Protokoll der Sitzung vom 22.05.2014

und es ist doch alles schön, und es wird schon alles werden, reicht in Zukunft nicht mehr aus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Das war Frau Kollegin Köpping für die einbringende SPD. Als Nächster ergreift Kollege Hartmann für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Gerechtigkeitsdebatte in Sachsen zu Mieten und Wohnen, und Herr Dulig mahnte an, die Staatsregierung sollte ihre Marketingpolitik doch ändern hin zu Inhalten. Herr Dulig, was Sie geliefert haben, war Marketingpolitik par excellence und sehr wenig Inhalt.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Sie führen eine Diskussion kurz vor der Kommunalwahl, um mit Ängsten und Sorgen von Menschen zu spielen bei einem sehr ernsthaften Thema. In München regierte die SPD viele Jahre; 11,80 Euro ist die durchschnittliche Kaltmiete. In Hamburg regiert die SPD, die Miete ist deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Ich würde jetzt nicht auf die Idee kommen, einen Zusammenhang zwischen Ihrer Regierungsverantwortung und der Mietpreisentwicklung in dieser Region herzustellen, so wie Sie es gerade getan haben.

(Beifall des Abg. Jan Löffler, CDU)

Wie ist denn die Situation in Sachsen? Ja, wir haben insbesondere in Dresden und weniger in Leipzig, aber auch da ist der Trend erkennbar, jedoch vor allem in der Region Dresden eine Herausforderung durch steigende Mieten. Aber die Gesamtsituation in Sachsen stellt sich immer noch so dar: 5,47 Euro ist die sächsische Durchschnittskaltmiete.

(Zurufe von der SPD)

Damit haben wir die niedrigsten Mieten. Nur noch Thüringen kommt nach uns. Auch bei der Mietbelastungsquote – und diese Zahl ist noch wichtiger –, also dem Verhältnis von Einkommen zu Mietbelastung, ist der Wert in Sachsen deutschlandweit am geringsten.

Das befreit uns nicht von der Frage: Wie stellen wir uns den Herausforderungen insbesondere in den großen Städten? In der Tat ist Dresden einer der Bereiche, die wir uns anschauen. Die Dresdner Kaltmiete liegt bei 6,30 Euro, Tendenz deutlich steigend, was vor allen Dingen mit den Neuvermietungen zu tun hat. Hier haben wir zwei Effekte, die aufeinander getroffen sind. Einmal haben wir ein noch auslaufendes Wohnungsrückbauprogramm, bei dem ich zweifelsohne der Stadtspitze sagen muss, dass sie hätte eher gegensteuern können. Das geht auch in Richtung meiner Partei. Aber gleichzeitig ist diese Mietpreisentwicklung auch durch die Frage begründet, ob

es denn bisher attraktiv war, Wohnungen zu bauen. Das war es definitiv nicht, weil wir hier Leerstand hatten. In Dresden verändert sich seit vier, fünf Jahren das Zuzugsverhalten. Es gibt eine Nachfrage, es gibt Ausweisungen, es gibt Bauträger.

Natürlich bleibt die Frage: Wie sieht es eigentlich mit sozialem Wohnungsbau aus, also mit Wohnungen für die, die nicht dieses Durchschnittseinkommen haben? Auch hier muss ich sagen, dass der Steuerungsbedarf als Erstes in der kommunalen Selbstverwaltung liegt. Weiterhin müssen wir eine Diskussion führen, von der ich denke, dass sich ihr auch die Staatsregierung nicht verweigern wird. Wenn wir aufgrund veränderter Rahmenbedingungen in Teilregionen unseres Landes auf solche Entwicklungen reagieren müssen, haben wir in der Städtebauförderung die entsprechenden Spielräume. Wir haben auch die Möglichkeit zu gestalten.

(Martin Dulig, SPD: Das wundert mich sehr, genau das wurde abgelehnt!)

Wir haben jetzt eine veränderte Situation in einer Teilregion des Freistaates. Das gilt nicht für den gesamten Freistaat. Deswegen muss man sich mit dieser Frage jetzt auseinandersetzen. Das macht man nicht mit billiger Polemik, indem man Ängste und Sorgen von Menschen herbeidiskutiert,

(Martin Dulig, SPD: Die reden wir nicht herbei!)

indem man so tut, als ob morgen keine Miete mehr bezahlbar ist.

Die Zahlen in Sachsen sprechen eine klare Sprache. Insgesamt ist die Mietsituation in Sachsen stabil. Das ist vorhin, glaube ich, von Herrn Herbst gesagt worden. 1,3 % ist die Veränderungsrate der Mietpreise. Damit liegt sie deutlich unterhalb der Inflation. Unser Problem sind vor allem die Nebenkosten.

Ich bin durchaus bei Frau Köpping, wenn sie sagt: Wir müssen den Blick in den ländlichen Raum in Bezug auf die Verbesserung der Anbindung des ÖPNV richten. Aber führen Sie diese Diskussion ernsthaft und führen Sie sie bitte nicht polemisch, indem Sie ein Szenario herbeiführen, das den Menschen im Land Angst macht und den Tatsachen nicht gerecht wird.

(Zurufe der Abg. Dr. Eva-Maria Stange und Martin Dulig, SPD)

Führen wir die Diskussion auf einer vernünftigen Ebene und mit realen Zahlen.

Schauen Sie in andere Bundesländer. Führen Sie die Debatte nicht immer nur von Ihrem Teller, sondern schauen Sie auch einmal hinaus, wie die Gesamtsituation aussieht. In diesem Kontext werden wir gemeinsam an Lösungen arbeiten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE)

Auf Herrn Kollegen Hartmann von der CDU-Fraktion folgt jetzt Herr Kollege Stange für die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Offen gestanden, muss der Ministerpräsident – liebe Kollegen von der SPD, gestattet mir diesen Einwurf – nicht auf jeden – ich formuliere es vorsichtig – politischen Reim reagieren. Aber er sollte auf zentrale Herausforderungen, die sich in diesem Land stellen, sehr wohl reagieren.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Genau!)

Dieser Ministerpräsident hat es im Gegensatz zu seinen Vorgängern geschafft, in fünf Jahren – eine wird noch folgen – sage und schreibe fünf Regierungserklärungen abgegeben zu haben, eine zum Auftakt, eine zur Mitte, eine zum Fiskalpakt und eine zum Hochwasser. Mehr war nicht drin. Aber – das sei gesagt – für die Eierschecke war er nun wirklich nicht verantwortlich. Das hat sich ein anderer ausgedacht, den wir demnächst hoffentlich los sein werden.

Lassen Sie mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, eines sagen: Wenn man von 1,3 % durchschnittlichem Mietanstieg spricht, dann will ich jetzt nicht die Kuh und ihr Ertrinken im durchschnittlichen Wasserpegel heranziehen. Fakt ist aber, dass wir eine völlig unklare Datenbasis haben, auf der die Mietanstiege in den unterschiedlichen Mietsegmenten erfasst werden. Das ist unser Grundproblem. Das ist auch das Grundproblem bei der Rechtsverordnung nach § 558 Abs. 3 BGB. Deshalb haben auch die beiden Großstädte Dresden und Leipzig keinen Antrag zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 558 Abs. 3 BGB gestellt, also zur Senkung der Kappungsgrenze von 20 auf 15 %, weil keiner weiß, wie man die Daten erfassen soll, weil es kein Instrumentarium gibt. Jetzt, liebe FDP, jetzt, liebe CDU, seid Ihr in der Verantwortung, denn diese Mietrechtsnovelle habt Ihr in der letzten Legislatur verbrochen.

(Zuruf des Staatsministers Markus Ulbig)

Moment, dazu komme ich gleich noch, Herr Staatsminister.

Das ist erst einmal die Ausgangslage.

Lieber Herr Herbst, das Problem der Baukosten ist nicht, dass wir das Kombinat Bauen und Wohnen wiederherstellen wollen. Fakt ist: Die Baukosten in Sachsen werden dem Einkommensniveau davonlaufen. Wer somit Wohnen zu bezahlbaren Preisen sichern will, muss die Differenz zwischen 9,00 Euro, 9,50 Euro und bezahlbaren 6,00 Euro, 6,50 Euro (netto kalt) abfedern. Deshalb sagen wir: Wir brauchen diese Baukostenzuschüsse, um die Bautätigkeit zu ermöglichen. Ansonsten verlegt sich, wie schon in der Vergangenheit, die Bauwirtschaft auf Eigen

tumswohnungen, auf die Schaffung von Eigentum, aber nicht auf sozialen Wohnungsbau und schon gar nicht auf Wohnungsbau für das mittlere Preissegment, da, wo Familien wohnen können.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Kollege Stange?

Herr Stange, geben Sie mir recht, dass die Schaffung von Wohneigentum für Familien auch zum großen Teil Altersvorsorge ist, dass immer dann, wenn jemand sich Eigentum schafft, eine Mietwohnung frei wird, in die andere Menschen einziehen können, die vorher eine Wohnung gesucht haben?

Lieber Kollege, das Problem mit dem Wohneigentum haben wir jetzt bereits im ländlichen Raum. Viele Menschen leben dort im Wohneigentum und haben im Alter ein Problem. Sie gehen aus ihrem Wohneigentum wieder heraus, weil sie es nicht barrierefrei eingerichtet haben – das können die, die jetzt bauen, natürlich machen, das ist richtig –, aber vor allem auch, weil sie in nicht mehr attraktiven Räumen leben und damit zurück müssen in die Städte. Das ist ein großes Problem, das können Sie auch nicht auf die Art und Weise wegbeten, wie Sie das Problem angehen wollen.

Die reine Eigentumsförderung, um die Eigentumsquote zu heben, wird uns in dem Bereich, den wir hier ansprechen, nicht retten, beim sozialen Wohnraum und den Mietpreisen für Familien in den großen Städten.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um die Ermöglichung von Bautätigkeit. Dabei ist völlig klar, dass wir den Markt nicht aushebeln können. Man muss es ganz ehrlich sagen: Erst wenn Investoren wieder ein wirtschaftliches Ergebnis am Horizont sehen können, sind sie bereit zu bauen. Das ist das große Problem.

Der BFW, der ja nicht unbedingt für Nähe zum Sozialismus bekannt ist, sagt eindeutig: Wir brauchen eine Verdoppelung der Förderprogramme. – Entschuldigung, aber das ist nicht Markt, das ist Staat, Herr Herbst. Hört er noch zu? – Nein. Da muss man ehrlich sein. Wir brauchen in dieser Debatte große Ehrlichkeit.

Liebe Kollegen der SPD, Fakt ist eines: Sie besetzen drei zentrale Ministerien – da ist die CDU nicht aus der Verantwortung; denn sie ist mit in der Bundesregierung –, die diese Thematik angeht.

Erstens. Barbara Hendricks im Bauministerium. Klar, 700 Millionen Euro sind zugesagt. Die Problemlage ist nur: Wie ist die innere Verteilung? Darüber brauchen wir dringend Aufklärung.

Zweitens. Das Wohngeld. Das Wohngeld ist eine zentrale Frage in der Zukunft. Dabei dreht es sich auch um die Frage, ob wir endlich den Heizkostenzuschuss für das

Wohngeld bekommen, wenn uns die Kosten weiter davonlaufen. Das ist doch völlig klar: Teilweise ist die zweite Miete – also die Nebenkosten, massiv getrieben durch die Energiekosten – größer als die Nettokaltmiete. Das ist doch Irrwitz! Da wäre eine Lösung angebracht. Wie bremsen wir die Energiekosten? Herr Gabriel ist zuständig dafür.

Die Redezeit, Herr Kollege Stange! Achten Sie auf die Redezeit.

Jetzt komme ich zum Mietrecht. Die 10 %, um die Sie bremsen wollen, sind keine Bremse. Das sage ich ganz klar. Das ist eine Tarifsprungregelung, die ganz klar kommen wird.

Jetzt ist die Redezeit zu Ende.

Bei Neuvermietung gelten 10 %, und dann ist für drei Jahre ein weiterer Aufwuchs um 20 % zulässig. Halleluja! Das bremst die Mietpreise nicht im geringsten, sondern das wird nach wie vor gefährlich für Sachsen.