Protokoll der Sitzung vom 30.01.2014

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Kupfer war so nett und hat mich mit „Sand in die Augen streuen“ noch einmal angesprochen. Daraufhin habe ich mich kurz an meinen Rechner gesetzt und die Arbeitsaufträge der Kirchbach-Kommission der Jahre von 2002 und 2013 miteinander verglichen. Ich habe Respekt vor jedem Gutachter. Es ist aber ein Arbeitsauftrag, der einer Kommission übereignet wird. Dieser unterscheidet sich zwischen denen der Jahre 2002 und 2013 deutlich. So

stand im Jahr 2002 zu Beginn des Berichtes noch die Analyse der meteorologischen Daten im Mittelpunkt. Schwerpunkte waren, welche Daten zur Verfügung standen – die Daten aus Tschechien, Polen usw. – und dann an das Land Sachsen übergeben worden sind.

Diese Daten spielen im Bericht 2013 keine Rolle mehr. Eigentlich hätten heute hier nur die innenpolitischen Sprecher sprechen müssen, weil der Arbeitsauftrag an die Kirchbach-Kommission insbesondere innenpolitische

Dinge betraf, wie die Bewältigung im Informations- und Meldedienst, die Probleme beim Katastrophenschutz oder die Gefahrenabwehr. Über diese Dinge hätte heute referiert werden müssen. Es gab bis jetzt – das muss ich anerkennen – nur einen Redner der CDU, der das aufgegriffen hat.

Es ist immer so: Wenn man einen Auftrag erhält – ich habe auch gutachterlich gearbeitet –, dann arbeitet man diesen Auftrag natürlich ab. Es gibt aber Dinge, die Sie nicht beauftragt haben, die aber deutlich über das hinausgehen müssten, was wir zu analysieren gehabt hätten. Dazu gehören die meteorlogischen Daten, dazu gehört die unterschiedliche Situation des Hochwassers und dazu gehören auch die Empfehlungen für die Gewässer Zweiter Ordnung.

Herr Kirchbach hat aber nur seine Aussage von 2002 mit der von 2013 verglichen und überhaupt nicht analysiert, ob er hätte 2013 eine andere Situation erreichen können. Das ist bedauerlich, Herr Kupfer.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD)

Herr Minister, bitte.

Frau Abgeordnete, Sie unterstellen, dass die Staatsregierung nur die Fragen gestellt hätte, von der sie ausging, eine positive Antwort zu bekommen. Das ist falsch.

(Stefan Brangs, SPD: Und das war’s!)

Wir kommen jetzt zum Schlusswort, wenn es keine Kurzinterventionen mehr

gibt. Das Schlusswort geht an die Koalition; Herr Abg. Hippold, bitte.

Ich habe überlegt, ob ich überhaupt das Schlusswort halte, aber ich sehe mich doch dazu genötigt.

Frau Dr. Pinka und Frau Jähnigen, ich bin schon beeindruckt, wie man den Hochwasserschutz bzw. die Hochwasserschutzmaßnahmen, die in den letzten Jahren durchgeführt worden sind, und den Kirchbach-Bericht so schlechtreden kann. Bei den Ausführungen von Frau Jähnigen könnte ich noch unterstellen, dass der fehlende fachliche Hintergrund eine Rolle spielt, aber bei Ihnen, Frau Dr. Pinka, hätte ich mir einfach mehr versprochen.

(Lachen bei den LINKEN)

Ich würde bitten, dass wir zukünftig zu einer sachlichen Debatte zurückkehren

(Zuruf der Abg. Petra Köpping, SPD)

und uns wirklich über die Dinge und Argumente austauschen.

(Zurufe der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, und von der SPD)

Ich würde deswegen auch um Zustimmung bitten.

Zu der Sprecherrolle, Frau Dr. Pinka, die Sie vorhin angesprochen haben: Es gibt in der CDU-Fraktion keine Sprecher zum Thema Hochwasser. Ich habe heute diese Rolle übernommen. Sie müssen das einfach akzeptieren, weil wir dafür zuständig sind, das festzulegen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir wollen jetzt abstimmen über die Drucksache und ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Gegenstimmen. Eine Reihe von Stimmenthaltungen. Damit ist dem Antrag mehrheitlich zugestimmt worden.

Ich beende den Tagesordnungspunkt und rufe auf

Tagesordnungspunkt 4

Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung und

chronischer Erkrankung durch Sächsischen Maßnahmenplan „Arbeit

nach Maß für Menschen mit Behinderung“ grundlegend verbessern!

Drucksache 5/12796, Antrag der Fraktion DIE LINKE,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu kann Stellung genommen werden. Es beginnt für die einreichende Fraktion Herr Abg. Wehner. Danach folgen CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem genannten Antrag fordert die Fraktion DIE LINKE Sie auf, gemeinsam Überlegungen anzustrengen und Lösungen zu finden,

wie wir die Beschäftigungssituation von Menschen mit Behinderung grundlegend verbessern können.

Es überrascht nicht wirklich, wenn die Staatsregierung in ihrer Stellungnahme auf unseren Antrag mitteilt, dass es eines besonderen Maßnahmenplanes wohl nicht bedürfe. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf: Der Antrag kommt von der Opposition, er kommt von der Fraktion DIE LINKE.

Meine Damen und Herren! Ich habe dafür kein Verständnis, zumal Sie von der Staatsregierung und auch Sie von der Koalition nicht umhin können festzustellen, dass sich die Situation der Arbeit suchenden Menschen mit Behinderung nicht grundlegend geändert hat. Aktuell zählen wir 11 431 arbeitslose schwerbehinderte Menschen. Dabei sind noch nicht die Menschen mitgezählt, die eine sogenannte leichte Behinderung haben, also einen Grad der Behinderung von 30 bzw. 40. Dabei sind auch noch nicht die Menschen mitgezählt, die eine sogenannte drohende Behinderung haben, weil sie chronisch krank sind, aber ebenfalls Arbeit suchend sind. Diesen Fakt können Sie nicht wegdiskutieren.

Während die allgemeine Arbeitslosigkeit seit dem Jahr 2005 um über 40 % zurückgegangen ist, stieg die der arbeitslosen Menschen mit Behinderung um 10 %. Deshalb ist es wichtig, dass noch größere Anstrengungen als bisher nötig sind, um diesen Personenkreis auf den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Das ist sicherlich keine leichte Aufgabe. Auch uns ist das klar.

Möglicherweise hätte es auch der 5. Bericht über die Lage der Menschen mit Behinderung ans Licht gebracht, was alles getan wurde oder besser, noch getan werden soll. Er liegt noch nicht vor. Er hätte laut des beauftragten Instituts bis zum 16. Dezember 2013 vorliegen können. Frau Staatsministerin, Sie werden sicherlich in Ihrer Stellungnahme heute mitteilen, wann der Bericht vorgelegt werden kann. Insofern erübrigt sich dann möglicherweise auch die Beantwortung meiner mündlichen Anfrage, die ich für heute eingereicht habe.

Es bleibt dabei: Es muss viel mehr geschehen und darf nicht so weitergehen wie bisher. Die Teilhabe am Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung ist unabdingbar für die Schaffung einer umfassenden Inklusion.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Ein wichtiger Schritt hierbei ist, die Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten den individuellen Potenzialen von Menschen mit Behinderung, aber auch chronisch Erkrankten anzupassen. Wir sprechen an dieser Stelle bewusst von den Potenzialen und nicht von den Defiziten, um noch einmal den Paradigmenwechsel deutlich zu machen, den die UN-Behindertenrechtskonvention

beinhaltet.

Wie nötig das ist, zeigt ein Brief, der mich und möglicherweise auch Sie Ende letzten Jahres erreichte. Geschrieben ist er von einer Mutter, Ehefrau und Lehrerin, die in ihrem Alltag in allen drei Funktionen ständig an Barrieren

stößt: Als Mutter schreibt sie von ihrer Tochter, die, seit ihrer Geburt spastisch gelähmt, es dennoch geschafft hat, einen Hauptschulabschluss zu machen und eine Ausbildung zur Bürokraft zu absolvieren, um dann feststellen zu müssen, dass Bürokräfte offenbar nicht gebraucht werden.

Die Mutter schreibt, was ihr mitgeteilt wurde: „Für Sie haben wir keinen Platz.“ Ferner führt sie in ihrem Brief aus: „Ich möchte betonen, dass solche Aussagen auch von öffentlichen Ämtern und Einrichtungen kamen wie Landratsämtern, Krankenkassen, Gemeindeämtern.“

Ich frage Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Staatsregierung und von der Koalition: Wie ernst nehmen Sie es denn mit der Inklusion? Immer mehr Unternehmen, Einrichtungen und Kommunen entrichten eine Ausgleichsabgabe, weil sie weniger Schwerbehinderte oder chronisch Kranke beschäftigen, als es gesetzlich vorgesehen ist. Ich verweise hierzu auf die Antwort der Staatsregierung auf meine Kleine Anfrage, Drucksache 5/13069. Und das geschieht trotz aller Regelungen, die es bisher gibt, und trotz aller Regelungen, auf die die Staatsregierung zu unseren Vorschlägen in diesem Antrag hinweist.

Die Tochter, von der die Mutter hier schreibt, hat sich nach unzähligen Absagen im letzten Jahr ernsthaft Gedanken über ihren weiteren beruflichen Werdegang gemacht. Da sie schon in der Schulzeit Praktika in Kindertagesstätten und in der Altenpflege gemacht hatte, bewarb sie sich an verschiedenen Stellen und bekam einen Praktikumsplatz. Ich betone es hier noch einmal ausdrücklich: Die junge Frau bewarb sich von sich aus!

Sie bekam von einer dieser angeschriebenen Einrichtungen einen positiven Bescheid. Ich zitiere weiter aus dem Brief der Mutter: „Mit einer positiven Zusage in der Hand ging sie voller Hoffnung zu den Verantwortlichen ihrer Maßnahme und erhielt als Antwort: ‚Nein, diesem Praktikum können wir nicht zustimmen. Dafür sind Sie nicht geeignet. Die Belastung ist viel zu groß für Sie, und die Unterstützung vom Amt kriegen Sie auch nicht.‘“

Selbst einer positiven Leistungseinschätzung nach amtsärztlicher Untersuchung über die tatsächliche Belastbarkeit der Tochter vermochte die entsprechende Stelle nicht zu folgen. Ein Einzelfall? – Leider nein! Ich könnte viele – viel zu viele – Beispiele bringen, in denen es so oder ähnlich läuft. Da werden Menschen lieber für erwerbsgemindert erklärt, wie kürzlich in Chemnitz geschehen, als dass sie eine wirkliche Chance auf dem Arbeitsmarkt bekommen. Das, meine Damen und Herren, verstößt eindeutig gegen die UN-Behindertenrechtskonvention.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Behinderung und Schwerbehinderung sind keine freiwillige Lebensentscheidung. Die Gründe für eine Behinderung sind vielfältig und können jeden von uns treffen. Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen sind – die Auszüge aus dem Brief haben