Protokoll der Sitzung vom 16.09.2015

Nebenbei bemerkt wünsche ich mir persönlich in sozialen Belangen des Öfteren ein solches Engagement seitens der Staatsregierung und vor allem auch solche Auskunftsbereitschaft wie in diesem Bericht. Das Ergebnis des Endberichts macht deutlich, dass ohne eine nachhaltige Verstetigung der Finanzierung auf längere Zeit die Zukunft der

Mehrgenerationenhäuser ungewiss ist. Es darf kein Zustand sein, dass für solche Einrichtungen erst kurz vor Ende einer Förderung eine neue gefunden wird, wie es in der Vergangenheit der Fall war. So wurde zum Beispiel das Aktionsprogramm II kurz vor Ablauf der bestehenden Förderung um das Jahr 2015 verlängert, um die Mehrgenerationenhäuser zu sichern.

Bei aller Freude darüber, dass die finanziellen Mittel dann schließlich doch vom Bund bereitgestellt wurden, muss man ganz klar kritisieren, dass solche auf der Kippe stehenden Programme mit Ablaufdatum alles andere als Planungssicherheit für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, Ehrenamtlichen und Nutzenden der Mehrgenerationenhäuser bedeuten. Im Bundeshaushalt sollen circa 14 Millionen Euro für die Förderung von Modellprojekten zur Einrichtung von Mehrgenerationenhäusern eingestellt werden, die Kofinanzierung durch Länder und Kommunen ist wie bisher geplant. Was danach passieren soll, ist leider im Moment ungewiss.

Vor diesem Hintergrund unterstützen wir die Forderung einer langfristigen Verstetigung der Finanzierung der Mehrgenerationenhäuser nachdrücklich. Das schafft

dringend notwendige Planungssicherheit für die Einrichtungen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wohl wissend, dass aber langfristig knapp 36 000 Euro pro Jahr und Haus nicht ausreichend sind und aufgestockt werden müssen, um die Angebote und das Personal in solchen Einrichtungen auszubauen und Mehrgenerationenhäuser in Deutschland zu etablieren.

Zu den Punkten 2 und 3 unter II möchte ich noch anmerken, dass Mehrgenerationenhäuser ein guter Anlaufpunkt für Menschen mit Migrationshintergrund sein können, auch um sich besser zu integrieren. Wir sehen die Chance, dass sich auch Menschen mit Migrationshintergrund aktiv in die Arbeit dieser Mehrgenerationenhäuser einbringen können. Aber wir möchten darauf aufmerksam machen, dass dafür zusätzliche finanzielle Mittel gebraucht werden. Mit den 14 Millionen Euro, die bisher vom Bund geplant sind, wird das vermutlich nicht zu schaffen sein.

Die Teilnahme von Menschen mit Behinderungen an den Angeboten der Mehrgenerationenhäuser setzt voraus, dass die Einrichtungen barrierefrei zu erreichen und zu nutzen sind. Daher unterstützen wir die Forderungen im Antrag, weisen aber darauf hin, dass die Kommunen von der Staatsregierung finanzielle Unterstützung brauchen

werden, um die Barrierefreiheit bei den Einrichtungen zu realisieren. Lieblingsplätze allein tun es hier nicht. Die Mittel sollten bei Bedarf zügig und ohne großen Amtsschimmel bereitgestellt werden.

Wir werden dem Antrag zustimmen, weil die Mehrgenerationenhäuser in Sachsen einen wichtigen Beitrag für den generationsübergreifenden sozialen Zusammenhalt leisten können und dies nur möglich ist, wenn sich die Einrichtungen auf eine dauerhafte Planungssicherheit verlassen können.

Diesen Antrag hätte es vielleicht auch schon in der vergangenen Legislaturperiode gebraucht. Aber wahrschein

lich hat es erst der Denkanstöße durch die SPD bedurft, bis man die Notwendigkeit dazu gesehen hat.

Vielen Dank für diesen Antrag.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Nun spricht für die AfD-Fraktion Herr Abg. Spangenberg. Sie haben das Wort, Herr Spangenberg.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Unter einem Mehrgenerationenhaus versteht man laut Definition, dass Großfamilien im Sinne vergangener Generationen zusammengeführt werden. So ist es hier nicht gemeint. Aber wir sehen auch, dass es wichtig ist, Aktivitäten zwischen Jung und Alt zu fördern. Wir sehen natürlich auch, dass ich dafür eine vernünftige Planung haben muss.

Wir schlagen eine getrennte Abstimmung vor. Wir wollen den Punkt I der Vorlage mit der Nummer 1 von Punkt II als einen Block abstimmen und die Nummern 2, 3 und 4 von Punkt II als den anderen Block. Wir sind erstens der Meinung, dass Sie erst einmal die Auskunft der Staatsregierung abwarten sollten, ehe Sie Forderungen stellen. Zweitens sind viele Unklarheiten im Text der Nummern 2, 3 und 4. Darauf möchte ich kurz eingehen.

Sie verlangen zum Beispiel unter Nummer 2 des Blockes II einen verbesserten Zugang zu den Mehrgenerationenhäusern für Menschen mit Migrationshintergrund. Was ist das für eine Forderung? Sind diese bisher behindert worden? Was soll das heißen? Was heißt Migrationshintergrund? Hat jemand, der in der dritten Generation als Enkel hier ist, Probleme, so ein Haus zu besuchen? Das kann ich nicht erkennen. Dafür würde ich gern eine Erklärung haben. Oder meinen Sie damit, dass dort mehr Integrationsaktivitiäten erfolgen sollten? Dann hätten wir die Bedenken, dass Ehrenamtliche das in dieser Form nicht leisten könnten. Da brauchten wir, wie eben schon gesagt, mehr ausgebildete Kräfte und vielleicht höhere Mittel. Das wären die Bemerkungen zu Nummer 2.

Zu Nummer 3 wünschen Sie einen verbesserten Zugang für Menschen mit Behinderungen. Wie ist das gemeint – bautechnisch, Fahrstuhl oder Rampe? Dann wäre das kein Mehrgenerationenhaus, denn das sind Voraussetzungen dafür. Oder Sie meinen das wie unter Nummer 2, dass Sie die Themen und Projekte dafür ausrichten. Dann können das die Ehrenamtlichen auch nicht leisten. Da würde der gleiche Fall eintreten – mehr Geld, ausgebildete Kräfte –, sonst können Sie das nicht durchführen. Sie wünschen hier etwas, was Sie nicht schlüssig begründen können.

Die Studie, auf die Sie sich beziehen, heißt: „Einbindung der Mehrgenerationenhäuser in die soziale Infrastruktur des Freistaates Sachsen“. Nun wird auf Seite 15 dieser Studie bereits festgestellt, dass der Begriff gar nicht stimmt. In der Studie wird das als Familientreff, als Bürgertreff, als gemeinsames Haus der Begegnung, aber nicht als Mehrgenerationenhaus bezeichnet. Ich will

einmal ketzerisch sagen, nach der Definition, wie Sie sie verwenden, wäre auch eine Volkshochschule ein Mehrgenerationenhaus. Unten malen die Senioren Bilder, und oben macht jemand das Abitur nach. Das ist ja wohl damit nicht gemeint.

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE)

Ich denke, Sie sollten den Begriff noch einmal klar definieren.

In Ihrer Begründung wollen Sie auf Seite 3, Absatz 3 Integration und Inklusion. Ich denke, damit sind die Mitarbeiter in den Häusern total überfordert. Sehen Sie sich diese doch einmal an. Inklusion würde bedeuten, dass die Menschen, die sowieso schon benachteiligt sind, dort von ehrenamtlichen Kräften betreut werden. Das halte ich für viel zu wenig Sorgfalt auf diesem Gebiet.

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE)

Außerdem ist die AfD der Meinung, dass diese Menschen sowieso besonders und viel umfangreicher betreut werden müssen, um ihren Platz in der Gesellschaft zu erhalten. Sie sollten dort nicht einfach mit hineingestopft werden.

Meine Damen und Herren! Es gibt hierbei noch ein Problem, nämlich die Öffnungszeiten dieser Häuser, die eigentlich für alle da sein sollen. Sie sind aber kurioserweise am Wochenende alle geschlossen. Ich habe ein paar Proben gemacht, freitags ist Schluss dort. Die Menschen sind aber gerade am Wochenende einsam.

Die Kinder gehen nicht in die Schule und die Eltern brauchen vielleicht Unterstützung. Die älteren Menschen haben vielleicht keine Freunde, keine Bekannten; und dann sind die Einrichtungen nur von Montag bis Freitag geöffnet. Das halten wir für nicht ausreichend. Denken Sie bitte darüber nach.

Ich bitte darum, dass Sie unseren Antrag unterstützen, getrennt abzustimmen. Dem Block 1 würden wir zustimmen und auch der Nr. 1 des Blocks II; den Nummern 2, 3 und 4 nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das war Herr Spangenberg für die AfD-Fraktion. Herr Spangenberg, wenn wir dann bei der Abstimmung sind, frage ich Sie noch einmal. Ich habe jetzt nicht genau verstanden, was Sie wollen.

(Patrick Schreiber, CDU: Wir auch nicht!)

Wir kommen zur Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Herr Abg. Zschocke, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Pfeil sagte es: Es steht alles schon in Ihrer Koalitionsbibel, sage ich einmal. Sie haben sich dort darauf verständigt, die Mehrgenerationenhäuser auch über das Jahr 2016 hinaus zu unterstützen. Sie haben sich klar dazu bekannt. Unsere Fraktion unterstützt dieses Anliegen. Ich kann es also sehr kurz machen. Wir haben

auch in der letzten Legislaturperiode mit mehreren eigenen Anträgen deutlich gemacht, dass wir diese Angebote für sehr wichtig und ausbaufähig halten.

Der Freistaat muss sein Interesse am Fortbestand der Mehrgenerationenhäuser und an der Weiterentwicklung der Angebote deutlich machen, weil die generationsübergreifende und -verbindende Gemeinwesenarbeit sehr wichtig ist. Das sind Begegnungsräume in den Stadtteilen, das sind Bildungsorte. Sie ermöglichen und fördern Engagement. Es sind inzwischen – die 32 Häuser sind angesprochen worden – zentrale Anlaufpunkte für Bürgerinnen und Bürger geworden, die Hilfe suchen und sich auch selbst engagieren und beschäftigen möchten. All das unterstützen wir.

Wenn man die Rahmenvereinbarung zwischen Bund und Ländern sowie den kommunalen Spitzenverbänden liest, die Sie, Frau Klepsch, im Mai 2015 unterschrieben haben, so macht dies auch ein wenig Hoffnung, dass das Fortbestehen der Mehrgenerationenhäuser als eine gemeinsame Aufgabe betrachtet wird. Es ist wichtig und richtig, dass der Freistaat die Angebote in den Häusern weiterentwickelt, indem mehr Angebote für Menschen mit Behinderung geschaffen werden und auch der Zugang für Migranten verbessert wird. Das haben Sie in Ihrem Antrag formuliert.

Die Handlungsempfehlung der jüngst veröffentlichten Studie aus dem Staatsministerium – Frau Schaper wies darauf hin – soll natürlich ebenfalls berücksichtigt werden, zum Beispiel, dass die Mehrgenerationenhäuser auch noch mehr in Regionen hineinwirken, insbesondere, was die Anbindung an den öffentlichen Verkehr sowie in den Sozialraum hinein betrifft, also die ganzen mobilen Angebote, sowie die Anbindung der ländlichen Ortsteile.

Wir sind sehr gespannt auf den Bericht der Staatsregierung und stimmen natürlich zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde aus den Reihen der Fraktionen? – Das kann ich nicht feststellen. Jetzt vergesse ich die Staatsregierung nicht: Wünscht die Staatsregierung das Wort? – Frau Staatsministerin Klepsch, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich denke, aus den Beiträgen der Vorredner(innen) ist deutlich geworden, dass unsere sächsischen Mehrgenerationenhäuser für unseren Freistaat Sachsen eine wichtige und unverzichtbare gesellschaftspolitische Arbeit leisten. Sie bieten eine Vielzahl von Angeboten für alle Generationen und verknüpfen das Ehrenamt zum einen mit dem Thema Selbsthilfe zum anderen. Sie verfolgen das Ziel, die Lebensqualität einzelner Menschen, aber auch jene von Familien zu verbessern. Kommunikation und Interaktion

innerhalb des Gemeinwesens werden in den Mehrgenerationenhäusern gestärkt.

Grundsätzlich kann man sagen, dass unsere Mehrgenerationenhäuser eine Plattform bieten, auf der sich das Wissen der älteren und der jüngeren Generation bei allen alltäglichen Herausforderungen trifft und hilft, und ich meine, es ist auch sehr wichtig, dass die jüngere die ältere Generation unterstützt und dies in den Mehrgenerationenhäusern wahrlich keine Einbahnstraße darstellt.

Mit unserem sächsischen Modellprojekt „Familien profitieren von Generationen“ ist uns noch etwas anderes gelungen: Wir erreichen Familien, die der klassischen Familienbildung sonst wohl eher etwas skeptisch gegenüberstehen, und natürlich – auch dies ist von den Vorrednern angesprochen worden – stehen unsere Mehrgenerationenhäuser und ihre Angebote für Menschen mit Behinderungen und Menschen mit Migrationshintergrund offen.

Lassen Sie mich ein Beispiel anführen: Im Mehrgenerationenhaus in Grimma gibt es Deutschkurse, die von ehemaligen Teilnehmern dieser Kurse gegeben werden. Das schafft schnell eine gemeinsame Ebene. Flüchtlinge werden darüber hinaus auch bei Behördengängen oder Arztbesuchen unterstützt. Gerade vor diesem Hintergrund der steigenden Asylbewerberzahlen müssen wir auch dieses Gebiet, weiter ausbauen. Das neue Bundesprogramm „Willkommen bei Freunden“ eröffnet uns hierbei neue Möglichkeiten, die perspektivisch für die Mehrgenerationenhäuser sicher eine willkommene und wichtige Unterstützung und Entlastung sein können.

Ja, wir haben – auch diese Zahl wurde bereits mehrfach genannt – 32 Mehrgenerationenhäuser, die über das Aktionsprogramm II des Bundes gefördert werden. Zur Finanzierung der Arbeit – auch dies sei noch einmal erwähnt – erhalten die Mehrgenerationenhäuser

30 000 Euro vom Bund und noch einmal 10 000 Euro von der Standortkommune, die sich zum Standort des Mehrgenerationenhauses in ihrem Ort bekennen muss. Damit aber auch künftig generationenübergreifende Projekte verwirklicht werden können, benötigen die Mehrgenerationenhäuser gesicherte finanzielle Rahmenbedingungen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Hier arbeiten Länder, Kommunen und das Bundesfamilienministerium gemeinsam in einer Kooperationsgruppe an Strategien, um die dauerhafte Finanzierung und Sicherung der Mehrgenerationenhäuser zu verbinden und zu vereinbaren. Die Rahmenvereinbarung wurde ebenfalls bereits angesprochen. Ja, im Mai konnten wir auf der JFMK eine Rahmenvereinbarung gemeinsam mit Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden unterzeichnen. Darin bekennen wir uns zur Angebotsform der Mehrgenerationenhäuser und vor allem zur Weiterentwicklung.

Auf diesem Wege ist es gelungen, die Arbeit der Mehrgenerationenhäuser für 2016 im Bundeshaushalt zu verankern. Nach der Rahmenvereinbarung soll auch der generationenübergreifende Ansatz in die soziale Arbeit vor Ort