Franz Sodann

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Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! AfD! Man kann es, glaube ich, in der heutigen Debatte nicht oft genug wiederholen: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei“ – Artikel 5 Abs. 3 Grundgesetz. Soll heißen: Kunst und Kultur bestimmen ihre Inhalte selbst. Unsere Fraktion und ich werden alles in unseren Kräften Stehende dafür tun, dass dieses auch so bleibt.
Wir stellen uns schützend vor das Grundgesetz, schützend vor die Künstlerinnen und Künstler – Kulturschaffenden dieses Landes –, in ihrem Anspruch frei, plural und offen in ihrem Wirken zu sein.
Diese von Ihnen angesetzte Debatte ist ein weiterer Versuch, Unsicherheit, Angst im Kunst- und Kulturbetrieb zu erzeugen. Sie verfolgen damit eine ganz klare politische Strategie: sich selbst als ungehörtes Opfer zu stilisieren und in der Folge Gerechtigkeit für sich einzufordern. Sie fühlen sich umzingelt von einem linksliberalen Milieu im Kunst- und Kulturbereich, und ich sage Ihnen: Ihre Meinungen und Ansichten finden im Kunst- und Kultur
diskurs zu Recht nicht statt, denn da ist kein Platz für reaktionäres, nationalistisches, völkisches Denken!
Ihrem übergeordneten Ziel, das Rad der Geschichte zurückzustellen, steht die Vielfalt der Gedanken, die Toleranzfähigkeit, die Weltoffenheit, die Empathie in Kunst und Kultur und Soziokultur ganz einfach im Weg, und daher der Aufruf Ihres kulturpolitischen Sprechers im Bundestag – ich zitiere –: „... die Entsiffung des Kulturbetriebs in Angriff nehmen. Wir wollen die Stimmung im Land insgesamt drehen. Man müsse zunächst in die Zivilgesellschaft eindringen, die Grenzen des Sagbaren verschieben und rechte Positionen in der Öffentlichkeit normalisieren. Unser Ziel ist es, die Förderung politisch korrekter Projekte herunterzufahren.“
Sie wollen, mit anderen Worten, die Verschiebung des Diskurses – weg vom demokratischen, hin zum völkischnationalen.
Genau das haben die Kultureinrichtungen erkannt und genau darum die „Erklärung der Vielen“ – welche wir als Fraktion in allen Punkten unterstützen.
Kunst und Kultur sind frei. Sie haben das verfassungsgemäße Recht, kritisch am gesellschaftlichen Diskurs teilzunehmen, und genau dieses Recht wollen Sie beschneiden. Sie wollen einengende Grenzen – ausgrenzen –, und alles, was nicht Ihrer Meinung ist, soll weg.
Sie verfolgen die Gewinnung der Deutungshoheit über Kunst und Kultur – gefördert wird nach Ihnen nur noch, was sich Volk und Nation verschrieben hat – und einen positiven deutschen Identitätsbeitritt.
Sie wollen bestimmen, was inhaltlich richtig und ästhetisch wertvoll ist. – Zitat Ihres kulturpolitischen Sprechers.
Es geht um eine Entideologisierung der Kulturpolitik, hin zur Förderung von echter Qualität und Talent. – Zitatende.
Was dann echte Qualität und Talent sind, definieren Sie!
Und – das sage ich Ihnen – das erinnert schon sehr an die Zeit des Nationalsozialismus. Deren Ideologie wandte sich gegen die Moderne, gegen alles, was scheinbar entartet, undeutsch, dekadent, zu offen erschien.
Künstlerinnen und Künstler, welche nicht den politischästhetischen Vorstellungen entsprachen – ich erlaube keine Zwischenfrage! –, wurden verfolgt, vertrieben, ermordet, und das ist Ihre hässliche Fratze!
Sie wollen die Einbahnstraße, Sie sind verfassungsfeindlich!
Machen wir uns aber nichts vor, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Kunst- und Kulturschaffende des Landes, sondern erwidern wir die Kampfansage der AfD ebenso klar und deutlich mit dem Satz: Keine Toleranz für die Feinde der Kunstfreiheit – wehret den Anfängen!
Vielen Dank.
Meine restliche Redezeit würde ich gern noch verwenden – ich hatte, glaube ich, noch 46 Sekunden.
Zählen Sie es bitte herunter, denn ich würde mich ganz gern für die tolle Zusammenarbeit bei Ihnen beiden, Frau Ministerin Dr. Stange und Frau Aline Fiedler, bedanken – für die Zusammenarbeit in meiner ersten Legislatur, die doch auf Augenhöhe geschah –, herzlichen Dank! Ich wünsche Ihnen beiden alles erdenklich Gute für die Zukunft – Ihnen für Ihren „Unruhestand“ und Ihnen in Ihrer neu gewonnenen Freiheit, zumindest erst einmal von der Politik. Vielen lieben Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! Auch ich möchte eine Erklärung zu meinem persönlichen Abstimmungsverhalten abgeben. Ich habe mit Nein gestimmt.
Wissen Sie, vor knapp einer Woche, als die neue Kriminalitätsstatistik vorgestellt wurde, haben Sie von der CDU und der SPD sich noch gefeiert, dass in keinem anderen Bundesland die Kriminalität so gesunken wäre – 13,7 % –, und vor diesem Hintergrund erscheint mir eine Verschärfung des Polizeirechts geradezu absurd.
Ein Gesetz, das so tief in die persönlichen Freiheitsrechte eines jeden Einzelnen eingreift, ist einfach abzulehnen. Wir brauchen keine repressivere Polizei, sondern wir brauchen mehr Vertrauen, und genau dieses unterhöhlt Ihr Gesetzentwurf. Es schafft mehr Verunsicherung in der Bevölkerung im Umgang untereinander und auch mit den Polizistinnen und Polizisten. Man kann es ganz herrlich beobachten im Umkreis meines Wahlkreiskulturbüros in Leipzig. Dort gibt es eine Waffenverbotszone, die nichts nützt. Dieses Gesetz ist abzulehnen.
Dieses Gesetz ist auch deswegen abzulehnen, weil Journalistenverbände in Deutschland, verschiedenste zivilgesellschaftliche Organisationen, über 21 000 Petentinnen
und Petenten, die Evangelische Akademie in Meißen, Juristen, Lehrer, die Sächsische Ärztekammer, ja, sogar der Datenschutzbeauftragte dieses Landes berechtigte Zweifel an diesem Gesetz haben.
Noch eines möchte ich Ihnen sagen: Es kommt auch Kritik aus Ihren eigenen Reihen, und zwar von Leuten, die es eigentlich wissen müssten. Ich rede von Ihrem Direktkandidaten des Wahlkreises 36, dem ehemaligen Polizeipräsidenten Herrn Bernd Merbitz. Der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ des letzten Wochenendes ist zu entnehmen, dass er bei seiner Verabschiedung als Polizeipräsident den Innenpolitikern der schwarz-roten Koalition vorwarf, an einem neuen Polizeigesetz ohne Sachverstand herumzufuhrwerken. Merbitz wörtlich: „Die Presse nennt sie Experten. Wenn das so ist, dann bin ich Herzchirurg.“
„Theoretisch weiß ich, wie es geht“ heißt: Praktisch brauche ich ihre Hilfe nicht.
Vielen Dank. Ich habe mit Nein gestimmt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mir war schon klar, dass Sie sich als Reaktion auf den ersten Redebeitrag zu unserem Antrag von meiner Kollegin Cornelia Falken unter anderem hinstellen, sich auf die Schulter klopfen und darstellen, wie viel Sie in dieser Legislatur schon geleistet haben, wie stark Sie sich des Themas der kulturellen Bildung angenommen haben, sei es, Herr Markert, durch die Erhöhung des Grundbudgets im Ganztagsbereich bis hin zum landesweiten Konzept kultureller Kinder- und Jugendbildung.
Letzteres haben wir vor nicht allzu langer Zeit hier schon diskutiert. Es bleibt bei unserer berechtigten Kritik, dass es weder finanziell noch strukturell tragfähig untersetzt ist. Das Positive daran ist, dass die Ideen, Wünsche und Gedanken dieses Konzeptes in der Welt sind und nicht so einfach zurückgenommen werden können. Fakt ist aber auch: Sie haben es in dieser Regierungsperiode beschlossen oder zugelassen, die Stundentafel mit Fächern Musik und Kunst zu schleifen und damit den Weg bereitet, die kulturelle Bildung weiter in den Ganztagsbereich zu verschieben.
2019 bis 2020 in der Klasse 5 sollen eine – – Ja, aber immerhin. Sie haben damit den Weg bereitet, weiterhin kulturelle Bildung in den Ganztagsbereich zu verschieben, in dem sie nicht alle Schülerinnen und Schüler erreicht. Sie denken gar nicht daran und darüber nach, wie wichtig elementarkulturelle Bildung für unsere Kinder, für unsere Gesellschaft, unsere Zeit ist.
Sie stellen sie zwar wörtlich immer wieder heraus, jedoch eingedrungen in Ihr Denken und Handeln ist diese Bedeutsamkeit nicht. Das zeigt auch der Umgang mit den Lehrkräften, den Lehrerinnen und Lehrern an den Musikschulen. Ich sage das immer: Seit 15 Jahren fast gleich
gefördert bei Verdoppelung der Schülerinnen- und Schülerzahlen. Dabei kann man auch in eine andere Richtung gehen, wie ein Beispiel aus Großbritannien zeigt, Herr Piwarz.
In Bretford galt die Farewell-Seven-Grundschule lange als Brennpunktschule, welche bei Leistungstests in den sogenannten MINT-Fächern immer weit unter dem Durchschnitt lag. Der Direktor dieser Schule hatte vor sieben Jahren eine Idee: Er krempelte den Stundenplan um und weitete den musischen Unterricht aus, statt ihn – wie bei uns – zu beschneiden. Bis zu sechs Wochenstunden Musik haben die Schülerinnen und Schüler. Sie singen und üben sich an Instrumenten mit einem beeindruckenden Ergebnis, dass die Farewell-Seven-Grundschule heute, also nur sieben Jahre später, zu den besten des Landes gehört.
Die Schülerinnen und Schüler machten unglaubliche Fortschritte beim Lesen, Schreiben und Rechnen, sodass 74 % von ihnen den erwarteten Leistungsstand erreichen. Im landesweiten Durchschnitt sind es nur 53 %. Und dieses Beispiel zeigt doch auf bemerkenswerte Art und Weise, dass Musik, also kulturelle Bildung, auf Leistungen in anderen Fächern wie Dünger auf einem Gemüsefeld wirken kann.
Kulturelle Bildung ist wichtig für die Entwicklung von kognitiven Fähigkeiten für die Allgemeinbildung, das heißt, mit allen Sinnen lernen, ergo mit Kopf, Herz und Hand. Es ist heute wissenschaftlich fundierte Gewissheit, dass unsere Sinne und unser Denken eine Einheit sind und nicht getrennt voneinander betrachtet werden dürfen. Deshalb ist es auch wichtig, darüber nachzudenken, Frau Friedel, dass kulturelle Bildung in der Schule nicht in den Fächern Musik, Kunst, Darstellendes Spiel und eventuell Deutsch endet, sondern sich auch in anderen Fächern, wie Biologie, Geschichte, Geografie, Chemie etc., wiederfindet. Das erlebbare und erlebte Lernen führt zur Gewissheit, wird nicht vergessen und dient damit der Allgemeinbildung.
Das bloße Hineintrichtern von wirtschaftlich verwertbaren Wissen, wie es PISA gefällt, reicht heute nicht mehr aus, um auf die sich rasant verändernde Welt, auf die Globalisierung, den immer schnelleren Takt von technischen Erneuerungen, den Wandel in der Arbeitswelt vorzubereiten. Es braucht ein Mehr an Fähigkeiten, es braucht Kreativität, Fantasie, Empathiefähigkeit, Toleranz, eine der Zeit angepasste andere Denkweise und damit auch eine Diskussion über Bildungsqualität. Wäre das vielleicht, Frau Friedel, dieses moralische Angebot, was Sie von uns hören wollten? Howard Gardner, Professor an der Harvard-Universität, sagt: Die Fokussierung auf den MINT-Bereich ist hier eine Engführung menschlicher Möglichkeiten.
Er geht noch weiter, indem er schreibt: „Die zukünftigen Herausforderungen … brauchen keine weitere Speziali
sierung auf wenige Kompetenzen und keine weitere Konzentration auf eine Auswahl der Fächer. Stattdessen braucht die nachwachsende Generation nicht nur Fachwissen …, nicht nur die Tiefe in einem Fach, sondern auch die Verknüpfung der Fächer, nicht nur Expertentum, sondern auch Kreativität, nicht nur egozentrisches Leistungsstreben, sondern auch eine respektvolle und ethische Haltung gegenüber der Mit- und Umwelt.“
Im Zuge der Industrie 4.0 werden sich die Arbeitsfelder verändern. Berufe, die es heute noch gibt, wird es künftig nicht mehr geben. Andere gibt es noch gar nicht, und viele der jungen Menschen werden ihren Arbeitsbereich selbst definieren, ja, gar erfinden müssen. Dafür braucht es die nötige Gelenkigkeit des Geistes. Das kann jedoch die reine Wissensvermittlung nicht leisten. Es braucht Kunst und Kultur, es bedarf der kulturellen Bildung, eines ganzheitlichen Lernansatzes – ästhetisch, körperlich, sprachlich, emotional, zensorisch, medial.
Kulturelle Bildung schafft Freiräume zum Experimentieren, Ausprobieren, Reflektieren, Fehlermachen. Sie nimmt positiven Einfluss auf Konzentration, Sozialkompetenz, das Durchhaltevermögen, die Intelligenz, und sie ist ein wichtiges Mittel zur Integration von Menschen verschiedener Herkunft, ja zur Inklusion. Durch sie wird es möglich, sich in Relation zu seiner Umwelt zu setzen und neue Wege zu beschreiten. Wer das durch die falsche Marke in der Bildungspolitik aufs Spiel setzt, indem er zulässt, dass musische Fächer gestrichen und Angebote kultureller Bildung mehr und mehr in den Ganztagsbereich geschoben werden, handelt grob fahrlässig mit der Zukunft unserer Kinder, dem gesellschaftlichen Zusammenhalt, der friedlichen und wirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes, in Europa und in der Welt. Korrigieren Sie ihr Handeln und stimmen Sie unserem Antrag zu!
Vielen Dank.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Ja, die gibt es. Frau Friedel, eine Kurzintervention.
Ja, vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Frau Friedel, das ist im Übrigen eine Forderung von uns, dass wir Musik notenfrei stellen wollen.
Ja, das ist eine wirklich lange Förderung. Das ist das eine, und ich habe aber auch gesagt, dass die kulturelle Bildung fächerübergreifend sein soll, auch in Geschichte, Chemie, Biologie. Das heißt, ich habe mich nicht explizit nur auf Kunst und Musik gerichtet. Dass Kinder Bewegung brauchen und dass wir auch gegen den großen Ausfall von Sportunterricht in der Schule sind, das ist selbstredend und das hatten wir heute und auch gestern in den Debatten bereits deutlich zum Ausdruck gebracht.
Vielen Dank.
Amt. Präsident Thomas Colditz: Meine Damen und Herren, gibt es weiteren Redebedarf? – Frau Falken, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Über die Wichtigkeit der kulturellen Bildung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, für Toleranz, für Empathiefähigkeit, besonders in der heutigen Zeit, der Ausbildung von Kreativität, der Persönlichkeitsentwicklung, des solidarischen Handelns bis hin zum Selbstwertgefühl haben wir schon einiges gehört und sehr oft darüber in diesem Hause gesprochen – genauso wie Sie in den ersten sechs Seiten Ihres landesweiten Konzeptes zur kulturellen
Kinder- und Jugendbildung eine Einleitung in selbiges geben, welches das vielfach Gesagte noch einmal wiederholt, ohne wirklich Lust auf das Weiterlesen zu machen.
Es bleibt dabei: Der Begriff der kulturellen Bildung ist groß, so dehnbar in alle Himmelsrichtungen, die Inhalte so vielfältig. Von Musik, klassisch, modern, komponiert, gesungen – allein oder im Chor –, über die darstellenden Künste von Schauspiel, Regie und Tanz zur Literatur – geschrieben oder rezitiert – bis zu den bildenden Künsten – vom Töpfern bis zum Malen –, um nur einiges zu nennen. Die Orte sind divers – vom Kindergarten bis zur Schule, über die Vereine, Verbände, die soziokulturellen Zentren, offene Freizeittreffs, die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, die Museen, Theater, Orchesterhäuser, Bibliotheken, den Hort usw. Die handelnden Personen sind so zahlreich – Kulturschaffende, Künstlerinnen und Künstler, Lehrerinnen und Lehrer, Pädagoginnen und Pädagogen; und die Förderer sind mannigfaltig – da sind die Kommunen, die Kulturräume, die Kulturstiftung und die vier federführend verantwortlichen Ministerien des Kultus, des Sozialen, der Gleichstellung und der Wissenschaft und Kunst.
All diese Akteurinnen und Akteure, Orte und Möglichkeiten soll das vorliegende Konzept nun zusammenführen. Die Idee dazu entspringt Ihrem Ministerium, sehr geehrte Frau Staatsministerin Dr. Stange. Im Jahr 2008 wurde dazu eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, doch dann geschah erst einmal fünf Jahre lang nichts. Wahrscheinlich gab es einen Regierungswechsel und – ach – nun liegt es nach zehn Jahren Arbeitsgruppe, 37 Sitzungen später und einem erneuten Regierungswechsel im Form von 19 Seiten endlich auf dem Tisch.
Auch wir sind dem Ansinnen, solch ein Konzept zu erstellen, gefolgt und haben in der Debatte im Jahr 2015 Ihrem Antrag dazu zugestimmt. Auch wird es die Vereine und Verbände in diesem Land wahrscheinlich freuen, dass sie nun endlich etwas in den Händen halten, womit sie versuchen können zu arbeiten, womit sie versuchen können auch einzufordern. Uns freut es auch, dass Themen wie die interkulturelle Bildung, die Problematik der Honorierung von Kulturschaffenden, welche im Antrag der CDU/SPD-Koalition zur Stärkung der Kulturellen Bildung noch nicht beschrieben waren, jedoch in der Debatte von uns benannt worden sind, in das Konzept Einzug gehalten haben. Leider wurden die Vereinfachung und die Vereinheitlichung von Förderrichtlinien und -kriterien nicht berücksichtigt.
Wenn Sie nun, sehr geehrte Frau Staatsministerin Dr. Stange, davon reden, dass auch die Kinder und Jugendlichen in den ländlichen Regionen Kulturzentren, Theater, Museen ohne Benachteiligungen erreichen sollen, dass Sie einsehen, dass im ländlichen Raum ein Gefühl des Abgehängtseins und der Perspektivlosigkeit entstanden ist, wenn dort den Kindern die kulturelle Teilhabe schwieriger gelingt als in den urbanen Zentren, weil Nahverkehrsanbindungen fehlen, Mobilität dadurch höhere Kosten verursacht, und wenn Sie dann zum
Schluss noch sagen: Das muss ein Ende haben!, kann ich Ihnen, der Staatsregierung und der Regierungskoalition, zu dieser Erkenntnis nur gratulieren.
Aber ich muss Ihnen auch sagen, dass Sie die Kulturräume, welchen Sie jetzt eine Schlüsselrolle zur Umsetzung Ihres Konzepts zukommen lassen, seit 2005 sträflich vernachlässigt haben, sie in ihren Strukturen alleingelassen haben. Seit Jahren weisen wir darauf hin, dass die Kulturräume mit Aufgaben überfrachtet sind, dass der finanzielle Ausgleich seitens des Landes nicht Schritt hält mit der Lohnentwicklung, nicht Schritt hält mit den Herausforderungen des demografischen Wandels und auch des demokratischen Wandels in unserem Lande.
Seit dem Jahr 2014 sind Sie nun stets bemüht, in jeden Doppelhaushalt eine Geldspritze hineinzugeben, welche doch in aller Regelmäßigkeit verpufft. Das große Rad auf dem Gebiet der Kunst und Kultur, auf dem Gebiet des Kulturraumgesetzes, haben Sie auch in dieser Legislatur nicht gedreht. Leider! Vielleicht setzen Sie nun zum Ende der Legislatur Ihre Hoffnung, es doch noch drehen zu können, auf dieses von Ihnen vorgelegte Konzept. Aber auch hier muss ich Sie enttäuschen.
Denn es ist weder strukturell noch finanziell so untersetzt, dass man auch nur erahnen könnte, wie all Ihre Pläne umgesetzt werden sollen bzw. können. Was bedeutet zum Beispiel das Mittlerziel 4.1.1, laufende Nummer 1 „Die Angebote der Kultureinrichtungen im Bereich der kulturellen Kinder- und Jugendbildung sind für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kostenfrei“ praktisch? Meinen Sie damit nur die Projekte der kulturellen Bildung, die als solche ausdrücklich gefördert werden und dann kostenlos zur Verfügung gestellt werden sollen? Das hieße doch im Umkehrschluss: Alle anderen, die kulturelle Bildung betreiben, zum Beispiel die Theater und Orchester in diesem Land, betreiben eigentlich keine kulturelle Bildung, weil sie Eintritt nehmen müssen. Oder heißt es, dass die Theater und Orchester, welche jetzt ihren Wirkungsgrad aufgrund der Theaterpaktmittel hin zu mehr kultureller Bildung vergrößern müssen, dürfen dann keinen Eintritt mehr nehmen? Ein Theaterbesuch in Görlitz in der Reihe „Junge Konzerte“ kostet für Kinder 4 Euro Eintritt. Ist das dann keine kulturelle Bildung?
Wenn Sie zu Beginn Ihres Konzeptes mit dem geweiteten Kulturbegriff arbeiten, müssen Sie ihn vor diesem Punkt wieder stark einengen. Wenn Sie es ernst meinten mit dem Begriff der Kostenfreiheit, sollten Sie als erste Maßnahme Ihren Antrag zur Gewährung einer Zuwendung gemäß Förderrichtlinie kulturelle Bildung schnellstens überarbeiten. Denn in diesem werden noch Eigenmittel des Antragstellers und vor allem Einnahmen aus der Maßnahme gefordert.
Sie haben vorhin gesagt, dass in Zukunft alle Orte der kulturellen Bildung für die Kinder und Jugendlichen bis 16 Jahre kostenlos sein sollen – ja, sollen. Das klingt alles sehr schön. Aber, wie?
Dann kommen wir zum nächsten Punkt: In der Schule sollen die Schülerinnen und Schüler musisch-künstlerische Fähigkeiten entwickeln. Wollen Sie das etwa damit erreichen, dass Sie Unterrichtsstunden kürzen und die kulturelle Bildung weiter in die Ganztagsangebote verlagern, und am Ende können jedoch nur die Kinder teilnehmen, die schon musische Interessen haben, aber nicht alle?
Wollen Sie damit erreichen, dass schon heute in der Grundschule der Musik- und Kunstunterricht zu 60 % nicht von Fachlehrerinnen und -lehrern erteilt wird? Wie stellen Sie sich die Realisierung Ihres Mittlerzieles vor, wonach in den Kommunen bis 2022 geeignete Räume und Orte in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen für Angebote kultureller Kinder- und Jugendbildung zur Verfügung stehen sollen, wenn Jugendzentren in den Kommunen geschlossen werden, sei es, weil die Kommunen die Räumlichkeiten für andere; aus ihrer Sicht nützlichere Dinge brauchen, sei es, weil zu wenig Kinder und Jugendliche sie nutzen oder weil schlichtweg das Geld fehlt?
Was ist mit der Aussage, Ganztagsangebote seien angemessen finanziert? Dies sind sie eben nicht. Wenn Sie jetzt auch noch den Sport teilweise in den GTA-Bereich auslagern, dann reichen auch nicht die jetzt geplanten Mittelerhöhungen im Doppelhaushalt. Wir haben in Sachsen über 1 300 Schulen mit Ganztagsangeboten. Die derzeitigen Mittel reichen aber gerade für zwei offene Angebote in der Woche für jeden Schüler, für jede Schülerin aus. Federführend in diesem Punkt wie auch in der interministeriellen Arbeitsgruppe ist das Staatsministerium für Kultus, welches aber noch nicht einmal selbst über eine eigene Förderrichtlinie „Kulturelle Bildung“ verfügt; das muss man sich doch einmal überlegen und auf der Zunge zergehen lassen.
Wie erklären Sie mir die Aussage, in den Ausbildungs- und Studiengängen für pädagogische Fachkräfte, Erzieherinnen und Erzieher würden Intentionen kultureller Kinder- und Jugendbildung vermittelt, wenn doch 90 % der Ausbildung an privaten Schulen erfolgt, auf die Sie gar keinen Einfluss haben, geschweige denn wissen, nach welchem Qualitätsstandard da unterrichtet wird?
Aber Sie kommen doch gar nicht in die Schulen hinein. Soweit ich weiß, haben Sie noch nicht – –
Wir sprechen über Erzieherinnen und Erzieher, und momentan bezahlen sie ihre Ausbildung noch selbst.
Ganz groß ist das Mittlerziel 4.2.1, laufende Nummer 4: „Bei der Förderung von Angeboten zur kulturellen Kinder- und Jugendbildung wird berücksichtigt, dass Kindheit und Jugend jeweils eigenständige Lebensphasen sind.“ Was für eine konzeptionelle Erkenntnis!
Weiter im Text: „Akteure, welche Angebote kultureller Kinder- und Jugendbildung im Rahmen von durch die Staatsregierung unmittelbar initiierten bzw. konzipierten Programmen realisieren, werden angemessen entlohnt bzw. finanziert.“ – Das halte ich schon für ein wenig frech. Was ist denn mit den anderen in der kulturellen Bildung Tätigen? Haben sie kein Anrecht auf Bezahlung? Sie erwähnten 35 Euro. Aber wie sollen sie es denn leisten?
So könnte man fortfahren und fast jede einzelne Maßnahme hinterfragen. Das ist kein Konzept, sondern ein Wunschkonzert. Nichts, aber auch gar nichts deutet auf realistische Untersetztheit hin. Sicherlich, es sind viele löbliche Ziele, von denen auch mir etliche gefallen, aber von deren Machbarkeit und Umsetzung kein Wort.
In der Medieninformation zum landesweiten Konzept heben Sie hervor, Frau Staatsministerin Dr. Stange, ebenso in Ihrer Rede, dass für die Förderung von Maßnahmen der kulturellen Kinder- und Jugendbildung jährlich über 7 Millionen Euro zur Verfügung stehen, 6 Millionen davon allein für die Musikschulen, darin sind jedoch auch die Mittel für das Programm „Jedem Kind sein Instrument“ von 425 00 Euro enthalten. Es ist also nichts mit 6 Millionen für die Musikschulen.
Es verbleibt nach Adam Ries noch 1 Million Euro zur Förderung von Projekten der kulturellen Bildung. Diese werden jedoch durch 300 000 Euro für Mobilitätsprojekte im ländlichen Raum und 210 000 Euro zum Unterhalt der Netzwerkstellen in den Kulturräumen geschmälert.
Schauen wir doch einmal nach. – Für Projekte der kulturellen Bildung, für einzelne.
Hören Sie doch erst einmal weiter zu. – Punkt 1: Schauen wir doch einmal, wie weit wir da in der Vergangenheit gekommen sind. Die Musikschulen sind in Ihrem Konzept der 40 Punkte als – ich zitiere – „öffentliche Kultur- und Bildungseinrichtungen, die Elemente der außerschulischen Jugendbildung, der schulischen Bildung, der kulturellen Bildung und der musischen Erziehung in sich vereinen“ ausgewiesen. Das klingt, als käme den Musikschulen in diesem Land ebenso eine Schlüsselposition für die kulturelle Bildung und für die Umsetzung Ihres Konzeptes zu.
Ich betone es an dieser Stelle noch einmal, und ich werde nicht müde, es immer wieder in diesem Hause deutlich zu sagen, dass Sie die Musikschulen seit nunmehr 16 Jahren nahezu unverändert fördern. Auch die 425 000 Euro mehr im letzten Doppelhaushalt konnten nichts daran ändern, dass die Förderquote seitens des Landes stetig sinkt. Lag sie im Jahr 2002 noch bei knapp 14 % am Gesamthaushalt der Musikschulen, so sind es im Jahr 2017 nur noch
10,6 %, und dies, obwohl in dem genannten Zeitraum die Zahl der Schülerinnen und Schüler sich fast verdoppelt hat, und das, obwohl mehr und mehr freie Lehrkräfte aus den Musikschulen besonders in den ländlichen Räumen fliehen, um zu Seiteneinsteigern an den sächsischen Schulen zu werden. Wer könnte ihnen das verübeln, werden sie doch nun erstmals vernünftig bezahlt?
So sieht also Wertschätzung einer originären Einrichtung kultureller Bildung Ihrerseits aus. Sorgen Sie endlich dafür, dass in den Musikschulen mehr Fachpersonal eingestellt werden kann und dass dieses auch ordentlich bezahlt wird!
Doch schauen wir weiter, Punkt 2: Sie sprechen in Ihrem Konzept von Unterstützung der ländlichen Räume, von Mobilität, von besserer Verzahnung von Schule und kulturellen Einrichtungen, von der Teilhabe für Menschen mit Behinderungen und Benachteiligungen, von einer besseren Fort- und Weiterbildung, von integrativen Maßnahmen – alles gute Dinge. Jedoch lassen Sie im gleichen Moment zu, dass durch die magere Ausstattung Ihrer Förderrichtlinie kulturelle Bildung, Projekte und Ideen, die alle zur Erfüllung der eben genannten Aufgaben beitragen könnten, gar nicht zum Zuge kommen. Hier eine Auswahl, eine kleine Liste:
2016, Antrag aus dem Kulturraum Erzgebirge/
Mittelsachsen, Kulturbus 4.0 – abgelehnt; Antrag aus der Stadt Leipzig, Tanz und Musik an integrativen Kindertagesstätten – abgelehnt; 2017, Antrag landesweit „Freies künstlerisches Erzählen an sächsischen Schulen“ – abgelehnt; Antrag aus der Stadt Leipzig, „Früh übt sich“, Modellprojekt für musische Bildung und Förderung bildungsbenachteiligter Kinder – abgelehnt; Antrag der Stadt Dresden, „Get up! Stand up!, Dresdner Schüler*innen proben den Aufstand“, Theaterprojekt – abgelehnt; 2018, Antrag landesweit, „Neuland – Kulturbündnisse im ländlichen Raum“ – abgelehnt; Antrag landesweit, Fortbildungsreihe zur Qualifikation von Kitaerzieherinnen und -erziehern im Bereich ästhetischer Bildung im frühkindlichen Bereich – abgelehnt; Antrag aus dem Kulturraum Meißen/Sächsische Schweiz/Osterzgebirge, Erweiterungsmodul zur Präsentation der Angebote im Bereich der kulturellen Bildung – abgelehnt, und noch ein Letztes: Antrag der Stadt Leipzig, das Projekt „Electronic Sound kids“, offenes Musiklabor, Schnupperstunde und Projekte an Schulen – abgelehnt.
Ja.
Nicht abgelehnt.
Das ist mir bekannt. – Gegenfrage, Frau Kliese: Ist Ihnen bekannt, dass, wenn wir – –
Dann antworte ich Ihnen ganz anders.
Ja, es ist mir bekannt. Aber mir ist auch bekannt, dass mit den eben berechneten Beispielen 490 000 Euro zur Förderung von Projekten der kulturellen Kinder- und Jugendbildung übrig bleiben. Was fange ich mit 490 000 Euro an? Da entsteht dann nämlich solch eine Liste, und ich glaube nicht, dass das, was ich hier vorgelesen habe, qualitativ so schlecht gewesen wäre, dass man es hätte ablehnen müssen, zumal all diese Dinge auch landesweit gedacht waren. Das ist der Punkt.
Das ist nämlich auch der Punkt, auf den ich jetzt komme: Gerade einmal ein bis maximal vier Klein- und Kleinstprojekte konnten durch diese Förderrichtlinie in den einzelnen Kulturräumen pro Jahr durchgeführt werden. Wenn Sie mir jetzt weismachen wollen, dass dies ein Netz der kulturellen Bildung über das Land ist, verstehe ich Sie auf ganz vielen Ebenen nicht mehr, sehr geehrte Frau Staatsministerin Stange.
Wenn Sie tatsächlich schnell etwas verbessern möchten, dann statten Sie diese Richtlinie im nächsten Doppelhaushalt schlichtweg besser aus. Aber so, wie es im derzeitigen Haushaltsentwurf aussieht, ist davon keine Rede. Natürlich werden Sie mir jetzt wieder sagen, es gebe auch noch die Kulturstiftung – Sie sprachen es ja an –, auch sie fördere im Bereich kulturelle Bildung. Richtig; aber dann sage ich Ihnen: Auch diese Richtlinie ist finanziell nicht entsprechend ausgestattet. Allein in diesem Jahr gab es, wie es aus den Antworten auf meine Anfragen zum Doppelhaushalt zu entnehmen ist, 554 Anträge auf Projektförderung mit einem Volumen von 6 Millionen Euro, von denen jedoch nur die Hälfte von 2,9 Millionen Euro bewilligt werden konnten, genau wie in den Jahren zuvor nur die Hälfte.
Das ist ein gravierendes Zeichen. Das hat mit Qualitätsstandards, die nicht erfüllt wurden, nichts zu tun.
Außerdem Folgendes: Mit einem beschlossenen Antrag der CDU/SPD-Koalition zur Stärkung der kulturellen Bildung aus dem Jahr 2015 hier in diesem Haus, dem wir zugestimmt haben, wurde die Staatsregierung aufgefordert, ein strategisches Konzept zu erarbeiten. Die Betonung liegt auf „strategisch“. Es sollte darstellen, wie allen Altersgruppen – unabhängig von ihrem Wohnort, der sozialen und kulturellen Herkunft – der Zugang zu Angeboten der kulturellen Bildung ermöglicht werden soll, und Vorschläge für die bessere Erreichbarkeit von außerschulischen Lernorten beinhalten. All dies ist aber mit dem vorliegenden Konzept nicht erreicht worden.
Des Weiteren heißt es in der Begründung – ich lese vor: „Hierzu sind die finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen in einem landesweiten Konzept darzustellen, damit eine entsprechend gestaltete kulturelle Bildung vor Ort nachhaltig Entfaltung findet.“ Genau hier liegt die Krux, denn diese Untersetzung ist mit keiner Faser in Ihrem Konzept zu finden. Im Grunde ist der Ansatz Ihres Konzeptes gut, viele Ideen, wenngleich nicht gleich umzusetzen, auch neue. Aber es bleibt unklar, wie diese Leitziele umgesetzt werden sollen. Welcher Maßnahmen bedarf es zur Umsetzung in den einzelnen Ministerien? Welche Nahziele gibt es, die im Grunde schnell durch eine bessere Ausstattung von Förderern, Akteurinnen und Akteuren zu erreichen wären? Welche Fernziele, die strategisch gänzlich anders gelöst werden müssten, zum Beispiel die bessere Erreichbarkeit? Es reicht kein Theaterbus, da braucht es schon eine Gesamtbetrachtung und auch eine Neuausrichtung des ÖPNV.
Bei der Steigerung der Attraktivität des ländlichen Raumes für Familien reicht es nicht, sich auf die Kinder und Jugendlichen zu beschränken. Dann muss ich auch über Eltern und Großeltern, über Schulen, Ganztagsschulen reden, über Krippen, Kindertagesstätten als grundsteinlegende Orte der Bildung mitdenken, darüber, wie ich dem Fachkräftemangel, der Abwanderung von Musikpädagoginnen und Musikpädagogen an den Musikschulen begegnen will.
Wie will ich die Kulturschaffenden, die freien Projektträger, die Künstlerinnen und Künstler in den soziokulturellen Zentren, den Museen, Bibliotheken in Zukunft ordentlich bezahlen – und nicht lapidar schreiben: „werden angemessen vergütet“. Das ist mir an dieser Stelle einfach zu schwach. Ich will wissen – und ich denke, andere auch –, was bedarfsgerecht bedeutet und welche Analyse diesem Wort zugrunde liegt. Was sind die Rahmenbedingungen, und wie sehen diese aus usw.? Wenn Sie all das in einer Nachbetrachtung beherzigen und einarbeiten würden, dann gäbe es ein Konzept zur Stärkung der kulturellen Bildung in diesem Land.
Doch an den Taten sollen wir Sie messen. Eine Möglichkeit dazu haben Sie in den Verhandlungen zum nächsten Doppelhaushalt. Schauen Sie sich unsere Änderungsanträge einmal genau an; zum Beispiel über die Förderricht
linie Kulturelle Bildung. Denen können Sie dann getrost zustimmen und von sich sagen, wir sind einen Schritt gegangen.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen, ein, zwei Sätze muss ich schon noch erwidern.
Frau Fiedler, Sie begannen Ihre Rede damit, dass es Ihre Sache – damit meinen Sie die Regierungskoalitionen – nicht ist, das große politische Rad zu drehen. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Das wissen wir, das sehen wir auch so.
Sie sagten, dass Sie nicht auf Effekte setzen. Das ist schön, aber einen Effekt hat Ihre Politik der kleinen Schritte. Sie hat zum Beispiel den Effekt, dass wir eine prekäre Lebenssituation unter den Künstlerinnen und Künstlern und den Kulturschaffenden in diesem Lande haben.
Ich denke schon, dass da sehr viel getan wird, besonders in dem Bereich – –
Wir können uns gern über das Theater- und Orchesterkonzept streiten; von mir aus gern. Aber damit kommen wir ein bisschen weit ab.
Ich sage Ihnen nur, dass die Soloselbstständigen, die viel in der kulturellen Bildung arbeiten, die viel im Ganztagsbereich in diesem Lande arbeiten, 13 000 Euro brutto im Jahr verdienen – das sind die Männer, bei den Frauen sind es nur 10 900 Euro brutto. Das sind 908 Euro monatlich, von denen sie sich noch selbst versichern und für die Rente etc. vorsorgen sollen. Dies hat mit Apokalypse, Frau Kliese, überhaupt nichts zu tun.
Das sind schlichtweg Tatsachen. Tatsache ist auch, dass Ihre Politik den Effekt hatte, dass die Theater und Orches
ter in diesem Lande in die Haustarifverträge gezwungen wurden. Jetzt zu behaupten, Frau Kliese, man kehre nunmehr zum Flächentarif mit 7 Millionen Euro Theaterpaktmitteln zurück, ist nicht wahr. Das sagt noch nicht einmal Frau Staatsministerin Dr. Stange. Wir benötigen aber, um 100 % zu erhalten, mindestens 12 Millionen Euro für die Theater und Orchester. Auch das ist eine Tatsache.
Eine weitere Tatsache ist, dass es zum Beispiel auch in den soziokulturellen Zentren in diesem Land Haustarifverträge gibt. Auch dort wird bis zu 30 % unter der Entgeltgruppe E 9 gearbeitet. Wissen Sie, wie viel man da noch raus hat?
Effekt Ihrer Kulturpolitik ist es auch, dass die Kulturausgaben des Freistaates Sachsen am Gesamthaushalt stetig sinken. Im Jahr 2010 lagen sie noch bei 2,4 %, und im Jahr 2016 waren es nur noch 2,07 %. Das klingt nicht viel, es sind aber Millionenbeträge.
Ja, bitte.
Danke, Frau Kliese, für die Frage. Wenn ich jetzt die Vorlagen hätte, könnte ich das sicherlich tun. Aber alle Zahlen im Kopf hat, glaube ich, noch nicht einmal der Finanzminister, wenn ich ihn jetzt befragen würde.
Ich kann ihn ja fragen, was er für die kulturelle Bildung in diesem Land im nächsten Doppelhaushalt einstellt.
Nein, ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich habe Ihnen jetzt die Effekte, die Ihre Kulturpolitik der kleinen Schritte hat, beschrieben.
Sie heben immer den gesellschaftlichen Wert von Kunst und Kultur hervor. Das haben auch Sie, Frau Kliese, wieder getan, und das ist richtig. Das sehe ich auch so. Besonders was in diesen Zeiten aus der Kunst und Kultur kommt und wie sie sich mit den gesellschaftlichen Belangen beschäftigt, ist enorm. Das muss man auch in diesem Hause sagen.
Wenn man von Wertschätzung spricht, muss man Kunst und Kultur in diesem Lande auch so wertschätzen, dass man sie nicht immer nur punktuell finanziell verbessert,
sondern es ist wichtig, dass man sie grundlegend ausstattet. Damit würde ich meinen zweiten Redebeitrag beenden: Es geht um die grundlegende Ausstattung von Kunst und Kultur in diesem Land.
Ich freue mich auf die Haushaltsverhandlungen.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie müssen jetzt nicht wieder umswitchen. Ich bleibe bei der Landesausstellung Industriekultur.
Überraschung. Das wäre gar nicht so schlecht gewesen. – Sie konnten mir im Mai noch nicht auf meine Kleine Anfrage antworten, was die Herstellungs- und Sanierungskosten betrifft, weil alles noch in Planung war. Ich wollte fragen, ob es jetzt möglich ist, zu sagen, wie hoch die Kosten des Umbaus des Audi-Gebäudes sind sowie für den gläsernen Eingangsbereich und die Nachbesserungen am Konzept und, damit verbunden, wie der Stand der Vorbereitung der Leit- und vor allen Dingen auch der begleitenden Ausstellungen ist, ob sie im Zeitplan liegen oder ob es – was uns als Opposition sehr interessiert – Probleme gibt.
Na ja.
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! An diesem frühen Abend Ihnen doch einen schönen guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen der CDU und der SPD. Sind Sie endlich erwacht und haben festgestellt, dass man einmal etwas in Richtung Stiftung Sächsischer Gedenkstätten unternehmen müsste, ein Konzept anregen sollte, oder haben Sie in Ihren Koalitionsvertrag gesehen und festgestellt, es gibt noch eine Fehlstelle, welche wir vor der Wahl noch abräumen müssen, oder ist bei Ihnen in der letzten Anhörung zum Antrag der Fraktion der GRÜNEN mit annähernd nämlichen Inhalt ein Erkenntnisgewinn zu verzeichnen?
Egal wie. Wissen Sie, ich glaube Ihnen nicht mehr und nehme Ihnen diesen Antrag auch nicht mehr ab.
Erstens hatten Sie doch die Möglichkeit vor einem Jahr, dem eben genannten Antrag seitens der Fraktion der GRÜNEN zuzustimmen, einem Antrag, der nachvollziehbar konkretere Schritte forderte und viel präziser ausformuliert war. In ihm ist die Rede von eigener Impulssetzung seitens der Stiftung, werden Qualitätsstandards und verbindliche Verfahren der Zusammenarbeit mit Vereinen, Verbänden und Initiativen gefordert und wird die Staatsregierung gefragt, welche Anforderungen sie an Gedenk- und Erinnerungskultur hat.
Zweitens wollen Sie uns tatsächlich glauben machen, dass Sie mit diesem Antrag in der Stiftung etwas erreichen – ein Umstand, den Sie zur Genüge in der Vergangenheit selbst bezweifelt haben. Ich erinnere an die Diskussionen in diesem Saal zum Beispiel zu unserem Antrag „Stiftung Sächsische Gedenkstätten evaluieren“. Sie haben die hohe Eigenständigkeit der Stiftung förmlich beschworen und dargelegt, dass der Landtag nichts als Auftrag an die Stiftung geben könne. Das könne nur die Stiftung durch ihre Gremien selbst.
Wie eigenständig die Stiftung handelt, zeigt ein weiteres Beispiel in diesem Haus, als es um die Fortführung des Projektes zur Schicksalsklärung sowjetischer und deutscher Kriegsgefangener ging. Dazu hieß es, unser Antrag sei obsolet, da die Staatsregierung bereits handle. Das Projekt sei nicht gefährdet. Doch im Hintergrund war alles schon klar gezogen: Unter Mitwirkung der Stiftung war zu diesem Zeitpunkt schon der Schlussstrich unter dieses Projekt in Sachsen und der Umzug zur Wehrmachtsauskunftsstelle in Berlin besiegelt. – Zwei Beispiele.
Natürlich sehen auch wir und haben wir es immer wieder betont, dass die Stiftung endlich ein Entwicklungskonzept benötigt. Dabei stehen wir Ihrer Forderung gar nicht entgegen. Auch andere richtige Punkte haben Sie aus der Anhörung zum Antrag der Fraktion der GRÜNEN in Ihren Antrag einfließen lassen. Auch dagegen haben wir nichts. Uns ist Ihr Antrag aber nicht weitreichend und auch nicht richtig genug.
Zum einen ist schon der Titel Ihres Antrags irreführend: „Sächsische Gedenkstättenstiftung – Fortschreibung
Entwicklungskonzept“. Um etwas fortschreiben zu können, wäre die Voraussetzung vonnöten, dass bereits etwas vorhanden ist. Es gibt aber keine Konzeption. Es gibt lediglich einen Entwurf aus dem Jahr 2009, geschrieben von Klaus-Dieter Müller, welcher aber nie das Licht der Welt erblickte. Seit Jahren wabern lediglich ominöse, der Öffentlichkeit nicht zugängliche Eckpunkte des Geschäftsführers der Stiftung für ein Konzept im Raum, welche er bis Ende dieses Jahres nach Aussage des Ministeriums zu Eckpunkten für ein Konzept entwickeln solle. Ich glaube, wir drehen uns ein wenig im Kreis.
Zum anderen machen mir Sätze in Ihrem Antrag wie „die inhaltliche Ausrichtung der Stiftung entsprechend den aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen“ wirklich
Angst. Wer bestimmt und definiert denn „aktuelle Bedingungen“? Wer setzt sie und vor allem wie in Kontext zur inhaltlichen Ausrichtung? Ich ahne, wie Sie es meinten, aber dann schreiben Sie es doch auch verständlich und fordern zum Beispiel eine breite Diskussion, wie Gedenk- und Erinnerungskultur in diesem Land im Kanon mit gesellschaftlichen Veränderungen weiterentwickelt
werden können, und das gemeinsam mit den Vereinen, Initiativen und Verbänden, welche Sie in Ihrem Antrag im Übrigen völlig außen vor lassen.
Noch eines: Sie stützen Ihren Antragstext mit Aussagen wie „mit der Novellierung des Gesetzes am 16.12.2012, welche fraktionsübergreifend eingebracht und mit einem breiten parlamentarischen Konsens beschlossen wurde“ und erwecken damit einen falschen Eindruck. Richtig ist vielmehr Folgendes: Im Jahr 2012 hatten die Fraktionen von CDU, FDP, SPD und GRÜNEN das Sächsische Gedenkstättenstiftungsgesetz novelliert. Sie beendeten damit ein rund zehnjähriges Provisorium, in dem die Gedenkstättenstiftung nur eingeschränkt arbeitsfähig war; denn im Jahr 2004 hatten der Zentralrat der Juden und nach ihm die übrigen NS-Opferverbände der Sinti und
Roma, der Wehrmachtsdeserteure, der Verfolgten des Naziregimes und der jüdischen Gemeinde in Dresden ihre Mitarbeit in der Stiftung eingestellt. Mit diesem spektakulären Schritt hatten diese öffentlichkeitswirksam gegen die einseitige Gedenkpolitik der Stiftung zugunsten der Opfer aus der Zeit nach 1945 protestiert.
Bei der Einbringung des novellierten Gedenkstättenstiftungsgesetzes im Jahr 2012 war durch die Beendigung dieses Provisoriums nun von einem „glücklichen Tag“ die Rede gewesen und von einem „Erfolg für die Demokratie“. „Aus der Mitte des Parlaments und der Gesellschaft heraus“ sei der Gesetzentwurf für die Stiftung Sächsische Gedenkstätten zustande gekommen. Eine Beteiligung der LINKEN war seitens der Regierenden nicht vorgesehen. Sehen Sie, genau diese Ausgrenzungspolitik, welche Sie nun seit 27 Jahren betreiben, Ihr rechtes blindes Auge in dieser Zeit und die falschen Marker in der Gedenk- und Erinnerungspolitik sind für die jetzigen Zustände in diesem Land auch mit verantwortlich.
Ich sage es noch einmal: Nach einer repräsentativen Umfrage der Körber-Stiftung weiß mehr als die Hälfte der 14- bis 16-jährigen Jugendlichen nicht, was AuschwitzBirkenau war. Nichts erinnert bis zum heutigen Tag an die 103 sogenannten frühen Konzentrationslager in Sachsen, an die 62 Außenlager. Nirgends war die Dichte größer als auf sächsischem Gebiet. 27 Jahre lang haben Sie hier nichts getan.
Nun, da das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist und sich die Umstände zuspitzen, wollen Sie Handlung zeigen. Doch Ihrem Antrag, der durchaus unterstützenswerte Ansätze enthält, –
– Nein, ich komme zum Schluss.
der jedoch keine neue inhaltliche Ausrichtung der Gedenk- und Erinnerungspolitik in diesem Land erwarten lässt, können wir nicht zustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten.
Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Die erste Aktuelle Debatte seitens der Koalition: „Kultur in Sachsen – gut gemacht und gut bezahlt“. Einiges an Eigenlob mussten wir schon ertragen. Gleich zu Beginn spricht dieser Titel jedoch Hohn, wie Sie mit Kunst und Kultur und mit den Künstlerinnen und Künstlern im letzten Jahrzehnt und darüber hinaus in diesem Land umgegangen sind.
Dass Sie sich nämlich immer noch der kulturellen Vielfalt rühmen und Sachsen als Kulturland Nummer 1 ausrufen können, ist doch letztlich den Kulturschaffenden, den Künstlerinnen und Künstlern in diesem Land zu verdanken, welche bis heute in weiten Teilen in prekären Arbeitsverhältnissen wirken. Das nenne ich von Ihnen unter
diesen Umständen gut gemacht. Dafür ein herzlicher Dank an Sie an dieser Stelle von unserer Fraktion.
Wissen Sie, was ich amüsant finde? – Noch vor drei Monaten, als wir hier über die Novellierung des Kulturraumgesetzes debattierten, war aus Ihrer Sicht alles in Ordnung, wurde unser Gesetzentwurf, welcher unter anderem eine signifikante Erhöhung der Kulturraummittel beinhaltete, um aus der Haustarifproblematik herauszukommen, mit der Begründung abgelehnt, die Kommunen wären nicht in der Lage, diese Erhöhung gegenzufinanzieren.
Jetzt, da Sie unter Druck geraten – Umfragen legen dies nahe und die Landtagswahlen stehen vor der Tür –, bringen Sie plötzlich – ich kann Ihnen dazu nur gratulieren – Themen der Opposition auf das Tapet – vielen Dank, Frau Fiedler – und erfüllen das Wahlprogramm der LINKEN. Es gibt plötzlich – wir fordern das im Übrigen seit Jahren – Gelder für eine bessere Bezahlung der Beschäftigten an den Theatern und Orchestern im Land und können die Kommunen aus heiterem Himmel 10 Millionen Euro gegenfinanzieren.
Nicht dass Sie mich falsch verstehen: Wir begrüßen den Ansatz, 7 Millionen Euro mehr für die Theater und Orchester bereitzustellen und die Kulturraummittel um 3 Millionen Euro zu erhöhen. Ob diese Gelder jedoch tatsächlich ausreichen werden, um das leidige Thema der Haustarifverträge zu beenden und die Kultur in der Fläche auskömmlich zu finanzieren, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Ich gratuliere Ihnen wirklich dafür, Frau Ministerin Dr. Stange, dass Sie es geschafft hatten, die Mittel im Haushaltsplanentwurf zu erstreiten; aber das Spiel der Verhandlung war doch in dieser Situation unter den Umständen des Druckes ein leichteres.
Was mich wirklich ärgert, ist der Fakt, dass die Problematik der Unterfinanzierung beileibe kein neues Thema ist. Schon im Jahr 2005 machte die Fraktion DIE LINKE mit einem Antrag auf die Situation der Beschäftigten aufmerksam und forderte eine langfristige und tragfähige Perspektive für die Theater und Orchester. Im Jahr 2007 stellte die Kulturstiftung dann fest, dass sich die Haustarifverträge in der Regel als Falle für die Zukunft erweisen. Im Jahr 2014 forderte der Kultursenat vor diesem Hintergrund 10 Millionen Euro mehr. Auch wir wollten in den letzten beiden Haushaltsverhandlungen Aufwüchse in Höhe der Forderungen aus den Reihen der Kunst und Kultur.
Sie hatten also im letzten Jahrzehnt und darüber hinaus öfter die Möglichkeit, die Dinge ins Lot zu bringen. Darum glaube ich heute hier nicht, dass bei Ihnen tatsächlich – ausgeschlossen die Kulturpolitikerinnen – die Einsicht in die Notwendigkeit der Auslöser für diese noch nicht beschlossenen Gelder ist, sondern es ist der Versuch, eines von vielen Feuern im Land zu löschen. Sie gerieren sich gerade als Gönner, Kümmerer, gehen mit der Gieß
kanne über das Land und bleiben am Ende doch nur eines: Feuerwehr der selbst gelegten Brände.
Eines bleibt auch zu sagen. Wir debattieren hier heute über noch nicht gelegte Eier. Bisher haben wir keinen Haushaltsbeschluss. Wir gehen in im August die Verhandlungen.
Noch wissen wir nicht, welche Anforderungen auf die Kulturräume durch die geforderten Strukturentwicklungskonzepte zukommen, welche Mehraufgaben die Theater und Orchester leisten müssen – beides Voraussetzungen, wie zu lesen war, für die Beantragung der Strukturmittel von 7 Millionen Euro.
Auch werden die Theater am 2. Juli, also erst in einer Woche, seitens des SMWK mit den Details bekannt gemacht. Ich meine: Worüber reden wir denn hier eigentlich? Noch wissen wir gar nicht, ob alle Kommunen die Gegenfinanzierung von 30 % stemmen können, also welche Theater und Orchester tatsächlich davon profitieren.
Des Weiteren gibt es die Mittel nur für vier Jahre. Was ist danach? Müssen die Theater und die Kommunen das dann allein tragen? Ich frage Sie: Wäre es denn nicht sinniger gewesen, das alles gleich im Kulturraumgesetz fest zu verankern? Diese Möglichkeiten hatten Sie vor drei Monaten und haben Sie vertan.
Ich halte diese Debatte wirklich für eine Selbstbeweihräucherungsdebatte, eine Debatte der Selbstdarstellung: „Wir machen das!“ Ich hätte mir gewünscht, dass wir hier reden und streiten,
dass für alle hier im Raum Klarheit besteht, dass die Mittel bewilligt werden und offene Fragen beantwortet sind. So viel zum ersten Teil Ihrer Debatte „Kultur in Sachsen – gut gemacht“ – für mich sieht das anders aus.
Herr Ursu, ist Ihnen noch bekannt, was in der Verhandlung zur Novelle des Kulturraumgesetzes, also auch zur Behandlung unseres Gesetzentwurfs, gesagt wurde? Dazu ein Zitat aus dem Protokoll: „… denn sie vernachlässigen die Rolle der Kommunen, die mit ihrem Eigenanteil in dieser Größenordnung … schlichtweg überfordert wären. Sie sind es bereits jetzt.“
Deswegen meine Frage: Wie können Sie jetzt in der Lage sein, 10 Millionen Euro gegenzufinanzieren, Herr Ursu?
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich in der zweiten Runde auf den zweiten Aspekt Ihres Titels eingehen „Kultur in Sachsen – gut bezahlt“. Wie ich anfangs schon erwähnte, begrüßen wir die zusätzlichen Mittel für die Theater und Orchester, die Möglichkeit, einen Schritt aus den Haustarifverträgen herauszukommen. Wir freuen uns mit und vor allem für die Beschäftigten, wenn denn die Gelder bewilligt und auch abgerufen werden.
Doch die Frage ist – jetzt hören Sie einmal gut zu, Herr Ursu, denn das ist nämlich die Wahrheit –: Was ist denn mit den anderen? Was ist mit den Musikschulen, die mehr und mehr auf schlecht bezahlte Honorarkräfte setzen müssen, da sie sich fest angestelltes pädagogisches Personal schlichtweg nicht leisten können? Seit 17 Jahren werden sie nämlich nahezu – ich betone: „nahezu“ – unverändert trotz der Verdoppelung der Schülerinnen- und Schülerzahl vom Land gefördert. Freie Lehrkräfte für die Musikschulen, besonders im ländlichen Raum, zu finden, wird immer schwieriger. Aufgrund des Lehrermangels an unseren Schulen und der besseren Verdienstmöglichkeiten werden nämlich viele davon Seiteneinsteiger und andere fahren keine 30 km mehr, um dann zwei Stunden zu unterrichten, für 40 bis 50 Euro – 40 bis 50 Euro, von denen sie sich dann selbst versichern, für die Rente vorsorgen und die Fahrtkosten tragen sollen. In Löbau streikten die Musiklehrerinnen und Musiklehrer in der Kreismusikschule, weil sie mittlerweile 500 bis weit über 1 000 Euro weniger verdienen im Verhältnis zum Flächentarif.
Was ist denn mit den soziokulturellen Zentren im Land? Staatssekretär Uwe Gaul reist derzeit durch das Land, ist das erste Mal in der Kulturfabrik Hoyerswerda und fällt aus allen Wolken, dass hier 30 % unter dem Tarif des öffentlichen Dienstes E 9 bezahlt wird. Ja, meine lieben Damen und Herren, das trifft im Übrigen flächendeckend mit Ausnahme der Großstädte für alle soziokulturellen Zentren in Sachsen zu. Hier liegt der Abstand zum Flächentarif bei 10 bis 30 %, ähnlich wie bei den Theatern.
Was ist mit den Personalausstattungen in Museen, Bibliotheken und deren Bezahlung, mit der Ertüchtigung der baulichen Substanz? Der Museumsbund fordert dringend Investitionen in die Museen und Depots, weil es die Kommunen nicht alleine schaffen.
Was ist mit den Beschäftigten und Soloselbstständigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft, dem zweitstärksten Wirtschaftszweig in Sachsen? Das durchschnittliche Einkommen von Versicherten in der Künstlersozialkasse liegt bei knapp 13 000 Euro bei den Männern, bei den Frauen
sind es gar nur 10 900 Euro. Das sind sage und schreibe 908 Euro monatlich. Das ist weit unter Bundesdurchschnitt, Altersarmut ist vorprogrammiert. Die meisten von ihnen kommen aus den Bereichen darstellende Kunst, Film, Musik, bildende Kunst, und damit sind sie auch abhängig von Fördergeldern des Freistaat Sachsen.
Doch seit Jahren sinkt der Anteil der Kulturausgaben des Freistaates am Gesamthaushalt, wie der Antwort auf eine Kleine Anfrage meinerseits zu entnehmen ist. Lagen sie im Jahr 2010 noch bei 2,4 %, so waren es 2016 nur noch 2,07 % – eine gravierende Tendenz, welche Sie einfach so nonchalant zulassen. Noch steigert sich der Anteil der Kulturraummittel gegenüber den kommunalen Mitteln wie in Leipzig weiter. Dort liegen sie heute noch bei 21 %.
Gern.
Ja, danke, das ist eine wirklich komische Mathematik. Wir könnten ja zum Beispiel die Kulturmittel des Freistaates Sachsen auch bei 2,4 % einfrieren. Dann stiegen sie nämlich dynamisierend mit dem Haushalt mit auf. Dann hätten wir plötzlich nur diese 0,33 % mehr, und wir könnten die gesamte Kulturlandschaft so wunderbar ausstatten, Herr Kupfer, dies wäre eine Rechnung!
So machen die Kulturraummittel in Leipzig nur noch 21 % des Kulturhaushalts aus, statt, wie bei einer Drittfinanzierung üblich, weit über 30 %. Ich sage Ihnen: Diese finanzielle Abwärtsspirale, die auch Sie anerkennen mussten, mündet unweigerlich in eine qualitative. Sie werden dessen nicht Herr, meine Damen und Herren, solange Sie nicht die Kulturausgaben des Freistaates wieder erhöhen und endlich eine Dynamisierung der Kulturräume im Gesetz festschreiben. Vor drei Monaten – aber da war ja die Welt noch in Ordnung – hatten Sie genau diese Chance. Wir haben dies in unserem Gesetzentwurf gefordert, und es wäre für Sie ein Leichtes gewesen, diese auch in Ihren Gesetzentwurf zu übernehmen. Aber nein, auch diese Möglichkeit haben Sie traumwandlerisch vertan.
Die fünf ländlichen Kulturräume bekommen im Jahr 2018 44,1 Millionen Euro Zuweisungen über das Kulturraumgesetz: 44,1 Millionen zur Mitfinanzierung der Theater, Orchester, Bibliotheken, Museen, soziokulturellen Zentren, Musikschulen, freien Projekten und, und, und. Das
Staatstheater und die Semperoper erhalten knapp 70 Millionen Euro Zuweisung des Freistaates Sachsen im gleichen Zeitraum. Doch wie sagte Staatssekretär Uwe Gaul auf seiner „SoziokulTour“ so treffend – die „Sächsische Zeitung“ schreibt –: „Soziokultur steht nicht so stark im Fokus, das sind dann eher die Staatsbetriebe.“ Kultur in Sachsen – möglich, ja, doch meist schlecht bezahlt.
Vielen Dank.
Sie müssen nicht persönlich werden, Frau Ministerin Stange; ich bin auch nicht persönlich geworden.
Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatsministerin, noch zwei Worte oder, besser gesagt, zwei Fragen: Können Sie etwas zu den Strukturentwicklungskonzepten sagen – was bedeutet das insbesondere für die Kulturräume – und zu den Mehraufgaben, die auf die Theater und Orchester zukommen? Was bedeutet das für sie? Wie sind diese strukturiert? Was soll passieren?
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Derzeit erfährt das Projekt zur Errichtung einer Gedenkstätte „Konzentrationslager Sachsenburg“ große mediale Aufmerksamkeit, sei es durch den MDR mit der Dokumentationsreihe „Zeitreise“ und den „Sachsenspiegel“, den Deutschlandfunk mit „Zeitfragen“, durch Artikel in verschiedenen Zeitungen – regional und überregional –, sei es durch unseren Antrag im letzten Jahr oder wiederum durch den MDR, welcher mit „Exakt – Die Story“ den Werdegang der Gedenkstätte und die Initiative Klick bis in den Herbst hinein begleiten wird.
Vor diesem Hintergrund halten wir es für geboten, dass sich auch das Parlament zu diesem Thema positioniert. Daher steht auf der Tagesordnung unser Antrag „Gedenkort KZ Sachsenburg erhalten und ausbauen – Erinnerung an die Naziverbrechen in einem der ersten sogenannten Schutzhaftlager in Sachsen wachhalten“ mit dem Ziel, endlich eine institutionell zu fördernde und öffentlich zugängliche Gedenkstätte, wie im Gesetz der Stiftung Sächsische Gedenkstätten festgeschrieben, zu errichten.
Nirgends war die Dichte der sogenannten frühen Konzentrationslager mit 103 Lagern in 80 Städten höher als in Sachsen. Auch gab es 62 Außenlager der Konzentrationslagen Flossenbürg, Groß-Rosen und Buchenwald. Für dieses dunkle Vermächtnis sächsischer Geschichte gibt es keinen zentralen Erinnerungs- bzw. Bildungsort.
Dabei kommt dem Konzentrationslager Sachsenburg als einem der ersten eine besondere Rolle zu: Es bildete die Grundlage für die späteren Konzentrations- und Vernichtungslager. SA und SS inhaftierten hier zwischen 1933
und 1937 mehr als 16 000 Menschen. 7 000 sind mittlerweile namentlich bekannt, zum Beispiel Bruno Apitz, Walter Janka oder der Vater von Heiner Müller. SA und SS folterten und ermordeten hier viele, darunter Kommunisten, Sozialdemokraten und Christen, so auch auf bestialischste Art den Landtagsabgeordneten der SPD, Journalisten und Redakteur Dr. Max Sachs. Bei der Obduktion des beleibten Mannes fand man handtellergroße blaue Flecken, die bis auf die Knochen blutunterlaufen waren, Verbrühungen und Schnittwunden. Die Lagerleitung gab als Todesursache Herzstillstand an.
Auch wurden in Sachsenburg SS-Wachmannschaften ausgebildet, die ihr dort erlerntes Folterwissen unter anderem nach Buchenwald und Sachsenhausen exportierten. Teils übertraf die Zahl der Wachanwärter die Zahl der Häftlinge.
Schon in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts wurde eine Gedenkausstellung in der Spinnfabrik eingerichtet. 1968 wurde ein Mahnmal eingeweiht, das zum Glück bis heute besteht. In den Zeiten der politischen Wende, Anfang der Neunzigerjahre, wurde die Spinnerei geschlossen, das Gelände verkauft und die darin enthaltene Ausstellung dichtgemacht. Seitdem passiert seitens des Landes leider nichts oder nicht viel.
Schon 1992 gründete sich eine erste Initiative zur Wiedereinrichtung eines Gedenkortes. Seither ist alles, was heute noch zu sehen ist, dem ehrenamtlichen Engagement der Lagerarbeitsgemeinschaft, der Initiative Klick mit Anna Schüller und dem Besitzer Herrn Marcel Hett zu verdanken. Vielen Dank an dieser Stelle!
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Stange, Sie betonen immer die herausragende Bedeutung dieses Konzentrati
onslagers für das Gedenken an die NS-Opfer in Sachsen. Sie sagen immer, Projekte müssten von unten wachsen. So soll auch die Gedenkstätte von unten nach oben wachsen. Ich frage Sie: Wie viel „unten“ braucht es eigentlich, bis die Staatsregierung meint, sie müsse etwas tun?
Seit 26 Jahren bemühen sich die Initiativen darum, die Gedenkstätte wieder aufzubauen. Sie pflegen das gefährdete Gelände, haben den Zellentrakt wieder begehbar gemacht und eine Ausstellung auf die Beine gestellt. Seit sechs Jahren ist das Konzentrationslager Sachsenburg in das Gedenkstättenstiftungsgesetz aufgenommen. Marcel Hett, der Eigentümer der Fabrik und der umliegenden Gebäude, handelt so besonnen, schlägt Investoren, die eine Sauna im Gebäude eröffnen wollten, aus und sagt, dass er lieber eine ganze Etage für eine Ausstellung zur Verfügung stellen möchte. Er schenkt der Stadt Frankenberg das Zellenhaus. Im Schenkungsvertrag heißt es: „Die Stadt Frankenberg verpflichtet sich zur Errichtung einer Gedenkstätte. Durch diese soll ein Mahnmal gegen Gleichgültigkeit und Vergessen geschaffen werden, das jeden an seine gesellschaftliche Verpflichtung erinnern soll.“ Das nenne ich mal einen Besitzer!
Ebenso kaufte die Stadt Frankenberg weitere Teilflächen auf dem Gelände der ehemaligen Zwirnerei. Also, was denn noch mehr? Ach ja, ein Konzept zur Errichtung einer Gedenkstätte. Zitat von Ihnen, Frau Dr. Stange: „Wichtig ist, dass die Stadt und engagierte Bürger die Entwicklung des Konzeptes vorantreiben.“ – Und ich kann Ihnen sagen: Auch dieses Konzept gibt es mittlerweile. Der Stiftungsrat, welchem Sie, sehr geehrte Frau Ministerin, vorsitzen, wird es am 14. Mai dieses Jahres in seiner nächsten Sitzung behandeln. Sie können also positiv wirken und vielleicht sogar mit der Unterstützung eines Großteils dieses Parlaments positiv auch darauf einwirken, dass seitens der Stiftung die Errichtung der Gedenkstätte vorangetrieben wird.
Denn eines müssen Sie mir an dieser Stelle doch erklären, sehr geehrte Frau Ministerin: In der Stellungnahme zu unserem Antrag vom 8. September 2017 schreiben Sie: „Dass die Stiftung authentische Orte erschließt, bedeutet nicht, dass diese Gedenkstätten errichtet. Die Errichtung einer Gedenkstätte ist auch kein Gegenstand einer institutionellen Förderung, vielmehr setzt eine institutionelle Förderung das Vorhandensein einer Gedenkstätte voraus.“ Sie spielen also den Ball nach Frankenberg zurück. Merkwürdig, denn in dem nur drei Wochen später, am 29. September 2017, ausgereichten Tätigkeitsbericht der „Stiftung Sächsische Gedenkstätten“ heißt es in Ihrem Vorwort: „Eine ganz wesentlich neue Aufgabe dieses gesetzlichen Auftrages ist die Errichtung bzw. der Aufbau weiterer im Gesetz benannter Gedenkstätten, die künftig institutionell gefördert werden sollen.“
Das klären Sie mir bitte nachher auf. Es klingt nämlich sehr nach Verschiebetaktik, immer gerade so, wie ich es
brauche, um die Dinge von mir weisen und wegschieben zu können.
Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass sich durch die eben benannte mediale Präsenz dieses Themas einiges bewegt hat, doch leider zu wenig; denn auch schon der geplante Pfad der Erinnerung, eine Außenraumausstellung, also ein erstes Zeichen der öffentlichen Darstellung des Ortes, wurde seitens der Stiftung nicht auskömmlich mit Mitteln bedacht. Geplante Kosten: 170 000 Euro, von der Stadt Frankenberg beantragt: 110 500 Euro, bewilligt: 85 000 Euro, allein aus Zuschüssen zur Stärkung der politischen Bildungsarbeit, also aus zusätzlichen Mitteln und nicht aus dem originären Haushalt der Stiftung.
Nach den öffentlichen Aussagen von Herrn Reiprich – „Die Entstehung einer Gedenkstätte am Ort des früheren Konzentrationslagers Sachsenburg ist von überregionaler, ja europäischer Bedeutung“ – kommt wiederum kein schönes Zeichen der Gedenk- und Erinnerungskultur aus Sachsen. Doch zumindest ist das Ansinnen der vielen Initiativen jetzt in der Welt und in den Köpfen und kann nicht mehr zurückgenommen werden.
Begreifen Sie diesen Antrag und das derzeitige Interesse an diesem Thema als eine großartige Chance für Sachsen und seine in der letzten Zeit gelittene Außenwirkung, und das nicht nur auf dem Feld der Erinnerungs- und Gedenkkultur.
Bei einem europaweit zu beobachtenden Rechtsruck und der versuchten Umschreibung/Umdeutung von Geschichte ist es heute wichtiger denn je, auch an die Zeiten zwischen 1933 und 1945 zu erinnern und darüber aufzuklären. Es gibt derzeit eine Art Gegenbewegung von Menschen, welche sich ein falsches Geschichtsbild von Rechtspopulisten nicht gefallen lassen wollen und Wahrheit und Orientierung in den Gedenkstätten suchen. So verzeichneten alle KZ- und NS-Gedenkstätten in Deutschland steigende Besucherzahlen. In Buchenwald gab es gar Besucherrekorde, auch im Winter. Dies ist auch Beleg für die Notwendigkeit des Erhalts authentischer Orte der Geschichte.
Das Konzentrationslager Sachsenburg könnte nicht nur eine Gedenkstätte im ursprünglichen Sinne werden, sondern vielleicht ein lebendiges Zentrum der demokratischen Bildung, ein Lern-, Forschungs- und Informationsort. Genau jetzt wäre der richtige Zeitpunkt zu handeln – auch und insbesondere im Hinblick auf die anstehenden Haushaltsverhandlungen und den Haushaltsentwurf der Staatsregierung. Hier haben Sie explizit die Möglichkeit, ein Zeichen Ihres Wollens zu setzen und die Stiftung mit ihrem Auftrag, die Stadt Frankenberg, die Lagerarbeitsgemeinschaft, die Initiative Klick zu unterstützen und so den Aufbau einer Gedenkstätte pekuniär durch zweckgebundene Gelder zu untersetzen.
Ich glaube, im Grunde gibt es zwischen den demokratischen Fraktionen dieses Hauses keinen Dissens, was die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der Stiftung Sächsische Gedenkstätten betrifft und damit auch das Ziel, die Gedenkstätte KZ Sachsenburg in eine institutionell
geförderte Einrichtung zu überführen. Mit Ihrer Zustimmung zu unserem Antrag wären wir auf diesem Weg einen ganz großen Schritt weiter.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Frau Staatsministerin. Ich habe nur eine Frage, weil Sie sagen, dass die Staatsregierung nicht eingreifen kann und nicht selbst Gedenkorte aufbauen kann. Ich erinnere mich an die Haushaltsjahre 2013 und 2014. Geben Sie mir recht, dass dort auch Gelder explizit für den Aufbau eines Gedenkortes eingestellt worden sind?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Gleich vorweg etwas, das mich schon ein wenig bedrückt, Frau Ministerin Dr. Stange: Sie sagten am Anfang, dass wir das hätten wissen können. Wir haben es nicht gewusst. Aber wenn Sie etwas wissen, dann können Sie es auch in die Beantwortung unseres Antrages hineinschreiben.
Dort stand so etwas nämlich nicht. Wenn Sie mehr wissen, dann können Sie auch mit mir das Gespräch suchen und mir sagen, wie der aktuelle Entwicklungsstand ist. Drittens können Sie auch – nämlich im Haushaltsentwurf – entsprechende Gelder für den Aufbau einfordern. Das können Sie tun; Sie können einen Haushaltstitel schaffen und dieses beantragen. – So weit, so gut. Das erzürnt mich schon etwas. Dass Sie uns auf die Weise derartig angehen, das lasse ich nicht zu!
Eines will ich Ihnen nämlich sagen: Hier hat das Land tatsächlich eine Chance. Es ist ja alles bereitet. Das unten Genannte steht bereit; Frankenberg ist mit im Boot. Frau Firmenich hat es gesagt, sie würden 10 % übernehmen. Die Öffentlichkeit ist informiert – selbst die Presse und die Medien machen Druck. Ich hoffe, diese lassen auch nicht locker. Selbst andere Bundesländer erwarten von diesem Land auch einmal ein wirklich gedenkpolitisches Zeichen. Diese bieten nämlich mittlerweile schon Kooperationen an: Sachsenhausen geht auf Sachsenburg zu – da ist die Initiative Klick. Sie wollen schon zusammenarbeiten. Selbst der Besitzer macht mit! Ich verstehe nicht, weshalb man sich solch eine Chance schon wieder durch die Finger rinnen lässt, als damit das Außenbild Sachsens positiver zu formen.
Frau Firmenich, vielleicht noch zwei Worte zu Ihnen: Sie haben die Genese des Werdegangs von Sachsenburg gut erzählt, aber mich beschleicht ein wenig das Gefühl, dass Frankenberg gar keine Landesunterstützung haben will. Was Sie jetzt machen, klingt eher wie eine Hinhaltetaktik, indem Sie sagen, es müsse erst der demokratische Prozess abgewartet werden. Die Initiative „Klick“ besteht aus jungen Leuten, die sich dafür begeistern und ein Konzept schreiben – Sie sagen, das sei zu schnell und begreifen es nicht.
Ja.
Ja, das haben Sie gesagt. Aber Sie haben auch im gleichen Atemzug zum Ausdruck gebracht – und ich hatte es vorhin in meiner Rede erwähnt –, dass der geplante Pfad der Erinnerung 170 000 Euro kostet. Warum beantragt die Stadt dann nur 110 500 Euro? Das ist nur ein kleiner Knackpunkt, der einen aber zweifeln lässt, ob Frankenberg tatsächlich Unterstützung haben will.
Im nächsten Jahr findet zudem die Landesgartenausstellung in Frankenberg statt. Warum wurde hier nicht im Vorfeld das Gelände des KZ Sachsenburg einbezogen? Das hätte man durchaus machen können. Vielleicht hätte es dadurch noch mehr Interesse auf sich gezogen, eine größere Präsenz erhalten und es hätten sich andere Möglichkeiten eröffnet. Das wäre meine Gegenfrage.
Ja, bitte.
Gut – darauf gehe ich gerne ein. Aber ansonsten habe ich es auch vorhin schon explizit gesagt, dass ich es zur Kenntnis genommen habe, dass Frankenberg zu den Betriebskosten usw. steht.
Wissen Sie, Frau Firmenich, es ist nur so, dass alles so lange dauert. Wir können uns hier alle immer nur zu irgendetwas bekennen, bekennen und nochmals bekennen. Sachsenburg steht seit sechs Jahren im Stiftungsgesetz. Seit 2005 sagt die Stadt Frankenberg, dass sie etwas tut. Genau das meine ich mit Hinhaltetaktik! Man kann natürlich auch von unten so lange hinhalten, bis die Initiative von unten zermürbt ist und man überhaupt nicht mehr arbeiten kann. Dann hat man natürlich allen Grund zu sagen, dass man es besser gleich bleiben lässt.