Ich bin der Auffassung – Herr Dr. Meyer, damit muss ich Ihnen gleich in die Parade fahren –, dass es wesentlich mehr als drei Konflikt- bzw. Unterscheidungspunkte gab. Ich will in meiner Rede darauf eingehen, worin wir uns in grundsätzlicher Art unterscheiden.
Als SPD-Fraktion haben wir gemeinsam mit CDU und FDP diesen Antrag auf Einsetzung dieser EnqueteKommission eingebracht. Wir haben einen sehr klaren Auftrag formuliert und waren uns auch in der Wichtigkeit des Themas einig.
Wir können uns alle vor Augen führen, dass das Ziel Sachsens sein muss, dass wir insbesondere durch eine gezielte Innovationspolitik sicherstellen, dass wir wettbewerbsfähig sind, dass wir konkurrenzfähig sind – und das
nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern natürlich ganz Europas; darüber hinaus im Bereich der OECD-Staaten, wenn ich beispielsweise Japan und Korea einbeziehe, aber neuerdings auch mit Blick beispielsweise auf die BRICStaaten, also Brasilien, Russland, Indien und China, die alle bestrebt sind, durch ein Höchstmaß an Innovation ihr wirtschaftliches Fortkommen zu gewährleisten. Das muss uns einfach auch in diesem Land bewegen, und deshalb war es richtig, dass wir uns gemeinsam auf die Einsetzung dieser Enquete-Kommission verständigt haben.
Ich will durchaus eingestehen, dass wir ein sehr gutes Klima in der Enquete-Kommission hatten. Das lag an sehr unterschiedlichen Faktoren. Ich denke daran, dass wir intensive, sehr sachliche Beratungen hatten, dass wir honorige Sachverständige hatten, die uns wirklich etwas zu sagen hatten; dass wir eine Ausschussreise hatten, die nicht nur von Stress geprägt war, sondern die uns an Innovationskerne Europas geführt hat, wo wir durchaus auch Lernende waren und viele gute Eindrücke mitnehmen konnten. Das lag auch an der angenehmen Sitzungsleitung durch den Kollegen Thomas Schmidt.
Dennoch bleibt zurück, dass es keinen gemeinsamen Abschlussbericht gab. Das unterscheidet uns sehr von der Enquete-Kommission zum demografischen Wandel in der letzten Legislatur, weil eben doch gravierende Unterschiede bestanden haben. Trotz einer Reihe von Schnittmengen, lieber Kollege Dr. Meyer, gibt es eben erhebliche Defizite und Unterschiede, die dazu geführt haben, dass es 120 Seiten Minderheitenvotum der Opposition gegeben hat.
Ich will nur auf einige Punkte eingehen; dennoch gestatten Sie mir die Vorbemerkung: Ich kann mich auch etwas zurücklehnen und freuen, weil die vorhergehende Regierung aus CDU und SPD bei Schlüsselressorts, nämlich dem SMWK und dem SMWA in Verantwortung von Frau Kollegin Dr. Stange und mir, durchaus ein Stück Bestätigung erfahren hat. Denn das, was wir als Projekte, Programme und auch als Beratungsgremien installiert haben, hat sich dann doch als tragfähig erwiesen und als etwas, was Sachsen vorangebracht hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mich hat schon irritiert, dass wir am Beginn unserer Beratungen bzw. am Beginn des Schreibens des Abschlussberichtes so eine unterschiedliche Wahrnehmung bei der Bestandsanalyse hatten. Warum? Bei allem Stolz auf das Erreichte unter schwierigen Rahmenbedingungen und trotz großartiger finanzieller Unterstützung müssen wir uns doch den Defiziten widmen. Jawohl, wir haben Defizite, und zu diesen Defiziten muss man sich bekennen und wir müssen diese Defizite überwinden. Deshalb muss man sich klar dazu bekennen, dass strukturelle Defizite eben nicht nur von Opposition und Wissenschaftlern wahrzunehmen sind, sondern auch von den regierungstragenden Fraktionen.
Ich will das an mehreren Indizien festmachen. Wenn man beispielsweise den Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland heranzieht, so liegt unsere
Betriebsgröße momentan bei 64 %. Die interne FuEIntensität liegt bei 75 %, der Exportanteil bei 78 %, die Produktivität bei 71 % und das Entgeltniveau des verarbeitenden Gewerbes in Sachsen zu Deutschland bei 72 %. Das sind herausragende Unterschiede.
Wir haben festgestellt, dass wir eine unterschiedliche Wahrnehmung des Innovationsbegriffes haben. Der Innovationsbegriff greift dann zu kurz, wenn er so, wie von CDU und FDP verstanden, eigentlich nur einen linearen technologischen Prozess von Wissenschaft und Forschung, hin zum Endprodukt abbildet. Das ist einfach zu kurz gegriffen. Wir meinen, dass soziale und Dienstleistungsinnovation gleichwertig behandelt werden
Nun komme ich auf eine neue Sparte mit erheblichem Entwicklungspotenzial, aber auch mit erheblichen Risiken: die Kultur- und Kreativwirtschaft, die eigentlich einer besonderen Fürsorge unterliegen sollte. Ich komme eben dazu, dass wir uns auch über gesellschaftliche Innovation verständigen müssen. Da fällt mir insbesondere der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter ein – eigentlich der Vater des modernen Innovationsbegriffes –, der sich sehr klar mit Innovation auseinandergesetzt hat, aber eben auch – und das ist das Spannende in der heutigen Zeit – so klug war, bereits das Ende des Kapitalismus vorauszusehen. Er hat das sehr deutlich formuliert – im Gegensatz zu Karl Marx, der das Ende des Kapitalismus heraufbeschworen sah, quasi mit der Stellung des Proletariats im Klassenkampf –; er hat deutlich gesagt, dass der Kapitalismus auch an seinem Innovationserfolg zugrunde gehen wird und wir uns Gedanken machen müssen, was danach kommt.
Er hat eine klare Trennung zwischen dem Begriff des Kapitalisten und des Unternehmers vorgenommen. Das Unternehmertum war bei Schumpeter immer positiv besetzt, weil es die waren, die über Innovation ihre Prozesse und Produkte verbessert haben. Genau das wird uns auch gesellschaftlich voranbringen müssen, und wir sollten uns dieser Lehre erinnern.
Gleichwohl hat Schumpeter dies am Anfang des letzten Jahrhunderts entwickelt und unsere Zeit ist darüber hinausgegangen. Deshalb war es uns auch wichtig, dass wir uns genau dem Innovationsbegriff widmen – wie wir es gesagt haben: viel breiter und deutlicher.
Da stellt sich heute für mich als großartige Frage der Zukunft nicht nur die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit, die auch über Innovation zu erreichen ist, sondern auch die nach der ökologischen Vernunft und der Wahrnehmung der Herausforderungen, die damit verbunden sind.
Deshalb ist es richtig – und das habe ich als Wirtschaftsminister einzuführen versucht –, dass wir Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch voneinander entkoppeln müssen.
Dazu gibt es bereits eine Reihe von Programmen, wenn ich beispielsweise an Energieeffizienz in KMUs denke, wo wir deutlich gemacht haben: Wir müssen wegkommen von einer Kopplung von starkem Wirtschaftswachstum mit einem verstärkten Einsatz von Energien und Ressourcen.
Auch alle Prognosen des Weltenergieverbrauchs gehen davon aus, dass in den OECD-Staaten der Energieverbrauch konstant bleiben wird, obwohl es Wirtschaftswachstum gibt. Das heißt, der Prozess in sich funktioniert bereits, aber wir müssen ihn auch in Sachsen mit unseren Förderinstrumenten anreizen, und das haben wir im Minderheitenvotum sehr deutlich gemacht.
Ein ganz wesentliches Thema ist für uns die Kleinteiligkeit der sächsischen Wirtschaft. Diese Wirtschaftsstruktur hemmt uns in vielerlei Hinsicht. Gerade auch bei der Unternehmensnachfolge müssen wir uns diesem Thema noch stärker widmen, das heißt, auch Fusionen anregen, die die Unternehmen stärker befähigen, Innovation zu leisten dadurch, dass sie Zugang zu entsprechendem Wagniskapital bekommen, wobei mir die Rolle des Handwerks viel zu kurz gekommen ist. Handwerker sind von sich aus innovativ, denn sie müssen ständig neue Lösungen im Interesse ihrer Kunden präsentieren und sind damit quasi Innovationsmotoren.
Von daher gilt es auch die Innovationsfähigkeit des Handwerks für mich an vorderer Stelle zu nennen.
Da mir die Zeit davoneilt: Sie haben die Regionalbudgets erwähnt und ich will daran erinnern, dass sich CDU und FDP in der Koalitionsvereinbarung dazu bekannt haben, das zu prüfen und einzuführen. Innerhalb der EnqueteKommission gab es auch bei den Sachverständigen großes Übereinkommen darüber, dass man es braucht, dass es ein neues innovatives Instrument sein könnte, und am Ende ist es dem Streichkonzert zum Opfer gefallen; das bedaure ich sehr.
Jetzt komme ich zu Ihrem Einwand, Kollege Meyer: Man kann sich ja die Argumente, die Sie vorgetragen haben, alle noch einmal anhören und durch den Kopf gehen lassen. Für mich ist es aber auch eine Frage, ob man der kommunalen Ebene – dabei denke ich an die Landräte, die alle von der CDU kommen; an die Räte, die größtenteils von der CDU nominiert sind –; ob Sie ihnen nicht auch Verantwortung übertragen wollen.
Natürlich müssen wir darüber sprechen, wer für den Fall haftet, dass etwas schiefgeht. Aber es gehört eben auch dazu, dass man an der Basis gute Ideen aufgreift und ihnen die Verantwortung über finanzielle Mittel überträgt. Es ist tatsächlich so, dass im Rahmen der Euroregionen längst darüber nachgedacht wird, dass man über Regio
Noch ein letzter Punkt – ich muss noch Redezeit für Holger Mann übrig lassen; Entschuldigung –: Die steuerliche Forschungsförderung ist im Koalitionsvertrag der CDU/CSU- und FDP-Bundesregierung enthalten. Natürlich kann das nur im Bund gemacht werden, weil Steuergesetzgebung über den Bund geregelt wird. Aber es ist doch unter dem Strich festzuhalten, dass Sie nichts erreicht haben, gar nichts. Wir sprechen schon wieder über ein Phantom. Sie haben die steuerliche Forschungsförderung nicht durchgesetzt. Ich stehe dazu: Es wäre ein hervorragendes Instrument. Lassen Sie es uns gemeinsam anpacken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, der Minderheitenbericht liefert neben vielem, was im Mehrheitsbericht steht, durchaus einen sehr runden und gelungenen Abschlussbericht der Enquete-Kommission.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die TechnologieEnquete hat wichtige Impulse geliefert, um Sachsen im technologischen Wettbewerb zwischen anderen Regionen in Deutschland, in Europa, aber auch global weiterhin einen wichtigen Platz in den vorderen Rängen zu sichern.
Seit Einsetzungsbeschluss im September 2010 wurde viel Arbeit geleistet. In 23 Sitzungen waren nicht nur die Staatsministerin Frau von Schorlemer und Wirtschaftsminister Sven Morlok zu Gast; zahlreiche Vorträge, das Fachwissen der externen Sachverständigen und die Klausurtagung haben dazu beigetragen, ein umfassendes Bild bestehender Strukturen und zukünftiger Optionen zusammenzutragen.
Ich möchte an dieser Stelle allen Mitwirkenden danken, Mein persönlicher Dank gilt insbesondere unserem Kommissionsvorsitzenden Thomas Schmidt für seinen herausragenden Einsatz.
Darüber hinaus möchte ich auch Herrn Dr. Stephan Meyer danken, der kompetent und engagiert wesentliche Impulse auch im Abschlussbericht des Enquete-Kommissionsberichtes gesetzt hat. Darüber hinaus danke ich den Herren Prof. Mugler, Dr. Schenk und Prof. Leukefeld für ihre Mitarbeit in den jeweiligen Arbeitsgruppen.
Meine Damen und Herren! Wir ließen uns stets in der Arbeit in der Enquete-Kommission von der Frage leiten: Welche Zielsetzung soll die sächsische Technologie- und
Innovationspolitik in der langfristigen Perspektive verfolgen? Soll Sachsen weiterhin eine hochmoderne Schmiede von Meistertechnologien sein? Wollen wir Exzellenz in der Wissenschaft mit neuesten Laboratorien und zukunftsweisenden Materialien?
Natürlich ist Innovation abhängig von der Idee, die es dann umzusetzen gilt. Napoleon Hill, dessen Buch „Denke nach und werde reich“ sich über 60 Millionen mal verkauft hat, führt deswegen treffend aus: „Jede Firma, jeder große Erfolg hat mit einer Idee begonnen.“
Über die technologische Leistungsfähigkeit unserer sächsischen Forschungslandschaft besteht sicher hier im Hohen Hause kein Zweifel. Damit einher geht ein Pool von Ideen, aus dem sich vielfältige Innovationen speisen können. Wenige Beispiele mögen diese von mir genannten Tatsachen belegen.
Die Technische Universität Chemnitz ist wegweisend in der Herstellung neuer Materialien. Erst im vergangenen Monat stellte ein Forscherteam aus dem Spitzentechnologiecluster eniPROD auf der Hannover-Messe ein neues Verfahren vor. Es ermöglicht, Materialien herzustellen, die leicht wie Kunststoff, aber so stabil wie Metall sind.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat im März 2013 Gelder für ein Forschungsteam an der Technischen Universität Dresden bewilligt, das an der Materialsynthese arbeitet. Die Ergebnisse könnten zukünftig dazu führen, der Wirtschaft Kostenvorteile durch geringeren Energieeinsatz und natürlich weniger technischen Aufwand zu ermöglichen.
Meine Damen und Herren! Diese Beispiele deuten auf Forschungsaktivitäten, die eben nicht abseits der Wirtschaft erfolgen. Es sind keine rein akademischen Forschungsfragen, sondern Beispiele für die Verzahnung der Forschungslandschaft mit der sächsischen Wirtschaft. Sie bieten ein hohes Potenzial, aus der Inventions- in die Innovationsphase zu treten.
Genau an diesem Punkt möchte ich auf die angerissene Problematik zurückkommen. Was soll die zukünftige Technologiepolitik im Freistaat Sachsen leisten? Der Einsetzungsbeschluss zur Enquete führt in seiner Begründung aus, dass die exzellenten Wissensgeber zwar ein Faktor für innovative Unternehmen sein können; er führt aber ebenso aus, dass wir uns in Sachsen auf diesem Erfolg nicht ausruhen dürfen. Schließlich ist die exzellente Forschungslandschaft eben nur ein Faktor für die Ansiedlung innovativer Unternehmen und für Innovation vor Ort. Die Enquete-Kommission hat diesen wichtigen Unterschied zwischen Invention und Innovation noch einmal deutlich herausgearbeitet.
Der Abschlussbericht führt treffend aus: „… dass es beim Transfer von Forschungsergebnissen nicht so sehr darauf ankommt, wo die FuE-Erfolge erzielt wurden, sondern auch die Nutzbarmachung der Forschungsergebnisse anderer Regionen kann die sächsische Wirtschaft stärken,