Protokoll der Sitzung vom 22.05.2014

Meine Damen und Herren! Am Ende wird das alles im nächsten Doppelhaushalt zu regeln sein. Letztlich muss dieses Hohe Haus entscheiden, welche Prioritäten gesetzt werden. Ich bin mir ganz sicher, dass Kinder in unserer Gesellschaft, im Freistaat Sachsen, eine sehr hohe Priorität genießen. Dass die Qualität der Ausbildung unserer Kinder ganz oben steht, darüber bin ich mir sehr wohl im klaren. Ich weiß, dass ich dabei die Unterstützung der Regierungsfraktionen habe.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Zum Schluss sei noch erwähnt, dass Kindertagesbetreuung eine kommunale Pflichtaufgabe ist. Die gesetzlich vorgegebenen Standards sind Mindeststandards. Jeder Träger ist also frei, im Rahmen seiner Abwägungen den Personaleinsatz in seinen Kitas zu gestalten. Das wird sehr unterschiedlich im Sachsenland getan, was ich erfahre, wenn ich Kitas besuche und dort ins Gespräch komme. Insofern sind Qualitätssicherung und Qualitätsausbau mindestens gleichermaßen kommunale Verpflichtung. Deswegen befürworte ich ausdrücklich weiterhin das Drei-Säulen-Modell der Finanzierung zum einen durch die Kommunen, zum anderen durch die Beiträge der Eltern und zum Dritten durch die Zuschüsse des Freistaates Sachsen.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Mandela spricht davon, wie die Gesellschaft mit ihren Kindern umgeht. Ich möchte uns alle zum Schluss daran erinnern, dass unsere Gesellschaft weit mehr ausmacht als staatliche Einrichtungen. Wir alle zusammen sind aufgefordert,

Kindern auf ihrem Lebensweg genau das mitzugeben, was sie wirklich brauchen: Sicherheit und feste Bindungen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Es hat eine Überziehung der Redezeit gegeben. Möchte noch jemand das Wort ergreifen?

(Zuruf: Ja!)

Bitte, 5 Minuten. Sie haben 5 Minuten Redezeit für die Überziehung der Redezeit durch die Ministerin. Wenn Sie jetzt den Antrag stellen, können Sie das nutzen. Es ist kein Muss, es ist ein Kann. – Bitte, Frau Klepsch.

Frau Präsidentin, vielen Dank. Ich möchte hiermit den Antrag für die Opposition stellen, die über – –

(Zuruf: Sie können nur für Ihre Fraktion sprechen!)

Ich spreche für meine Fraktion und stelle den Antrag, die Redezeit zu nutzen, um noch einmal auf den Redebeitrag der Ministerin zu reagieren. – Vielen Dank.

(Annekatrin Klepsch, DIE LINKE, geht zum Rednerpult.)

Sie sprechen erst einmal; dann schauen wir zu den anderen Fraktionen.

Ich denke, ich kann es kurz machen. Frau Kurth, Ihr persönliches Engagement in allen Ehren. Ich glaube Ihnen, wenn Sie sagen, Sie wollen dort etwas tun und Sie sind auch überzeugt davon, dass der Betreuungsschlüssel verbessert werden muss. Allein Ihre Fraktion scheint mir nicht so sehr hinter Ihnen und dem Fachreferat Kita im Kultusministerium zu stehen.

Genau deshalb hat der Kollege Schreiber vorhin dahin gehend agiert, dass er gesagt hat, er wird persönlich dafür kämpfen. Offenbar gibt es in der CDU-Fraktion noch sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Etwas Ähnliches war aus den Worten der Kollegin Schütz vom Koalitionspartner FDP zu entnehmen.

In Ihrem Beitrag habe ich es vermisst, noch einmal auf weitergehende Fragen und Probleme, die sich in den Kitas stellen, neu einzugehen. Es ist nicht so, dass die Kindertagesbetreuung nun eine Ergänzung zu dem ist, was die Familie leistet, sondern die Dinge greifen ineinander. Familien stehen heute aufgrund von Arbeitsverdichtung oder aufgrund zeitlicher Flexibilität am Arbeitsmarkt vor ganz anderen Herausforderungen. Deshalb sind auch die Kindertageseinrichtungen gefordert und müssen personell so ausgestattet werden, dass sie darauf reagieren können. Im Moment hechelt die Kindertagesbetreuung den Entwicklungen in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt eher hinterher und kann Dinge nur abfedern. Eigentlich müss

ten wir die Kitas – so wie das in der Schule sein muss – so ausstatten, dass diese jedem Kind die bestmöglichen Bedingungen gewährleisten.

Wenn wir wissen, dass immer noch mehr als 4,5 % der Schulanfänger in eine Förderschule gehen müssen, dann müssen wir auch schauen, was wir in der Kindertagesbetreuung verbessern können. Wie können wir die Fachkräfte so stärken, dass eben nur noch 2 % der Kinder auf eine Förderschule gehen müssen?

Ich will es noch einmal an dem Landesmodellprojekt Sprache erläutern. Das war, denke ich, ein sehr erfolgreiches Projekt. Ich bin dankbar, dass das auch so umfassend evaluiert wurde. Die Ergebnisse, die dabei herausgekommen sind, waren ganz spannend, nämlich: Sprachentwicklungsverzögerung können wir vor allem in der Altersgruppe der 1 bis 3-Jährigen vermeiden – nämlich in der Phase, in der kleine Kinder überhaupt erst den Spracherwerb bewältigen – und nicht erst bei den 5- bis 6Jährigen.

Daraus folgt, dass genau im Bereich Kinderkrippe – wo die Sprache erworben, das Sprechen erlernt wird – zuerst die Fachkräftesituation verbessert werden muss; denn der Spracherwerb – das ist ein Ergebnis der Studie – funktioniert nur dann gut, wenn ich im Dialogverfahren – also eins zu eins Erzieherin/Erzieher gegenüber dem Kind – im Sprachaustausch bin. Nur dann wird dieser Weg erfolgreich sein. Jetzt haben wir die Ergebnisse. Das ist ausgewertet worden. Aber es gab eben keine Verbesserung in der Personalsituation in der Kinderkrippe.

Genau deshalb gibt es die Kritik der LINKEN an diesem Assistenzkräfte-Programm. Wenn man gesagt hätte, okay, wir wollen die 98 Vollzeitstellen wenigstens für den verbesserten Spracherwerb einsetzen, dann hätte man genau sagen müssen, wir nehmen nur Leute, die als Logopäde, Erzieher oder noch höher, Richtung Sozialpädagogik, qualifiziert sind, und die überhaupt die fachlichen Voraussetzungen mitbringen, genau diese Bedingungen zu erfüllen, um den Spracherwerb der Kinder zu unterstützen. Insofern war das Programm erst einmal gut gemeint, als es aufgelegt wurde, aber inkonsequent in der Umsetzung.

Es ließen sich jetzt noch viele weitere Beispiele finden. Ich hoffe, dass die heutige Debatte zur Personalsituation in den Kindertageseinrichtungen dazu führt, dass die Koalition, insbesondere die CDU mit dem Ministerpräsidenten, noch einmal in sich geht und sich dazu durchringt, ernsthaft etwas zu verbessern, und nicht immer nur in Jahresscheiben oder Zweijahresrhythmen ein wenig Geld hineinzutun, um dort ein Trostpflaster draufzukleben. Ein Trostpflaster wird den Einrichtungen und den Fachkräften nicht helfen. Wir brauchen langfristige Planungssicherheit, wir brauchen langfristige, gesetzliche Verbindlichkeiten, wie die Betreuungssituation aussehen soll. Wir werden das weiterhin in den Haushaltsdebatten verfolgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Die SPD wollte den Antrag noch stellen. Bitte.

Frau Präsidentin! Damit formal alles seine Richtigkeit hat, beantrage ich auch für die SPD-Fraktion weitere 5 Minuten Redezeit.

Danke. – Herr Gerstenberg, Sie möchten sich sicher gleich anschließen.

Genau. Da auch unsere Fraktion eine abweichende Meinung zur Ministerin hat, bitte ich um Zusatzredezeit.

Es geht nicht nur um die Abweichung. Es kann jeder 5 Minuten sprechen.

(Heiterkeit)

Die FDP auch?

Genauso, Frau Präsidentin.

Und die CDU.

Die SPD-Fraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatsministerin! Ich glaube, die Betroffenen und auch wir sind ziemlich enttäuscht über das, was Sie hier dargestellt haben. Es waren mehr oder weniger Allgemeinplätze, die wir jahrelang rauf- und runterdiskutiert haben. Genau deshalb habe ich mit dem Bericht der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung begonnen und mit der wachsenden gesellschaftlichen Verantwortung. Genau das, was Sie uns hier gesagt haben, stand in diesem Bericht vor zehn Jahren schon einmal drin – auch hinsichtlich der Bindungskräfte und der Notwendigkeit, dass Kindertagesstätten eben nicht nur Aufbewahrungseinrichtungen oder Betreuungseinrichtungen sind, sondern Bildungseinrichtungen. Bildungseinrichtungen brauchen qualifiziertes Personal.

Zum Beispiel habe ich nicht verstanden: Warum ist es nicht gelungen – wenn es 2010 schon nicht möglich war, unmittelbar nachdem die neue Koalition handlungsfähig war und einen Haushalt gestaltet hat –, 2012 die Chance zu nutzen, als der Haushalt mit deutlich mehr Steuereinnahmen ausgestattet gewesen ist, endlich den Durchbruch für das zu schaffen, was Sie hier verkünden und offenbar zumindest punktuell mit uns einer Meinung sind: dass wir eine Verbesserung der Personalsituation an den Kindertagesstätten zu diesem Haushalt 2012 brauchen, um es für 2013 und 2014 wirksam umzusetzen? Nein, das Geld ist in andere Projekte geflossen: dorthin, wo man rote Bändchen durchschneiden kann.

(Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Das kann man leider in Kindertagesstätten weniger.

Wir brauchen auch keine weiteren Projekte in diesem Bereich, Frau Staatsministerin. Die Evaluierung des Bildungsplanes, die noch nicht allzulange her ist, hat ganz deutlich gezeigt, dass der Bildungsplan – bei gewissem Nachbesserungsbedarf – gut ist. Er ist gut, aber er kann in den Kindertagesstätten nicht umgesetzt werden, weil die Erzieherinnen, die Fachkräfte nicht die Zeit dazu haben, um das, was der Bildungsplan gut formuliert, auch tatsächlich in die Praxis zu überführen.

Die Sprachförderung ist bereits angesprochen worden. Es ist eines der zentralen Probleme, an dem viele Kinder scheitern: mit dem Übergang zur Schule, mit Rückstellungen oder Überweisung an die Förderschule, bis hin zu einem nicht erfolgten Schulabschluss.

Wir haben eben nicht nur gute PISA-Ergebnisse. Wir haben auch 10 % der Schüler, die die Schule ohne Schulabschluss verlassen. Eine Grundlage dafür wird unter anderem in den Kindertagesstätten gelegt. Das war übrigens 2001, nach der Veröffentlichung der PISAErgebnisse, die erste Konsequenz, die die Kultusministerkonferenz gezogen hatte: Bildungspläne und gut qualifiziertes Personal in den Kindertagesstätten zu etablieren, um die Förderung der Kinder von frühester Kindheit an so zu gestalten, dass sie mit 15 Jahren solche Kompetenzen besitzen, damit sie erfolgreich in die Ausbildung und in den Arbeitsmarkt gehen können. Das war eine der ersten Konsequenzen, und das war 2001. Mittlerweile haben wir 2014.

Es war also genügend Zeit für diese Landesregierung zu handeln, und zwar nicht erst in den letzten Jahren. 2008 – ich verweise noch einmal darauf – hat der jetzige Ministerpräsident beim Amtsantritt, ohne dass es irgendeinen tatsächlichen Anlass gegeben hat, bereits verkündet, dass er den Betreuungsschlüssel verbessern wird. Es hat mehrfach für diese Koalition die Möglichkeit gegeben, das zu tun. Handeln Sie endlich und kündigen Sie nicht nur an!

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Frau Herrmann, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Daran, dass ich jetzt als Vertreterin für die Fraktion der GRÜNEN zur Debatte spreche, sehen Sie, dass die Bildung in Kitas für uns nicht nur Chefsache ist,

(Zurufe der Abg. Christian Piwarz und Patrick Schreiber, CDU)

sondern dass es uns allen miteinander ein großes Anliegen ist, an dieser Stelle etwas zu verbessern. Wir haben jetzt erlebt, dass verschiedene Vorschläge gemacht worden sind, und ich möchte nochmals betonen: Bei der Einführung des Bildungsplanes – das ist viele Jahre her – haben

wir bereits gesagt, es besteht die Notwendigkeit, Vor- und Nachbereitungszeit – Patrick Schreiber, du hattest das ins Spiel gebracht – zur Verfügung zu stellen. Auf welchem Wege wir den Kita-Schlüssel ändern, ist erst einmal nicht entscheidend.