Protokoll der Sitzung vom 10.06.2015

In Westdeutschland gibt es auch Bundesländer, die Regionen aufweisen, die keine hohen Steuereinnahmen haben. Das Problem ist: In Ostdeutschland ist die Finanzschwäche flächendeckend. Das heißt, wir haben keine Regionen

innerhalb der einzelnen ostdeutschen Länder, die die Finanzschwäche einer Region kompensieren können. Deshalb sind die ostdeutschen Länder in besonders hohem Maße auf die Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich angewiesen.

2014 kamen ungefähr 55 % der gesamten Einnahmen des sächsischen Staatshaushaltes von Dritten, und hier vor allem aus den Zuweisungen im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs. Oder anders gesagt: Jeder zweite Euro, den wir in unserem Haushalt haben, kam von außerhalb. Ich denke, an dieser Stelle sollten wir uns noch einmal herzlich bedanken, dass das in der Vergangenheit möglich war

(Beifall des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

und in dieser Größenordnung hoffentlich auch in Zukunft noch bestehen bleibt.

(Beifall bei der CDU und der Staatsministerin Barbara Klepsch)

Schauen wir uns die Verhandlungen an: Wir wissen alle, das geltende Regelwerk läuft aus, es ist befristet. Gegenwärtig laufen die Verhandlungen. Das Ziel ist, den Ländern und Kommunen ab dem Jahr 2020 eine verlässliche und aufgabengerechte Finanzausstattung zu gewähren. Unsere Verhandlungsmaxime ist relativ simpel darzustellen: Wir möchten, dass der ostdeutsche Aufholprozess nicht zum Erliegen kommt. Das heißt, Sachsen, aber auch die anderen neuen Länder müssen ausreichend Mittel zur Verfügung haben. Hierbei ist die Solidarität unter den Ländern von entscheidender Bedeutung; denn der Föderalismus in Deutschland baut gerade auf diesem Grundgedanken auf und nicht auf der Idee des fiskalischen Wettbewerbs unter den Bundesländern.

(Beifall des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Wenn man sich allerdings die Debatte in Deutschland anschaut – Herr Scheel, ich nehme durchaus Ihre Anregungen einmal auf –, dann ist es nicht so, dass wir andere zurechtweisen.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Wem sagen Sie das!)

Aber ich sehe es gelegentlich auch als meine Aufgabe als Finanzminister an: Wenn Falschinformationen und Falschbewertungen gegeben werden, dann sollten wir unsere Stimme erheben.

Ich möchte dabei an das Jahr 1995 erinnern. Warum? Das Jahr 1995 war entscheidend für die Finanzausstattung der ostdeutschen Bundesländer, denn damals wurde der Länderfinanzausgleich reformiert. Im Jahr 1995 wurden die ostdeutschen Bundesländer in das Finanzausgleichssystem Gesamtdeutschlands integriert. Es stand damals die Frage: Wer bezahlt das? Hierzu muss man deutlich sagen, dass es hauptsächlich der Bund bezahlt hat, indem er sieben Umsatzsteuerpunkte an die Länder weitergegeben hat.

Was bedeutet das in der Diskussion und in der Auseinandersetzung? Ich höre aus Nordrhein-Westfalen häufig das Argument, sie – also Nordrhein-Westfalen – bezahlen heute über den Umsatzsteuervorwegausgleich den Osten. Das stimmt schlichtweg nicht. Wenn Sie sich die nüchternen Zahlen anschauen, dann erhält Nordrhein-Westfalen aus den sieben Umsatzsteuerpunkten über 2,7 Milliarden Euro. Es ist erheblich mehr, als sie selber bezahlen müssen. Sie zahlen nämlich 2,3 Milliarden Euro in den Ausgleich. Das heißt, unterm Strich macht NordrheinWestfalen nach wie vor ein gutes Geschäft aufgrund der damaligen Regelung. Ich denke, es ist angebracht, dass man das öffentlich sagt, damit keine falschen Argumente im Raum stehen bleiben.

Wie sehen nun die Verhandlungspositionen der einzelnen Länder aus? Ich kann Ihnen nur sagen: Die Verhandlungen sind extrem schwierig. Unter den Ländern besteht nur in zweierlei Hinsicht eine Einigkeit: dass ein Konsens zwischen allen Ländern hergestellt und kein Land ausgegrenzt werden soll.

Der zweite Konsens besteht darin, dass es eine Neuregelung geben soll, indem kein Land schlechter dasteht als im zurzeit geltenden System.

Des Weiteren gibt es den großen Wunsch – und teilweise hat es der Bund auch schon artikuliert –, dass der Bund bereit ist, sich finanziell daran zu beteiligen. In welcher Höhe, wird zurzeit diskutiert.

Wenn nun dieser kleinste gemeinsame Nenner finanziert werden soll, wie soll dann das Ausgleichssystem aussehen? Auf der einen Seite gibt es die finanzstarken Geberländer – es sind zugegebenermaßen wenige – und auf der anderen Seite die Mehrheit der Bundesländer, die finanzschwachen Nehmerländer. Hinzu kommen die ostdeutschen Bundesländer. Sie gehören zu den finanzschwachen Nehmerländern und haben ihre eigenen Spezifika. Es gibt die hoch verschuldeten Länder usw. usf. Je nachdem, welches Kriterium Sie gerade nehmen, finden Sie eine andere Ländergruppe, die sich dort formiert. Zu guter Letzt müssen alle unter einen Hut gebracht werden. Sie können sich vorstellen, dass das extrem schwierig ist.

Deshalb kann man nicht sagen: Wir haben exakt diese Verhandlungslinie. Wir müssen zu guter Letzt kompromissbereit sein, und – wie es immer im Leben ist – man wird hier und da einmal abgeben müssen, damit man das eine oder andere bekommt.

Die ostdeutschen Bundesländer haben in der Zwischenzeit schon vieles angepasst: Sie haben konsolidiert, und zwar in einem erheblichen Maße. Sie haben ihre Haushalte an die auslaufenden Solidarpakt-II-Mittel angepasst. Das ist ein gigantischer Betrag. Für Sachsen bedeutet das beispielsweise einen Verlust von ursprünglich knapp 3 Milliarden Euro, die wir bekommen haben, auf null Euro ab dem Jahr 2020 – es sei denn, es gibt eine Nachfolgeregelung.

Daran sehen Sie: Die ostdeutschen Länder standen schon in den vergangenen Jahren erheblich unter Konsolidie

rungsdruck mit dem Ergebnis, dass alle Steuermehreinnahmen, die wir in Deutschland hatten, in den westdeutschen Ländern dazu geführt haben, dass die Haushalte wachsen konnten. In den ostdeutschen Bundesländern – das gilt auch für Sachsen – sind die Haushaltsvolumina über die letzten 20 Jahre jedoch mehr oder weniger konstant geblieben, und das bei zum Teil steigenden Leistungen.

Trotz dieser extrem schwierigen Situation bin ich zuversichtlich, dass die Neuverhandlungen zum Bund-LänderFinanzausgleich erfolgreich zum Abschluss gebracht werden, ohne dass die Solidarität unter den Ländern gefährdet wird, ganz im Geiste des Grundgesetzes.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Staatsministerin Barbara Klepsch)

Meine Damen und Herren! Herr Staatsminister hat die Redezeit etwas überzogen. Möchte jemand einen Antrag auf fünf Minuten zusätzliche Redezeit stellen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die 2. Aktuelle Debatte abgeschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 5

2. Lesung des Entwurfs

Gesetz zur Anpassung der Besoldung und der Versorgungsbezüge 2015/2016

Drucksache 6/1638, Gesetzentwurf der Fraktionen CDU und SPD

Drucksache 6/1727, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Die Fraktionen können dazu sprechen. Es beginnt die CDU, danach folgen SPD, DIE LINKE, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort; Herr Abg. Michel, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Gleich zu Beginn meiner Rede möchte ich mich bei den fleißigen und loyalen Beamten des Freistaates Sachsen für ihre Arbeit bedanken.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der AfD und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Ich hatte ja gedacht, DIE LINKE klatscht auch bei diesem unverfänglichen Satz.

Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben den Gesetzentwurf zur zeit- und wirkgleichen Übertragung des Tarifergebnisses eingebracht, denn damit soll die Tarifeinigung vom 28. März 2015 für die Beschäftigten der Länder für die Beamten, Richter und Versorgungsempfänger im Freistaat Sachsen übertragen werden.

Mit dem Beschluss folgt eine lineare Erhöhung der Besoldung und der der Berechnung der Versorgungsbezüge zugrunde liegenden Bezügebestandteile ab dem 1. März 2015 um 2,1 %. Ebenso findet eine lineare Erhöhung der Besoldung und der Bezügebestandteile ab dem 1. März 2016 in Höhe von nochmals 2,3 % statt. Die Grundgehaltssätze und die Ober- und Untergrenzen der Grundgehaltsspannen der Auslandsbesoldungen werden um mindestens 75 Euro erhöht. Des Weiteren erhöhen sich die Anwärtergrundbeträge zum 1. März 2015 und

zum 1. März 2016 um jeweils 30 Euro. Der Gesetzentwurf ist mit Ausgaben in Höhe von circa 34,2 Millionen Euro im Jahr 2015 und circa 81,4 Millionen Euro im Jahr 2016 verbunden. Ab dem Jahr 2017 entfaltet sich dann die volle Jahreswirkung in Höhe von knapp 90 Millionen Euro.

Die Mittel sind im Haushalt 2015/2016 berücksichtigt. An dieser Stelle muss ich daran erinnern, dass der vor rund sechs Wochen verabschiedete Doppelhaushalt mit einer Entnahme aus der Haushaltsausgleichsrücklage verabschiedet wurde. Trotzdem ist unser Fraktionsvorsitzender, Frank Kupfer, auf unseren Koalitionspartner zugegangen und hat die Übernahme des Tarifergebnisses angeregt. Wir gehen davon aus, dass die wirtschaftliche Entwicklung im Freistaat Sachsen dies zulässt.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Da kriege ich gleich einen Lachkrampf!)

Dass eine zeit- und wirkgleiche Übernahme des Ergebnisses keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt auch ein Blick auf die anderen Bundesländer. Außer in MecklenburgVorpommern ist nach meiner Kenntnis in allen anderen Ländern schon eine Entscheidung zur Übernahme gefallen. Eine Länderbetrachtung ergibt, dass nur Bayern, Rheinland-Pfalz und Sachsen das Ergebnis zeit- und wirkgleich übernehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den letzten Plenardebatten haben wir ja gelernt, dass es mit der neuen sozialistischen Volksrepublik Thüringen ein neues Vorzeigeland für die sächsischen LINKEN gibt.

(Heiterkeit bei der CDU – Eva Jähnigen, GRÜNE: Diese Polemik passt doch gar nicht zu dir!)

Aber auch die Thüringer Beamten werden vom real existierenden Sozialismus eingeholt.

(Zurufe von den LINKEN)

Laut Ankündigung der Thüringer Finanzministerin Taubert erfolgt eine zeitversetzte Übernahme des Ergebnisses.

(Christian Piwarz, CDU: Hört, hört! – Gegenruf des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Des Weiteren wird das Tarifergebnis in Thüringen nicht wirkgleich umgesetzt, sondern um 0,2 % zur Absicherung der Pensionslasten gekürzt.

Damit Sie mir aber nicht immer das einseitige Abstellen auf Thüringen vorwerfen, möchte ich nun die Aufmerksamkeit auf das Bundesland Brandenburg lenken. Der dortige Finanzminister und Anhänger der LINKEN, Christian Görke, überträgt das Tarifergebnis auch nicht eins zu eins. Das hatte ich bereits erwähnt.

(Christian Piwarz, CDU: Hört, hört!)