Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Selbstverständlich möchte ich zu diesem Antrag sprechen. Der Antragsgegenstand macht aus meiner Sicht deutlich, dass es das gesamte Spannungsfeld zu beleuchten gilt, welches für das Thema öffentliche Sicherheit Verantwortung trägt.

Ich habe diesen Antrag nicht so verstanden, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es darum geht, Verantwortung von der Polizei wegzuschieben, zumindest nicht in den Kernbereichen. Aber ich habe diesen Antrag schon so verstanden, dass es darum geht, das gesamte Spannungsfeld von Polizei über Kommunen bis hin zur privaten Verantwortung in diesem Themenkomplex zu beleuchten. Das halte ich für vernünftig.

Grundlage für diese Diskussion ist die polizeiliche Kriminalstatistik. Herr Dr. Hahn, seit 2001 wird sie bundeseinheitlich geführt. Insofern hat nicht der Innenminister ein paar Zahlen so oder so herausgegeben. Das ist vielmehr eine bundeseinheitliche Statistik, die gleich geführt wird und damit eine Vergleichbarkeit zwischen den Ländern gewährleistet.

Ich möchte deshalb aus meiner Sicht einmal deutlich machen, dass ein Dank an die sächsische Polizei angezeigt ist. Es ist eine bemerkenswerte Arbeit und Leistung, die in diesen Zahlen steckt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Abg. Horst Wehner, DIE LINKE)

Die sächsische Polizei hat unabhängig von der bisher schon sehr gut geleisteten Arbeit im Ländervergleich gerade in Bezug auf Aufklärungsquoten im Eigentumsbereich gute Werte. Hier nimmt Sachsen in vielen Bereichen

vordere Plätze ein, so zum Beispiel beim Wohnungseinbruchsdiebstahl, welcher gerade bundesweit im Fokus steht.

Dass bei einer solchen Diskussion das Thema Personal nicht ausgespart werden kann, war klar. Dafür habe ich Verständnis. Wenn Sie es immer aus Ihrer Sicht ansprechen, möchte ich meine Sicht deutlich machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch in der sächsischen Polizei haben wir eine demografische Veränderung, die besagt, dass zwischen 400 und in manchen Jahren 500 Kolleginnen und Kollegen in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen. Seit 2009 steht fest, dass nicht nur für eine kurze Zeit, sondern langfristig 300 junge Menschen im Freistaat ausgebildet und dann in den Dienst der sächsischen Polizei übernommen werden.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Da fehlt aber noch ein bisschen!)

Wenn wir uns das anschauen, Herr Dr. Hahn, bedeutet das: Im Jahr 2012 hat es eine Reduzierung, eine Veränderung von 84 Stellen gegeben. Im Jahr 2013 beträgt die Differenz zwischen den in den Ruhestand getretenen Kollegen und denjenigen, die in den Dienst kommen, 99. Für das Jahr 2014 wird eine Differenz von 96 Stellen prognostiziert. Die Aufgabe bestand bei der Formulierung des Polizeikonzeptes 2020 darin, diese Veränderungen, die zugegebenermaßen über die nächsten Jahre anstehen, vernünftig zu organisieren.

Dazu dient das Polizeikonzept 2020. Herr Hartmann hat das ausgeführt, aber ich möchte die Prämissen wiederholen: Die Anzahl der Streifenpolizisten bleibt auf dem Niveau. Damit ist die Präsenz in der Fläche weiter gegeben. Die Anzahl der Bürgerpolizisten wird sogar leicht angehoben. Auch im Bereich der Bereitschaftspolizei gibt es keine Veränderungen. Und – auch das möchte ich noch einmal sagen – es wird kein Standort aufgegeben. Natürlich wird es Veränderungen an entsprechenden Standorten geben. Das hat die neue Struktur, die zum 01.01.2013 eingeführt worden ist, jetzt schon abgebildet. Ich denke, es ist auch vernünftig, dass sich die Polizei solchen Veränderungen stellen muss.

Natürlich ist es auch wichtig, dass wir die Kolleginnen und Kollegen im Blickfeld haben. Bei allen kritischen Argumenten möchte ich sagen: Wir sind eines der letzten Länder, die zu 100 % dazu stehen, die Heilfürsorge beizubehalten. Der Dienst zu ungünstigen Zeiten ist ebenfalls enthalten und – auch das möchte ich an dieser Stelle sagen, da es Bestandteil des Haushaltsplanes 2013/2014 ist – die Stellenhebung von 400 Stellen pro Jahr über vier Jahre. Das sind 1 600 Stellen, die angehoben werden können. Dazu kommt eine vernünftige Ausstattung, denn diese gehört nach meinem Verständnis dazu: Von IT über Schutzausrüstungen und Fahrzeuge sollen auch Funkstreifenwagen mit mobilen PCs und Druckern ausgestattet werden. Die Ausstattung läuft. Die Polizeidirektion Görlitz hat mir Vollzug gemeldet, also, die wichtige PD hat das bereits abgearbeitet.

Ich bin auch dankbar, dass der Bundesinnenminister bei seinem Besuch hier klar Position bezogen und nochmals deutlich gemacht hat, dass es im Bereich der Bundespolizei keinen zusätzlichen Abzug geben wird. Wir haben uns außerdem über die bisherige Zusammenarbeit bis zu gemeinsamen Streifen als bundesweites Pilotprojekt verständigt, um zu prüfen, ob man auch diesen Bereich noch etwas ausbauen kann.

Über die Grenzen und die gemeinsame Verantwortung ist gesprochen worden, deshalb bin ich dankbar, dass das zumindest als richtiger Ansatz gesehen wird; denn nach meinem Verständnis ist ganz klar: Eine gemeinsame Grenze heißt auch gemeinsame Verantwortung, und die Zusammenarbeit klappt – bei allen kritischen Dingen – mit Polen, aber auch mit Tschechien immer besser. Deshalb ist klar, dass an dieser Stelle weitergearbeitet werden muss. Dies werden wir auch entsprechend tun.

Aber ich möchte deutlich machen, dass es natürlich auch den Punkt der privaten Verantwortung gibt – nicht im Sinne der Privatisierung von Polizeiarbeiten; aber: Im Rahmen des Projektes „Helios“ in Dresden haben die Kollegen – neben den abgestimmten Fahndungsmaßnahmen – auch geschaut, wie es in den Fahrzeugen aussieht. Während dieser Zeit sind immerhin 1 500 Autobesitzer angeschrieben worden, weil Wertsachen im Auto gelegen haben, und zwar so, dass man sie sehen konnte, und dadurch natürlich ein Anreiz für Diebe entsteht.

Des Weiteren möchte ich etwas ansprechen, worin ich ebenfalls eine Möglichkeit sehe. Schon heute arbeiten private Unternehmer mit privaten Sicherheitsunternehmen zusammen. Das ist ganz selbstverständlich, aber aus meiner Sicht gibt es dabei noch Möglichkeiten, die Schnittstellen zwischen den privaten Sicherheitsunternehmen und der Polizei zu verbessern, um Informationen, die dort vorhanden sind, zur Polizei zu bringen und an dieser Stelle die Strafverfolgung ansetzen zu können. Deshalb werden wir im Bereich der Evaluation schauen, ob das Jahr 2016 oder das Jahr 2017 geeignet ist. Vielleicht muss aufgrund der aktuellen Entwicklung neben der normalen Evaluation auch schon im Jahr 2015 evaluiert werden.

Damit komme ich zum Schluss und möchte sagen: Die Bekämpfung der Kriminalität insgesamt, aber der Grenzkriminalität im Besonderen bleibt eine Daueraufgabe und ein Schwerpunkt der Polizei, und grenzüberschreitende Erfolge wird man nicht immer von heute auf morgen sehen können. Kontinuierliche gemeinsame Schritte und neue Wege mit Bürgern und Unternehmen, aber auch Kommunen werden jedoch mittelfristig weiter zum Erfolg führen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir kommen zum Schlusswort. Für die einreichenden Fraktionen spricht Herr Hartmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke dem Herrn Staatsminister noch einmal ausdrücklich für seine Ausführungen, da er einiges noch einmal klar herausgestellt hat, insbesondere in Bezug auf das Konzept

„Polizei.Sachsen.2020“ und die anstehenden Aufgaben.

Wir wollen mit dem Antrag – das möchte ich noch einmal deutlich sagen – keine Privatisierung des Gewaltmonopols des Staates. Wir wollen keine Privatisierung polizeilicher Aufgaben. Diese Aufgaben sind klar definiert. Auf diese soll sich auch die Polizei konzentrieren können. Aber ich denke, es ist nicht allein eine Aufgabe der Polizei. Sie können noch so viel Polizei auf die Straßen stellen – Kriminalität hat es in der Vergangenheit gegeben, sie gibt es heute und sie wird es immer geben. Das stellt uns vor die Herausforderung zu schauen, wie wir mit den Unternehmen der Wirtschaft sowie den Kommunen gemeinsam diesen Rahmen gestalten und das Sicherheitsnetz im Freistaat Sachsen stricken. Dazu gehört auch das Bewusstsein bei allen Beteiligten um diese Situation und nicht nur der Verweis auf die Polizei.

Es ist uns mit diesem Antrag sehr wichtig, diesen Punkt einer gemeinschaftlichen Zusammenarbeit von Polizeibehörden und Privatunternehmen sowie Initiativen der Gesamtgesellschaft noch einmal herauszustellen. Wir bitten Sie deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, bevor wir zur Abstimmung über den Antrag kommen, liegt mir noch ein Änderungsantrag vor. Frau Jähnigen, ist er schon eingebracht oder wollen Sie ihn noch einbringen? – Sie wollen ihn gern noch einbringen. Dazu haben Sie nun Gelegenheit.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatsminister! Angesichts der Situation im grenznahen Raum genügt es uns nicht, dass Sie Verständnis für eine Diskussion über die Personalsituation der Polizei haben und auf spätere Evaluationen lange nach der Wahl verweisen. Wir brauchen die Evaluation jetzt.

Deshalb schlagen wir vor, dass ein Bericht zur realen Stellenausstattung und -verfügbarkeit mit Blick auf die reale Kriminalitätsentwicklung in den einzelnen Revieren verfasst wird und dazu die Interventionszeiten – die Zeit, bis die Polizei handlungsfähig vor Ort ist – betrachtet werden. Warum denn die Realität scheuen, wenn Sie sagen, dass Ihre Maßnahmen so positiv sind? Ich gebe Ihnen recht: Es geht um Polizeipräsenz, es geht nicht um die Festlegung von Standorten. Aber gerade dort liegt das Problem. Dabei sind andere Politiker der CDU weiter. Ihr Kollege Stahlknecht aus Sachsen-Anhalt hat sich durchaus den grünen Vorschlägen für polizeiliche Hilfsfristen = Interventionszeiten geöffnet. Tun Sie es doch endlich auch!

Nun zu den Punkten 2 e) und 2 f) Ihres Antrages. Polizeibehörden und Private dürfen schon kooperieren. Was soll die verstärkte Kooperation, wenn Sie nicht privatisieren wollen? Zusätzliche Aufgaben für die Kommunen – wer finanziert diese? Lieber Kollege Hartmann, Sie wissen, was in Dresden in diese Aufgaben gesteckt und wie dieser Bereich aufgestockt worden ist. Wollen Sie den Landkreisen im grenznahen Raum erzählen, dass sie in diesem Maße mehr Geld hineinstecken sollen, um die Grenzkriminalität zu bekämpfen? Es ist zumindest sehr missverständlich, was Sie vorschlagen, wenn man es gerade auf den grenznahen Raum bezieht.

Rechtliche Möglichkeiten zur Kooperation gibt es auch schon. Sie wollen neue rechtliche Möglichkeiten, aber Sie wollen nicht privatisieren. Ja, was ist denn das? Entweder es ist ein Placebo – dann ist es gefährlich, weil Medizin notwendig ist –, oder es ist wieder eine vergiftete Tablette.

Da diese beiden Punkte unklar bis gefährlich sind und der Bevölkerung falsche Lösungen versprechen, möchten wir sie streichen. Dem Antrag mit den Streichungen könnten wir zustimmen, den unveränderten Antrag müssen wir ablehnen, wenn er so bleibt. Ich bitte um punktweise Abstimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt nun noch Wortmeldungen zum Änderungsantrag; Herr Dr. Hahn.

Ich wollte gern zum Änderungsantrag sprechen.

Ja, Sie dürfen zum Änderungsantrag sprechen.

Frau Jähnigen hat die Punkte noch einmal genannt, die ich auch in meinem Redebeitrag für die Fraktion angesprochen habe. Für uns sind die Fragen nicht beantwortet worden, was die Mehrkosten sowie die Frage der Privatisierung betrifft. Daher unterstützen wir den Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wenn er angenommen werden würde, wären viele Probleme in dem Antrag beseitigt.

Sollte die CDU – was eine Klarstellung wäre – oder die Koalition den Änderungsantrag ablehnen, dann könnten wir uns aber auch nicht mehr der Stimme enthalten, weil die Fragen offenbleiben, die ich angesprochen habe, und wir müssten als Fraktion den Antrag insgesamt ablehnen. Ich bitte und werbe um Zustimmung zu dem vorgelegten Änderungsantrag.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Karabinski, bitte.

Ich möchte kurz auf den Änderungsantrag eingehen. Frau Jähnigen, es wird Sie nicht überraschen, dass wir Ihren Änderungsantrag aus

folgenden Gründen selbstverständlich ablehnen: Aus unserer Sicht ist es durchaus sinnvoll, über Kooperationen mit privaten Sicherheitsunternehmen nachzudenken,

wenn es dabei nicht zur Übertragung hoheitlicher Aufgaben kommt. Genau das wollen wir nicht. Sie deuten das hinein, wie es Ihre Art ist.

Zum anderen betrifft es die Interventionszeiten bei der Polizei. Frau Jähnigen, wir haben das schon oft diskutiert und wir halten das für nicht praktikabel. Sie wissen es selbst, Polizisten sind anders als zum Beispiel Rettungsdienste. Sie sitzen nicht den ganzen Tag im Revier und warten nur darauf, dass man sie anruft. Nein, wir wollen, dass die Polizei auf der Straße ist. Folglich kommt es auch zu unterschiedlichen Einsatzzeiten – je nachdem, zu welchem Einsatzort und zu welchem Einsatz man gerufen wird. Deshalb können wir bei der Polizei nicht mit Interventionszeiten arbeiten, und wir wollen es auch nicht.

Deshalb lehnen wir Ihren Änderungsantrag ab.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Friedel für die SPD-Fraktion, bitte.

Ich möchte zum Änderungsantrag sprechen bzw. zu dem, was Herr Karabinski soeben sagte. Abgesehen von dem, was Sie inhaltlich gesagt haben, finde ich Ihre Vorstellung von Rettungsdienstmitarbeitern geradezu erschütternd: Sie sitzen den ganzen Tag auf der Wache und warten, bis mal jemand klingelt. Das wird der Arbeitsweise dort in der Realität in keinster Weise gerecht. Es wundert mich auch nicht, was Sie vor einem Jahr mit dem Rettungsdienstgesetz gemacht haben.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Bevor wir zu den Abstimmungen kommen, eine Rückfrage an Frau Jähnigen: Was haben Sie beantragt? Haben Sie die punktweise Abstimmung über den Änderungsantrag oder die punktweise Abstimmung über den Antrag von CDU und FDP beantragt? Das haben Sie im Unklaren gelassen. Bitte stellen Sie das an Mikrofon 2 noch einmal richtig.