Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die Landesuntersuchungsanstalt wird für ihre Aufgaben in dem Netzwerk angemessen unterstützt. Ich freue mich, dass die lang anhaltende Diskussion zu MRE dazu geführt hat, dass der Bedarf dieser Unterstützung erkannt worden ist und dass auch weitere Akteure zum Netzwerk hinzugekommen sind. So trägt sich unter anderem die Universität Leipzig mit dem Gedanken, einen eigenen Lehrstuhl zu
gründen, der sich mit der Analyse multiresistenter Erreger und mit der Hygieneforschung befasst. Mit eben jener Spezialisierung reagiert die Universität auf die Erfordernisse aus der Verbreitung von MRE. Genau an diese Schnittstelle knüpft unser Antrag an.
Sehr geehrte Kollegin, eben deshalb wies ich darauf hin, dass man plant, den Lehrstuhl einzurichten.
Es gilt nun regelmäßig zu erfassen, wie sich die Arbeit des Netzwerkes entwickelt. Hierbei geht es im Besonderen um die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zur Antibiotikastrategie und der Arbeitsgruppe zu Hygienemaßnahmen.
Für die Zukunft wünschen wir uns eine stärkere Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren des Netzwerkes. Die Verzahnung der Landesebene mit den Arbeitsgruppen gehört ebenso dazu wie der vertiefte Austausch in den regionalen Netzwerken. Durch die Kooperationskonzepte schaffen wir Synergien zwischen Kliniken und einzelnen stationären Pflegeeinrichtungen.
Besonders wichtig sind die konkrete Prävention und der Kampf gegen die weitere Ausbreitung von MRE. Unser Antrag sieht hierfür ein Qualifizierungsprogramm unter Federführung der Landesuntersuchungsanstalt vor. Auch die Rolle – das ist wirklich wichtig – des Öffentlichen Gesundheitsdienstes muss aufgewertet werden.
Schließlich zielt unser Antrag auch auf andere Vergütungsklauseln im Rahmen des ambulanten Screenings. Die bloße Beschränkung auf vorherige Krankenhausaufenthalte und die Zuordnung zu einer bestimmten Risikogruppe verhindern erweiterte Screeningmaßnahmen. Hier gilt es, erweiterte Strukturen aufzubauen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Multiresistente Erreger sind eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Die Ereignisse in einzelnen Kliniken in unserem Lande haben gezeigt, dass wir zügig und gemeinsam gegen diese Probleme vorgehen müssen. Ich möchte Sie daher bitten, unserem Antrag zuzustimmen.
Bevor ich die nächste Rednerin aufrufe: Herr Jurk, herzlichen Dank, dass Sie dabei geholfen haben, dass der Stenografische Dienst seine Arbeit weiterhin gut verrichten kann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Mit der Entdeckung des Penizillins meinten wir lange Zeit, eine Wunderwaffe gegen Infektionskrankheiten zu haben.
Zwischenzeitlich aber zeigen die Keime zunehmend ihre Widerstandskraft. Krankheitserreger, die gegen bestimmte Arzneimittelwirkstoffe resistent sind, treten auf und breiten sich aus. Dazu trägt der unsachgemäße Einsatz von Antibiotika bei. Die moderne Medizin droht wertvolle Errungenschaften im Arzneimittelsektor wieder zu verlieren. Dabei lassen sich Selektion und Weiterverbreitung von resistenten Krankheitserregern insbesondere durch eine sachgerechtere Verordnung von Antibiotika minimieren. Infektionen mit Erregern, die resistent gegen bestimmte Antibiotika sind, stellen ein großes Problem in Krankenhäusern und anderen medizinischen Versorgungsbereichen dar. Eine nachhaltige Prävention und Bekämpfung der Erreger ist nur durch gemeinsame Anstrengungen aller im Gesundheitswesen beteiligten Akteure möglich. Frau Strempel nannte wichtige Zahlen.
In den Niederlanden ist es mittlerweile so, dass deutsche Patienten, die dort ein Krankenhaus aufsuchen müssen, grundsätzlich als Risikopatienten eingestuft werden.
Werte Abgeordnete! Die 79. Gesundheitsministerkonferenz der Länder hatte daher schon im Jahr 2006 empfohlen, regionale Netzwerke, koordiniert durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst, zu bilden. Ein weiterer wichtiger Eckpunkt war die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie aus dem Jahr 2008. Es ist spät, aber es ist noch nicht zu spät, sodass auch in Sachsen nunmehr intensiv an der Schaffung eines derartigen Netzwerkes, bestehend aus Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und -diensten,
Rettungsdiensten, niedergelassenen Ärzten und anderen, gearbeitet wird. Die Krankenhäuser müssen alle Patienten, nicht nur Risikopatienten, auf Erreger testen und bei Bedarf isolieren, auch wenn sie nicht operiert werden.
Das ist für ein Krankenhaus sehr kostspielig. Auch die Nachbehandlung bei den niedergelassenen Ärzten ist nicht geklärt. Multiresistente Erreger sind eine unsichtbare Gefahr. Das Problem besteht besonders sektorenübergreifend, zum Beispiel beim Krankentransport von einem Altenpflegeheim in ein Akutkrankenhaus. Es kann daher nur im Zusammenwirken von stationären und ambulanten Einrichtungen gelöst werden. Die Problematik ist nur durch die konsequente Etablierung eines MRA-Managements zu bewältigen.
Dies zu begleiten, konsequent zu fördern und zu fordern ist eine wichtige Funktion des Öffentlichen Gesundheitsdienstes im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes. Die Verhütung und die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten sind unverändert zentrale Aufgaben des ÖGD und setzen einschlägige Fachkenntnisse im Infektionsschutz voraus. Eine Überwachung der Hygiene in stationären und ambulanten Einrichtungen des Gesundheitswesens erfolgt bisher institutionsbezogen und nicht entlang der Patientenpfade und des MRA-Verlaufs.
Das Bundeskabinett hat deshalb in diesem Monat eine Verwaltungsvorschrift zum Krisenmanagement beschlossen. Diese bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Ich hoffe natürlich, dass das in Sachsen kein Problem ist. Die Zunahme von Infektionen erfordert einen neuen, weit
über die Überwachung und Beratung einzelner Institutionen hinausgehenden, gemeinsamen Handlungsansatz in Netzwerken und damit auch eine erweiterte Qualifikation.
Im Netzwerk sollen unter der Moderation des ÖGD der Austausch von Wissen und praktischem Know-how und die Entwicklung einheitlicher Standards innerhalb von Regionen gelingen. Der ÖGD ist aufgrund der gewachsenen Kontakte, der Kenntnisse lokaler Strukturen und kommunaler Besonderheiten prädestiniert, die Moderatorenrolle zu übernehmen.
Für Sachsen ist allerdings festzustellen, dass die Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes über die neuen Aufgaben des ÖGD kaum zu erfüllen sein werden. Denn sehen wir uns den sächsischen Haushalt an, ist dafür nicht so sehr viel bereitgestellt. Personelle und strukturelle Schwächen des ÖGD führen aber dazu, dass jede Institution im Gesundheitswesen selbst verantwortlich bleibt. Das ist von der Sache her nicht schlecht. So können aber keine Netzwerkeffekte eintreten, und veränderte Strukturen des Gesundheitswesens sind gefährdet.
Sie haben es in der Hand. Sie sind Antragsteller und Regierung. Sie müssen sich schon die Fragen gefallen lassen: Warum erst jetzt? Warum so zaghaft? – Wir fordern da etwas mehr. Wir fordern mehr Hygieneärzte und Fachkräfte, eine Meldepflicht für alle multiresistenten Erreger, ein systematisches Hygienemanagement aller Bereiche der in die Behandlung eingebundenen Berufsgruppen, eine offene Kommunikation, die Finanzierung der Behandlung der Infektionen durch die Kassen und die Sicherstellung der Arbeit des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.
Der Antrag ist ein Schritt in die richtige Richtung und es ist ein überfälliger Schritt. Deshalb werden wir dem Antrag zustimmen. Auch dem Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden wir zustimmen, denn das Anliegen wird hier noch einmal in einem Punkt bekräftigt.
Meine Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion spricht Frau Abg. Neukirch. Frau Neukirch, bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn Deutschland im europäischen Vergleich im guten Mittelfeld steht und Sachsen innerhalb Deutschlands wiederum nicht so schlecht aufgestellt ist, sprechen wir heute über ein Problem, das angesichts der Zahlen, die meine Vorrednerinnen genannt haben, ein enorm wichtiges ist. Die Tendenz in Deutschland ging in den letzten Jahren eher nach oben, während andere europäische Länder ihre Infektionsraten senken konnten. Von daher ist es schon ein gravierendes Problem, mit dem wir uns beschäftigen.
Zu den gravierenden individuellen Beeinträchtigungen und den gesundheitlichen Folgekosten ist bereits sehr viel gesagt worden. Ich möchte deshalb aus Sicht der SPDFraktion noch einmal kurz zusammenfassen, worüber wir heute reden:
Das Problem, dass wir derzeit auf einem sehr hohen Infektionsniveau stagnieren, hat mehrere Ursachen. Das eine Problem ist der unsachgemäße Umgang mit Antibiotika, mit unkalkulierten Antibiotikatherapien. Der zweite Punkt sind mangelnde Präventions- und Hygienemaßnahmen. Was gerade hier schwer ins Gewicht fällt ist, dass Antibiotikaresistenz nicht bei jedem Patienten neu entsteht, sondern dass die resistenten Keime übertragen werden. Genau an der Stelle ist es deshalb so wichtig, dass Hygienevorschriften und Hygienemaßnahmen
Von meiner Vorrednerin wurde schon gesagt, dass es die fehlende Weiterversorgung, zum Beispiel nach einer stationären Behandlung, ist – sprich: die Sanierung der vorliegenden Infektion in der Versorgungskette, vor allem im ambulanten Bereich. Hier muss stärker hingeschaut werden.
Was ist passiert? – Das neue Infektionsschutzgesetz im Bund 2011 hat wichtige Vorschriften vorgegeben. Der Geltungsbereich wurde über das Krankenhaus hinaus ausgeweitet. Ein Expertenrat wurde eingerichtet. Die Verbindlichkeit von Hygieneempfehlungen wurde vorgeschrieben, eine zentrale Überwachung des Infektionsgeschehens – also sehr viele Sachen, die wichtig sind, wenn wir uns dieses Problems annehmen.
Auch Sachsen hat seine Hygieneverordnung geändert. Insgesamt muss man jedoch sagen, dass es durch die landesspezifischen Hygieneverordnungen deutschlandweit trotzdem noch enorme Unterschiede gibt, gerade auch, wenn ich den Geltungsbereich der Hygieneverordnungen anschaue. Hier wünschte ich mir eine gewisse Annäherung der Landesverordnungen, damit wir vergleichbare Ausgangsbedingungen haben.
Zur Weiterentwicklung von Hygieneverordnungen hat die Initiative „Infektionsschutz“ bereits zehn Empfehlungen ausgesprochen, über die es sich auch lohnen würde zu sprechen. Allerdings sind sie leider nicht im vorliegenden Antrag enthalten. Deshalb würde ich das jetzt einmal außen vor lassen.
Was sind die Herausforderungen? – Ich möchte fünf Punkte nennen: Frau Lauterbach ist darauf eingegangen, welche enorme Stellung der Öffentliche Gesundheitsdienst in diesem Bereich hat. Genau hier sind wir auch bei der Frage, wie der Öffentliche Gesundheitsdienst insgesamt in Sachsen aufgestellt ist. Sowohl die personellen als auch die finanziellen Ressourcen des Öffentlichen Gesundheitswesens müssen gestärkt werden.
Zweitens ist es eine wichtige, umfassende Aufgabe, in allen anderen gesundheitlichen Einrichtungen wieder eine Hygienekultur zu entwickeln. Das heißt, dass Fachkräfte benötigt werden, dass Fortbildungsbedarf besteht und
Das Dritte sind die Ausbildungs- und Weiterbildungskapazitäten, um diesen Bedarf zur Verfügung stellen zu können. Wir wissen – das wurde auch schon gesagt –, dass 20 bis 30 % der Infektionen vermeidbar wären. Es wird davon ausgegangen, dass es sogar noch mehr vermeidbare Infektionen geben könnte, wenn man mehr Personal dafür zur Verfügung stellt.
Die LUA hat in sächsischen Krankenhäusern bereits letztes Jahr eine Erhebung dazu durchgeführt. Leider haben sich nur 70 % der sächsischen Kliniken beteiligt. Aber Orientierung für die Planung bis 2016 bei diesem Bedarf ist: Es fehlen insgesamt 18 Krankenhaushygieniker, 540 hygienebeauftragte Ärzte, 79 Hygienefachkräfte und fast 1 600 hygienebeauftragte Pflegekräfte. Es wird zwar angemerkt, dass Sachsen mit diesen Bedarfszahlen im Bundesvergleich gar nicht so schlecht dasteht. Ich finde jedoch, dass es sich schon um stattliche Zahlen handelt. Im Ergebnis wird davon ausgegangen, dass man diesen Bedarf wird decken können, wenn wirklich fristgerecht, zeitnah gehandelt wird und Aktivitäten gebündelt werden. Ob die zur Verfügung stehenden Ressourcen ausreichen, wird man sehen.
Der vierte Punkt ist die Nachwuchsgewinnung. Ich habe gerade die Zahlen an Hygieneärzten genannt, die wir brauchen. Hier gibt es das Problem, wie man junge Menschen für diesen Bereich des Hygienearztes interessiert. Wir haben leider an den Medizinischen Fakultäten keine Lehrstühle für Hygiene mehr. Frau Jonas hat darauf hingewiesen, dass einer in Planung ist.
Wir unterstützen deshalb ausdrücklich den Änderungsantrag der GRÜNEN, weil das eine ganz wichtige Voraussetzung dafür ist, das Thema im Studium wieder frühzeitig an die Studierenden heranzubringen.
Fünfter Punkt: Neben den personellen Ressourcen sind es nicht zuletzt auch die Sachkosten, die wir in den Blick nehmen müssen. Hygienemaßnahmen brauchen nicht nur Information und Personal, sondern es braucht auch Material, um sie durchzuführen. Bei der Refinanzierung ist es ganz entscheidend, ob sie in einem Krankenhaus, in einer Reha-Einrichtung, im Pflegeheim oder im Pflegedienst sind. Dort muss auch noch einmal genauer hingeschaut werden. Frau Jonas hat den Ansatzpunkt dazu genannt.
Es geht aber nicht nur darum, das Screening durchzuführen, sondern es geht auch um weiterführende Hygienemaßnahmen, die manchmal durchaus an den Sachkosten scheitern.