Protokoll der Sitzung vom 09.04.2014

Für Zahlen sind wir auch offen, selbstverständlich, Herr Brangs. Aber ich möchte zurückkommen auf – –

(Unruhe im Saal – Glocke des Präsidenten)

Herr Hauschild, Sie antworten bitte auf die Kurzintervention von Frau Hermenau.

(Dirk Panter, SPD: Sozial nach vorn! – Weitere Zurufe von der SPD)

Ich würde noch warten, bis sie mit ihren Zwischenrufen fertig sind.

Wenn ich das zusammenfasse, muss ich sagen: Frau Hermenau, Sie sind ideologisch in eine Richtung ausgerichtet. Wir sind das nicht. Wir sind offen für diese Sache.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE – Zurufe von der SPD)

Wir haben aber den Menschen im Mittelpunkt und nicht nur das Geldverdienen und die ideologische Geschichte von einer Seite. Deswegen sind Ihre Argumente haltlos und es ist schade darum, darüber zu diskutieren.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU – Stefan Brangs, SPD: Das war Überlebenskampf Teil 2! – Zurufe der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE, und Stefan Brangs, SPD)

Meine Damen und Herren, sind Sie damit einverstanden, wenn wir in der Aussprache fortfahren?

(Heiterkeit der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Dann rufe ich jetzt die Fraktion DIE LINKE auf; Frau Abg. Dr. Runge.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man könnte annehmen, dass Große Koalitionen mit ihrer Zweidrittelmehrheit zu großen Reformen fähig wären. Aber das ist ein offensichtlicher Irrtum.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Tja!)

Die Absicht der Reform des Erneuerbare-EnergienGesetzes bestand doch darin, die Dynamik des Strompreisanstiegs zu dämpfen. Nun liegt ein Gesetzentwurf vor – zu dem es auch Berechnungen gibt –, bei dem absehbar ist, dass im Laufe der Legislaturperiode der Bundesregierung bis zum Jahr 2017 nur ein geringer Anstieg von circa 0,2 Cent pro Kilowattstunde für die EEG-Umlage vorausgesagt werden kann. Weil diese Berechnungen dem „Spiegel“ zugespielt und auch im neuen „Spiegel“ abgedruckt wurden, kann man dort an der Kurve einen sehr steilen Anstieg ab 2017 bis 2020 erkennen. Das heißt, dass zusätzlich weitere 10 Milliarden Euro für die EEG-Umlage insgesamt von der Gesellschaft aufgewendet werden müssen.

Es ist klar: Wir wollen die Energiewende. Nun geht es darum, diese Kosten einigermaßen gerecht zu verteilen. Dabei kommen natürlich sehr verschiedene Interessen ins Spiel: Industrieinteressen, aber auch die Interessen der Ökoindustrie, die Windkraftanlagen und Fotovoltaikanlagen, die Solarindustrie etc. Es kommen die Verbraucherinnen und Verbraucher, die kleinen und mittelständischen Unternehmen ins Spiel. Es ist tatsächlich so, dass dies fast die Quadratur des Kreises bedeutet. Es sozusagen allen recht zu machen – ich glaube, das ist nicht möglich.

Was aber jetzt Wirtschaftsminister Gabriel vorgelegt hat, auch was die Absprachen mit der EU-Kommission angeht und die Befreiung von der EEG-Umlage für die energieintensive Industrie betrifft, dass rund 500 Unternehmen weniger als bisher in den Genuss dieser Befreiung kommen werden, ist zunächst richtig. Aber natürlich hatten alle mehr und größere Erwartungen, dass dieser Schnitt härter ausfällt. Das ist ganz klar. Hier hat sich die Industrielobby durchgesetzt. Gestern Abend hat der BDIPräsident, Herr Grillo, kundgetan, dass er sehr zufrieden mit der Gesetzesnovelle ist. Das heißt also, die anderen werden es bezahlen müssen. Das sind die privaten Verbraucherinnen und Verbraucher und die kleinen und mittelständischen Unternehmen.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja, so ist es!)

Nun haben wir es, was vor allem die einkommensschwache Bevölkerung angeht, mit einer Zuspitzung als soziale Frage zu tun. Daran können wir einfach nicht vorbeigehen. Das heißt, wir müssen für Transferempfänger die Regelsätze für den Stromverbrauch den wirklichen Kostenentwicklungen anpassen. In Sachsen sind das allein in den drei Großstädten über 20 000 Haushalte, die jährlich mit Stromsperren zu kämpfen haben. Ich finde, bei einem solchen Überangebot von Strom in Deutschland ist es ein Irrsinn, dass ein wachsender Teil der Bevölkerung von einer zuverlässigen und sicheren, vor allem bezahlbaren Stromversorgung ausgeschlossen wird.

Eines ist noch im Zusammenhang mit dem kleinen Reförmchen des EEG zu sagen: Das Hauptproblem dieses EEG ist der Konstruktionsfehler zur Berechnungsmethode der EEG-Umlage.

Bitte zum Schluss kommen.

Die muss angefasst werden. Es gibt bereits konstruktive Vorschläge, wie man die Berechnungsmethode für die EEG-Umlage so ändern kann, dass sie nicht in dieser Art und Weise dramatisch anwächst.

Danke.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Besteht noch Redebedarf bei der SPD-Fraktion? – Das ist nicht der Fall. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN? – Auch nicht. NPD? – Auch nicht.

Meine Damen und Herren! Damit ist die zweite Runde vorbei. Wir kommen zu einer dritten Runde. Es gibt noch eine Wortmeldung aus den Reihen der CDU. Herr Abg. von Breitenbuch.

Herr Präsident! Ich möchte noch einige Punkte ansprechen, die mir wichtig sind, um die Diskussion rund zu machen.

Das ist zum einen der parallele Ausbau von erneuerbaren Energien und Netzen. Ich denke, das ist ein noch offenes Problem, das weiter diskutiert und gelöst werden muss. Darüber gibt es, wenn man auf die bundesdeutsche Karte sieht, noch keine Einigung.

Das ist zum anderen das Problem der Kapazitätsmärkte. Wer hält die Grundlast offen, während der Ausbau der erneuerbaren Energien weitergeht? Das ist auf Dauer die Schwierigkeit, in der letztendlich die Braunkohleindustrie steckt; fossile Energieträger generell. Hier müsste es möglich sein, zu einem Moratorium zu kommen – sprich: Man ist froh mit dem, was man hat, und macht erst einmal den Ausbau, der die Lücke der Kernkraft bis 2022 schließen muss, und schaut dann, wie es weitergeht.

Das Nächste ist die gesamte Belastung mit Steuern und Abgaben in diesem Themenkomplex. Ein großer Profiteur

ist der Staat, sind die Einnahmen der öffentlichen Hände, die hier – der Finanzminister schaut skeptisch – auch zu Buche schlagen und das Gesamtsystem belasten.

Ein weiteres Thema sind die Speichertechnologien, die wir hier gar nicht weiter angesprochen haben. Wir haben in Sachsen mit Niederwartha ein Pumpspeicherkraftwerk.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Das nicht funktioniert!)

Nicht einmal hier lohnt sich eine Renovierung. Insofern ist eigentlich in Sachsen diese Problematik offensichtlich. Solange sich das nicht rechnen lässt, weil man dort die Rahmenbedingungen ändert, kann es insgesamt mit dem Speichern nicht funktionieren.

Frau Hermenau, ich möchte auf die Stadtwerke eingehen. Ich habe zwei schöne Beispiele: Einmal die Stadtwerke Leipzig, die in eine Holzindustrieanlage investiert haben in Thüringen oder Sachsen-Anhalt, zumindest nicht in Sachsen – das war auch interessant. Die haben sich gewundert, dass die Holzpreise gestiegen sind und sich das nicht mehr rechnet. Jeder Waldbesitzer hätte da vielleicht vorher bei der Beratung mithelfen können. Da ist man zu spät gewesen und sitzt nun auf großen Verlusten – selbst gemachtes Elend. Das Gleiche betrifft die Stadtwerke Dresden, die mitten in der Lommatzscher Pflege eine Biogasanlage neben die Autobahn setzen, ohne eigenen Kuhstall, komplett gerechnet mit 10 Euro pro Dezitonne Weizenpreis. Wir hatten zwischendurch einen Weizenpreis von 25 Euro pro Dezitonne, das rechnet sich natürlich auch nicht.

Insofern sind das hier völlige Auswüchse, vielleicht aber auch zu späte Entscheidungen, weil man dachte: Wir sind modern, wir sind chic, wir machen das. Aber die Zeichen der Zeit und die Veränderungen wurden nicht erkannt. Hier sollte man auch genauer hinsehen, bevor man generell sagt, dass Stadtwerke erfolglos mit diesen Themen umgegangen sind.

Frau Dr. Runge, sozial ist, was Arbeit schafft.

(Stefan Brangs, SPD: Das ist falsch!)

Nein, das ist nicht falsch.

(Stefan Brangs, SPD: Das ist falsch! Es kommt darauf an, dass es Arbeit ist mit Lohnen, von denen man leben kann!)

Was Arbeit schafft! Insofern der kleine Beitrag. Ist da jemand? Da ist jemand, Herr Brangs, nämlich die Gewerkschaft ist da schon etwas großzügiger. Wir kennen das. Wir halten aber die Diskussion um Industrielobby oder nicht für nicht zielführend. Wir sind in Sachsen ein Land mit vielen mittelständischen und kleinen Betrieben und eben nicht dieser Industrielobby. Auch für die setzen wir uns ein, auch für die machen wir Politik. So habe ich auch die Staatsregierung in ihren Verhandlungen in Berlin verstanden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war Herr von Breitenbuch für die CDU-Fraktion. Meine Damen und Herren! Gibt es aus den Reihen der Fraktionen weitere Wortmeldungen? – Das kann ich nicht sehen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Ja. Herr Staatsminister Morlok, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! „Sächsische Interessen in der Energiepolitik wahren“. Da stellt sich natürlich die Frage, was die speziellen sächsischen Interessen sind.

(Zuruf: Genau!)

Die Antwort, sehr geehrte Damen und Herren, haben wir gestern im Rahmen der Umfrage der Staatsregierung erhalten: 98 % der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Sachsen haben sich gegen steigende Strompreise ausgesprochen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Damit ist doch klar, was die Interessen im Freistaat Sachsen im Rahmen der Energiepolitik sind, nämlich steigende Strompreise zu verhindern. Die Staatsregierung versteht sich als Anwalt genau dieser Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Sachsen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Da müssen wir, sehr geehrte Damen und Herren, bei der Diskussion um die Vorschläge der Bundesregierung im Rahmen der EEG-Reform natürlich fragen, ob diese Vorschläge diesen sächsischen Interessen, nämlich steigende Strompreise zu vermeiden, gerecht werden.