Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

Kollege Rohwer sprach für die CDU-Fraktion. – Jetzt ergreift für die Fraktion DIE LINKE erneut Frau Dr. Pinka das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Ministerpräsident hat eigentlich nur geschrieben, dass es um zügige Verwaltungsverfahren geht. Ob sie erfolgreich sind, haben Sie gar nicht geschrieben. Manchmal können Verwaltungsverfahren ja auch nicht erfolgreich sein. Wer spricht denn jetzt davon, dass das Genehmigungsverfahren tatsächlich positiv beschieden wird? Das steht nicht in diesem Brief.

(Dr. Stefan Dreher, AfD: Das kann der Ministerpräsident auch gar nicht zusichern!)

Nein, das kann er auch gar nicht, genau, das habe ich ja vorhin schon gesagt. – Aber ich habe vorhin auch versprochen, einmal in die Rolle der Ministerpräsidentin zu schlüpfen, und ich würde jetzt Herrn Landtagspräsidenten bitten, den Brief einmal vorzulesen zu dürfen. Das wäre kein Zitat, sondern ein Zitieren meines eigenen Briefes, wenn das gestattet ist.

In gewisser Weise zitieren Sie sich selbst – das ist legitim.

(Heiterkeit bei den LINKEN)

Genau, das werde ich jetzt einmal tun. Ich schreibe jetzt also an das schwedische Parlament einen Brief im Namen der Ministerpräsidentin: „Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wie Sie wissen, steht die Zukunft der Lausitz mit Ihrer Entscheidung, das Unternehmen Vattenfall zu verkaufen, vor einer großen Herausforderung. Zunächst möchten wir Ihnen nochmals versichern, dass wir unser Angebot, Sie als sächsische und brandenburgische Anteilseigner des

Unternehmens Vattenfall in die Zukunft bis 2040 und auch in der Sanierungsphase danach zu begleiten, aufrechterhalten. Dies ermöglicht aus unserer Sicht, Sie gleichzeitig als Arbeitgeber in der Region und als Investor in eine Zukunft der erneuerbaren Energien in unseren Bundesländern zu begleiten.

Sie haben den Wunsch geäußert, dass unsere Behörden im Zuge des Verkaufs Ihres schwedischen Staatsunternehmens Vattenfall die Rahmenbetriebspläne für Welzow bzw. Nochten möglichst schnell bearbeiten und genehmigen.

Nun ist Ihnen sicherlich bekannt, dass Vattenfall zwar in beiden Bundesländern agiert, Sachsen und Brandenburg aber zwei Bundesländer mit völlig unterschiedlichen Landesregierungen, Ministeriumsstrukturen und Gebietszuständigkeiten sind. Dies hat zur Folge, dass die Verfahren den Länderhoheiten entsprechend getrennt voneinander laufen. Sachsen kann in Brandenburg nicht agieren und umgekehrt.

Wir möchten Ihnen daher aus Kenntnis der auf uns zukommenden Probleme mit Betroffenen vorschlagen, dass Sie Vattenfall veranlassen, umgehend einige Nacharbeiten an den eingereichten Planunterlagen vorzunehmen. Auch dies würde zu einer zügigen Führung der Genehmigungsverfahren beitragen.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Probleme:

Erstens. Wie Sie wissen, gibt es in Europa ein hohes Niveau in der Umweltgesetzgebung. Da ein Braunkohlentagebau ein immenser Eingriff in die Natur ist, müssen insbesondere hier die zu bestätigenden Unterlagen fehlerfrei sein. Bereits bei der ersten Durchsicht der Anträge von Vattenfall durch unsere Fachbehörden haben wir feststellen können, dass hier großer Handlungsbedarf besteht.

Hierfür seien nur zwei Probleme genannt: In dem Lausitzer Gebiet, in dem das Braunkohlenverfahren läuft, gibt es neben dem aktiven Bergbau auch Sanierungsbergbau. Dabei werden aktuell viele alte Tagebaue geflutet, sodass Grundwasserabsenkung und Grundwasserwiederanstieg unmittelbar örtlich zusammenfallen. Damit aber kein Grundwasser aus diesen gefluteten Tagebaurestseen in die aktiven Gruben gelangt, muss Vattenfall eine Dichtwand zwischen diesen beiden Bereichen errichten.

Leider lagen dem Antrag zur Erweiterung des Tagebaues Nochten keine prüffähigen Dokumente für diese notwendige Dichtwand bei. Zudem zweifeln unsere Geologen an, ob die im Textteil erwähnte Einbindungstiefe ausreicht, um die verschiedenen Grundwässer tatsächlich voneinander zu trennen.

Die Chemiker äußerten Bedenken, weil das Material der Dichtwand offensichtlich noch nicht bekannt ist, sie aber wissen, dass wir mit eisenreichen und sauren Grundwässern rechnen müssen, die durch ihre Reaktivität Auswirkungen auf die physikalisch-chemische Beständigkeit der Dichtwand haben werden.

Zweitens. Die LINKE-Opposition im Sächsischen Landtag weist uns wiederholt darauf hin, dass infolge der hohen Sulfatgehalte immer wieder Trinkwasserfassungen als Folgen des Braunkohlenbergbaus außer Kraft gesetzt werden mussten und müssen. Erst aktuell ist ein Antrag dazu im Geschäftsgang, der die Forderung eröffnet, eine ortsnahe Trinkwasserversorgung im Freistaat Sachsen dauerhaft zu gewährleisten, damit die Bergbaufolgekosten nicht die Bürgerinnen und Bürger Sachsens und Brandenburgs tragen müssen. Hier brauchen wir Ihre Hilfe; denn es ist abzusehen, dass für etwa 50 000 Menschen allein in Sachsen die Trinkwasserversorgung völlig neu organisiert werden muss.“

So weit ein Auszug aus meinem Textvorschlag.

(Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN)

Ich könnte Ihnen durchaus weitere Vorschläge für die Antragsunterlage unterbreiten.

Liebe GRÜNEN-Fraktion, ich stelle mich sehr selten vor Herrn Tillich, aber ich glaube, er wollte einfach nur nett sein.

(Heiterkeit bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Er war im Dezember in Schweden und hat dort wahrscheinlich registriert, dass die Schweden überhaupt keine Kenntnis von unseren Standorten haben. So verstehe ich auch die Anlage zu diesem Brief, in der er die vielen Tagebaue vorstellt. Er wollte einfach nur nett sein. Ich würde da gar nicht hyperventilieren.

(Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN)

Die Käufer werden doch wissen, ob sie die Katze im Sack kaufen wollen. Die Käufer werden sich informieren, die Behörden löchern usw. Insofern bin ich ganz entspannt. Was ich mir wünsche – –

Die Redezeit ist zu Ende, Frau Kollegin.

Entschuldigung! – Ich wünsche mir von der Staatsregierung sehr, dass sie sich dafür starkmacht, dass Vattenfall nicht filetiert wird.

Glück auf!

(Beifall bei den LINKEN)

Es geht nichts über eine promovierte Geologin. Das war Frau Dr. Pinka, Fraktion DIE LINKE. Für die SPD-Fraktion jetzt erneut Herr Kollege Vieweg.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin Pinka, ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie als Ministerpräsidentin eine gute Wahl wären.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Natürlich! – Weitere Zurufe von den LINKEN: Na klar!)

In einem bin ich mir aber sicher: Wenn Sie einen Brief an das schwedische Parlament schrieben, würde ich gar nichts mehr verstehen.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Das ist der Unterschied zwischen uns! – Heiterkeit und Beifall bei den LINKEN)

Ich bin mir auch ganz sicher, dass es mit unseren Genehmigungsverfahren hier in Sachsen besser klappen würde. Vielleicht ist das auch die Motivation für Ihren Vortrag gewesen.

Es ist schon viel gesagt worden, aber ich möchte in der zweiten Runde noch einmal auf die Grundintention der GRÜNEN eingehen, wie sie sich aus meiner Sicht darstellt. Die GRÜNEN wollten ein energie- bzw. umweltpolitisches Thema hochziehen und sich an dem abarbeiten, was gerade in der Lausitz passiert.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wenn ich mit dieser Haltung und dieser Argumentation in den Lausitzer Wahlkreisen unterwegs wäre und so mit meiner Verwandtschaft spräche – ich bin zwar Chemnitzer, aber mit dem zweiten Herzen auch Lausitzer –, würde man mir dort die Ohren lang ziehen.

(Alexander Krauß, CDU: Die GRÜNEN werden dort auch nicht gewählt!)

Wie bitte?

(Alexander Krauß, CDU: Die GRÜNEN werden bloß in den Großstädten gewählt, in der Lausitz überhaupt nicht!)

Es lohnt sich an dieser Stelle, noch einmal in unseren Koalitionsvertrag, in unsere „Bibel“ hineinzuschauen.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Bilden Sie jetzt eine Glaubensgemeinschaft?)

Das wird in den nächsten fünf Jahren vielleicht auch Ihre Bibel werden. Das können wir Ihnen nicht ersparen.

Unsere Koalition hat klare Aussagen zu den erneuerbaren Energien, zum Klimawandel und zur Energiewende getroffen. Ich möchte Ihnen fünf Punkte vortragen, auch wenn es Ihnen schwerfällt, zuzuhören. Das sind aber wichtige Vorhaben unserer Koalition.

Wir wollen die Netzinfrastruktur ausbauen. Unsere Netze sollen fit gemacht werden, damit auch in Sachsen noch mehr erneuerbare Energien bis zur Steckdose gebracht werden können.

Wir wollen die Windkraft ausbauen. Es bedarf einer flexiblen Abstandsregelung. Sie alle kennen die Diskussion darüber aus der Zeit der vorherigen Koalition.

Wir wollen Forschung und Entwicklung stärken. Dazu brauchen wir die Braunkohle. Es ist unser Ziel, stärker auf deren stoffliche Nutzung zu setzen. Insofern sind wir darauf angewiesen, dass noch etwas aus der Erde geholt wird.

Wir wollen die Energieeffizienz verbessern. Für uns ist jede Kilowattstunde, die nicht verbraucht wird, ein Beitrag zum Klimaschutz und zur Energiewende. Auch dieses Ziel stellt uns vor große Herausforderungen.

Wir sehen Energiepolitik als ganzheitliche Aufgabe an, die zum Beispiel auch die Mobilität betrifft. Wir setzen auf den öffentlichen Personennahverkehr; darüber haben wir gestern diskutiert. Neue Mobilitätskonzepte sind zu entwickeln. Die Elektromobilität ist ebenso zu fördern wie der Radverkehr. Zu diesen Themen finden Sie große finanzielle Brocken im Haushalt.

Auch zur Braunkohle enthält unser Koalitionsvertrag klare Aussagen: Der Anteil der erneuerbaren Energien soll bis zum Jahr 2025 45 % und bis zum Jahr 2035 60 % erreichen.