Protokoll der Sitzung vom 16.10.2013

(Widerspruch der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Gleichwohl liegen in der Umsetzung des von der Staatsregierung vorgelegten Konzeptes in den kommenden Wochen noch Aufgaben vor uns, die es zu erledigen gilt.

Erstens. Der jahrgangsübergreifende Unterricht in der Grundschule ist bereits Bestandteil unseres derzeit geltenden Schulgesetzes. Ich erinnere nur an § 5 Abs. 2. Dass wir dieses Instrument bisher nicht angewendet haben, heißt nicht, dass es nicht sinnvoll ist. Hierfür brauchen wir ein gut vorbereitetes Konzept in der jeweiligen Schule und eine fundierte fachliche Begleitung. Die betroffenen Schulen und vor allen Dingen die Lehrerinnen und Lehrer müssen in diesen Prozess eingebunden, ja, mitgenommen werden. Dazu sind intensive Gespräche und Fortbildungen notwendig. Dafür werden wir sorgen. Erfahrungen anderer Bundesländer sollten ebenso in diese konzeptionelle Vorbereitung der Schulen einfließen.

Zweitens. Die Kooperation von Schulträgern im Bereich der Grundschulen zur Sicherung der Standorte über den Schulbezirk hinaus sollten durch das Kultusministerium und die kommunalen Spitzenverbände begleitet werden. Eine Beratung betroffener Kommunen ist unabdingbar und sie sollten zu einer von allen akzeptierten Lösung animiert werden.

Ich komme zu einem weiteren Punkt unseres Antrages. Wir brauchen für die Schulstandorte, die wir heute unter das Moratorium stellen und zukünftig durch die Änderung des Schulgesetzes im Bestand festschreiben wollen, auch die notwendige Investitionssicherheit. Dies wollen wir mit unserem Antrag sicherstellen und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel dafür Sorge tragen, dass der Zustand dieser Schulen erhalten werden kann und Zukunftsinvestitionen möglich sind.

Gute Schule in ganz Sachsen ist nach wie vor der Anspruch, dem wir uns stellen. Mit dem heute vorliegenden Antrag und der Vorbereitung einer umfassenden und wohlüberlegten Gesetzesnovelle des Schulgesetzes wollen wir das erreichen und zukunftsträchtig auch weiterhin vordere bzw. erste Plätze bei Bildungsvergleichen sichern.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Vielen Dank, Herr Bienst. – Für die FDP-Fraktion Herr Abg. Bläsner; bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns als sächsische FDP geht heute schon eine Art Herzensangelegenheit in Erfüllung.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Wo die doch jetzt so selten sind!)

Wir beschließen heute den endgültigen Anfang vom Ende der sächsischen Schulschließungspolitik. Zuvor, seit weit über 10 Jahren, haben viele von uns – ob als Bürgermeister, Gemeinderäte, Eltern oder Lehrer – gekämpft. Ich möchte beispielsweise an Herrn Heinz, ehemaliger Bürgermeister in Colditz, erinnern, der seit 2004 für seine Mittelschule gekämpft hat – mit Erfolg.

(Zuruf der Abg. Heike Werner, DIE LINKE)

Die Schule gibt es immer noch, obwohl sie seit 2004 immer mal unter Beschuss stand. Der Kampf war erfolgreich. Es war für uns als FDP im Sächsischen Landtag eines der wichtigsten Themen. Einer der ersten Gesetzentwürfe im Jahr 2004 hat sich mit dem Thema Schulwegzeiten beschäftigt, um darüber die entsprechende Schulnetzplanung schülerverträglich zu gestalten.

(Beifall bei der FDP)

Es folgten mehrere Anträge und Anfragen. Leider konnte die SPD damals den Ball nicht aufnehmen, um beispielsweise ein Moratorium für Schulschließungen durchzusetzen, wie wir es 2005 bereits gefordert haben.

(Lachen der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Auch die Aussagen im Jahr 2008, dass die Schulschließungen vorbei sein sollten, fanden keinen Weg als Beschluss in den Sächsischen Landtag. Den Worten sind ebenso oft keine Taten gefolgt.

Frau Stange, ich kann es Ihnen zum Thema Worte nicht ersparen: Sie sagen, Sie hätten sich schon immer für den Erhalt jeder einzelnen Schule und für viele Schulen eingesetzt. Ich kann es Ihnen nicht ersparen, Herrn Dulig – er ist zwar gerade nicht anwesend – in seiner Eigenschaft als damaliger bildungspolitischer Sprecher zu zitieren. Dazu sei angemerkt: Wir haben nie gefordert, jede Schule zu erhalten, sondern haben gesagt: Lasst uns für die Schulen, die in den Schulnetzplänen als bestandssicher gelten oder unter Beobachtung stehen, ein Moratorium bis 2008 aussprechen, wie es damals Sachsen-Anhalt getan hat. Herr Dulig hat am 19. Mai 2005 zu einem Antrag von uns als FDP gesagt: „Mit einem Moratorium hätten wir gut 300 Schulen, die nur mit opulenter Personalausstattung weiter bestehen könnten. Weder haben wir dafür den Stellenrahmen, noch wäre das verantwortbar.“ 300 Schulen! Die SPD hat in der letzten Legislaturperiode 300 Schulen in diesem Land abgeschrieben, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Und dann behaupten Sie nie mehr, Sie seien dafür gewesen.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zeiten der Tatenlosigkeit sind vorbei. Im Jahr 2010 haben wir die Zustimmung zum Haushalt an ein Moratorium für Mittelschulen geknüpft. Seitdem muss sich nicht mehr jede Schule jedes Jahr Gedanken machen, wenn sie mal 38 oder 39 Schüler hat, sondern sie kann relativ gelassen die Schuljahresvorbereitung beginnen.

Das Schulschließungsmoratorium zeigt Wirkung. In diesem Jahr sind genau neun Schulen betroffen, die derzeit nicht die gesetzliche Mindestschülerzahl erreichen und bei denen auch kein anderer Ausnahmetatbestand vorliegt. Sie sind ganz konkret vom Moratorium geschützt.

Zum manchmal ganz grotesken Schülerabwerbeverhalten. Ich habe einmal gehört, eine Gemeinde hat kostenlose Eintritte für das Schwimmbad angeboten, wenn man die entsprechende Schule wählt. All diese Kuriositäten sind beendet. Man wirbt für seine Schule, aber man muss nicht mehr tricksen, um mit diesem einen Schüler die Zahl 40 zu erreichen.

Das Moratorium war und ist ein Erfolg, sodass das Thema Schulschließungen im Sächsischen Landtag kaum noch eine Rolle gespielt hat. Es war so erfolgreich, dass es nun verlängert und ausgeweitet wird.

Dem Ende der Schulschließungspolitik ging eine lange Überzeugungsarbeit voraus. Ich bin wirklich froh, dass die zwei Minister ein vernünftiges Konzept zur Sicherung von Schulen im ländlichen Raum vorgelegt haben.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Das klingt aber anders!)

Ich bin froh, dass diese Koalition aus CDU und FDP den Worten ganz schnell auch Taten folgen lässt. Wir führen schnell einen Beschluss im Landtag herbei, um dem erweiterten Moratorium die nötige Verlässlichkeit zu geben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was beschließen wir heute? Wir werden das bis zum Schuljahr 2014/2015 gültige Schulschließungsmoratorium als Standortgarantie für Oberschulen im ländlichen Raum bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden Änderung des Sächsischen Schulgesetzes aufrechterhalten und auf Grundschulen ausweiten. Wir wollen, dass bis zum Inkrafttreten des Gesetzes keine Grundschulen außerhalb der Mittel- und Oberzentren geschlossen werden.

Gute Bildung und wohnortnahe Schulen sind ein wichtiger Standortfaktor gerade für Schulen im ländlichen Raum. Wir sehen es gerade jetzt. Viele Gemeinden, die sich nicht nur im Speckgürtel von Dresden, sondern auch darüber hinaus befinden, haben teilweise Zuzug, auch von Rückkehrern. Für diese ist es wichtig, dass die Schule gesichert bleibt und dass eine Grundschule vorhanden ist, um eine Zukunftsperspektive zu haben.

Weitere Schließungen von Schulen können nicht die Antwort auf den demografischen Wandel sein. Die Antwort sind beispielsweise Konzepte wie das jahrgangsübergreifende Lernen an Grundschulen, flexible Anforderungen bei den Mindestschülerzahlen oder die Kooperation von Schulen.

Wer im ländlichen Raum wohnt, muss auch in Zukunft die gleichen Bildungschancen haben wie die Schülerinnen und Schüler in Ballungszentren. Deshalb sichern wir mit der Ausweitung des Moratoriums auch auf Grundschulen den Schülern und Eltern einen zumutbaren Schulweg zu und bieten weiterhin eine qualitativ hochwertige öffentliche Schule an.

Wir wollen die Schulen bei der Entwicklung entsprechender Konzepte konkret unterstützen; denn sie werden nicht nur Hilfe bei der Erstellung solcher Konzepte benötigen, sondern auch Fortbildungsangebote für Lehrer und ein Leitfaden für jahrgangsübergreifenden Unterricht sind unbedingt erforderlich und werden im Ministerium auch erarbeitet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag geht es nicht nur um eine zeitlich befristete Aussetzung der Schließung, sondern wir zeigen, dass es uns mit dem Ende der Schulschließungen ernst ist. Selbstverständlich führt über kurz oder lang kein Weg an der Änderung des Schulgesetzes vorbei. Dass wir ein neues Schulgesetz brauchen, das haben alle Parteien und die Fraktionen im Sächsischen Landtag geäußert.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Selbst die CDU!)

Wir können das auch gern schneller machen. Ich sage aber auch: Bis zu einer entsprechenden Gesetzesänderung sind die Schulen sicher. Das ist entscheidend.

Deshalb vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und stimmen Sie dem Antrag zu!

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Nun die Fraktion DIE LINKE. Frau Abg. Falken, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Erstes möchte ich mich zu den beiden Redebeiträgen kurz äußern, die wir soeben gehört haben.

Herr Bienst, Sie wissen es vielleicht nicht, denn Sie waren damals noch nicht im Sächsischen Landtag: Die CDU hat im Jahr 2004, unmittelbar vor den Landtagswahlen, noch ganz schnell einen Schulgesetzentwurf durchgepeitscht, damals mit der absoluten Mehrheit, um die Festlegungen zu treffen, die sie treffen wollten.

Also, formal geht das selbstverständlich schon. Wir werden Ihnen mit unserem Gesetzentwurf, den wir morgen einbringen, zeigen, dass das selbstverständlich möglich ist, und wir haben nachher auch einen Änderungsantrag von Frau Dr. Stange, auf den wir nochmals eingehen können. Möglich ist das schon.

Einen zweiten Punkt möchte ich, bezogen auf Ihren Redebeitrag, noch einmal ansprechen. Sehr häufig haben wir im Sächsischen Landtag die Diskussion zur Schulschließung im Freistaat Sachsen debattiert, über viele, viele Jahre und viele Reden; und es wurde immer wieder gesagt – insbesondere von den Kollegen der CDU; auch aus dem Kultusministerium kamen diese Äußerungen –, dass eine qualitativ hochwertige Schule im Freistaat Sachsen nur funktioniere, wenn sie an Mittelschulen zweizügig und an Gymnasien dreizügig laufe.

Nun haben Sie in Ihrem Antrag etwas anderes behauptet, nämlich genau das, was wir in der Opposition seit Jahren in diesem Hohen Hause benennen und feststellen: dass es

natürlich möglich ist, auch an einzügigen Mittelschulen einen hochwertigen Unterricht durchzuführen. Es hat viel zu lange gedauert, bis Sie endlich auch zu dieser Erkenntnis gekommen sind. Herr Bläsner, wenn es Ihnen oder Ihrer Fraktion eine Herzensangelegenheit ist, wie Sie es gerade gesagt haben, so muss ich erst einmal sagen: Ich bin sehr enttäuscht, dass Herr Zastrow nicht da ist; denn es ist ja offensichtlich seine Lieblingsangelegenheit.

(Stefan Brangs, SPD: Ich nicht! Ich bin auch nicht enttäuscht!)

Doch, doch, ich schon, da Herr Zastrow in diesem Verfahren offensichtlich eine besonders große Rolle spielt; und wenn es eine Herzensangelegenheit wäre, dann hätte ich erwartet, dass ein Gesetzentwurf vorliegt und nicht wieder ein Antrag zu einem Moratorium,

(Beifall bei den LINKEN und der SPD – Stefan Brangs, SPD: Genau!)

da ein solcher nicht wirklich Rechtssicherheit gibt.