Meine Damen und Herren! Eine Schlussabstimmung erübrigt sich, da keiner der Einzelpunkte eine Mehrheit gefunden hat. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde NPD, CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst der Frage zuvorkommen, warum die NPD-Fraktion nicht abgewartet hat, bis eine schriftliche Antwort auf den Berichtsteil
Was mich so optimistisch stimmt, ist die Tatsache, dass sich Minister Morlok bereits der Thematik angenommen hat.
Unter der Überschrift „Damit wir solche Bilder in Zukunft nicht mehr sehen müssen“ kündigte die „Bild“ am 8. Oktober unter der Rubrik „Leipzig aktuell“ eine Putzpolizei für den City-Tunnel an. Weiter heißt es: „Auf bislang gut 100 000 Euro bezifferte Wirtschaftsminister Sven Morlok die Vandalismus-Schäden im City-Tunnel hauptsächlich durch illegale Graffiti in den Stationen und Röhren.“ Nun verspricht die Bahn, in Zukunft soll eine Tunnel-Spezialgruppe jeden Dreck ruck-zuck beseitigen.
Aber, meine Damen und Herren, das ist noch lange kein Grund, unseren Antrag von heute für erledigt zu erklären.
Meine Damen und Herren! Illegale Graffiti- und Wandschmierereien haben im vergangenen Jahr in Leipzig laut „LVZ“ online vom 11.09.2013 Schäden in Höhe von sage und schreibe 2 Millionen Euro verursacht. Einem Bericht des Oberbürgermeisters an die Stadträte zufolge stieg die Zahl der registrierten Fälle im Vergleich zu 2011 um 18 % auf insgesamt 2 239 Delikte. Für die Beseitigung der Sachschäden mussten mehrere Hunderttausend Euro aufgewendet werden. Der Polizei gelang es lediglich, etwa 10 % der Straftaten aufzuklären.
Die Lage stellt sich in den anderen Städten und Landkreisen tendenziell ähnlich dar, wie man aus den Antworten auf die Kleinen Anfragen in Drucksache 5/11669, Sachbeschädigungen durch Graffiti an öffentlichen und privaten Gebäuden im Freistaat Sachsen, und in Drucksache 5/7184, Graffiti-Kriminalität in Sachsen, nachlesen kann. Eigentlich aber sollte es im Freistaat Sachsen diese Probleme in diesem Umfang überhaupt nicht geben. Initiativen zur Verbesserung der Situation gab es schließlich schon einige.
So wurde bereits 1998 eine sogenannte Bekämpfungskonzeption gegen illegale Graffiti erarbeitet. Seit 1997 werden im Freistaat sogenannte Aktionsbündnisse „Sichere sächsische Städte“ geschlossen.
Im Jahr 2000 wurde ein Antrag der CDU-Fraktion zum Thema „Vorgehen gegen Graffiti-Schmierereien und Vandalismus“ im Plenum diskutiert und angenommen. Dennoch ist die Graffiti-Kriminalität allseits präsent, während die Aufklärungsquoten stetig im Sinken begriffen sind. Dies kann und darf so nicht länger hingenommen werden. Meine Damen und Herren, hier muss endlich einmal gehandelt werden.
Ich möchte noch einmal auf den eingangs genannten Zeitungsartikel zurückkommen. Was will man nun konkret unternehmen, um zu erreichen, dass wir solche Bilder in Zukunft nicht mehr sehen müssen? Die Bahnsprecherin Elke Kliem äußerte sich hierzu wie folgt: „Die Stationen werden vor der Eröffnung aufwendig gereinigt und auf Hochglanz gebracht. Wo die Reisenden sich aufhalten, sollen sie sich wohlfühlen. Dafür hat die Bahn“ – man
An dieser Stelle möchte ich dann schon fragen: Wo leben wir eigentlich? Putzpläne sollten doch eine Selbstverständlichkeit sein und sie waren in Leipzig und anderswo auch selbstverständlich, als der Hauptbahnhof vor genau 100 Jahren gebaut wurde.
Die heute überall erkennbaren Schmierereien und Verschmutzungen haben doch erst in den letzten zwei Jahrzehnten das heutige erschreckende Ausmaß angenommen. Aber auch in der Provinz, wie man so schön sagt, beschmieren Sprayer ständig Häuser. Ein Blick in die Regionalseiten der Tagespresse lässt den interessierten Leser schnell fündig werden. So schrieb die „Freie Presse“ am 29. September in ihrer Mittweidaer Zeitung, genannt Regional-Ausgabe, Folgendes: „Einige unbekannte Sprayer sind seit Tagen erneut in Hainichen aktiv. Ihre Graffiti verunzieren Firmengebäude, Wohnhäuser und den Bahnhof. Jüngstes Opfer der Schmierereien ist die Garagengemeinschaft am Lindenweg. In allen Fällen wurde Anzeige erstattet.“
Typisch für diese Fälle ist die Aussichtslosigkeit des Handelns. Die Betroffenen haben kaum Hoffnung, dass die Sprayer auf frischer Tat von der Polizei erwischt werden.
Ein Hauseigentümer und Geschäftsmann, an dessen Grundstückseinfriedung vor einiger Zeit ein großflächiges Graffiti gesprüht worden war, hatte zwar Strafantrag gegen Unbekannt gestellt. Doch inzwischen kam ein Schreiben, dass das Verfahren eingestellt worden ist, weil die Täter nicht ermittelt werden konnten – eine für diese Fälle typische Antwort.
Auch SPD-Mitglied Dieter Greysinger, Bürgermeister der Stadt Hainichen, wünscht sich deshalb mehr Präsenz der Polizei, vor allem nachts. Da von dieser Seite nicht mehr viel erwartet wird, appelliert er zugleich an die Bevölkerung, wachsam zu sein. Damit dieser Appell nicht ungehört bleibt, bitte ich Sie schon jetzt um Zustimmung zu unserem Antrag.
Mein Kollege Arne Schimmer wird Ihnen in einer zweiten Runde noch weitere gute Argumente für unseren Antrag vorbringen und Ihnen natürlich unsere Lösungsansätze unterbreiten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat so, wenn wir uns die Statistik ansehen: Von 33 850 Fällen von Sachbeschädigungen, die wir im Freistaat Sachsen im Jahre 2012 hatten, entfallen 6 826 auf Graffiti-Schmierereien. Von den 6 826 Straftaten, die wir im vergangenen Jahr von Graffiti-Schmierereien in Sachsen
hatten, ist es in der Tat so, dass sich der Schwerpunktbereich sehr leicht errechnen lässt. Es ist nämlich Leipzig mit etwas über 3 000 Graffiti-Schmierereien im Stadtgebiet, gefolgt von den beiden Kreisfreien Städten Chemnitz und Dresden.
In der Polizeidirektion Görlitz und Zwickau liegt man mit ungefähr 600 bis 700 Fällen deutlich unter diesem Wert. Jede Graffiti-Schmiererei ist eine zu viel. Natürlich müssen wir uns mit dem Thema auseinandersetzen.
Die Schwierigkeit dieses Kriminalitätsphänomens ist jedoch, dass sehr schnell der Täter flexibel an einem sehr unübersichtlichen Ort reagiert, egal, wie hoch Sie die Polizeipräsenz setzen. Es wird Ihnen nicht gelingen, an jedem Ort zu jeder Zeit ständig diese Präsenz zu haben.
Insbesondere ist auch darauf zu verweisen, dass es hier eines gesamtkonzeptionellen Ansatzes bedarf und wir auch die Orts- und Kreispolizeibehörden, so wie es das Polizeigesetz vorsieht, in der Verantwortung sehen. Es geht natürlich auch darum, dass nachbarschaftliche Hilfe an dieser Stelle ein Beitrag ist. In der Stadtübersicht ist es auch eine Frage der Ausleuchtung des öffentlichen Raumes und der Begehbarkeiten. Das sind Maßnahmen, über die man reden kann und über die man reden soll.
Die Sächsische Staatsregierung und vor allem das Landespolizeipräsidium und die untergeordneten Polizeidienststellen haben in den Regionen – das ist ja auch bekannt – entsprechende Kooperationen und Maßnahmen eingeleitet, auch mit ersten Ergebnissen, wobei man klar wieder sagen muss: Die meisten der Straftäter wurden nicht festgestellt.
Was wir nicht brauchen, ist im Ergebnis dieser Antrag der NPD-Fraktion, der im Grunde als Erstes einen Bericht fordert, den wir in den entsprechenden Präsentationspublikationen auch des Sächsischen Staatsministeriums des Innern und des Landeskriminalamtes nachlesen können. Hier sind in den vorliegenden Publikationen schon die Schadensbilder und die einzelnen Themenbereiche aufgelistet, was die Zusammenarbeit von Stadtverwaltungen und kommunalen Unternehmen sowie Polizei und Justiz betrifft. Wir halten den Antrag insoweit für entbehrlich. Auch was die Darstellung der Maßnahmen betrifft, sind diese für uns nicht erkennbar. Hier ist ein bunter Strauß von Berichten gefordert, Gründe darzulegen, warum entsprechende Auftritte nicht möglich sind. Über die Gründe haben wir genauso gesprochen wie über die Handlungsmöglichkeiten und die Intensivierung. Auch was letzten Endes die Frage betrifft, die Bekämpfung unerlaubter Graffitis zu intensivieren, so ist das eine Allgemeinbotschaft. Aus dieser können wir keinen Handlungsbedarf erkennen. Insoweit wird die Koalition diesen Antrag ablehnen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir sind uns einig, dass illegale Graffiti durchaus ein Problem darstellen. Während es über den ästhetischen Wert solcher Schmierereien möglicherweise noch verschiedene Auffassungen geben mag, ist aber auch klar, dass an vielen Stellen Sachbeschädigungen in großem Maße stattfinden, dass zum Teil auch historisch wertvolle Bausubstanz geschädigt wird. Natürlich müssen wir dann auch die Frage stellen, wie Graffitischmierereien wirkungsvoll bereits im Vorfeld verhindert werden können. Denn wenn wir uns in unserem Alltag umsehen, werden uns immer wieder große Flächen auffallen, die von manchen Menschen offenbar als Einladung verstanden werden, sie zu beschmieren.
Ich halte es daher für wichtig, an den Stellen, an denen es passt, über Flächengestaltung nachzudenken. Es gibt durchaus positive Beispiele, dass eine künstlerische Gestaltung von Flächen oder auch Begrünung Graffiti wirkungsvoll eindämmen kann. Dass das kein Allheilmittel ist, das ist mir auch klar.
Andererseits – darauf ist der Kollege Hartmann schon eingegangen – sollten wir uns auch nicht in die Tasche lügen. Graffitischmierereien sind nun einmal eine Deliktart, die außerordentlich schwer zu verfolgen ist und bei der die Aufklärungsquote wohl immer gering sein wird. Da frage ich mich natürlich schon, was die NPD meint, wenn sie in Punkt II 3 ihres Antrags – etwas nebulös – vom Einsatz innovativer Technik spricht. Meint sie eine flächendeckende Videoüberwachung des öffentlichen Raumes? Was ist gemeint? Dazu kann ich nur sagen: Der Zweck heiligt nicht die Mittel! Ich habe ohnehin Zweifel, ob eine Ausweitung der Videoüberwachung zu einer höheren Aufklärungsrate führen würde.
Überhaupt halte ich den Antrag der NPD für bemerkenswert. Nach dem durch und durch rassistischen Antrag gestern hat sie heute offenbar wieder Kreide gefressen und versucht sich als bürgernah darzustellen.
Das hat einen gewissen Unterhaltungswert, wie die NPD hier im Sächsischen Landtag unter der Leitung ihres größten Bundesvorsitzenden aller Zeiten durch die Gegend schlingert und sich Stück für Stück auf die Zeit nach der Landtagswahl 2014 vorbereitet, in der sie zum Glück nicht mehr Mitglied in diesem Hohen Hause sein wird.
Sie wollen sich hier als Hüter der öffentlichen Ordnung aufspielen und setzen sich für die Bekämpfung von Graffitischmierereien ein. Ja, woher kommt denn ein erheblicher Teil solcher Schmierereien? Wir haben doch alle noch vor Augen, was Anfang des Monats im sachsenanhaltinischen Salzwedel los war: mindestens 30 NaziSchmierereien im Stadtgebiet in nur einer einzigen Nacht.
Jetzt stellen Sie sich nicht hin und tun so, als wäre das in Sachsen anders. Ich brauche mich doch nur in meiner
Region im Muldental umzusehen, um festzustellen, dass auch hier ein erheblicher Teil der Schmierereien einen Nazi-Hintergrund hat. Wenn zum Beispiel an einer Wand auf den ersten Blick eine unverfängliche Zahlenkombination 20, 3, 13 zu sehen ist, gleichzeitig rechtsextreme Flugblätter unterwegs sind, auf denen die gleiche Zahlenkombination auftaucht, im Muldental eine rechtsextreme Struktur ihr Unwesen treibt, die sich Terror Crew Muldental nennt, und rein zufällig der 20. Buchstabe des Alphabets das T ist, der dritte Buchstabe das C und der 13. Buchstabe das M, dann brauche ich doch kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass es sich bei der Schmiererei um ein rechtsextremes Propagandadelikt handelt.
Wenn Sie hier in dieser scheinheiligen Art polemisieren und so tun, als würden Sie sich ernsthaft Sorgen um das Thema Graffitischmierereien machen, dann werden wir als demokratische Fraktion im Sächsischen Landtag darüber nachdenken, ob wir den Innenminister darum bitten, die Straftaten im Bereich der politisch motivierten Kriminalität Rechts und hier insbesondere im Bereich der Propagandadelikte in Zukunft weiter aufzuschlüsseln, nämlich dahin gehend, bei wie vielen dieser Propagandadelikte es sich um Graffitischmierereien handelt. Sie wollen etwas gegen Graffitischmiererei tun? Tun Sie es doch, dann wirken Sie doch in allererster Linie auf Ihre eigenen Sympathisanten ein, ihr menschenverachtendes Gedankengut nicht an jeder Hauswand zu hinterlassen!