Es bleiben zum Beispiel die Smileys an Autobahnen. Wenn Sie sich an die Schilder erinnern: das rote mit den Mundwinkeln nach unten, das gelbe und ein grünes mit den Mundwinkeln nach oben.
Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag viele Projekte beschrieben. In Ihrer Bilanzpressekonferenz haben Sie dann vorgerechnet, dass 443 Einzelvorhaben definiert sind, von denen 426 umgesetzt sind. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, man muss erst einmal verstehen, wie das System des Abarbeitens der Vorhaben des Koalitionsvertrages funktioniert. Da wird also ein Plan gemacht, was die einzelnen Projekte sind. Es wird eine Liste geschrieben, und dann wird als „umgesetzt“ markiert, wenn irgendetwas in Gang gesetzt wurde, wenn irgendetwas passiert ist: wenn man eine Frage gestellt hat, wenn man einen Brief geschrieben hat, wenn man einen Antrag geschrieben hat usw.
Das heißt, wenn Sie Ihre Smileys an den Abarbeitungskatalog der Koalition halten würden, dann würde dort nichts auf Grün gestellt sein, sondern das würde rot bis maximal gelb aussehen. Das ist nämlich Ihre Bilanz – nicht die Erfolgsbilanz, dass Sie Ihren Koalitionsvertrag abgearbeitet haben, sondern Sie machen überall dort ein Häkchen, wo Sie irgendetwas angefangen haben. Aber Sie haben nichts zu Ende gebracht. Das ist Ihr Problem.
Sie leben von der Substanz Ihrer Vorgänger. Das, was Sie in dieser Legislaturperiode wirklich geschafft haben, ist, dass die Verfassung geändert wurde. Nur, das ist doch nicht Ihr Verdienst. Das ist unser gemeinsames Verdienst. Sie brauchten eine Zweidrittelmehrheit, wir haben das hier verhandelt und das ist unser gemeinsamer Erfolg. Was bleibt von dieser Koalition?
Sie können doch mal an Ihre Vorgängerregierungen denken. Kurt Biedenkopf hat das Land aufgebaut und Georg Milbradt war derjenige, der mit für eine solide Haushaltspolitik verantwortlich war. Das erkenne ich voll an.
Ich erinnere an die letzte Legislaturperiode, wo das Thema Demografie das große Thema war. Da gab es eine Enquete-Kommission, eine Expertenkommission. Wir haben den Kommunen Geld gegeben, damit sie das Thema Demografie umsetzen. Wo ist denn die Nachhaltigkeit in Ihrer Politik?
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, ich frage Sie, wann endlich die Geschäftsordnung umgesetzt wird. In der Geschäftsordnung steht, dass wir hier einen Demografie-Beauftragten wählen. Ja, wo ist er denn? So viel zum Thema Nachhaltigkeit. Dort, wo Sie tatsächlich etwas hätten fortsetzen können, wo es einen gemeinsamen Geist des Landtags gegeben hat, ist nichts geschehen. Nichts!
Sie schieben alles auf die lange Bank. Inzwischen werden wichtige Projekte auf die nächste Legislaturperiode verschoben. Ob das die freien Schulen sind, ob das das Schulgesetz ist, ob das die Bekämpfung des Lehrermangels ist, alles wird auf die lange Bank geschoben.
Was bleibt von dieser Regierung? 08/14 ist Schluss mit 08/15, denn die Leute haben es verdient, dass endlich wieder regiert wird.
Die antragstellende Fraktion war gerade durch Herrn Dulig vertreten. Wir kommen jetzt zur Aussprache. CDU, DIE LINKE, FDP, GRÜNE, NPD, Staatsregierung ist die Rednerfolge. Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Schmidt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „08/14 ist Schluss mit 08/15“ – ich habe erst überlegt, was Sie damit meinen. Haben Sie Angst, nicht wieder in das Parlament zu kommen? Scheinbar geht es um etwas anderes. Doch ich
Nehmen Sie doch aktuelle Fachthemen, über die wir hier diskutieren und über die wir unsere politischen Meinungen der Bevölkerung unterschiedlich erläutern können, indem wir in einen Wettstreit treten, aber bitte nicht so pauschal und platt. Das ist doch dieses Hohen Hauses nicht würdig.
Sie haben gestern, Herr Dulig, in der Debatte eingefordert, als es um Herrn Staatsminister Morlok ging, dass wir diesem Haus die Würde zurückgeben müssen. Das haben Sie angemahnt. Da frage ich Sie, ob ein solcher Debattentitel „08/14 ist Schluss mit 08/15“ wirklich dieses Hohen Hauses würdig ist. Das kann doch nicht euer Ernst sein.
Dieses Niveau nützt euch nichts, davon profitieren wir nicht, damit stärkt man die Ränder, da stärkt man Leute, die noch in das Parlament wollen. Den demokratischen Fraktionen nützt es aber nichts. Wenn wir wollen, dass dieses Parlament ernst genommen wird, würde die Bevölkerung den Kopf schütteln und sich abwenden. Das nützt uns allen nichts.
Blicken wir an den Anfang dieser Legislatur zurück, zum Regierungswechsel. Es gab ja auch einen Wechsel von politischen Ansätzen. Das ist in jedem Land so, hier auch. Diese Koalition startete in der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise, die es weltweit seit dem Zweiten Weltkrieg gegeben hat. Die Haushaltsbewirtschaftung
2009/2010, aber vor allem die Haushaltsaufstellung 2011/2012 waren ein Kraftakt, den wir im Parlament so noch nicht erlebt hatten. Im Ansatz war prognostiziert, 1 Milliarde Euro Mindereinnahmen im Haushalt auszugleichen. Wir haben es trotzdem ohne Neuverschuldungen geschafft und sogar mit der höchsten Investitionsquote aller deutschen Bundesländer.
Schauen wir doch einmal in andere Länder, in denen Politikwechsel stattgefunden hat. Schauen wir doch einmal nach Nordrhein-Westfalen, was dort geschehen ist: 6 Milliarden Euro neuverschuldeter, verfassungswidriger Haushalt. Schauen wir nach Baden-Württemberg. Dort ist der Regierungswechsel in der Zeit der höchsten Einnahmen, die dieses Bundesland jemals hatte, geschehen: 3 Milliarden Euro mehr Schulden. Das ist für mich verantwortungslos und nicht das, was diese Koalition hier in Sachsen gemacht hat.
Richtig, diese Verfassungsänderung war ein gemeinsames Projekt, aber es war ein ganz entscheidendes Projekt für die Zukunftssicherung dieses Landes. Dabei haben Sie
verantwortungsvoll mitgearbeitet, was überhaupt keiner infrage stellt. Aber die Initiative ist von uns ausgegangen, und es ist sicherlich auch dem geschuldet, dass die Sachsen einfach so ticken. Sie wollen nicht mehr Geld ausgeben, als sie einnehmen. Deshalb haben wir in großer Gemeinsamkeit dies beschlossen, und dies am Ende noch als 08/15 hinzustellen, ist wirklich unwürdig.
Wenn man sich über konkrete Projekte austauscht, so haben wir in der letzten Legislatur auch gemeinsam mit dem heutigen Koalitionspartner eine Kreis- und Verwaltungsreform gemacht. Da sind hier die Fetzen geflogen. Unverantwortlich, was da geschieht. Das war ein schwieriger Akt in dieser Legislatur der Staatsmodernisierung. Sie haben wieder kritisiert und gewettert. Aber das sind Dinge, die wir gemeinsam mit Ihnen geleistet haben und jetzt gemeinsam mit der FDP in einer Zeit, in der man es sich noch leisten kann und nicht erst, wenn man es tun muss und das Kind in den Brunnen gefallen ist. Das nenne ich verantwortungsvolle Politik. Viele weitere Beispiele werde ich in der zweiten Runde erwähnen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das war die CDU-Fraktion, die auf die einbringende Fraktion der SPD gefolgt ist. Es sprach Herr Kollege Schmidt. Als Nächster ergreift für die Fraktion DIE LINKE das Wort Herr Kollege Gebhardt.
Herr Präsident! Es ist Weihnachtszeit, und Weihnachten ist auch eine Zeit, in der Geschichten erzählt werden. Herr Schmidt, Sie haben uns ja schöne Geschichten erzählt, wie gut es uns hier in Sachsen geht. Was ist aber tatsächlich die Bilanz dieser Koalition und dieser Staatsregierung? Martin Dulig hat schon gesagt, dass ich am Sonntag jetzt in die Autowaschstraße fahren darf. Da können wir als Männer Autowaschen spielen, und damit ich mein Auto wiedererkennen kann, habe ich ein neues Kennzeichen am Auto – das hat Herr Zastrow auch geklärt –, damit wir alle unser Auto wiederfinden können.
Wenn wir uns dann noch langweilen, gehen wir anschließend in die Videothek und leihen uns ein Video aus. Schöne Symbolpolitik für Sachsen, doch es sind ja vor allem schöne Worte, die da gemacht wurden. Wenn das Spiel dann nicht ausreicht, können wir seit gestern ein anderes Spiel spielen. Stadt, Name, Land habe ich gerne als Kind gespielt. Da macht man einfach eine Funkzellenabfrage, man ordnet Namen, Telefonnummern und Straßen zu und seit gestern auch noch PUK und PIN. Das ist eine schöne schwarze Realität, die wir uns in Sachsen zurechtzimmern. Schwarz-gelber Anspruch und weißgrüne Wirklichkeit sind tatsächlich weit auseinander.
Reden wir doch wirklich einmal über die Probleme, die wir hier in diesem Land haben. In der Summe aller sozialer Standards, Herr Schmidt, sind wir mittlerweile
als Sachsen hinter Brandenburg und Thüringen zurückgefallen. Ich weiß ja gar nicht so richtig, ob wir darauf stolz sein wollen, wie Sie das hier wieder darstellen, dass wir im Jahr 2010 1 Milliarde Euro eingespart haben, dass wir 1,2 Milliarden Euro mehr eingenommen haben, als tatsächlich dastand. Das haben Sie jetzt wieder verschwiegen. Deswegen sage ich ja, Geschichten erzählen gehört zur Realität.
Es ist nicht etwa so, dass Sie die sozialen Grausamkeiten anschließend wieder rückgängig gemacht hätten, sondern Sie haben sie einfach weiterlaufen lassen. Deswegen sind wir zurzeit in Sachsen mit Abstand diejenigen, die die niedrigsten Arbeitslöhne in Deutschland zahlen. Darauf können wir ja stolz sein! Wir haben die höchste Quote von Hartz-IV-Aufstockern in diesem Land, und wir haben den niedrigsten Betreuungsanteil von Null- bis Dreijährigen in den Kindereinrichtungen in den neuen Bundesländern und gleichzeitig den höchsten Anteil von Schülerinnen und Schülern in Förderschulen und die niedrigsten Eingliederungssätze für Menschen mit Beeinträchtigungen in ganz Deutschland. Das ist eine „stolze“ Bilanz, die Schwarz-Gelb hier aufzuweisen hat.
Beim letzten Mal habe ich schon darüber gesprochen, dass wir stolz darauf sein können, dass wir den höchsten Anstieg der Kriminalitätsrate zwischen 2011 und 2012 haben. Sachsen liegt bei der Armutsquote tatsächlich bei einem Fünftel der Gesamtbevölkerung. Ich weiß nicht, was ich da als gute Bilanz für diese Koalition feststellen soll.
Statt etwas dagegen zu tun – das haben wir gestern erlebt –, führen Sie das letzte Gefecht zum Thema Mindestlohn und sind dann stolz darauf, dass Sie wahrscheinlich die einzige Landesregierung sein werden, die ihn ablehnen wird. Na toll! Aber den Menschen nützt das nichts. Sie haben immer noch nicht verstanden, dass es hier nicht um Betriebswirtschaft geht, sondern es geht um Volkswirtschaft. Es geht um volkswirtschaftliche Entscheidungen, die wir hier zu treffen haben!
Sie glauben, Sie können den Freistaat wie ein Unternehmen führen. Das ist aber ein großer Irrtum. Das werden Ihnen auch die Wählerinnen und Wähler übelnehmen.
Ach, wir haben die Oberschulen vergessen. Wir haben jetzt neue Schilder, die außen angebracht wurden. Wahrscheinlich war das für die Blechindustrie ein guter Auftrag. Aber Sie simulieren hier auch wieder nur Politik. Es hat sich nichts geändert, außer, dass an den Schulen jetzt ein anderer Name steht.
Wir können aber auch sagen: Kollege Zastrow als Chamäleon der Politik. Das passt hier eigentlich ganz gut. Ich will Sie nur daran erinnern, dass Sie die evangelische Landeskirche beschimpfen und dann öffentlich über die konfessionslosen Schulen herfallen, um jetzt öffentlichkeitswirksam die freien Schulen zu umarmen. Das sind tolle Pirouetten, die Sie da drehen! Ich weiß nicht, was Sie wirklich damit vorhaben. Naja, vielleicht ist es ja so,
dass Sie demnächst mehr Zeit haben werden, um Videos auszuleihen, am Sonntag die Videos anzuschauen und in die Autowaschstraßen zu fahren. Vielleicht ist es das, was Sie wollen. Letztendlich sind Sie verantwortlich dafür, dass der Personalabbau bei der Polizei stattfand,
dass Sie die innere Sicherheit gefährden. – Sie gemeinsam mit der Koalition aus CDU und FDP. Da Sie der Koalition angehören und mir gegenübersitzen, sind Sie derjenige, den ich immer anschaue.