Protokoll der Sitzung vom 11.07.2013

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, danke. – Herr Jurk, jetzt kommt der Punkt: Natürlich steht folgende Frage: Da jeder weiß, dass Braunkohle den schlechtesten technischen Richtwert bezüglich des CO2-Gehaltes, des Kohlenstoffgehaltes, hat, muss man dringend die Frage aufwerfen, wie lange wir überhaupt noch an der Braunkohlenverstromung festhalten wollen. Nach sächsischer Lesart der hiesigen Staatsregierung sollten wir möglichst

bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag an der Braunkohlenverstromung festhalten.

Die Redezeit läuft ab, Frau Kollegin.

Aber das wird nicht gehen, wenn wir tatsächlich Vorbild für andere Länder auf der Erde sein wollen. Ich denke, alle Länder schauen gespannt auf Deutschland, ob dieser Umbau des Energiesystems tatsächlich gelingt. Ich wünsche und hoffe, dass er gelingt.

Danke.

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Frau Dr. Runge sprach soeben für die Fraktion DIE LINKE. – Jetzt gibt es eine weitere Kurzintervention am Mikrofon 5. Bitte, Herr Kollege Heidan.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Runge, ich möchte Ihren wissenschaftlichen Äußerungen massiv widersprechen, die Sie soeben in Ihrem Redebeitrag gebracht haben, nämlich dass es erwiesen ist, dass vor Jahren das Ozonloch ziemlich groß war und dass heute kein Mensch mehr darüber spricht, dass das Ozonloch auffälligerweise kleiner geworden ist.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Weil die Politik geändert worden ist, deswegen!)

Nein, das hat mit Politik, mit Hochwasser und Flut überhaupt nichts zu tun, Frau Hermenau,

(Antje Hermenau, GRÜNE: FCKW!)

sondern das sind Erkenntnisse, die vorhanden sind. Wenn man sich schon mit wissenschaftlichen Dingen auseinandersetzt, dann sollte man das in Gänze beachten. Das bitte ich auch bei Ihren Betrachtungen mit heranzuziehen. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE, und Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

Frau Dr. Runge, wollen Sie auf die Kurzintervention reagieren? – Nein.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Dann geht es in der zweiten Rednerrunde weiter. Besteht Redebedarf bei der FDP? – Nein. Die Fraktion GRÜNE? – Das ist nicht der Fall. Die NPD-Fraktion? – Nein. Wir könnten jetzt eine dritte Rednerrunde eröffnen zumindest für jene, die über die nötige Redezeit verfügen. Gibt es Redebedarf bei der einbringenden SPD-Fraktion? – Gibt es überhaupt noch Redebedarf bei den Fraktionen? – Wenn das nicht der Fall ist, dann ergreift jetzt die Staatsregierung das Wort. Herr Staatsminister Dr. Martens, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man hat es wieder deutlich gemerkt: Kaum ist eine Flut vorüber, folgt die Flut von Anträgen, von Debatten, die darauf aufbauend noch einmal Anlass geben, sich gegenseitig seiner eigenen Glaubensgrundsätze zu versichern, wie man es hier soeben auch gemacht hat. Was das dann allerdings mit der konkreten Politik für den Freistaat zu tun haben soll, bleibt oft genug im Unklaren.

Zum Titel dieser Debatte, „Nachhaltigkeit in der Energiepolitik“: Der Begriff der Nachhaltigkeit – das ist hier schon an anderer Stelle gesagt worden – ist in Sachsen vor 300 Jahren entstanden. Aber Nachhaltigkeit heißt für die Staatsregierung auch, ein Gleichgewicht innerhalb der Energiepolitik und bei der Energieerzeugung zwischen ökologischen Interessen, ökonomischen Belangen und sozialen Verhältnissen zu wahren, auf die es Rücksicht zu nehmen gilt.

Das vorausgesetzt, möchte ich aus dem Energie- und Klimaprogramm Sachsen 2012 zitieren.

Gestatten Sie vorher eine Zwischenfrage, Herr Staatsminister?

Ich wollte Sie nicht bremsen, ich hatte auch aus dem Energie- und Klimaprogramm zitiert. Jedoch bin ich gespannt und wollte Sie fragen: Erkennen Sie nicht eine Diskrepanz zwischen den Feststellungen, die im Klimaprogramm stehen, und dem, was energiepolitisch daraus gefolgert wird?

Herr Jurk, wenn Sie mich das Zitat erst vorlesen lassen, dann weiß ich auch, was darin steht, und dann könnte ich eine Diskrepanz feststellen, nicht jedoch nach dem Motto: Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?

Zum Zitat aus dem Klimaprogramm: „Die sächsische Energiepolitik ist dem Gedanken der Nachhaltigkeit verpflichtet. Die weitere Verbesserung der ökonomischen und sozialen Lebensbedingungen der heute und künftig lebenden Menschen wird nur möglich sein, wenn gleichzeitig die natürlichen Lebensgrundlagen langfristig erhalten bleiben. Eine nachhaltige Energiewirtschaft gewährleistet die Leistungs- und Innovationsfähigkeit der sächsischen Wirtschaft, sie schützt die Umwelt und führt zu Prosperität und Wohlstand in der gesamten Gesellschaft. Bei der Bereitstellung von Energie sind alle Ressourcen, also Arbeit, Kapital, Rohstoffe und Umwelt, effizient zu nutzen.“

Meine Damen und Herren, die Staatsregierung steht für einen verantwortungsvollen Umbau der Energiewirtschaft, der sinnvoll und sensibel sein muss. Er muss auch die einheimischen Energieträger berücksichtigen und ins Auge fassen, denn sie sind unverzichtbarer Bestandteil

einer versorgungssicheren Energieversorgung in Sachsen – und das auch noch auf längere Sicht, meine Damen und Herren. Die Braunkohle ist der Hauptenergieträger in Sachsen, und es wäre unredlich zu sagen, man könnte sie kurzfristig oder am besten von heute auf morgen nicht mehr nutzen oder abschalten.

(Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

Manches Mal hat es hier so geklungen.

Bezüglich der Frage, welche Relevanz Sachsen und die Braunkohlenerzeugung überhaupt im Hinblick auf die Klimaentwicklung auf der Welt hat, lohnt es sich doch einmal, einen Blick auf die Fakten zu werfen: Weltweit sind im Jahre 2012 rund 32 Milliarden Tonnen CO2 produziert worden. Deutschland hat davon 814 Millionen Tonnen und Sachsen wiederum einen Anteil von 48 Millionen Tonnen zu verantworten.

(Zuruf von der LINKEN: Also müssen wir nichts tun?)

Die sächsischen Braunkohlenkraftwerke emittieren

jährlich 28 Millionen Tonnen CO2 insgesamt. Das sind weniger als 0,1 % der weltweiten Emissionen, meine Damen und Herren.

(Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

Das heißt nicht, dass wir keine Anstrengungen unternehmen müssten, langfristig unsere Energieerzeugung umzubauen. Das zeigt aber auch, dass wir uns wirklich überschätzen, wenn wir davon ausgehen würden, mit dem Abschalten sächsischer Braunkohlekraftwerke langfristig das Weltklima verändern zu können

(Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

oder dass wir hier beispielgebend tätig werden könnten. Meine Damen und Herren, wer wirklich glaubt, dass die Chinesen darauf verzichten, Braunkohlenkraftwerke zu bauen, nur weil wir eines abschalten, der ist im besten Fall naiv.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Das Abschalten sächsischer Kraftwerke wird keine Flut in Sachsen verhindern.

(Zuruf der Abg. Dr. Monika Runge, DIE LINKE)

Frau Runge, wenn Sie nicht andauernd dazwischenplappern, sondern einmal nachdenken würden, dann könnten Sie vielleicht sogar noch etwas lernen.

(Heiterkeit bei der CDU – Beifall bei der FDP)

„Nachhaltige Energiepolitik umsetzen“ heißt, den Dreiklang von Ökonomie, Ökologie und Sozialem weiterzuentwickeln. Ein Ausbau erneuerbarer Energien um jeden Preis wäre eben nicht nachhaltig. Auch ein rücksichtsloser Ausbau erneuerbarer Energien ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Rücksichtnahme auf die Landschaft, auf die Akzeptanz in der Bevölkerung und ohne Rücksicht auf die Preisentwicklung auf dem Strommarkt wäre ebenso wenig verantwortbar.

Deswegen hat die Staatsregierung auch mit Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung die Novellierung des Baugesetzbuches angestoßen: um dafür zu sorgen, dass Erneuerbare-Energien-Anlagen – insbesondere Windkrafträder – eben nicht mehr zu nah an Wohnbebauung herangebaut werden, sondern sich, wenn sie gebaut werden, auch in die Landschaft einfügen und akzeptiert werden können, denn: Ein völliges Verspargeln der Landschaft würde auch von der Bevölkerung nicht akzeptiert werden.

Ebenso gilt es, den Anstieg der Strompreise bei einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien zu berücksichtigen, meine Damen und Herren. Es ist schon gesagt worden: Die Höhe der Strompreise darf zu keiner sozialen Frage werden. Aber das ist etwas, was Sie offensichtlich völlig kaltlässt, meine Damen und Herren.

Wir werden in Sachsen kurzfristig auf Braunkohle nicht verzichten können, langfristig möglicherweise. Das bedeutet aber, dass wir rundherum eine Energieversorgung auf- und umgebaut haben müssen, die einen solchen Verzicht überhaupt zulässt und die ihn zulässt, ohne die Versorgungssicherheit und die Preisstabilität zu gefährden. In diesem Sinne ist die Staatsregierung dabei. Sie macht eine nachhaltige Energiepolitik.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine verehrten Damen und Herren! Für die Staatsregierung sprach gerade Staatsminister Martens. – Es gibt keinen weiteren Redebedarf in dieser 1. Aktuellen Debatte. Sie ist damit beendet.

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