Protokoll der Sitzung vom 10.06.2015

rung und Rückgewinnung von Retentionsräumen, Verbesserung des Wasserrückhaltevermögens in der Landschaft, Risikovorsorge in potenziellen Überflutungsbereichen, die bei Versagen entsprechender Hochwasserschutzeinrichtungen oder Extremhochwasser überschwemmt

werden können, und Sicherung von Standorten für technische Schutzmaßnahmen, wie Deiche, Hochwasserrückhaltebecken und sonstige Hochwasserschutzanlagen. Das ist die Reihenfolge dessen, was wir uns vorgenommen haben.

Seit 2002 sind 1,23 Milliarden Euro für den Hochwasserschutz ausgegeben worden. Wir haben unter anderem aus dem Hochwasser gelernt, dass wir Flüssen mehr Raum geben müssen. Es ist eine Binsenweisheit, dass der Pegel steigt, wenn man Flüsse einengt. Der Unterlieger bekommt mehr Wasser als vorher und durch Flussbegradigung und Eindeichung ist das Wasser auch schneller da. Der Unterlieger hat also mehr und schneller das Hochwasser bei sich. Deswegen weiß man auch, dass technischer Hochwasserschutz allein kein nachhaltiger Hochwasserschutz ist. Er gehört an vielen Stellen dazu. Jetzt geht es aber um die Schwerpunktsetzung.

Es waren einmal 49 Deichrückverlegungen geplant mit ursprünglich 7 500 Hektar, die man schaffen wollte. Davon sind seit 2002 gerade mal drei umgesetzt, nämlich Eilenburg, Sermuth und Flöha. Warum ist das so wenig? Ein großer Polder mit über 1 000 Hektar, der bei Löbnitz geplant ist, wird erst 2016 fertig. Wir haben seit 2002 über 1 Milliarde Euro ausgegeben, aber mit Stand August 2014 nur lächerliche 5 Millionen Euro für die Rückverlegung von Deichen und die Herstellung natürlicher Überschwemmungsflächen. Da stimmen offensichtlich Prioritäten nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bin mir sicher, dass wir 2013 viel geringere Schäden gehabt hätten, wenn die Prioritätensetzung anders gewesen wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erinnere an unseren Änderungsantrag im Rahmen des Haushalts, mit dem wir Hochwassergelder vom Zweck her binden wollten. Offensichtlich arbeitet die Landestalsperrenverwaltung nicht in die Richtung, die wir wollen. Man muss die Mittel für nachhaltigen Hochwasserschutz binden, das heißt, genau so viel Geld hineingeben, aber prioritär für den nachhaltigen Hochwasserschutz, wie Deichrückverlegungen, ausgeben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt so Kuriositäten wie zum Beispiel Ammelgoßwitz an der Elbe. Da hat man in einer Mäanderschlinge einen Elbdeich neu aufgebaut, wo sich aufgedrängt hätte, den Deich einfach mal ein Stück zurückzulegen, die Mäanderschlinge abzuschneiden. Die sechs Bauabschnitte haben 8,5 Millionen Euro gekostet. Der Wert der geschützten Flächen beträgt nur 6,4 Millionen Euro. Von diesem Betrag könnte man 70 Jahre lang den betroffenen Land

wirten den kompletten Produktionsausfall ersetzen. Das ist Irrsinn. Das Geld brauchen wir woanders. Ich erinnere nur im Verhältnis an die 5 Millionen Euro für die Deichrückverlegung.

Neben der Schaffung von mehr Retentionsflächen – –

Die Redezeit geht zu Ende.

– und dem technischen Hochwasserschutz sind noch zwei weitere wichtige Bausteine zu nennen. Der eine heißt mit dem Hochwasser leben bzw. angepasste Bauten. Die Leute müssen damit klarkommen, Natur ist eben so.

Die Redezeit ist zu Ende.

Der zweite Baustein heißt ingenieurbiologische Ufersicherung. Das noch als Letztes. In Mylau hat man 2013 –

Die Redezeit ist zu Ende, Herr Kollege.

– einen Deich ingenieurbiologisch mit Pflanzen besetzt und beim Hochwasser hat nur der Abschnitt gehalten, der mit Weiden und Pflanzen besetzt war. Den Beton hat es komplett weggespült. Das ist Ingenieurbaukunst, die in Sachsen weitere Anwendungsbeispiele braucht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bitte noch einmal um die Einhaltung der Redezeit, vor allem in der weiteren Runde, die wir jetzt gleich eröffnen. In dieser zweiten Runde haben natürlich wieder die einbringenden Fraktionen das Wort. Für die CDU-Fraktion erhält das Wort Frau Kollegin Springer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ein paar Worte zu den Ausführungen von Frau Dr. Pinka. Keiner, wirklich keiner würdigt ein Hochwasser. Wenn Sie die Überschrift richtig lesen, und sie ist nun einmal in klarem Deutsch geschrieben, dann würdigen wir die Leistungen der Menschen. Das möchte ich hier noch einmal sehr, sehr deutlich herausstellen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Sie führen dann weiter aus, dass die Kommunen die Ingenieurbüros zu spät beauftragt hätten und der Freistaat dafür keine Hilfestellung leisten würde. Dazu sage ich: Der Freistaat hat sogar extra einen Fonds eingerichtet, damit Gelder da sind, um Managementleistungen im Wiederaufbaubereich zu finanzieren. Die Kommunen, die das gemacht haben, sind jetzt sehr weit in der Beantragung. Das hat das Hohe Haus hier immer wieder, aber auch wirklich immer wieder in den Vordergrund gestellt: Wir geben Hilfestellung, aber letztendlich handelt es sich

um eine kommunale Selbstverwaltung. Die Kommunen dürfen das für sich entscheiden, und das soll auch so bleiben.

Wir wissen, dass rund 130 Kommunen in ihrer Beantragung noch nicht so weit sind, wie wir uns das wünschen. Wenn wir uns aber überlegen, dass in der letzten Woche vor Antragsfrist noch einmal 20 % private Anträge eingegangen sind, dann ist zu vermuten, dass die Kommunen den Zeitraum bis zum 30.06. ausreizen. Wir Sachsen haben keine Möglichkeit, diesen Stichtag zu verändern. Das ist ein bundeseinheitlicher Termin, und die Kommunen sind daran erinnert worden, dass sie noch einmal nachlegen können.

Herr Hütter, Sie haben den Mehrbedarf angesprochen und gesagt, dass er transparent gemacht werden soll, weil das Verfahren deswegen etwas schwerfällig und lang ist, weil es sehr intransparent ist. Wenn die Wiederaufbaupläne überarbeitet worden sind und die Kommunen noch einmal die Möglichkeit hatten, nachzumelden, dann haben die Kommunen das deswegen genutzt, weil sie in ihren Anlagen Spätschäden gefunden haben. Diese Spätschäden konnten sie melden, und daraus begründet sich der Mehrbedarf. Ich weiß nicht, wo hier etwas intransparent ist.

Herr Günther hat hier Dinge angesprochen, bezüglich derer ich sagen muss: Schick, aber mit dem Thema hat es nichts zu tun.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wie bitte? Beschäftigen Sie sich einmal mit dem Thema! – Gegenruf von der CDU: Nicht so laut!)

Herr Günther, wenn Sie sich einmal mit der konstruktiven Arbeit der Landestalsperrenverwaltung auseinandergesetzt hätten, wären Sie, glaube ich, zu einem vollkommen anderen Schluss gekommen. Aber da werden wir vielleicht immer unterschiedlicher Meinung sein, und das ist auch gut so. Ich jedenfalls bedanke mich an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion ausdrücklich für die gute Arbeit, die die Landestalsperrenverwaltung leistet.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Zum Abschluss noch ein kleiner Ausblick, denn wir haben eher ein Resümee gezogen als in die Zukunft geblickt: Das, was wir in den letzten Jahren an Wiederaufbau und Hochwasserschutz geleistet haben, wird im Freistaat Sachsen konsequent fortgesetzt. Das kann man in unserem Haushalt nachlesen – für die nächsten zwei Jahre ist das ein Schwerpunktthema –, und das kann man auch im Koalitionsvertrag nachlesen.

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Die Linksfraktion, bitte. Frau Dr. Pinka.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Springer, viel in die Zukunft geschaut war das jetzt nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man könnte einmal resümieren, wie viele Gewässerunterhaltungsverbände wir seit der letzten Novelle des Sächsischen Wassergesetzes in Sachsen entwickelt haben. – Ich würde sagen: null.

(Lachen bei den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Frank Kupfer, CDU)

Herr Kupfer, Sie wissen genau, woran es krankt. – Wir können auch einmal darüber diskutieren, warum wir im Hochwasserschutz bei den Kommunen nicht so wirklich weiterkommen – diesbezüglich hat Herr Günther recht –: Die Hochwasserschutzkonzeptionen sind – jede für ihre Betroffenheit, ob Landestalsperrenverwaltung oder

kommunale Obliegenheit – getrennt entwickelt worden. In der Landestalsperrenverwaltung haben wir 2004 die Hochwasserschutzkonzeptionen auf den technischen Hochwasserschutz entwickelt, da haben wir tatsächlich keine strategische Umweltprüfung gehabt.

(Frank Kupfer, CDU: Das stimmt überhaupt nicht!)

Deshalb hat Herr Günther recht: Das ist alles „nachgeheilt“ worden, und das hat nichts mit Prioritätensetzung zu tun. Diese Liste ist niemals angepasst worden, da hat er vollkommen recht.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf von der CDU: Quatsch!)

Das ist so. Die ist immer noch substanziell.

Ich würde gern noch einmal auf das eingehen, was wir im letzten Jahr nach dem Wiederaufbaubegleitgesetz getan haben: Da haben wir nämlich die Bürgerbeteiligung beschnitten. So viel dazu, dass wir wollen, dass die Sachsen mit aufbauen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Frank Kupfer, CDU)

Wir haben die Gesetzesgrundlage nämlich an der Stelle verändert. Wir beteiligen sie nicht mehr frühzeitig, obwohl auf einer Sonder-Umweltministerkonferenz gesagt wurde, dass wir eine informelle Form der Bürgerbeteiligung als wesentliches Element für eine zügige Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen brauchen. Das verstehen Sie offensichtlich nicht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? – Bitte.

Kollegin Pinka, wissen Sie, wie viele Klagen in den letzten Jahren dazu geführt haben, dass Hochwasserschutzmaßnahmen nicht realisiert werden konnten und 2013 erneut Hochwasser in Wohngebieten und im persönlichen Bereich verursacht hat?

Ich kann Ihnen die Zahlen nicht nennen, Frau Springer. Ich kann Ihnen nur sagen, dass genau diese Fehler aus vergangener Zeit herrühren: weil zum Beispiel Hochwasserschutzkonzeptionen ohne Bürgerbeteiligungen stattgefunden haben. Ich habe selbst welche geschrieben. Ich weiß, wie es gelaufen ist: dass wir quasi bis zu einer gewissen Planungsphase weiterentwickelt haben, und erst dann sind wir in die Bürgerbeteiligung gegangen. Es gab keine strategischen Umweltprüfungen. Fragen Sie Herrn Kupfer, er weiß das ganz genau. Wenn wir rechtzeitig, in den frühzeitigen Planungsphasen mit Menschen gesprochen hätten, wären später weniger Konflikte entstanden. Das haben wir verpasst, dazu müssen wir ehrlich stehen und das müssen wir korrigieren.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Frank Kupfer, CDU)