Protokoll der Sitzung vom 17.04.2013

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Herr Löffler schließt für die NPD-Fraktion die erste Rednerrunde ab. Wir kommen zu einer zweiten Rednerrunde. Das Wort ergreift für die einbringende Fraktion der CDU Herr Kollege Bienst.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Dulig, Sitzenbleiben ist nicht unser Thema. Wir wissen, was wir in Sachsen möchten. Sitzenbleiben hat Rot-Grün in die Welt gesetzt und gebracht. Darauf werde ich in meinem Beitrag noch eingehen.

(Unruhe bei den LINKEN und der SPD)

Das Thema der „Sächsischen Zeitung“ unter der Überschrift „Das Schulsystem an die Wand zu fahren“, die eigentlich sonst sehr aufgeschlossen, sachlich und konstruktiv Bericht erstattet, hat mich auch ein wenig verwundert.

(Unruhe bei den LINKEN und der SPD)

Liebe Frau Kollegin Klepsch, wir sprechen von der Unterrichtssicherung und nicht von der Unterrichtsgarantie. Das sage ich zu Punkt Nummer 1. Das ist kein Experiment. Das ist eine Hilfe, die wir zurzeit benötigen, um dem Unterrichtsausfall entgegenzuwirken. Dafür nehmen wir auch sehr viel Geld in die Hand.

Sehr geehrte Frau Giegengack, ich habe von einem geradlinigen Weg gesprochen. Dieser ist mit Steinen behaftet. Diese räumen wir beiseite. Das ist unsere Aufgabe. Das sehen wir auch so. Das werden wir zukünftig tun.

(Beifall bei der CDU)

Nein, meine Damen und Herren, Kinder brauchen Herausforderungen. Und ich erweitere: Kinder und Jugendliche brauchen Herausforderungen. Ich habe einmal die

Definition des Begriffs „Herausforderung“ im Duden nachgelesen – ich zitiere –: „Herausforderung: Anlass, tätig zu werden; Aufgabe, die einen fordert“. – Im System Schule heißt das: jedem Kind die Möglichkeit zu geben, tätig zu werden, Aufgaben zu geben, die Lernenden fördern. Dieser Gültigkeitsbereich erstreckt sich vom leistungsstarken über den mittelmäßigen bis hin zum leistungsschwachen Schüler.

Zwar haben Sie, liebe Kollegin Giegengack, Beispiele bezüglich des Landes Sachsen gebracht, jedoch gibt es nicht nur in Leipzig diese Beispiele. Die gibt es auch in anderen Bereichen. Aber das sind Einzelfälle. Das charakterisiert doch nicht das System Schule in Sachsen. Und genau diesen Fällen müssen wir uns auch annehmen. Mit diesen Fällen müssen wir arbeiten, und dort müssen wir auch helfen. Das, denke ich, werden wir in der Zukunft meistern, so wie wir es in der Vergangenheit bereits getan haben.

(Zuruf von der SPD)

Das Thema Sitzenbleiben war nun aktuell. In Hamburg hat man Sitzenbleiben abgeschafft – sicherlich mit keinen positiven Erfahrungen. In Rheinland-Pfalz gibt es einen Modellversuch; Rot-Grün in Niedersachsen – Kollege Bläsner sagte es bereits – plant das Abschaffen von Sitzenbleiben. Als ich das das erste Mal hörte, war ich einfach nur platt.

Schauen wir einmal in das System hinein: Auf der einen Seite gibt es die schwachen Schüler. Auf der anderen Seite gibt es leistungsunwillige und überforderte Schüler. Der Tatsache müssen wir ins Auge sehen. Die oberste Priorität in unserem Schulsystem ist, dass wir mit allen möglichen pädagogischen Mitteln fördern und fordern, sowohl den einen als auch den anderen Schüler. Und wenn diese Förderung und Forderung nicht mehr greift, dann gibt es Schülergespräche und Elterngespräche. Dann gibt es in der Schule Lehrerkonferenzen, die auch darüber entscheiden, was für diese jungen Menschen pädagogisch sinnvoll ist. Und da steht am Ende die Frage „Bleibt er sitzen, sollte er wiederholen?“, um nämlich genau die Vorteile des Wiederholens greifen zu lassen, zum Beispiel, Versäumtes nachzuarbeiten, Wissenslücken zu füllen oder die Anschlussfähigkeit an andere Schüler herzustellen.

Eines sage ich Ihnen: Wer leistungsunwilligen Schülern, überforderten Schülern oder Schülerinnen und Schülern ohne Fleiß und eigenes Bemühen automatisch einen Klassenabschluss gibt, der bereitet sie unzureichend auf das weitere Leben vor.

(Einzelbeifall bei der CDU und der FDP – Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Wer sagt denn das?)

Wenn man das Sitzenbleiben abschafft, liebe Frau Dr. Stange, dann hat man überhaupt keine Motivation mehr. Denn man braucht, um berufliche Abschlüsse zu erhalten, Prüfungen. Und dafür gibt es auch Noten. Man braucht bestimmte Anforderungen an Normen, die in der Tat so in der Praxis stehen. Und wenn Sitzenbleiben abgeschafft

wird, dann weiß ich nicht, wie das Leistungsdefizit, das von Jahr zu Jahr größer wird, behoben werden soll.

(Einzelbeifall bei der CDU)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Frau Klepsch.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Bienst, können Sie mir erklären, welche verbindlichen Fördermöglichkeiten – über das Führen von Gesprächen zwischen Eltern und Lehrern hinaus – versetzungsgefährdete Schülerinnen und Schüler erhalten? Also welche konkreten Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten gibt es?

Das kann ich Ihnen erklären, selbstverständlich. Wenn sich ein Schüler negativ – ich sage jetzt einmal negativ – in Richtung Leistung entwickelt, dann erfasst das in Sachsen der verantwortliche Klassenlehrer. Dann wird der Klassenlehrer die ersten Maßnahmen ergreifen. Das heißt, er wird mit dem Schüler sprechen und diesen Sachverhalt genau analysieren – logisch. Das heißt, es kann sozial bedingte Sachverhalte geben – was Frau Giegengack schon angesprochen hat –, es kann aber auch ein Sachverhalt sein, der in der Überforderung bzw. in seiner gebrachten Leistung liegt. Das ist der erste Schritt.

Dann wird dieser Kollege mit den tätigen Lehrern, die in der Klasse unterrichten, ein Gespräch darüber führen, welche Fördermöglichkeiten es gibt. Dann werden diese Lehrer, die in dieser Klasse tätig sind, diesen Schüler konkret in den Fokus nehmen und dort Fördermaßnahmen ergreifen, also zusätzliche Aufgaben erteilen, Gespräche führen, die außerhalb des Unterrichts stattfinden, versuchen, diesen Schüler entsprechend „auf die Linie“ zu bringen, um zukünftige Leistungsförderungen gelten zu lassen.

Und wenn das alles, also diese zusätzliche Förderung über Aufgaben, über Gespräche, über zusätzliche Leistungsabforderungen nicht greift, –

(Zuruf von der LINKEN)

Bitte? Nein, ich sprach gerade von den Lehrerinnen und Lehrern, die das in der Praxis tun, und das ist gelebte Praxis.

dann wird die Frage gestellt werden: Bleibt dieser Schüler sitzen, oder bleibt er nicht sitzen?

Ich wollte aber noch sagen, dass ein Jahrgangszeugnis nicht zum Blankoscheck werden kann; denn wenn es kein Nichterreichen von Klassenzielen gibt, dann frage ich mich: Wozu gibt es eigentlich Noten? – Wenn wir keine Noten haben, wie soll man sich dann im Betrieb bewerben? Wie soll man sich an Unis bewerben? Was gilt dann

als Abschlusszeugnis für Betriebe und Arbeitgeber? Schule hätte dann den Wert verloren.

CDU-Politik bedeutet hier nicht, Leistung geringzuschätzen oder Fleiß herabzuwürdigen oder Engagement zu bestrafen, nein, meine Damen und Herren, wir sind für ein begabungs- und leistungsorientiertes Bildungssystem. Die jungen Menschen sollen nicht nur entsprechend ihrer individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu mündigen und reifen Persönlichkeiten ausgebildet werden, sondern sie sollen auch das notwendige Rüstzeug erhalten, um später ihren Berufs- und Lebensalltag erfolgreich zu bewältigen.

Die Redezeit ist zu Ende.

Letzter Satz. – Noch einmal zu Ihren Umfragen: Ich habe einmal auf die Seite von Frau Falken geschaut. Wenn ich dort sehe, dass 90 % – oder genau: 89,6 % – für das Sitzenbleiben als Möglichkeit sind, dann, denke ich, sind wir auf dem richtigen Weg. Und ich wiederhole noch einmal:

Die Redezeit!

Wir stehen für ein stabiles, dynamisches und leistungsorientiertes förderndes und forderndes Schulsystem mit allen Facetten – wenn nötig, auch für Sitzenbleiben.

(Einzelbeifall bei der CDU und der FDP)

Das war Herr Kollege Bienst für die einbringende CDU-Fraktion. Für die ebenfalls einbringende FDP-Fraktion spricht erneut Herr Kollege Bläsner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt noch einige Dinge richtigzustellen. Frau Giegengack, Sie haben vorhin behauptet, hier hätte jemand gesagt, das wäre ein heilsamer Schock für die jungen Menschen.

(Zuruf der Abg. Annekatrin Giegengack, GRÜNE)

Wir können gern – Sie haben mich dabei sehr intensiv angeschaut, Frau Giegengack – –

(Zuruf der Abg. Annekatrin Giegengack, GRÜNE – Einzelbeifall bei der SPD)

Das können Sie machen. – Weder ich noch Herr Bienst haben von einem heilsamen Schock gesprochen. Sie von der Opposition tun gerade so, als wollten wir den Schülern, die sitzenbleiben, sagen: Ihr habt halt eine Fünf – zack-bumm, ihr bleibt sitzen! – Das ist doch völliger Nonsens. Es ist doch völliger Nonsens zu behaupten, dass wir das wollen.

Herr Bienst hat schon ausgeführt, dass sich die Lehrer um diejenigen Schüler, die beim Halbjahr schon absehbar versetzungsgefährdet sind, ganz besonders bemühen, ganz

besonders kümmern, dass wir Elterngespräche führen, dass mit den Schülern geübt wird, dass besondere Aufgaben gestellt werden. Einfach zu behaupten, bei den Schülern würde nicht gefördert werden, ist doch grundweg falsch, weil kein Lehrer aus tiefster Überzeugung möchte, dass seine Schüler sitzenbleiben, denn sie wollen, dass die Schüler das Klassenziel erreichen.

(Einzelbeifall bei der FDP)

Uns das zu unterstellen ist einfach mal „unter aller Sau“.