Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Autoland Sachsen – mir kommt es so vor, als wären die Vorstellungen der Staatsregierung vom Autoland Sachsen auf dem Stand von 1886. Das war das Jahr, in dem der Benz-Patent-Motorwagen puffend und stinkend auf die Straße kam. Warum fällt mir das ein? Unser Ministerpräsident Tillich hat Ende März die Rote Karte der Deutschen Umwelthilfe für seinen Dienstwagen bekommen.
Zum Geburtstag habe ich gern gratuliert, zu dieser roten Laterne eher nicht. Vielleicht kann man dieses Auto dann als Oberstinker bezeichnen.
Die Staatsregierung und die Landesverwaltung haben aktuell 4 500 Pkw. Wenn man dem Autoland Sachsen einen Entwicklungsschub bescheren will, könnte man diese Landesflotte auf umweltfreundliche Dienstwagen umstellen. Das würde den Produzenten einen riesigen Innovationsschub geben. Zum Beispiel gibt es einen sächsischen Golf, der auf Platz 5 der Umweltliste des VCD steht. Der erreicht heute schon mit 92 g/km CO2Ausstoß das Ziel der EU-Kommission von 2020.
Da sind wir schon beim Thema „Moderne Form der Automobilität“. Für mich ist ein Beispiel, weil ich es selbst sehr, sehr gern nutze, das Carsharing. Dahinter steht die Philosophie „Nutzen statt Besitzen“. Carsharing gibt es seit 20 Jahren; seit fünf Jahren gibt es ein ganz starkes Wachstum, jährlich um 20 %.
Die Autoindustrie reagiert. Zum Beispiel hat Peugeot mit seinem „Mu by“ inzwischen in 13 deutschen Städten und 23 Ländern ein Angebot, BMW i, MINI und Sixt machen ein Angebot, bei dem man per App ein Auto suchen und wählen kann, und zwar völlig stationsunabhängig. Dabei ist ganz wichtig, dass man diese Mobilität immer mit dem ÖPNV vernetzt.
Ich fahre in Leipzig mit dem Fahrrad zum Bahnhof, mit dem Zug nach Dresden, und wenn ich einen Termin auf dem Weißen Hirsch habe, mit einem Teil-Auto, das ich mir unterwegs im Zug über meine App bestelle und schaue, ob es in Dresden-Neustadt oder am Dresdner Hauptbahnhof ein Auto gibt. Das geht wunderbar. Bezahlt
wird am Monatsende, und die Mobilitätskosten sind wesentlich geringer als zu der Zeit, als das Auto noch vor der Tür stand.
Meine Damen und Herren! Ich finde die Debatte über die wirtschaftliche Bedeutung der Autoindustrie in Sachsen sehr schön. Ich würde mir wünschen, dass wir das nächste Mal über die Wirtschaftskraft von Bahn und Bus reden.
Allein in diesen Unternehmen beschäftigen wir in Sachsen 13 000 Mitarbeiter und erwirtschaften eine Milliarde Umsatz. Das Verrückte an der Sache ist, dass für beide Branchen, also für die Bahntechnik und für die Automobilbranche, die Staatsregierung die Förderung der Verbundinitiativen gekappt hat.
Für die Fraktion der GRÜNEN war das Herr Kollege Weichert. Gibt es noch Redebedarf bei der NPD in dieser Runde? – Das ist nicht der Fall. Dann eröffnen wir jetzt eine dritte Runde, und die einreichende CDU-Fraktion hat erneut das Wort. Bitte, Herr Heidan.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gott sei Dank haben wir heute andere politische Verhältnisse, sodass die Politik nicht mehr in Unternehmensentscheidungen hineinreden kann.
Gott sei Dank können die Unternehmer heute frei und unter betriebswirtschaftlichen Bedingungen arbeiten, können ihre Produkte auf dem Markt anpreisen und verkaufen und so entwickeln und herstellen, wie sie es für gut und richtig empfinden. Gott sei Dank ist es so, lieber Herr Gebhardt. Wir haben nicht die besten Erfahrungen gemacht in den letzten Jahren bis 1989.
(Enrico Stange, DIE LINKE: Die Geschichte Mitteldeutschlands wird im Fernsehen gebracht, meist abends.)
Damals hat die Politik hineinregiert, unter anderem, welcher Pkw-Typ in welcher Zeit mit welcher Preisentwicklung gebaut wird. Das Ergebnis ist dann so, wie Herr Zastrow es gesagt hat. Ich weiß nicht, in welcher Zeit Sie gelebt haben oder heute noch leben. Gerade hier hat die Automobilindustrie in unserem Land durchaus große Erfolge erreicht.
Dafür braucht man gut ausgebildete Facharbeiter, kluge Ingenieure, Entwicklungspotenziale, mit denen wir uns heute noch gar nicht beschäftigen: neue Materialien mit neuen Technologien – ich hatte es in meinem zweiten Redebeitrag angedeutet:
Wasserstofftechnologien, Elektrotechnologien, Antriebstechnologien. Das sind Dinge, mit denen wir uns zukünftig auseinandersetzen. Deshalb sind wir als CDU-Fraktion sehr froh darüber, dass drei Standortfertigungsstätten in Sachsen existieren.
Deshalb, meine Damen und Herren, hat sich die Debatte gelohnt. Für mehr Wachstum und Beschäftigung hat dieser Industriezweig in Sachsen deutlich gesorgt. Die Politik hat die Grundlagen dafür geschaffen, nämlich die Infrastrukturvoraussetzungen Anfang der Neunzigerjahre. Diese Grundlagen wird sie auch weiterhin schaffen müssen. Dieses Miteinander und Füreinander ist gut.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße es, dass Sie, Kollege Heidan, zumindest am Ende der Debatte auf das Thema Entwicklung der Automobilbranche in der Zukunft zu sprechen kommen. Dabei gibt es ein Problem: Die tatsächliche Forschungsleistung wird nicht bei uns in
Sachsen erbracht. Das heißt, wir sind und bleiben mehr oder weniger die verlängerte Werkbank der Unternehmen. Kollege Heidan, es wäre die Aufgabe Ihrer Regierung gewesen, dafür die Voraussetzungen zu schaffen. Das hat sie aber nicht getan. Sie feiern sich hier ohne tatsächlichen Grund.