Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

Hinzu kommen zum Beispiel die dubiosen Vorgänge um das ausgehebelte Anhörungsrecht für die Vorsitzende der Wahlkreiskommission, Frau Landeswahlleiterin

Prof. Dr. Schneider-Böttcher. Es mag sein, dass der dienstliche Hinweis des SMI an Frau Prof. Dr. SchneiderBöttcher, der am Ende ihre Teilnahme an der Anhörung des Innenausschusses am 21. März verhinderte, auf einem Missverständnis beruhte und man eine Stellungnahme der Kommissionsvorsitzenden seitens der Staatsregierung nicht verhindern wollte. Immerhin wurde ja dann nachträglich diese Stellungnahme eingeholt; aber es ist eine Aneinanderreihung von seltsamen Vorgängen, die es der NPD-Fraktion unmöglich macht, für dieses Gesetz positiv die Hand zu heben. Wir werden uns also auch bei diesem Gesetz der Stimme enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Mir liegen für die zweite Runde noch zwei Wortmeldungen vor. Herr Hartmann für die CDUFraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Respekt, großes Kino, Sturm im Wasserglas, große Betroffenheit, der Theater

vorhang öffnet sich und alle spielen ihre Rolle gewohnt wie immer.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Man kann diese Debatte – und ich denke, darum habe ich mich bemüht – sachlich führen oder in großer Betroffenheit, und ich würde es einmal als Theaterkritiker versuchen und die einzelnen Rollen, die jetzt hier gespielt worden sind, durchaus, und ich denke zu Recht, kommentieren.

Da ist Frau Köditz, Fraktion DIE LINKE, und am Anfang muss ich sagen. Es ist schon traurig, wenn man den Sächsischen Staatsminister des Innern für dieses Theater verantwortlich macht über Wahlkreiszuschnitte, das ist unanständig.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

In der Landeshauptstadt Dresden und – –

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, DIE LINKE)

Herr Hahn, machen wir eine kleine Werbepause, bis Sie fertig sind. Das gehört ja zum guten Film dazu.

(Zurufe von den LINKEN)

Zurück zum Thema. Da ist die Situation, dass in Dresden aus sechs Wahlkreiseen sieben werden, und diese Wahlkreise verändern sich. Ich werde dazu auch noch etwas sagen, denn das passt sehr gut zu Herrn Panter, der versucht hat, schon mit Sarkasmus ein stilistisch sehr wertvolles Element vorzutragen.

Natürlich gibt es Abweichungen, und ich werde auch noch einmal auf das Thema kommen, dass Frau Köditz in großer Betroffenheit gesagt hat, warum denn der Bericht der Wahlkreiskommission eigentlich nicht hier im Parlament diskutiert worden ist. Offensichtlich ist es so, dass die Wahlkreiskommission die Staatsregierung bei der Erarbeitung eines Entwurfs für die Wahlkreiszuschnitte berät und insoweit folgerichtig der Bericht der Wahlkreiskommission, der uns aber rechtzeitig in diesem Hohen Hause erreicht hat und zur Verfügung stand, bekannt war und eine Grundlage für die Entscheidungsfindung der Staatsregierung ist. Natürlich gibt es Veränderungen. Einige hat Frau Köditz auch angesprochen, wie zum Beispiel die Bevölkerungsveränderung innerhalb eines Jahres, die Gebietszusammenschlüsse, und natürlich gab es da entsprechende Anpassungen.

Ich denke schon, dass auch mündlich vorgetragen wurde, wo diese entsprechenden Veränderungen sind. Selbstverständlich passt das nicht jedem. Ich habe ja das Vergnügen, auch einigen Gremien auf Bundesebene der CDU anzugehören, und in den Diskussionen über Wahlkreiszuschnitte in den Ländern, wo Rot-Grün regiert, wo man nicht die Mehrheit hat, da erlebt man diese Diskussion genau anders herum: große Betroffenheit über die Wahlkreiszuschnitte. Offensichtlich ist es immer eine Frage auch dessen, der die politische Verantwortung letzten Endes trägt, und je nachdem, in welcher Rolle man sich befindet, und da komme ich dann noch einmal auf Frau

Jähnigen zu, die ein Musterbeispiel dafür gelegt hat, wie man aus verschiedenen Betroffenheitsregelungen reden kann.

Nun ja, täglich grüßt das Murmeltier. Jetzt komme ich gleich zu Herrn Panter. Ich bitte Sie, Herr Panter, nachdem Sie in den Ausschussberatungen und auch in den Anhörungen nicht gerade anwesend gewesen sind, dass Sie die Instrumentalisierung der Wahlkreiskommission vielleicht in der Form, wie Sie sie vortragen, nicht betreiben. Ich glaube, Sie interpretieren die Wahlkreiskommission in einer Form, die der Wahlkreiskommission nicht gerecht wird, und insoweit kommen Sie zurück zu den Fakten. Es ist eine Empfehlung, die bewertet worden ist.

Schauen wir nach Dresden, und an dem Beispiel mache ich es fest, weil ich glaube, dazu durchaus etwas sagen zu können. In Dresden haben wir die Situation, dass hier ein großes Beispiel aufgemacht wird von dem Wahlkreis, der jetzt so inhomogen ist, nachdem die Staatsregierung dran gewesen ist, weil er sich jetzt von der Neustadt wie eine Banane über Klotzsche, Hellerau bis über die Dresdner Heide ins Hochland zieht. Nun ja, das ist eine vielleicht nicht so glückliche Gebietsstruktur, in der Tat. Ich sage Ihnen, was die Wahlkreiskommission vorgeschlagen hat. Nach Vorschlag der Wahlkreiskommission war dieser Wahlkreis von Trachau, Trachenberge über den Dresdner Norden, über den Elbhang, über die Elbe bis hinein nach Blasewitz geschnitten.

Eine hoch sinnvolle Struktur. Nun sage ich, wägen Sie das eine nicht gegen das andere ab, sagen, das andere war ein löblicher Vorschlag, und es macht so viel Sinn, dass dieser Bereich von Trachau und den Dresdner Norden bis nach Blasewitz reicht, aber es ist furchtbar, dass die Struktur jetzt so ist. Da schauen Sie sich bitte die Gebietsvorschläge richtig an. Die Wahrheit ist, es werden aus sechs Wahlkreisen sieben, und je nachdem, wie Sie das Thema angehen und betrachten, kommen Sie zu einer Lösung.

Deswegen gab es auch drei Vorschläge, nämlich den der Wahlkreiskommission, den der Landeshauptstadt Dresden, der mit Blick auf einen Zuschnitt ihrer Stadtratswahlkreise – 14 Stadtratswahlkreise auf sieben Landtagswahlkreise, was durchaus sinnvoll klingt – allerdings einen Nachteil hatte: dass sie nur 13 bilden konnten. Damit war der Vorschlag auch vom Tisch. Oder schauen Sie sich den Entwurf der Staatsregierung an. Die Wahrheit ist: Entweder Sie fangen an, das Gebiet von Blasewitz aufzudröseln, dann sind Sie da, wo die Wahlkreiskommission gewesen ist, und Sie haben eine der homogensten Strukturen der Landeshauptstadt Dresden zerschnitten, oder aber Sie kommen zu dem Vorschlag, den die Staatsregierung gemacht hat, den man gut finden kann oder auch nicht.

Herr Panter, vielleicht liegt es ja einfach daran, dass Sie in den letzten 23 Jahren nur einmal einen Wahlkreis hier in Sachsen gewonnen haben, der Sie so ein bisschen sarkastisch motiviert unterwegs sein lässt.

Noch ein Punkt zum Thema Wahltermin. Der Wahltermin ist ein Vorschlag der Staatsregierung. Sie arbeiten hier mit

Unterstellungen. Mir ist bisher noch gar kein Vorschlag der Staatsregierung bekannt, über den wir zu befinden haben. Der wird also noch kommen. Dann werden wir darüber reden, und Sie vermischen auch wieder alle Debatten; denn in der Tat, wir haben diesen Antrag im Geschäftsgang zurückgezogen, und zwar mit Respekt vor Ihren Anhörungsrechten. Es ist schon ein bisschen sportlich, uns hier vorzuwerfen, warum wir den Antrag zurückgezogen haben. Da folgt man Ihnen und Ihrer Argumentation und sagt, da haben Sie durchaus recht, und dann bekommt man es hier um die Ohren gefleddert. Dann beklagen Sie sich, dass man zueinander keine Ebene findet. Na, herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Und jetzt, Frau Jähnigen, zum Parlament, und das passt dann auch schon wieder im Schließen dieses Kreises. Die Parlamentszusammensetzung im Freistaat Sachsen

rechnet sich zum Schluss nach dem Zweitstimmenergebnis. Da ist dann letzten Endes völlig egal, wie der Wahlkreis geschnitten war, weil das Parlament sich nach dem Wahlergebnis aus den Zweitstimmen in Sachsen berechnet. Da können Sie schneiden, wie Sie wollen, in der Tat, Sie kommen möglicherweise zu Überhangmandaten. Sie unterstellen uns, wir rechneten immer damit, dass wir alle Wahlkreise gewinnen. Ich unterstelle Ihnen, Sie glauben, dass wir nicht in der Lage sind, wieder mehr Wählerstimmen zu bekommen. Das glauben aber wir.

(Gelächter bei den GRÜNEN)

Und nun zur Deutungshoheit. Frau Jähnigen, Sie sagen, das ist so furchtbar mit den Überhangmandaten, wir schneiden uns die Wahlkreise zurecht, wie wir es wollen. Wissen Sie, Ihr Vorschlag zeigt doch gerade, was Sie wollen. Und da ist die Kritik, die Sie an Frau Köditz vorgebracht haben, völlig unberechtigt, weil holterdiepolter – das Verfahren lief, Wahlkreiskommission und Staatsregierung waren da, die Entwürfe sind beraten worden –, da, hopsasa, fällt uns auch noch ein Gesetzentwurf ein, und dann kam noch einmal hintenherum gebogen, als das Verfahren schon lief, Ihr neuer Gesetzentwurf.

Da war die Argumentation sowohl von CDU und LINKEN und allen Beteiligten, die gesagt haben, jetzt läuft das Verfahren, Ihr Entwurf kommt zu kurzfristig, um ernsthaft in der Diskussion für die Wahlen 2014 beraten zu werden. Die Wahrheit müssen Sie schon noch einmal deutlich sagen, dass Sie so verspätet mit Ihrem Vorschlag um die Ecke gebogen kamen, dass es eigentlich für den Gutwilligsten nicht mehr möglich war, ihn ernsthaft in diesem Verfahren noch zu berücksichtigen.

Ihr Vorschlag zeigt noch etwas, nämlich der Vorwurf an uns zu sagen, wir schneiden uns die Wahlkreise zu. Ihr Vorwurf zu sagen, reduziert doch bitte die Anzahl der Wahlkreise, damit das alles fairer ist, zeigt doch nur Ihre Angst, dass Sie denken, Sie bekommen keine Direktwahlkreise. Das schneiden Sie sich einmal so zu, wie es Ihnen am liebsten gefällt.

Wir stehen aber zu einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen Wahlkreisen und Listen. Es ist sinnvoll, einen direkt gewählten Abgeordneten vor Ort zu haben. Das ist ein Beitrag zur unmittelbaren Demokratie. Gleichzeitig muss die Chance bestehen, Fachleute in das Parlament zu holen. Wir können gern darüber diskutieren, aber zu diesem System stehen wir und wir werden es weiterhin so tragen.

Der Vorschlag der GRÜNEN ist nicht motiviert vom Interesse an größerer Bürgerbeteiligung, die Sie doch sonst immer betonen, sondern getragen von der Sorge, dass Ihnen in Sachsen – wie bisher – der Zugriff auf Direktmandate versagt bleibt. Insofern verstehe ich auch den Unterschied zur LINKEN, was Ihre Argumentation angeht.

Damit komme ich zum Schluss. Ich hätte mir mehr Ernsthaftigkeit in der Debatte gewünscht. Nun haben wir daraus ein Schmierentheater gemacht, das dieses Hohen Hauses nicht würdig ist. Wir sollten zu einer ernsthaften Debatte zurückkommen.

Bitte stimmen Sie diesem Entwurf zu!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Panter, Sie möchten vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen?

(Dirk Panter, SPD: So ist es, Herr Präsident!)

Dazu haben Sie jetzt Gelegenheit.

Vielen Dank. – Wenn ich die beiden Wortbeiträge von Kollegen Hartmann vergleiche, stelle ich fest: Der erste war ruhig und sachlich gehalten, der zweite aber diffus und laut. Dazu fällt mir spontan ein: Getroffene Hunde bellen!

(Zuruf von der CDU: Quatsch!)

Davon einmal abgesehen, will ich nur Folgendes anmerken: Sie haben gesagt, Sie hätten mich im Innenausschuss vermisst. Ich bin leider nicht Mitglied des Innenausschusses, war aber bei der Anhörung dabei; dort hatte ich leider kein Rederecht.

Ich möchte hinzufügen, dass ich diese Thematik schon vor Ihnen auf meinem Tisch hatte – zumindest, wenn alles normal gelaufen ist; das weiß man ja nie so recht –, weil ich als Generalsekretär bzw. Verantwortlicher in der Partei das Ganze schon im vergangenen Jahr vom SMI mit der Bitte um Stellungnahme zugeleitet bekommen hatte. Insofern denke ich schon, dass ich mich intensiv damit beschäftigt habe.

Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Herr Hartmann, Sie möchte nicht darauf antworten? – Sie verzichten. Nächster Redner ist Herr Kosel für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Panter hat – wie ich finde, zu Recht – den Bezug zur Elbridge Gerry, dem Altmeister fragwürdiger Wahlkreisverschiebungen, und seinem Gerrymandering hergestellt. Auch heute noch ist das ein Problem, nicht nur im Jahre 1812, zu Lebzeiten von Elbridge Gerry.

Heutzutage allerdings sind dem Gerrymandering einige – wenn auch wenige – rechtliche Grenzen gesetzt, zum Beispiel in Gebieten nationaler Minderheiten wie bei uns in der Oberlausitz. So ist der Kommentierung zu Artikel 16 des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten klar zu entnehmen, dass sich unser Land mit der Ratifizierung verpflichtet hat, von Maßnahmen des sogenannten Gerrymandering im Siedlungsgebiet der Sorben Abstand zu nehmen.