Protokoll der Sitzung vom 19.06.2014

(Zuruf der Abg. Kathrin Kagelmann, DIE LINKE)

Ich erinnere mich noch an meine Jugend beim Bauern Dietze, meinen Nachbarn. Das Hausschwein wurde in einem sehr kleinen, engen Stall gehalten. Es kam in seinem Leben nie aus dem Stall heraus – nur einmal: zum Schlachten.

(Elke Herrmann, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Einen Moment bitte, gleich. – Das Schwein hätte sich gesehnt – wenn es davon gewusst hätte – nach den modernen Ställen, die heutzutage Praxis sind.

Bitte, Frau Herrmann.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich habe eben noch einmal nachgeschaut und geprüft, ob ich mich eventuell versprochen hatte. Ich habe weder von großen noch von kleinen Ställen gesprochen. Im Zusammenhang mit der Möglichkeit, die das Arzneimittelgesetz eröffnet, habe ich lediglich von artgerechter Haltung gesprochen. Das kann sowohl in großen als auch in kleinen Ställen sein. Geben Sie mir recht, dass das meine Ausdrucksweise war?

Ich gebe Ihnen persönlich recht, dass Sie es hier nicht erwähnt haben, aber der grüne Geist,

(Elke Herrmann, GRÜNE: Den beschwören Sie immer!)

der über dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schwebt, das immer impliziert.

(Zurufe der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Besonders die Fördermittel und die hohe Investitionsbereitschaft in der Landwirtschaft führen zu modernen Anlagen. Wir werden es deshalb nicht zulassen, dass Sie die Vorhaben lahmlegen und die Investitionsbereitschaft in der Landwirtschaft schmälern.

Mir gefällt ein weiterer unausgesprochener Vorwurf nicht, den Sie in diesem Gesetzentwurf machen. Damit meine ich die pauschale Verurteilung der Unternehmerschaft und der Bauernschaft.

(Beifall des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Sie erheben hier die Zeigefinger und behaupten, sie alle würden das Wohl der Tiere nicht wahren.

(Elke Herrmann, GRÜNE: Das habe ich überhaupt nicht behauptet!)

Dieser Vorwurf ist geradezu eine rote Linie in der Politik der GRÜNEN: die Bauern zu verunglimpfen.

(Zurufe der Abg. Elke Herrmann, GRÜNE)

Dieser Gesetzentwurf passt sich ein in solche Begriffe wie „Tierfabriken“ oder in Ihre Kampagne gegen die sogenannte Massentierhaltung.

Die sächsischen Bauern brauchen niemanden, der ihnen sagt, wie sie ihre Tiere pflegen sollen. Sie selbst sind am Wohl der Tiere am meisten interessiert.

Eine Lehrstunde des Wissens der Bauernschaft erhielt letzte Woche Ihr Landesvorsitzender und Spitzenkandidat, Herr Zschocke, beim Agrarpolitischen Forum des Landesbauernverbandes in Mittweida. Dort wurde ihm die aktuelle Praxis sehr deutlich dargelegt. Die Bauernschaft hat sich entschieden gegen die immer wieder erhobenen Vorwürfe gewehrt. Diese Lehrstunde, die er von den sächsischen Bauern bekommen hat, hat er allerdings der SPD voraus. An diesem Agrarpolitischen Forum haben sich alle anderen Parteien rege beteiligt und waren im Podium vertreten – außer die SPD. Sie hat geschwänzt. Herr Dulig hat zwar einen Tisch, den er mit herumschleppt, aber wenn ihm schon einmal ein Stuhl geboten wird, der tatsächlich dastand, nutzte er diesen nicht, denn der Stuhl blieb leer. Das hat mich verwundert.

(Zurufe der Abg. Petra Köpping, SPD)

Liebe GRÜNE, Sie waren wenigstens da, die SPD war nicht vertreten.

Es ist durchaus hilfreich, dorthin zu schauen, wo dieses von Ihnen geforderte Verbandsklagerecht eingeführt wurde. Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband hat mit scharfer Kritik auf die Liste der Vereine reagiert, die nun klagen dürfen. Der WLV-Hauptgeschäftsführer Werner Gehring beklagt, dass besonders Vereine, die für schwere Verstöße gegen das geltende Recht bekannt sind, nun eine Klagebefugnis haben. Sie wollen solchen ideologischen Kleingruppen eine Waffe in die Hand geben.

(Zuruf von den GRÜNEN: Hä?)

Doch wir werden dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Schließlich möchte ich betonen, dass wir in Deutschland eines der strengsten Tierschutzgesetze auf der Welt haben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Frau Herrmann.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege, geben Sie mir recht, dass die Liste der Verbände bzw. der Vereine, die klagebefugt sein sollen, nach unserem Gesetz – das ist in den anderen Bundesländern nicht anders gemacht – von den jeweiligen Ministerien festgelegt wird? Deshalb kann ich Ihren Vorwurf nicht verstehen. Dieser richtet sich an ein Ministerium, in unserem Fall ist es derzeit CDU-regiert. Haben Sie die Befürchtung, dass Verbände auf die Liste kommen könnten, die sich nicht auf dem Boden des Rechts befinden?

Liebe Frau Herrmann, ich gehe davon aus, dass ab dem 31. August weiterhin SchwarzGelb in Sachsen regieren wird

(Beifall der Abg. Kristin Schütz, FDP)

und wir diesbezüglich keine Sorge zu haben brauchen. Aber das ist nicht gottgegeben.

(Elke Herrmann, GRÜNE: Eben!)

Da liegt der Verdacht nahe: Wenn es eine Änderung geben könnte, gibt es dort auch Verwerfungen, was wir alle nicht hoffen. Aber um diese Möglichkeit auszuschließen, dass das von Ihnen Beschriebene eintreten kann, möchten wir es eben nicht.

(Elke Herrmann, GRÜNE: Wo ist da die Logik?)

Ich möchte mich an dieser Stelle bei all denjenigen bedanken, die sich um das Tierschutzrecht und um den Tierschutz in Sachsen bemühen. Das sind die vielen Verbände, Vereine und das ist die Verwaltung. Frau Clauß, bitte nehmen Sie viele Grüße und unseren herzlichen Dank in das Ministerium mit.

(Beifall des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium arbeiten hervorragend zum Wohle der Tiere und machen alles möglich, um das Tierwohl in Sachsen zu gewährleisten. Dazu brauchen wir keine ideologischen Scharmützel zur Gängelung der Unternehmerschaft in Sachsen. Deswegen lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Für die NPDFraktion Frau Schüßler, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute zum wiederholten Mal über einen Gesetzentwurf, der unabhängig von seinem Inhalt keine Chance auf eine Verabschiedung haben dürfte. So erging es auch seinem Vorläufer mit der Drucksache 4/10193 im November 2008. In dieser Legislaturperiode und bei den gegenwärtigen Kräfteverhältnissen im Landtag wird sich daran auch nichts ändern.

Bei einem Blick über den Tellerrand ins rot-grüne NRW stellt sich die Lage anders dar. Dort können Tierschutzverbände seit einem Jahr vor Gericht die Rechte und Interessen von Tieren einklagen, nachdem der Landtag gegen die Stimmen von CDU und FDP das auch dort umstrittene Verbandsklagerecht beschlossen hatte. Seither besteht die Möglichkeit für Verbände, gegen Verstöße in der Tierhaltung oder bei Tierversuchen vorzugehen.

Zudem können anerkannte Tierschutzvereine an tierschutzrelevanten Verwaltungsverfahren mitwirken. Das Gesetz räumt ihnen das Recht ein, gegen baurechtliche Genehmigungen zur Tierhaltung zu klagen. So kann beispielsweise gegen das Kürzen von Schnabelspitzen bei Nutzgeflügel oder das Schlachten ohne Betäubung, also

Schächten, von Verbandsseite vorgegangen werden. Schon aus diesem Grund kann meine Fraktion diesem Gesetzentwurf einiges abgewinnen.

Sorgen bereitet den Gegnern des Verbandsklagerechts für Tierschutzvereine in Nordrhein-Westfalen die Anfang des Jahres veröffentlichte Liste der anerkannten und somit klageberechtigten Vereine. In Nordrhein-Westfalen

befinden sich darunter auch radikale Tierrechtler, deren Ziel eben nicht bessere Haltungsformen, sondern ein komplettes Verbot der Tierhaltung und -nutzung ist. So fordern sie zum Beispiel auch den völligen Verzicht auf Lederwaren, wie Schuhe, Handtaschen oder Portemonnaies, und auf Wolle oder Seide.

Meine Damen und Herren! Solche Ziele haben mit der Lebensrealität und gutem Tierschutz nicht viel zu tun und sind vom vorliegenden Gesetzentwurf nicht gedeckt. Er schließt einen solchen Missbrauch jedoch nicht völlig aus. Es würde sich an dieser Stelle anbieten, über eine Befristung des Gesetzes auf fünf Jahre nachzudenken, um sicherzugehen, dass mögliche Fehlentwicklungen korrigiert werden könnten. Das sieht der Gesetzentwurf leider nicht vor. Einmal erworbene Rechte gibt eine Tierschutzorganisation nicht so leicht wieder her.

Meine Damen und Herren! Sowohl in unserem Parteiprogramm als auch im Landtagswahlprogramm ist das Verbandsklagerecht verankert. Das Staatsziel Tierschutz muss mit Leben erfüllt werden, und obwohl doch einige Zweifel bleiben, ob der vorliegende Gesetzentwurf seiner Zielsetzung gerecht werden kann, werden wir dem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der NPD)