Protokoll der Sitzung vom 17.04.2013

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, insbesondere der LINKEN! Ich könnte es mir bei der Debatte um Ihren Gesetzentwurf genauso bequem machen, wie Sie es bei unseren Gesetzentwürfen oder Anträgen tun, indem ich mit keinem Wort auf das eingehe, was Sie gesagt haben oder beabsichtigen, sondern lediglich gewohnheitsmäßig Vorurteile kultiviere. Dann würde sich das Ganze folgendermaßen anhören:

Die letzte Partei, von der ein demokratisches Gemeinwesen Belehrung über die institutionelle Unabhängigkeit von Datenschützern oder gar die Transparenz von Regierungshandeln und Ähnlichem vernehmen möchte, ist eine Partei, die sich heute DIE LINKE nennt, in Wirklichkeit aber die personelle und ideologische Kontinuität kommunistischer Diktatur auf deutschem Boden verkörpert. Das wäre die angemessene und reziproke Reaktion auf Ihr parlamentarisches Gebaren gegenüber der NPD.

(Beifall bei der NPD)

Aber so leicht möchte ich es mir nicht machen, denn so wenig, wie Sie gegenwärtig mit dem verkrusteten Betonkommunismus der SED zu tun haben, so wenig sind die Mitglieder der NPD Nazis oder Nachfolger einer 1945 aufgelösten Partei.

(Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Allerdings merkt man Ihrem Antrag auch den etwas künstlich anmutenden Versuch an, sich rhetorisch den neuen ideologischen Sprechblasen anzunähern. So stoßen Formulierungen, die ich der Einbringungsrede von Frau Bonk aus dem Jahre 2011 entnommen habe, doch ein wenig auf, wie etwa „Best-Practice-Modell“ in bestem Denglisch, oder „zivilgesellschaftlich“, „Philosophiewechsel in der institutionellen Einordnung“ oder gar „Kultur des Datenschutzes“. „Konfliktiv“ ist da schon eher etwas kreativ anmutend, aber wenigstens aus sich heraus verständlich, obwohl es im Duden nicht aufzufinden ist – zumindest noch nicht.

Inhaltlich gibt es zu Ihrem Gesetzentwurf neben dem vielen Wortgeklingel allerdings aus NPD-Sicht nicht viel zu sagen. Sie wissen, dass wir die EU-Rechtsverlautbarungen und ihre damit einhergehenden permanent aufgezwungenen Anpassungskotaus nicht billigen und der Auffassung sind, dass wir in Deutschland selbst entscheiden sollten, welche institutionelle Ausgestaltung der Datenschutz bei uns erhalten sollte.

Wir sind außerdem der Auffassung, dass der Datenschutz und seine Notwendigkeit im Bewusstsein sowohl der Behörden wie auch der Bevölkerung hier in Sachsen stark genug ausgeprägt sind, und haben bislang nicht den Eindruck gewonnen, dass der Sächsische Datenschutzbeauftragte, Herr Schurig, sich durch sächsische Ministerien gegängelt fühlt – zumindest nicht permanent.

(Heiterkeit der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)

Auch seine Berichte zeugen davon. Aus diesem Grund sieht die NPD gegenwärtig keinen Anlass für eine Novellierung entsprechender Rechtsvorschriften. Wir lehnen deshalb den von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Wird von den Fraktionen weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Wünscht die Staatsregierung zu sprechen? – Herr Minister Ulbig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Debatte hat deutlich gezeigt, dass es mehrheitlich durchaus so gesehen wird, dass es keinen Bedarf an einem entsprechenden Gesetz gibt, denn die Unabhängigkeit der Datenschutzkontrolle im Freistaat Sachsen ist gewährleistet.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Urteil vom März 2010 ist zu Recht angesprochen worden. Es ist richtig: Wir haben damals Hausaufgaben aufbekommen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, in Sachsen haben wir unsere Hausaufgaben mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Sächsischen Datenschutzgesetzes im Juli 2011 gemacht.

Herr Bartl, dass wir diesbezüglich in der Bewertung auseinanderliegen, mag vielleicht in der Natur der Sache liegen. Aber Sie haben es durchaus als erste Konsequenz selbst beschrieben. Es ist richtig: Wir haben die Rechtsaufsicht der Staatsregierung über den Sächsischen Datenschutzbeauftragten aufgehoben. Das Abwahlverfahren wurde erschwert. Es entspricht im Übrigen dem Standard in anderen Bundesländern, zum Beispiel in Brandenburg, wo Sie an der Regierung beteiligt sind, aber auch in Rheinland-Pfalz, in Baden-Württemberg und in Mecklenburg-Vorpommern. Auch die personalwirtschaftliche Autonomie des Sächsischen Datenschutzbeauftragten ist aus unserer Sicht ausreichend geschützt.

Peter Schowtka hat zum Thema des Datenschutzbeauftragten selbst etwas gesagt. Auch eine Personalstelle kann in seinem Bereich schließlich nur im Einvernehmen mit ihm und nicht gegen ihn besetzt werden. Ich warne deshalb bei einem so sensiblen Thema wie dem Datenschutz generell vor gesetzgeberischem Aktionismus.

An der Stelle möchte ich das aufgreifen, was Herr Biesok angesprochen hat: dass die EU-Kommission im Januar 2011 eine neue Datenschutzverordnung vorgeschlagen hat. Dieser Vorschlag befindet sich derzeit in der Beratung in den Ausschüssen des Europäischen Parlaments und dem Rat der Europäischen Union. Nach meinem Kenntnisstand werden die Beratungen voraussichtlich Ende des Jahres abgeschlossen sein. Parlamentarische Beratungen können dabei durchaus auch eine gewisse Eigendynamik entwickeln, aber ich halte es auch für sinnvoll und für erforderlich, dieses Ergebnis abzuwarten. Erst dann ist nach meiner Überzeugung zu prüfen, inwieweit eine Novellierung der sächsischen Regelungen notwendig ist. Deshalb empfiehlt die Staatsregierung, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Aufgerufen ist das Gesetz zur rechtlichen und institutionellen Garantie der unabhängigen Ausübung der Datenschutzkontrolle

im Freistaat Sachsen. Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE.

Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor, Drucksache 5/11750. Ich frage, ob dieser Änderungsantrag eingebracht wird. – Bitte, Herr Abg. Bartl.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Ich darf in Richtung Tribüne nicht sprechen, ich stelle aber dennoch fest – in Reaktion auf die Bemerkung von Herrn Kollegen Schowtka –, dass auf der Tribüne sehr wohl ein Vertreter, der Stellvertreter des Datenschutzbeauftragten des Freistaates Sachsen, Platz genommen hat und demzufolge an der Debatte durchaus zumindest von dieser Position aus teilnimmt.

(Beifall der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE – Zurufe von der CDU)

Kollege Bannasch.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Eine sachliche Richtigstellung!)

Genau, reine sachliche Richtigstellung.

Ich habe ganz bewusst nicht noch einmal zu einer eingehenden Debatte ausgeholt. Ich sage einen Satz – und gehe gleich zu dem Änderungsantrag über –: Kollege Lichdi, die einen sagen so, und die anderen sagen so. Wir haben in der Frage einen Dissens und mit dem Dissens müssen wir leben, müssen in dem Fall auch die Abgeordneten dieses Hauses leben. Jeder soll sich hierzu eine Meinung bilden; wir haben unsere vorgetragen.

Die Änderungsfassung, die jetzt vorgelegt worden ist – das will ich noch einmal betonen –, nimmt das auf, was in der Expertenanhörung an Hinweisen erfolgt ist. Ich bin – das habe ich vorhin schon mit der Fragestellung zum Ausdruck bringen wollen – einer anderen Auffassung als Kollege Biesok. Wir hatten die Meinung – und wollten diese Meinung auf den Prüfstand stellen und dazu die Meinungsbildung im Parlament und die Meinungsbildung im Rahmen der Expertenanhörung haben –, ob es notwendig ist zur präzisen Ausgestaltung dieses neuen Ansatzes, der ja ein Stückchen europarechtlich vorgeprägt wäre, diese Regelungen zu der Stellung dieser unabhängigen Datenschutzstelle tatsächlich in der Verfassung vorzunehmen müssen.

Dort hat uns die Mehrheit der Experten gesagt, das ist zu weitgehend, das überdehnt die Notwendigkeit der Ausregelung. Hier reicht eine einfachgesetzliche zu, und genau das wollen wir mit der Neufassung dieses Artikels in dem Änderungsgesetz, Artikel 1, und die hier vorgesehenen Neuregelungen entsprechend gewährleisten. Wir beschränken es praktisch auf den Kern und meinen, dass das die richtige Konsequenz aus der Erörterung in den Ausschüssen ist.

Was die Neuregelung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Gesetzentwurf angeht, beinhaltet zu Nr. 8 in dem Artikel 2, habe ich vorhin schon erwähnt, dass wir diese Möglichkeit schaf

fen wollen, dass sich Beschäftigte des öffentlichen Dienstes niederschwellig an den Datenschutzbeauftragten wenden können und eben nicht den Weg gehen müssen, vorher den eigenen Dienstherrn entsprechend über den Dienstweg zu unterrichten.

Was zum Dritten die Neufassung des § 26 Abs. 5 betrifft, soll klargestellt werden, dass sich die kraft Verfassung zu garantierende vollständige Unabhängigkeit der neuen Landeskontrollstelle für Datenschutz ausschließlich auf den Leiter der Anstalt, den Sächsischen Datenschutzbeauftragten, bezieht, der in seiner Person diese entsprechende vollständige Unabhängigkeit mit dem gewählten Wort, Kollege Lichdi, „richterähnliche Unabhängigkeit“ bezeichnet – ein Konstrukt, das an anderer Stelle durchaus auch in gesetzgeberischen Vorhaben in dieser Bundesrepublik Anwendung gefunden hat.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ja, das passt!)

Darüber kann man streiten.

Viertens. Die Ergänzung des § 27 durch einen Abs. 9 geht auf einen direkten Hinweis des Sächsischen Datenschutzbeauftragten, Andreas Schurig, zurück, den er in der Behandlung des Gesetzentwurfes nach der Expertenanhörung im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss erteilte. Soweit wir im § 27 a Abs. 1 den Gesetzentwurf neu fassen, soll damit einfach konkretisiert werden, dass der Sächsische Datenschutzbeauftragte anzuhören ist, bevor durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift Regelungen getroffen werden, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung berühren. Es geht also darum, Hinweise aus der Expertenanhörung auch in dieser Hinsicht aufzugreifen.

Wir meinen, dass die Änderungsanträge in jedem Fall sachgerecht und zielführend sind und in den Punkten, in denen es seitens der Experten Einwände gab, das entsprechend beseitigen, was als mangelhaft betrachtet wurde.

Wir bitten deshalb um Annahme dieses Änderungsantrages.

(Beifall bei den LINKEN)

Zum Änderungsantrag Herr Biesok, bitte.

Ich möchte kurz zum Änderungsantrag Stellung nehmen. Sofern es den Teil der Verfassungsänderung betrifft, habe ich schon einiges dazu gesagt. Meines Erachtens ist es ein vorgeschobenes Argument, wenn in der Begründung vorgebracht wird, dass man es der Systematik der Sächsischen Verfassung

anpasst. Man ist bei der Erstellung des Gesetzentwurfes schlicht und einfach zu weit gegangen, hat den Fehler erkannt und ihn korrigiert. Man kann es löblich sehen, dass man ihn erkannt hat und daraus die Konsequenzen zieht, anstatt es durchzubringen. Ich würde eher sagen, das ist ein Fehler gewesen, der bei der Erstellung gemacht wurde; und das zeigt, mit welcher Sorgfalt herangegangen wird.

Die anderen Änderungsanträge nehmen in einigen Teilbereichen Änderungen in der Sache vor. Das ändert aber nichts daran, dass der Gesetzentwurf von seiner Grundstruktur her verfehlt ist. Die Einrichtung einer unabhängigen Stelle ist insgesamt verfehlt.

Deshalb werden wir diese Änderungsanträge auch alle ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weiteren Redebedarf zum Änderungsantrag? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich jetzt über diesen abstimmen. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Wir kommen jetzt zur artikelweisen Abstimmung über den Gesetzentwurf. Ich rufe auf Artikel 1, Änderung der Verfassung des Freistaates Sachsen. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen, bitte? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei keinen Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dafür ist Artikel 1 mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe Artikel 2 auf, Änderung des Sächsischen Datenschutzgesetzes. Wer möchte dafür stimmen? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Gleiches Abstimmungsverhalten; auch Artikel 2 wurde mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe Artikel 3 auf, Inkrafttreten. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Auch hier keine Stimmenthaltungen bei einigen Stimmen dafür; dennoch mit Mehrheit abgelehnt.