Protokoll der Sitzung vom 12.03.2014

Die Studie hat ebenfalls deutlich gemacht, dass zumindest im europäischen Vergleich Opfer von häuslicher oder Beziehungsgewalt eher in Deutschland darüber reden und Hilfe suchen als in vielen anderen Ländern. Gleichwohl ist aber davon auszugehen, dass die Dunkelziffer nicht unerheblich ist und dass es bei Betroffenen mehrerer Anläufe bedarf, bis sie bereit und in der Lage sind, sich aus Gewaltsituationen zu lösen. Die Frauen schämen sich. Sie trauen sich nicht anzusprechen, was mit ihnen passiert. Oft haben sie auch gar nicht mehr die Kraft, sich Hilfe zu holen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um den Opfern von Gewalt zu helfen und sie zu unterstützen, haben die Bundes- wie die Landesebene verschiedene Möglichkeiten in Angriff genommen. So gibt es beispielsweise seit dem 1. März vergangenen Jahres das Hilfetelefon für von Gewalt betroffene Frauen. Unter der bundesweit einheitlichen Rufnummer 0800 116016 kann man anrufen und bekommt kostenlos, anonym und vertraulich Rat durch erfahrene Fachkräfte. Dieses Hilfetelefon ist die erste wichtige anonyme Anlaufstelle und bietet in seiner Lotsenfunktion Informationen darüber, wo man Hilfe bekommt, und man erfährt, wohin man sich wenden kann.

In einer ersten Zwischenbilanz gab es innerhalb der ersten zwölf Wochen fast 19 000 Anrufe. Man kann natürlich darüber streiten, ob diese Zahl gut oder schlecht ist. Entscheidend ist, dass das Hilfetelefon in Anspruch genommen wird. Man kann darüber streiten, ob es gut oder schlecht ist, dass sich so viele Frauen an diese Stelle wenden mussten bzw. konnten. Die Zwischenbilanz hat ergeben, dass es bei diesem Hilfetelefon 19 000 Anrufe gab. Das sind mehr als 220 Anrufe täglich. Auf der einen Seite macht dies deutlich, dass das Angebot gut angenommen wird. Auf der anderen Seite wäre es natürlich schön, wenn es keinen einzigen Anruf gäbe, weil – das wäre der Idealzustand – keiner notwendig ist. Aber es sind nun einmal diese 19 000 Anrufe innerhalb der ersten zwölf Wochen. Wir versuchen, den Betroffenen mithilfe dieses Angebots individuell zu helfen.

Auch ist an anderer Stelle auf den Aktionsplan II der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zu verweisen. Ich möchte an dieser Stelle nicht auf die Inhalte des Aktionsplans eingehen, sondern nur deutlich machen, dass man sich auf Bundesebene der Sensibilität des Themas bewusst ist.

Gleiches lässt sich auch für den Freistaat Sachsen sagen. So nimmt der vorliegende Antrag Stellung auf den Landesplan zur Bekämpfung häuslicher Gewalt sowie zur Landesförderung der Schutz-, Hilfe- und Beratungseinrichtungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit möchte ich zum vorliegenden Antrag kommen. Ohne die Wichtigkeit des Themas verharmlosen zu wollen, sehe ich zum ersten Punkt unsererseits keinen größeren Handlungsbe

darf. So hat die Bundesfamilienministerin angekündigt, dass sie bei der nächsten Gleichstellungskonferenz mit den Ländern darüber reden möchte, was man gemeinsam tun kann, damit die Frauenhäuser, aber auch die vielfältigen Frauenberatungsstellen auf sichere Beine gestellt werden. In diesem Zusammenhang ist es ihr wichtig, die Frauen über ihre bestehenden Rechte aufzuklären, zum Beispiel darüber, dass sie nach dem Gewaltschutzgesetz Schutzanordnungen erhalten und den Täter auch aus der Wohnung verweisen lassen können.

Auch wird am morgigen Tag den weiblichen Mitgliedern des Bundestagspräsidiums eine Unterschriftenliste der Kampagne „Schwere Wege leicht machen“ überreicht. Mit dieser Kampagne sollen Parlament und Regierung aufgefordert werden zu gewährleisten, dass alle von Gewalt betroffenen Frauen und ihre Kinder sicher, schnell, unbürokratisch und bedarfsgerecht Schutz und qualifizierte Hilfe in einem Frauenhaus ihrer Wahl erhalten können, sowie sicherzustellen, dass alle Frauenhäuser als Einrichtungen auf gesetzlicher Grundlage verlässlich finanziert werden sowie räumlich und personell und barrierefrei ausgestattet sind. Eine entsprechende Sensibilisierung auf Bundesebene dürfte damit erreicht sein, und ich gehe davon aus, dass die Behandlung der Themen auf der Gleichstellungskonferenz entsprechend gewürdigt wird.

Gleichwohl darf an dieser Stelle nicht vergessen werden – ich verweise auf den Bericht der Bundesregierung zur Situation der Frauenhäuser, Fachberatungsstellen und anderer Unterstützungsangebote für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder –, dass es verfassungsrechtlich nicht unproblematisch sein dürfte, Verantwortungen zu verschieben.

Hinsichtlich der beiden weiteren Forderungen im zugrunde liegenden Antrag würde ich das Ergebnis der Diskussionen auf Bundesebene sowie in der Gleichstellungskonferenz abwarten wollen. So erscheint es widersprüchlich und unter Umständen auch wenig zielführend, wenn einerseits bundeseinheitliche Standards gefordert werden, andererseits aber ein sächsischer Sonderweg gegangen wird. Über eines muss man sich an dieser Stelle klar sein: Kommt es zu bundeseinheitlichen Standards, kann es durchaus sein, dass sich diese negativ von den Forderungen im zugrunde liegenden Antrag unterscheiden können.

Auch sehe ich in diesem Zusammenhang noch eine weitere Baustelle: die Beteiligung der Kommunen. Der vorliegende Antrag fordert eine angemessene Beteiligung der Kommunen. Ich finde es gut, dass Sie die Kommunen in ihre Verantwortung einbinden. Gleichwohl halte ich es für schwierig, diese angemessene finanzielle Beteiligung durchzusetzen sowie sicherzustellen, dass das Geld auch dort landet, wo es hin soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit möchte ich zum Schluss kommen. Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Beratungs- und Hilfseinrichtungen für ihre nicht immer leichte Tätigkeit danken. Uns ist wichtig, dass Gewalt – in

welcher Form auch immer – schon von vornherein verhindert wird. Sollte dies nicht möglich sein, ist es uns wichtig, dass entsprechende Unterstützungsleistungen vorhanden sind. Auch ist es in diesem Zusammenhang wichtig, dass man sich traut, darüber zu reden. Die heutige Befassung mit dem zugrunde liegenden Antrag kann durchaus dazu beitragen, eine entsprechende Sensibilisierung in der Gesellschaft zu erreichen. Aus den dargelegten Gründen halten wir an dieser Stelle Ihren Antrag aber für wenig zielführend und werden ihn ablehnen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Abg. Schütz spricht für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Begriff Gewalt und Familie sind eigentlich zwei Begriffe, die einander ausschließen sollten – und doch zeigt uns die Statistik immer wieder, dass diese Fälle vorkommen.

Familie, das bedeutet eigentlich Liebe, Geborgenheit und Schutz. Man ist füreinander da, sorgt füreinander, stützt sich, bildet sozusagen ein Nest. Im Idealfall leben mehrere Generationen zusammen, und die Mitglieder der Familie stehen auch im Pflegefall füreinander ein. Natürlich werden auch miteinander Missverständnisse ausgeräumt, im Fall eines Falles auch tatsächlich einmal gestritten – meist für gemeinsame Vorhaben in der Familie.

Aber wenn dieser Streit nicht mehr konstruktiv geführt werden kann und es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt, dann sprechen wir von der häuslichen Gewalt bzw. Gewalt in der Familie. Diese Gewalt ist nicht nur psychischer, sondern auch physischer Natur. Zum einen gibt es Gewalt gegenüber Kindern, Frauen, Angehörigen, zum anderen die Gewalt von Kindern gegenüber ihren Eltern und auch Gewalt, die gegen Männer in der Familie gerichtet ist. Die Mehrzahl der genannten Geschädigten sind in der Statistik jedoch nach wie vor Frauen und Kinder. Jede vierte Frau zwischen 16 und 85 Jahren hat in ihrem Leben wenigstens – leider – ein Mal körperliche Gewalt durch ihren Partner erleben müssen, und jedes zehnte Kind in Deutschland war bereits Misshandlungen ausgesetzt.

Das sind drastische Zahlen, denen wir uns auch hier in Sachsen nicht verschließen können. Mit rund 2 000 Fällen pro Jahr – die Dunkelziffer wird natürlich höher sein – ist jeder einzelne Fall ein Fall zu viel; darüber sind wir uns sicherlich hier in diesem Hohen Hause alle einig.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die sächsische Staatsregierung in Verantwortung des Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz finanziert gemeinsam mit den Kommunen ein landesweites Netz von Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen für Betroffene von häuslicher Gewalt. Es werden Frauen- und Kinderschutz

einrichtungen unterstützt; immerhin werden diese von circa 700 Frauen mit ihren Kindern – auch hier in Sachsen – im Jahr aufgesucht. Wir unterstützen Interventions- und Koordinierungsstellen sowie Täterberatungsstellen. Im Antrag der Fraktion DIE LINKE und der SPD bemüht man sich um eine Vereinheitlichung der Standards und der Etablierung eines Rechtsanspruchs auf Hilfe und Unterstützung für die Opfer von häuslicher und Beziehungsgewalt.

Diese Vereinheitlichung korreliert zum einen mit den bereits etablierten Strukturen, und zwar nicht nur in unserem Freistaat. Der Wunsch nach Vereinfachung trifft hier schlichtweg auf bereits gewachsene Strukturen. Bund und Länder sind bemüht, stärker zu kooperieren, zum Beispiel in Bund-Länder-Arbeitsgruppen zur häuslichen Gewalt, und sie begleiten auch bisherige Projekte zur Intervention bei häuslicher Gewalt wissenschaftlich. Ich denke da nur an die Medienkampagne „Nicht zum Täter werden!“, die noch unter der schwarz-gelben Bundesregierung entwickelt und auch durchgeführt wurde und die Sie, vor allen Dingen Sie, liebe männliche Kollegen, vielleicht kennen. Das ist eine wichtige Aktion, eine wichtige Stelle, an die sich vor allen Dingen auch Männer wenden können, wenn sie merken, dass sie Konflikten nur noch mit Gewalt begegnen können.

Der Aktionsplan II der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen schließt die Zuständigkeitsbereiche der Länder und Kommunen ein. In der BundLänder-Arbeitsgruppe zur häuslichen Gewalt sind die jeweils zuständigen Bundesministerien, die Fachministerkonferenzen der Bundesländer, zudem die Kommunen, die Fachverbände sowie die bundesweiten Vernetzungsstellen der Beratungsstellen und Frauenhäuser unter der Leitung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vertreten.

Ergänzend zu den Maßnahmen des Bundes existieren auch innerhalb der Länder eigenständige Programme zur Kooperation. Als Beispiel sei hier nur das schleswigholsteinische KIK, Netzwerk bei häuslicher Gewalt, genannt. – So weit zu den bundesweit gewachsenen Strukturen.

Im Freistaat bestehen die im Jahr 2013 im Lenkungsausschuss genannten Ansätze. Dieser Ausschuss setzt sich unter Einbeziehung aller Ressorts für eine nachhaltige Absicherung des Erreichten bei der Bekämpfung von häuslicher Gewalt ein. Ebenfalls begleitet er ressortübergreifend in den Bereichen der Prävention und der Intervention, und er begleitet einen abgestimmten Opferschutz.

Der Lenkungsausschuss wird weiterhin durch den Landespräventionsrat bei seinen Aktionen unterstützt. Aus den Handlungsempfehlungen des Lenkungsausschusses ging hervor, dass die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung mit Unterstützungsangeboten in der gemeinsamen Verantwortung des Freistaates und der Kommunen liegt. Darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen.

Selbstverständlich wird die Staatsregierung unter Berücksichtigung der verfügbaren Haushaltsmittel ihren Aufgaben nachkommen und die sie betreffenden Handlungsempfehlungen weiter umsetzen. Eine weitere finanzielle Unterstützung des Lenkungsausschusses wurde bereits zugesichert. Die Etablierung eines Rechtsanspruches auf Bundesebene ist derzeit jedoch nicht praktikabel, da verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Nach Artikel 71 Abs. 2 des Grundgesetzes wäre eine Vereinheitlichung der Regelungen auf Bundesebene bedenklich, da die Wahrung der Rechtseinheit und die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet

gefährdet wären.

Gestützt wird diese Auffassung durch ein rechtswissenschaftliches Gutachten. Dieses Gutachten wurde im Rahmen des Berichtes der Bundesregierung zur Situation der Frauenhäuser, der Fachberatungsstellen und anderer Unterstützungsangebote für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder vorgelegt.

Wenn wir uns dann noch den im Land gültigen Richtlinien zuwenden, stellen wir fest, dass beide Richtlinien, also die Richtlinie für die Gleichstellung und die für die Frauenprojekte, zu 100 % abgerufen sind. Die Gelder sind also im Land angekommen. Das SMS arbeitet zurzeit an der Novellierung der Richtlinie zur Förderung der Chancengleichheit, insbesondere auch an der Revidierung von Abschnitt IV, Projekte zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt und von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. Dort wird natürlich auch mit geprüft, inwieweit die vorliegenden Forderungen der sächsischen Frauen- und Kinderschutzeinrichtungen sowie der Intervenierungs- und Koordinierungsstellen, kurz IKS genannt, in dieser Novellierung berücksichtigt werden können.

Unter den aufgeführten Prämissen und Begründungen, die ich Ihnen genannt habe, werden wir diesen Antrag ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Steffen Flath und Christian Piwarz, CDU)

Für die Fraktion DIE GRÜNEN spricht Frau Abg. Herrmann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein seltener Augenblick in diesem Parlament, dass sich Opposition und Koalition in der Einschätzung der Lage einig sind, nämlich dass die Anzahl der Frauen, die vor allen Dingen im häuslichen Bereich von Gewalt betroffen sind, zu groß ist. Die Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte ist schon genannt worden. Dort wird festgehalten, dass 22 % aller Befragten angegeben haben, in der eigenen Häuslichkeit Opfer von Gewalt geworden zu sein.

Ich habe aber den Eindruck, dass die Einigkeit damit auch schon aufhört; denn bei der Frage, wie man diesem Missstand begegnet, wie man ihm abhelfen kann und wie

man vor allem Frauen und Kinder unterstützen kann, mit diesen traumatischen Erfahrungen umzugehen, sind wir uns schon nicht mehr einig. Die SPD und DIE LINKE haben mit diesem Antrag einen Vorschlag mit einigen Punkten vorgelegt, die die Situation von Gewaltbetroffenen verbessern könnten. Ich möchte nur auf einige davon eingehen.

Insbesondere hat der Kollege der CDU-Fraktion gesagt, dass er das Telefon, das seit dem vorigen Jahr geschaltet ist und an das sich Frauen oder Gewaltbetroffene wenden können, für eine gute Einrichtung hält. Aber uns allen muss klar sein: Je mehr Öffentlichkeit für dieses Thema und je mehr Möglichkeiten es gibt, auch das Erfahren von Gewalt offenzulegen und darüber zu sprechen, desto mehr Beratungsangebote und desto mehr Plätze in Frauenhäusern werden nötig sein.

Das ist genau dasselbe wie in der Kinder- und Jugendhilfe. Je mehr wir uns um Frühe Hilfen, um frühzeitiges Erkennen von Gewalterfahrungen und von Vernachlässigungen auch bei Kindern bemühen, desto mehr Fälle werden bekannt werden und desto höhere Kosten werden wir im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe haben. Dasselbe trifft auch für Frauenhäuser zu. Und dann muss man einfach feststellen, dass seit 2007 keine Erhöhung der Gelder mehr stattgefunden hat.

Aber nicht nur die Zahlen steigen, sondern auch die Situation von Gewaltbetroffenen – in der Regel sind es ja Frauen und Kinder – ist immer schwieriger geworden. Deshalb besteht die Notwendigkeit für eine verstärkte Netzwerkarbeit, um den Frauen auch andere Hilfsangebote zugänglich zu machen.

Ganz besonders möchte ich darauf hinweisen – das ist in dem Antrag genannt, und die Staatsregierung ist in ihrer Stellungnahme auf diesen Punkt nicht eingegangen –, dass unter Punkt 3 auch erwähnt wird, dass es spezielle Angebote für betroffene Kinder geben muss. Kinder, die in der Familie – Frau Schütz hat das vorhin mit „Nest“ bezeichnet –, also genau an der Stelle, wo sie eigentlich Unterstützung, Wärme, Liebe erfahren sollten, Gewalt erleben, sind traumatisiert. Wenn Kinder dieses Trauma nicht verarbeiten können – und wir haben in Sachsen im Moment keine Möglichkeit, Kinder zu beraten oder Kindern in altersgerechter Form Unterstützung zur Verfügung zu stellen –, dann werden sie in ihrem eigenen Beziehungsleben später beeinträchtigt sein. Sie werden auch in der Bindung zu ihren zukünftigen Kindern Probleme bekommen. Sie werden unter Umständen auch Probleme bekommen, ihr Leben eigenständig zu führen. Es ist deshalb unbedingt notwendig, Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten in kindgerechter Form in den Beratungsstellen und Frauenhäusern vorzuhalten.

Ich möchte Sie auch darauf hinweisen: Wenn Frauen in Beratungsstellen Unterstützung in Anspruch nehmen, haben sie häufig ihre Kinder dabei. Wenn nicht die Möglichkeit gegeben ist, dass Kinder außerhalb dieses Beratungsgespräches betreut werden, dann werden sie zum zweiten Mal traumatisiert, indem sie nämlich das,

was die Mutter dort vorbringt, mit anhören und sozusagen diese Erfahrung noch einmal machen müssen. Es ist unbedingt notwendig, für Kinder eigene Möglichkeiten der Betreuung und Beratung einzuführen.

Ich möchte noch auf ein Zweites verweisen: Es gab im letzten Jahr auch eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums. Diese Studie verweist auf alarmierende Befunde, was Frauen mit Behinderungen betrifft. Jede zweite bis vierte Frau, die eine Einschränkung oder eine Behinderung hat, hat in ihrer Kindheit oder Jugend sexuelle Übergriffe erlebt. Allen voran sind das gehörlose Mädchen und Frauen, gefolgt von blinden Frauen. Genau für diese Klientel gibt es fast keine Beratungsangebote, weil – das haben wir nachgefragt, und dabei ging es uns nicht nur um bauliche Barrierefreiheit – in den Beratungsstellen keine Barrierefreiheit gegeben ist, also nicht in angemessener und den Frauen zugänglicher Art und Weise Hilfe zur Verfügung gestellt werden kann.

Das sind Punkte, die unbedingt geändert werden müssen, und das geht natürlich mit steigenden Kosten einher. Aber ich sage Ihnen, wenn Sie an dieser Stelle das Geld nicht in die Hand nehmen, werden Sie es später an anderer Stelle in die Hand nehmen müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die NPDFraktion Frau Schüßler, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind uns alle sicher darüber einig, dass häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder grundsätzlich abzulehnen, anzuprangern und ihr entgegenzutreten ist. Aber auch gegen Männer, möchte ich hinzufügen. Denn glaubt man den Zahlen der Studie „Körperliche und psychische Gewalterfahrungen in der deutschen Erwachsenenbevölkerung“ des Robert-Koch-Instituts, waren – ich zitiere – „Frauen tendenziell häufiger Opfer. Jedoch waren sie signifikant häufiger Täterinnen von körperlicher und psychischer Gewalt im häuslichen Bereich.“