicht wichtigsten Punkte aufgenommen, die in der Anhörung zum Bibliotheksgesetz der Fraktion GRÜNE als minimaler rechtlicher Handlungsbedarf angesehen wurden.
Das aber, meine Damen und Herren, setzt voraus – und ich hoffe, die Debatte zeigt das dann –, dass man im Freistaat Sachsen überhaupt eine fachliche Zuständigkeit für das gesamte Bibliothekswesen anerkennt, und zwar ohne diese aus unserer Sicht künstliche Trennung zwischen wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken.
Wir müssen dann über die Bedeutung der Landesfachstelle für Bibliotheken reden, denn diese erfüllt, unabhängig von der SLUB, eine wichtige, weil regionale Aufgabe, die von der SLUB so nicht wahrgenommen werden kann und auch nicht sollte. Wir brauchen die Landesfachstelle, die regionale Fachberatung macht. Diese aber ist in der derzeitigen personellen und finanziellen Ausstattung kaum möglich: gerade einmal fünfeinhalb Vollzeitäquivalente für rund 500 öffentliche Bibliotheken. Von diesen 500 öffentlichen Bibliotheken sind weit über die Hälfte ehrenamtlich getragen. Ich glaube, meine Damen und Herren, dass wir uns einig sind: Diese Ehrenämtler können nicht ständig nach Chemnitz reisen, um sich einen Rat zu holen oder fortzubilden. Das sollte verständlich sein. Wenn wir aber Qualität in öffentlichen Bibliotheken haben wollen, dann müssen wir auch Fachberatung ermöglichen, und zwar vor Ort.
Diese hohe Anzahl von ehrenamtlich geleiteten Bibliotheken führt im Übrigen auch zu einer Frage der Öffnungszeiten und damit zur Frage der Zugänglichkeit. Wir haben in der Debatte um die Bibliotheken in Sachsen einiges erfahren und erlebt. Ich will Ihnen nur eine kurze Episode schildern. Bei einer Veranstaltung in Reichenbach sagte uns ein Schüler, dass es ihm selber nicht mehr möglich ist, eine öffentliche Bibliothek zu erreichen. Das verweist nicht nur auf die Frage des körperlichen Zugangs, sondern sicherlich auch auf die Digitalisierung.
Wir fordern Sie deshalb auf, nicht auch mit diesem Antrag ein Bibliotheksgesetz vorzulegen, auch wenn wir es für sinnvoll halten. Aber wir fordern die Staatsregierung auf, wenigstens die rechtlichen Rahmenbedingungen, die wir haben, an die aktuellen Entwicklungen anzupassen. Das betrifft aus unserer Sicht nicht nur die Pflichtexemplarregelung, sondern auch den Datenschutz und die Belegexemplarregelung am besten unter Verweis auf das Archivgesetz. Hier gibt es aus unserer Sicht ein Regelungsdefizit und eine Ungleichbehandlung öffentlicher Bibliotheken. Das hat die Anhörung zum schon erwähnten Gesetzentwurf deutlich gezeigt.
So verwundert uns in der Stellungnahme der Staatsregierung schon, dass eine Anpassung des Belegexemplarrechts oder des Datenschutzes für irrelevant gehalten wird. Ein kurzes Beispiel. Wenn jemand eine Doktorarbeit in Sachsen schreibt und dabei die historischen Bestände einer öffentlichen Bibliothek nutzt, gibt es zurzeit keinerlei Verpflichtung, ein Belegexemplar abzugeben. Und was den Datenschutz angeht: Auch bei neueren Beständen müsste hier auf den Persönlichkeitsschutz geachtet werden. Dies müsste auch für öffentliche Bibliotheken gelten und wäre unter Verweis auf das Archivgesetz möglich.
Kurz gesagt: Die bibliotheksbezogenen Regelungen in den Landesgesetzen sind längst überaltert, und die rechtliche Ungleichbehandlung von wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken ist überholt. Ich kann hier nur spekulieren, dass die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme nur die ganz kleinen Bibliotheken im Blick hatte. Aber was, muss ich fragen, ist zum Beispiel mit dem Rechtsstatus von wissenschaftlichen Bibliotheken, die in kommunaler Trägerschaft sind, wie zum Beispiel die Oberlausitzer Bibliothek der Wissenschaften in Görlitz oder aber die Ratsschulbibliothek in Zwickau?
Verwundert sind wir auch über die Antwort der Staatsregierung bezüglich der Lizenzproblematik. Wenn Sie unseren Antrag richtig gelesen hätten, beinhaltet dieser einen Prüfauftrag, und auch dahinter steht eine Erfahrung, die uns als Abgeordnete mehrfach angetragen wurde. Eine einzelne kleine öffentliche Bibliothek hat eben keine Chance und vor allem auch wenig finanzielle Mittel, digitale Lizenzen zu erwerben. Hier braucht es größere Verbünde, vielleicht auch andere Partner. Dass die Frage der Lizenzen immer dringender wird, darauf verweist auch der derzeitige Bibliothekskongress in Leipzig deutlich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir leben in einer Wissens- und Informationsgesellschaft. Öffentliche Bibliotheken sind Orte des lebenslangen Lernens. Sie sind als Bildungsinstitution auch Orte, in denen Information und Medienkompetenz geschult werden können. In den sächsischen bildungspolitischen Regelungen spielt Medienkompetenz als Zielstellung aber keine Rolle. Auch das wurde schon mehrfach von Sachverständigen als Kritikpunkt benannt.
„Die Vereinbarung dieses Themas in bildungsrechtlichen Regelungen ist für öffentliche Bibliotheken ein wichtiges
Anliegen“, heißt es in der Antwort der Staatsregierung. Auch hier müssen wir fragen, was dieser Satz heißt – dass die Staatsregierung Bildungsgesetze entsprechend ändern wird oder vielmehr, dass der Staatsregierung dieses Thema weiterhin egal ist? Ich befürchte Letzteres, wenn wir nicht als Parlament tätig werden.
Ich sagte, dass Bibliotheken für uns eben auch Bildungsinstitutionen sind. Dafür trägt der Freistaat die Mitverantwortung, und zwar im Sinne eines abgestimmten und kooperativen Bibliothekswesens. Wir unternehmen
deswegen mit der Fraktion GRÜNE in diesem Antrag erneut einen Versuch, haben die notwendigen Handlungsfelder aufgezeichnet und werden auch nicht müde werden, dies so lange zu tun, bis endlich in den Köpfen und vor allem in den Amtsstuben der Staatsregierung angekommen ist, dass die Ungleichbehandlung zwischen wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken so nicht mehr haltbar ist. Eine moderne und zeitgemäße Bildungslandschaft benötigt auch für die öffentlichen Bibliotheken Qualitätsstandards.