Protokoll der Sitzung vom 14.03.2013

(Karl Nolle, SPD: Jetzt kommt die braune Brühe!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Inhalt des vorliegenden Antrages ist durchaus nachdenkenswert und es ist mir deshalb unverständlich, warum die Staatsregierung angesichts der klar benannten und für jedermann erkennbaren Probleme sichtlich genervt reagiert. Die Stellungnahme der Staatsregierung stellt sich als eine Mischung aus „Haar in der Suppe suchen“ und „Tun wir doch längst“ dar. Liegt das vielleicht daran, dass die Angelgewässer des Ministers Kupfer nicht von der Verockerung betroffen sind? Ich will es mal nicht hoffen. Ich denke, die Koalitionsvertreter würden heute anders diskutieren, wenn die Elbe in leuchtendem Orange hier am Landtag vorbeifließen würde.

Zu den Ursachen von Verockerung, zur Farbbelastung wurde schon ausführlich gesprochen. Ich kann mir das also aus Zeitgründen sparen. Die zur Thematik vorliegenden Gutachten liegen der Öffentlichkeit vor. Meine Damen und Herren, es steht fest, das Problem wird uns über Jahrzehnte begleiten, und es wird uns sehr viel Geld kosten. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias

Platzeck hat das erkannt und ist im Februar mit einem Zehn-Punkte-Programm an die Öffentlichkeit getreten. Ich wünsche ihm viel Erfolg und auch Glück bei der Umsetzung. Er wird es brauchen, denn bekanntlich ist ihm seit der Oderflut 1997 nicht mehr allzu viel an selbstgesetzten Vorhaben gelungen.

Ich erwarte andererseits von den verantwortlichen Politikern des Freistaates Sachsen unter Federführung des Ministerpräsidenten sichtbare Aktivitäten zur Lösung der Probleme im Zusammenhang mit Verockerung und Sulfatbelastung. Die Bürger wollen endlich sehen, dass überhaupt etwas getan wird, dass Geld in die Hand genommen wird, um etwas zu bewegen, und das, meine Damen und Herren, angesichts der Tatsache, dass schnelle sichtbare Fortschritte nicht zu erwarten sind und damit auch nicht als große Erfolgsmeldungen in den anstehenden Wahlkämpfen dienen können.

Noch ein Wort zu den entstehenden Kosten. Zurzeit wissen wir nur, dass sie sehr hoch sein werden und außerdem unüberschaubar sind. Immer wenn von fehlenden Geldern die Rede ist, fällt mir das Stichwort Sachsen LB ein. Keine Sorge, ich möchte das nicht weiter vertiefen, aber es sollte uns immer wieder in Erinnerung gerufen werden, wo das hart erarbeitete Steuergeld der Sachsen denn so bleibt.

Wie anfangs gesagt, werden wir dem vorliegenden Antrag, da er in die richtige Richtung weist, zustimmen, und ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf aus den Fraktionen für eine zweite Runde? – Es gibt keine

Wortmeldungen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Morlok.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe es für den erkrankten Staatsminister Kupfer übernommen, namens der Staatsregierung auf Grundlage der entsprechenden Zuarbeiten aus dem SMUL Stellung zu nehmen. Ich möchte, bevor ich zu diesem Punkt komme, die angesprochene Frage hinsichtlich der Kostenzuordnung beim Thema Braunkohlebergbau gern beantworten.

Die Kosten, die im Freistaat Sachsen bei der Beseitigung der Folgen des Braunkohlebergbaus entstanden sind, betreffen den Tagebau, wie er in der DDR vorgenommen wurde. Hier gab es eben keine verursachergerechte Kostenzuordnung, sondern man hat Raubbau an der Natur betrieben und die Tagebaue so verlassen, wie wir sie vorgefunden haben.

Ich finde es eine beachtliche Leistung von Bund und den betroffenen Ländern, wie in den letzten 20 Jahren bei der Sanierung dieses Altbergbaus Fortschritte gemacht wurden und ich will mich ausdrücklich beim Bund bedanken, dass wir im Rahmen des neuen Verwaltungsabkommens wiederum erhebliche Unterstützung erhalten. Was hier von Bund und Ländern geleistet wird, ist weltweit beispielgebend im Zusammenhang mit der Frage des Altbergbaus.

Man kann aber diese Kosten jetzt nicht dem aktuellen Braunkohlebergbau gegenüberstellen, weil es Altlastenbeseitigung ist. Die entsprechenden Unternehmen, die heute aktiv Bergbau betreiben, haben selbstverständlich Rückstellungen für die Wiederherstellung der entsprechenden Landschaften zu bilden. Das war in der DDR anders. Diese Aufwendungen haben mit der aktuellen Kostenzuordnung und einer Frage der Subventionierung des Braunkohlebergbaus nichts zu tun.

Ich komme nun zum eigentlichen Thema und möchte die entsprechende Zuarbeit vortragen. Sehr geehrte Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE streift mit dem vorliegenden Antrag ein aktuelles Thema, sie trifft es aber nicht. Ein grundlegender Mangel des Antrages ist die Gleichsetzung der Auswirkungen des Sanierungsbergbaus der bundeseigenen LMBV mit dem aktiven Braunkohlebergbau von Vattenfall. Damit bleiben die jeweils daraus folgenden Umweltbelastungen, insbesondere die beschränkten Steuerungsmöglichkeiten unberücksichtigt. Wir müssen zunächst einmal feststellen, dass die Eiseneinträge in die Spree ein Problem des Altbergbaus sind. Der aktive Bergbau trägt zur Umweltbelastung momentan so gut wie keinen Anteil bei.

Aus den Sümpfungswässern wird das Eisen herausgereinigt. Das Grundwasser ist im Bereich des aktiven Bergbaus momentan großräumig abgesenkt, so dass hier keine Kommunikation zwischen Grund- und Oberflächenwasser stattfindet und damit auch kein diffuser Übertritt von Eisen. Die Prozesse, die zur Verockerung der Spree

führen, sind im Wesentlichen Folge der nahezu vollständigen Unterbrechung des Braunkohlebergbaus im sächsischen Teil der Lausitz innerhalb weniger Jahre. Die Mobilisierung von Eisen erfolgte besonders in den letzten Jahren des Grundwasserwiederanstiegs, indem stark eisenhaltige Grundwässer in den obersten Schichten diffus in den Flusslauf der Spree und in die Kleine Spree übertreten. Die Konzentrationen im Flusswasser steigen an und es wird die bekannte Verfärbung sichtbar.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal klarstellen, dass die Eisenoxide im Wasser keine gesundheitliche Bedrohung darstellen und auch deren Wirkung auf die tatsächliche Gewässerökologie ist noch zu untersuchen.

Im Unterschied zur Eisenbelastung ist der aktive Braunkohlebergbau für rund 75 % der Sulfatfracht in der Spree verantwortlich. Die Spree wird derzeit durch eine abgestimmte Steuerung der Tagebaurestseen Bärwalde und Burghammer und gegebenenfalls durch Zuschusswasser aus der Talsperre Bautzen so bewirtschaftet, dass an der Landesgrenze Sachsen/Brandenburg maximal 450 Milligramm pro Liter Sulfatkonzentration erreicht werden. Da bisher kein großflächiges Verfahren zur Sulfatelimination existiert, kann das Sulfat in den Grundwasserbehandlungsanlagen derzeit nicht zurückgehalten werden. Zukünftig soll die Sulfatbelastung aus dem aktiven Braunkohlebergbau durch den Bau von Dichtwänden entscheidend vermindert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auf keinen Fall so, dass die verantwortliche LMBV das Problem ignoriert. Sie hat vor Kurzem Maßnahmen in einem Gesamtumfang von 9 Millionen Euro in Angriff genommen, um den Eiseneintrag in die Spree wirksam zu verhindern. Dazu gehören unter anderem die Ertüchtigung von Grubenwasserreinigungsanlagen und die Errichtung eines Abfangriegels mit Brunnen.

Die hier in Rede stehenden kurzfristigen Lösungsansätze ergeben sich als direkte Folge von Studien, die im Auftrag der LMBV erstellt wurden. Die LMBV war insbesondere durch die sächsischen Behörden und nicht zuletzt durch das SMUL zur Durchführung von Untersuchungen zu Ursachen der hohen Eisenbelastung des Grundwassers verpflichtet worden. Insoweit hat der brandenburgische Ministerpräsident nichts Neues verkündet oder angeschoben; er hat nur lauter darüber gesprochen, als wir in Sachsen das getan haben.

Die Vertreter des Freistaates Sachsen im Steuerungs- und Budgetausschuss der LMBV setzen sich regelmäßig konsequent dafür ein, dass sich die bundeseigene LMBV ihrer Verantwortung und Verpflichtung für die Konsequenzen aus den stofflichen Veränderungen von Grund- und Oberflächenwasser stellt.

Auch wenn das Problem für die betroffenen Anwohner und Unterlieger der Spree dringend ist – alle derzeit in Rede stehenden Maßnahmen zur Reduzierung des Stoffeintrags müssen hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit, ihrer Wirkungsschnelligkeit, ihrer Umweltauswirkungen und

auch hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit geprüft werden.

Verhältnismäßigkeit, liebe Frau Pinka, beschreibt den Zusammenhang von Aufwand und Nutzen. Man sollte mit dem Ruf nach Sofortmaßnahmen deshalb vorsichtig sein, denn diese erfordern erhebliche Mittel. Das Budget der LMBV kann nur einmal ausgegeben werden.

Auch hinsichtlich der Umweltauswirkungen der Maßnahmen muss man aufpassen, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten. So sind die Maßnahmen zur Grundwasserfassung und -absenkung in Ufernähe von Spree und Kleiner Spree zwar technisch realisierbar, es handelt sich jedoch um großflächige und schwerwiegende Eingriffe in teilweise wertvolle Flusslandschaften, deren Genehmigungsfähigkeit sorgfältig geprüft werden muss.

Bei der Maßnahmenwahrnehmung helfen keine neuen Koordinierungsinstanzen. Die klar geregelte zentrale Verantwortung der LMBV für die Aufgabe der Braunkohlesanierung setzt hier den Maßstab. Die dortige Bündelung der Kommunikation im Sinne eines zentralen Ansprechpartners ist konsequent und richtig.

Herr Staatsminister, Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Ich gestatte die Frage, befürchte aber, dass ich sie nicht beantworten kann.

Wir werden sehen. Herr Krauß.

Ich hatte auch schon diese Bedenken, will die Frage aber trotzdem stellen.

In Brandenburg gibt es eine Arbeitsgruppe unter Leitung des dortigen Präsidenten der Bergbehörde, Herrn Freytag, wobei man vereinbart hat, auf Sachsen zuzugehen. Wissen Sie, vielleicht auch über die Bergbauschiene, ob es da schon einen Kontakt zu Sachsen gab, oder ist Ihnen das nicht bekannt? Das liegt wahrscheinlich in der Zuständigkeit des Umweltministeriums.

Herr Kollege Krauß, ich weiß, dass es auch Kontakte des Oberbergamtes in Sachsen mit den Kollegen aus Brandenburg gibt, kann Ihnen aber im Einzelnen aus dem Stegreif nichts dazu sagen.

Ich fahre fort im Redetext: Die Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Land Brandenburg erfolgt neben der Konsultation auf Regierungsebene vornehmlich innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Flussgebietsbewirtschaftung Spree/Schwarze Elster. Hier sitzen die zuständigen Fachbehörden sowie der notwendige Sachverstand und praktizieren eine sachorientierte Zusammenarbeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss noch auf zwei Themen Ihres Antrags eingehen. Sie fordern dort ein abgestimmtes und zielorientiertes Monitoring der Stofffrachten im Grund- und

Oberflächenwasser. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass bereits ein umfangreiches Monitoring praktiziert und als Grundlage für die gesamte Maßnahmenplanung genutzt wird. Im Zuge der Abschlussbetriebspläne für den Sanierungsbergbau der Hauptbetriebe des aktiven Braunkohlebergbaus sowie der Planfeststellung der Tagebaurestseen wird ein umfangreiches Monitoring beauflagt und durch die Unternehmen auch betrieben. Umfang und Inhalt des Monitorings werden in Abstimmung zwischen den Behörden und der LMBV in Form von Monitoringkonzepten immer wieder fortgeschrieben, sodass eine Anpassung an aktuelle Entwicklungen gewährleistet ist.

Hinsichtlich der von Ihnen gewünschten Harmonisierung und übersichtlichen Regelung der stofflichen Vorgaben für die Grund- und Oberflächengewässer rennen Sie bei der Staatsregierung offene Türen ein. Dieses Anliegen ist für das SMUL tägliches Geschäft in der Diskussion mit den zuständigen Gremien des Bundes und der anderen Länder.

Ich möchte aber auch klarstellen, dass unter einer Werteharmonisierung nicht das Gleichsetzen von Werten verstanden werden darf. Vielmehr ist das primäre Ziel ein in sich widerspruchsfreies Wertegerüst. Die Einführung weiterer Prüf-, Grenz- und Maßnahmenwerte, die nicht auf der Umsetzung europäischen Rechts beruhen, ist nicht sachdienlich und nicht unser Ziel.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich empfehle daher dem Hohen Haus, dem vorliegenden Antrag nicht zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, das Schlusswort hat die Fraktion DIE LINKE. Frau Abg. Dr. Pinka, Sie haben jetzt Gelegenheit, das Schlusswort zu halten.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Es ist eigentlich schade, dass Sie empfehlen, den Antrag abzulehnen. Ich hätte mich schon gern der Anregung von Herrn Jurk angeschlossen, ein gemeinsames Zeichen nach Brandenburg zu senden, diesen Antrag zu unterstützen und gemeinsam mit Brandenburg dem Problem der Versauerung und Verockerung zu begegnen.

Herr Meyer, die Kleine Spree und auch die Spree sind nun einmal Gewässer I. Ordnung. Deshalb ist es die Aufgabe des Freistaates Sachsen, für seine Gewässer zu sorgen, sicherlich auch mit Blick auf das, was die LMBV tun kann. Ich weiß aber ziemlich genau, dass es Gutachten gibt, die vom SMUL beauftragt sind, die aber nicht öffentlich gemacht worden sind, so wie das jetzt die LMBV mit der Uhlmann-Studie gemacht hat. Seit fünf Jahren weiß diese Staatsregierung, dass es dieses Problem geben wird. Die Zusammenhänge sind dort klar aufgezeigt worden. Die Staatsregierung hat diese Studie eben nicht transparent und öffentlich gemacht, und sie hat eben

nicht begonnen, dem Problem der Verockerung zu begegnen.

Sicherlich kann es sein, dass aktiver und passiver Bergbau unterschiedliche Stoffausträge haben, aber sie treffen sich eben in einem Fluss, und diese Wanderung von Eisen und Sulfat nach Brandenburg ist eben gemeinsam. Deshalb denke ich, dass man das fachlich eigentlich nicht trennen darf, auch wenn die Genese eine unterschiedliche ist.

Frau Dr. Pinka, wollen Sie eine Zwischenfrage zulassen? – Bitte, Herr Dr. Meyer.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Dr. Pinka, wenn Sie behaupten, dass es Gutachten gibt, die nicht veröffentlicht sind, würde mich interessieren, woher Sie wissen, dass es diese Gutachten gibt, und was darin steht. Sie scheinen es ja zu wissen.