Protokoll der Sitzung vom 27.04.2015

Eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit wird daher nicht nur zu Recht in dem vorliegenden Antrag angeregt, sondern auch von der Europäischen Kommission eingefordert. Daher haben beide Verwaltungsbehörden eine gemeinsame Kommunikationsstrategie erarbeitet, um genau diese Zielgruppen zu erreichen. Im Fokus dieser Strategie steht die Schwerpunktsetzung der Strukturfondsförderung in Sachsen auf nachhaltiges Wachstum, technologische Entwicklung, Wettbewerbsfähigkeit von KMU, Klimaschutz sowie Bildung, nachhaltige und hochwertige Beschäftigung wie auch soziale Inklusion und Bekämpfung von Armut und Diskriminierung.

Es werden dabei verschiedene Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt: Publikationen, Kampagnen, der Internetauftritt, Informations- und Aktionsveranstaltungen, um nur einige zu nennen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Debatte hat gezeigt, dass man sich entweder das „Mimimi“ der LINKEN anhören durfte oder die pauschale EU-Kritik der AfD, die etwas überraschungsfrei war. Ich sage Ihnen nur: Diese Forderung, als Staatsregierung den Landtag stärker in die gesamte Umsetzung der Operationellen Programme einzubeziehen, war eine Forderung aus dem Landtag heraus. Ich kann mich an gute Debatten aus der letzten Legislaturperiode erinnern, in denen das zu Recht eingefordert wurde. Deshalb muss man sich durchaus auch der Anstrengung eines vermeintlich trockenen Themas unterziehen, wenn es darum geht, bei diesem wichtigen Baustein, der Umsetzung in dieser Förderperiode, als Landtag mitreden zu können, das heißt aber auch, die langwierigen Verfahrensprozesse zu akzeptieren.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Man muss sich schon damit auseinandersetzen, in welchen Zeiträumen welche Programme wie genehmigt werden, welche Zeiträume es benötigt, um das Verfahren in Gang zu setzen, um dann substanziell Kritik äußern zu können. Von daher sollte die Zielrichtung sein, dass wir in eine gemeinsame Umsetzungsstrategie für Sachsen gehen. Man mag an der einen oder anderen Stelle bei der einen oder anderen Förderrichtlinie gern andere Schwerpunkte setzen wollen – es liegt in der Natur der Sache, dass man im Detail streitet –, aber worum es heute geht und was die Forderung aus dem Landtag war, ist, dass man aktiv in die Überarbeitung der Operationellen Programme einbezogen ist und damit auch in die Verfahren selbst. Das wollte die Koalition mit dem Antrag.

Wir werden sicherlich im Sächsischen Landtag noch weitere Diskussion dazu haben. Dazu sind uns die Pro

gramme zu wichtig. Sie sind eine wichtige Grundlage für die sächsische Politik.

Zur Umsetzung der Förderperiode 2014 bis 2020 haben wir mit der Genehmigung der Operationellen Programme und der Erstellung der Fördergrundlagen wesentliche Schritte erfolgreich bewältigt; dennoch ist dieser Prozess damit nicht abgeschlossen. Einige anspruchsvolle Arbeitsaufgaben liegen noch vor uns, die wir jeden Tag planvoll und kraftvoll angehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Schlusswort; Herr Abg. Mann, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich will das Schlusswort kurz nutzen, um auf einiges einzugehen, was hier gesagt worden ist.

Zunächst zu Frau Pinka: Sie hatten in Ihrem Wortbeitrag kritisiert, dass im Rahmen der Behandlung dieser Thematik nicht darüber nachgedacht wurde, die Förderung auf EU-Ebene zu harmonisieren. Frau Pinka, ich finde, das ist ein interessanter Ansatz. Deswegen war er auch in der Enquete-Kommission richtig. Aber ich glaube, dass man ehrlicherweise dazusagen muss, dass so etwas in einem Zeitfenster zwischen November und Januar nicht möglich ist, zumal es hier Pfadabhängigkeiten gibt, und abgesehen davon, dass das eine Strukturfonds und das Zweite andere Förderungen sind. Deshalb hier der kleine Verweis darauf.

Die Opposition ist durchaus in der Lage, im entsprechenden Ausschuss zu fragen, welche Schwerpunkte es im ELER-Bereich gibt und warum diese so sind. Das hat sie meines Wissens bisher noch nicht getan. Das wäre vielleicht ein Ansatz.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Doch!)

Das haben wir bisher nicht so mitbekommen; sei es drum.

Genauso kann ich das zurückweisen, was Sie bezüglich der Regionalisierung oder Zusammenarbeit und als Stichwort „Multilevel Governance“ gesagt haben. Letzteres ist, glaube ich, noch einmal etwas ganz anderes. Bei der Fachkräfteallianz wird man es in den Haushaltsdebatten sehen, bei denen es um Millionenbeträge für die regionalen Fachkräfteallianzen gehen wird, oder zum Beispiel bei Programmen, die es schon im Namen tragen, wie „Regionales Wachstum“. Hier sieht man deutlich, dass die Landkreise und kreisfreien Städte als ernst zu nehmende Partner mitbestimmen können und Schwerpunkte dort setzen können, wo sie es wollen.

Das ist diesem Programm eigen.

Zu guter Letzt zu kritisieren – auch das sei gesagt –, dass noch nicht alle Richtlinien fertig sind, wie Sie es rhetorisch geschickt formuliert haben, aber im gleichen Atem

zug zu erwarten, dass man alles anders macht – ich glaube nicht, dass das richtig zusammenpasst.

In Richtung AfD sei gesagt: Ich könnte es so wie der Kollege machen; er hat es charmant gemacht. Ich sage einfach: Thema verfehlt.

Sie müssen immer zwingend Ihr sogenanntes europapolitisches Programm abarbeiten. In jedem Fall gilt eine Regel: Man kann nicht so viel wie möglich mitnehmen, aber die Pflichten nicht tragen wollen. Dieses SanktFlorians-Prinzip lassen wir Ihnen nicht durchgehen, und deshalb verschonen Sie uns bitte in Zukunft mit solchen Wortbeiträgen.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Uwe Wurlitzer, AfD: Verschonen Sie uns mit solchen Anträgen!)

Den GRÜNEN habe ich zu danken für die Ankündigung, den Antrag mitzutragen, auch wenn sich einige hier im Plenum sicherlich darüber freuen werden, dass sie das Thema „Elbe“ vertiefen wollen.

(Heiterkeit bei der SPD und der CDU)

Wir danken für den kompetenten und würdigen Wortbeitrag. Sie sehen, wir bleiben dran. Ich habe dem Staatsministerium zu danken und insbesondere dem Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit, Martin Dulig, für den umfangreichen Bericht und fürs Dranbleiben an diesem Thema. Man hat gesehen, wir sind gut aufgestellt. Gleichzeitig ist nichts beständiger als der Wandel. Packen wir es an!

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, der CDU und des Staatsministers Martin Dulig)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/728 zur Abstimmung. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dagegen ist die Drucksache mit Mehrheit beschlossen und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 6

Sächsisches Forschungsprojekt zur Schicksalsklärung von

sowjetischen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges fortsetzen

Drucksache 6/1218, Antrag der Fraktion DIE LINKE,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Die Reihenfolge der Aussprache lautet DIE LINKE, CDU, SPD, AfD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Staatsregierung. Für die Fraktion DIE LINKE ergreift das Wort Herr Abg. Sodann. Sie haben das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Jahre 2000 nahm das Forschungsprojekt „Sowjetische und deutsche Kriegsgefangene und Internierte – Forschungen zum Zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit“ bei der Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten seine Arbeit auf.

Ziel war es, Akten über sowjetische und deutsche Kriegsgefangene zu erschließen, aufzuarbeiten, zu sichern und so eine Grundlage für Auskünfte über Schicksale von vermissten Angehörigen aus Kriegs- und Nachkriegsjahren zu schaffen. Bis Ende 2014 konnten so rund 2,3 Millionen Datensätze deutscher Kriegsgefangener und Zivilisten und rund eine Million sowjetischer Kriegsgefangener erfasst und aufgearbeitet werden. Unterlagen zu rund einer weiteren Million Opfer liegen noch in russischen, ukrainischen, deutschen Archiven und in denen anderer Nachfolgestaaten der UdSSR und warten auf Bearbeitung.

Der Landtagspräsident, Matthias Rößler, hat in seiner Rede zum 70. Jahrestag zur Befreiung des Kriegsgefan

genenlagers Zeithain ganz klar dargelegt, dass es sich beim Krieg gegen die Sowjetunion um einen Vernichtungsfeldzug handelte. Mit beeindruckenden Worten schilderte er das Schicksal der 5,3 Millionen in Gefangenschaft geratenen Soldaten. Ich möchte mich an dieser Stelle für die gefundenen Worte und die Empathie recht herzlich bei ihm bedanken und muss sagen, gern hätte ich auch eine solche Rede hier im Hohen Haus zum 8. Mai gehört.

Es war ein Vernichtungskrieg. Mit Befehlen und Weisungen wurde der Wehrmacht klargemacht, dass jegliche Brutalität erlaubt, gar notwendig ist, und sie setzte diese Befehle um. Der Krieg vernichtete 25 Millionen sowjetische Menschen, darunter 16 Millionen Zivilisten, Frauen und Kinder. Von den Kriegsgefangenen wurden Tausende erschossen. Die meisten starben durch Hunger, Kälte, Krankheiten und Seuchen. Das Giftgas Zyklon B wurde an ihnen getestet. Als Zwangsarbeiter wurden sie bis zum Tode ausgebeutet. Nach den Juden zählen die Kriegsgefangenen zur größten Opfergruppe des Krieges. Dieses sprachlos machende Verhältnis ist nur ein Hinweis darauf, wie wichtig die Aufarbeitung ist.

Von den 5,3 Millionen Gefangenen sahen 3 Millionen ihre Heimat nie wieder. Rund eine Million Schicksale wurden aufgearbeitet, mehr als 1 000 individuelle Anfragen wurden beantwortet. In Hunderten von Fällen konnten

Angehörige von verstorbenen Kriegsgefangenen persönliche Dokumente übergeben werden. Teilweise haben Kinder und Enkelkinder zum ersten Mal ein Foto ihres Vaters oder Großvaters erhalten. Millionenfach wurde die Onlinedatenbank zur Suche nach Daten von Angehörigen genutzt. In osteuropäischen Zeitungen wurden Zehntausende von Personendaten veröffentlicht. In russischen, weißrussischen und ukrainischen Massenmedien wurde über dieses Projekt ausführlich berichtet. Fast jede Familie der ehemaligen Sowjetunion hat verschollene Opfer zu beklagen.

Nichtwissen und Verlust sind schmerzlich. Das Bedürfnis nach Aufklärung, auch um den Preis niederschmetternder, traurigster Gewissheit, ist bei Angehörigen und der ihnen nachfolgenden Generation vorhanden. Erst mit der Gewissheit entsteht die Möglichkeit, mit der eigenen Geschichte und dem Verursacher dieses unmenschlichen Vernichtungskrieges Frieden zu schließen, um gemeinsam in eine Zukunft zu schauen.

Für die Fortführung und Wiederaufnahme dieses Forschungsprojektes zur Aufarbeitung der vorhandenen Datensätze werden zehn Jahre gebraucht. Um in den bisherigen Strukturen arbeiten zu können, werden bis zur Beendigung 3 Millionen Euro benötigt. Das entspricht 300 000 Euro pro Jahr – ein kleiner Beitrag mit großer Wirkung für Deutschland und vor allem für Sachsen.

Leider wurde dieses für das Ansehen Deutschlands und Sachsens so wichtige Projekt Ende 2014 der schwarzen Null untergeordnet und beendet. Zwei Anträge zum Fortbestehen und zur Fortführung stellte unsere Fraktion in den Jahren 2013 und 2015. Zunächst war Erleichterung, dass das SMWK Mittel für die Fortführung der Auskunftsstelle einstellen würde, um diese zu sichern. Seit Dezember 2014 stehen dafür praktisch Überbrückungsgelder bereit. Warum wurden die Mittel nicht dafür verwendet bzw. warum wurden die Gründe, die dem entgegenstanden, nicht aus dem Weg geräumt? Ich finde den Vorgang schon ungeheuerlich, und mir drängt sich hier die Erkenntnis auf, dass dieses Projekt vonseiten der Stiftung nicht wirklich gewollt wird. Und sie kommt damit auch noch durch.

Nun begrüßen wir ausdrücklich, dass die Auskunftserteilung nunmehr zum 1. Mai wieder aufgenommen werden soll. In wenigen Tagen kann die Arbeit also fortgesetzt werden. Sie von den Koalitionsfraktionen könnten also mit Recht fragen: Warum diesen Antrag dann noch im Plenum behandeln?

(Geert Mackenroth, CDU: In der Tat!)

Das kann ich Ihnen erklären. Es macht eben nicht den Eindruck, als ob alle Hindernisse und Schwierigkeiten von der Regierung aus dem Weg geräumt worden seien. Bisher ist uns nicht bekannt, dass Personalgespräche geführt, geschweige denn Verträge mit Mitarbeitern geschlossen worden seien, um die Auskunftserteilung zu gewährleisten, und der 1. Mai ist wirklich nah. Außerdem ist auch nicht klar, welche Summen nun pro Jahr im

Haushalt zur Verfügung stehen und wie viele Stellen geschaffen werden sollen.

Wir beantragen weiterhin, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, mit der Bundesregierung schnellstmöglich Verhandlungen zu führen, damit das Forschungsprojekt wieder aufgenommen werden kann. Die Sächsische Staatsregierung befände sich dabei übrigens in guter Gesellschaft, denn auch der deutsche Außenminister Frank-Walther Steinmeier, der russische Außenminister Sergej Lawrow, der CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz und die Deutsche Kriegsgräberfürsorge wandten sich seinerzeit gegen die Beendigung des Projektes 2014.